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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Motorschlepper mit Gasantrieb



Mittelpoller
18.07.2020, 15:25
Hallo zusammen, auf einer Ak, das 3 Schrauben-Anthrazit-Gas-Boot " Ernst Tengelmann " Linden-Rhederei Duisburg. Gruß Mittelpoller :wink:

Handhaspel
18.07.2020, 20:17
Hallo,

einen frühen Teil meiner Fahrenszeit verbrachte ich auf dem "Gasmotorschlepper" SCHÜRMANN 12 (FRITZ HUPPERT) als junger Matrose. Boot SCHÜRMANN 12 und Boot ERNST TENGELMANN waren quasi mit gleicher Technik ausgerüstet, aber während Boot E. Tengelmann von der Meidericher Schiffswerft gebaut wurde, entstand Schürmann 12 in Duisburg bei Berninghaus. Baubeginn war bei beiden etwa gleich, das Schürmannboot wurde aber zu Kriegsbeginn nicht mehr fertig gestellt und kam erst 1950 in Fahrt. Boot Schürmann 12 fuhr auf Strecke nicht rein mit Gas sondern im sogenannten Zündstrahlverfahren. Solange nach Fahrbeginn die Motoren nicht die Betriebstemperaturen erreichten, liefen die Motore mit einer normalen Brennstoffeinspitzpumpe, war der komplette Schleppzug aufgenommen, schalteten die 3 (drei) Maschinisten auf Signal des Steuerhaustelegrafen die Motore um auf Gasbetrieb. Ab da waren dann kleine Brennstoffeinspritzpumpen für die Gasölförderung zuständig. So wurde bei längeren Langsamfahrstufen, beim abendlichen Vorankergehen und morgens bei Fahrtbeginn verfahren (und ich hatte oft die Nase dabei).

In 1992 habe ich aus der Erinnerung heraus einen 6-Seiten Aufsatz verfasst, aus dem ich einen Ausschnitt in die Anlage gestellt habe. Damals noch mit meiner ersten Quelle-Tippmaschine.

Ich denke, die Angaben passen im Bezug auf Brennstoffverbräuche im Fahrbetrieb auch zu Themen wie aktuell die Dresdner Dampferflotte.

Sollte Interesse bestehen an weiteren Teilen des Aufsatzes, so bin ich gerne dazu bereit.

Gruß, Handhaspel.

Norbert
19.07.2020, 09:40
Hallo Handhaspel,

das neben Ernst Tengelmann auch das Boot Schürmann 12 und andere Fahrzeuge diese Technik verwendet haben ist mir überhaupt nicht bekannt.

Das der Schlepper Ernst Tengelmann ex Ad. Linden I und einige Monopolboote aus Brennstoffmangel mit dieser Gas-Technik ausgerüstet waren das wusste ich. Wobei die Duisburger Boote mit Anthrazitkohle und die Boote aus Hannover ab (H 400) mit Braunkohle betrieben wurden. Eine Beschreibung dazu gibt´s im Buch "Schlepper Packen auf" von Eckhard Schinkel.
Einer der letzten Gasschlepper aus Hannover ist der E 1551 ex M 277 ex H 452 ex H 413. Der liegt seit 2018 im Museumshafen am Alten Schiffshebewerk Henrichenburg.

Die Duisburger Monopolboote D 412 - 423 und Ernst Tengelmann besaßen meines Wissen Deutz Motoren. Welche Motoren für den Gasbetrieb noch zur Verwendung kamen ist mir nicht bekannt.

Deine Ausführungen sind sehr Interessant und ich würde mich freuen mehr davon lesen zu dürfen.

Gruß Norbert

Muranfan
19.07.2020, 22:23
Hallo Norbert,

als Gasschlepper auf dem Rhein sind mir bekannt:

Ernst Tengelmann *1938
Jos. Schürmann 12 Fritz Huppert *1942 - 49
Hoesch I (später Ruhr) *1940 (1956 Dieselmotor)
Braunkohle X *1940
Braunkohle I (Umbau aus Dampfschraubenboot Braunkohle I im Jahre 1951)
Braunkohle II (Umbau aus Dampfschraubenboot Braunkohle II im Jahre 1952).
Harpen I *1935
Harpen II *1940
Harpen III *1939
Hermann Krönauer Winschermann I *1954


Gruß
Muranfan

Handhaspel
20.07.2020, 09:41
Hallo Muranfan,

tolle Ergänzung zum Kapitel Schiffsantriebe zwischen Dampf und Dieselmotoren, Danke dafür.

Gruß, Handhaspel

Norbert
20.07.2020, 10:01
Hallo Muranfan,

danke für die Ergänzung, der gasbetriebenen Fahrzeuge. Das ist auch ein Teil der (Rhein) Schifffahrtsgeschichte.

Gruß Norbert

Norbert
20.07.2020, 10:07
Braunkohle I (Umbau aus Dampfschraubenboot Braunkohle I im Jahre 1951)
Braunkohle II (Umbau aus Dampfschraubenboot Braunkohle II im Jahre 1952).

Mir stellt sich die Frage, warum Anfang der 1950er Jahre, Schlepper noch mit dieser Technik ausgerüstet wurden.
Vielleicht war es als Übergang gedacht, weil nickt genügend Dieselmotoren zur Verfügung gestanden haben.

Handhaspel
20.07.2020, 11:02
Hallo Norbert und Interessierte,

hier Seite 1 des Beschreibungsversuchs Boot Schürmann 12.
Ich hoffe, es ist genügend lesbar. Im Zweifelsfall erbitte ich Nachricht.

Gruß, Handhaspel

Handhaspel
20.07.2020, 13:43
Hallo,

hier die Aufsatzseiten 2 bis 4.
Gruß, Handhaspel

Handhaspel
20.07.2020, 13:46
Hallo,

zum Schluss Aufsatz Seiten 5 und 6.

Ich hoffe, das Lesen war keine Strapaze.

Gruß, Handhaspel

Handhaspel
20.07.2020, 13:59
Hallo,

Start ohne Anlage, sorry,
jetzt aber müssten sie drin sein.
Dumm, auch noch falsche Reihenfolge.
Gruß, Handhaspel.

Nohabler
20.07.2020, 16:55
Hallo Handhaspel,

Vielen herzlichen Dank für diesen detaillierten Einblick in eine vergangene Zeit! Ich maße mir mal an, auch für die anderen Foristi zu sprechen...
Über Dampf- und Dieselbetrieb gibt es ja etwas zu lesen. Ich habe hier und da, auch im BSF, mal was von Gasschleppern gefunden, aber nie eine Beschreibung der Technik. Da hast du nun für etwas Verständnis gesorgt.

Nochmals vielen Dank und bleib gesund

Nohabler :Kap::Kap:

Muranfan
20.07.2020, 16:57
Lieber Walter,

vielen Dank, sehr interessant.

@Norbert (#7):

Ich habe in #4 die Baujahre ergänzt, daraus ist ersichtlich, dass selbst 1954 Winschermann noch diesen Antrieb in einen neuen Schlepper einbaute.

Über die Gründe könnte ich nur spekulieren; ich bin kein Maschinenbauingenieur und hatte mangels rechtzeitiger Geburt :lool: leider nicht die Möglichkeit, die meisten dieser Schiffe noch in Betrieb zu erleben.

Ich werde einen Experten fragen - und dann die Infos hier einstellen.

Auf jeden Fall ist dieses Thema Gasantrieb bei Motorschleppern auf dem Rhein eine Erforschung wert.

Grüße von der Donau,
Muranfan

Rome
20.07.2020, 17:25
Hallo Muranfan,

zwei Anmerkungen zum Sauggasschlepper "Winschermann I":

1954 war das Jahr der Inbetriebnahme des Schlepper, der Baubeginn war etliche Jahre früher, das kann man vielleicht auch am Baustil erkennen

Eigentümer der Reederei und Kohlenhandelsgesellschaft Winschermann GmbH war zu dieser Zeit die Bergbau-AG Ewald-König Ludwig in Herten in Westfalen.
Die Maschinenanlage des Schleppers wurde mit Antharzit-Nuss 4 befeuert.

Gruß Rome

Norbert
20.07.2020, 18:21
Hallo Handhaspel,

danke für deinen Bericht, der ist Klasse und gibt einen Super Einblick.

@ Muranfan,
danke für die Ergänzung, dass Problem mit der rechtzeitigen Geburt habe ich auch :pfeif:

Schön ist wenn man Menschen wie z.B. Handhaspel zum nachfragen hat.

Wie war das Motto dieses Forums Das Binnenschifferforum: argumentieren, diskutieren, informieren, austauschen . . . Sie sind herzlich eingeladen!

Denke wir sind Mittendrin :super:

Gruß Norbert

Norbert
20.07.2020, 18:37
Harpen I *1935
Harpen II *1940
Harpen III *1939

Alle drei Boote sind gebaut auf der Meidericher Schiffswerft, mit Deutz Motoren. Wie der Winschermann I / Herrmann Krönauer.
Bei diesem Boot soll der Motortyp KHD SGV6M verbaut sein. Leistung 300 Ps

Navico 2
20.07.2020, 18:54
Hallo Muranfan,

danke für die Ergänzung, der gasbetriebenen Fahrzeuge. Das ist auch ein Teil der (Rhein) Schifffahrtsgeschichte.

Gruß Norbert

Hallo
und nicht vergessen.
Die "Gaser" sind auch nach dem II.WK im westdeutschen Kanalgebiet im Einsatz.
Ich kann mich noch erinnern, wenn wir im MLK im Schleppzug einen "Gaser" zum schleppen bekamen.
In Minden war immer Schlepper wechsel.
Den Geruch oder Gestank habe ich heute noch in der Nase.:pfeif:

Gruß Manfred

Norbert
20.07.2020, 21:07
Hallo Navico 2,

schau mal bitte in die #4
Das der Schlepper Ernst Tengelmann ex Ad. Linden I und einige Monopolboote aus Brennstoffmangel mit dieser Gas-Technik ausgerüstet waren das wusste ich. Wobei die Duisburger Boote mit Anthrazitkohle und die Boote aus Hannover ab (H 400) mit Braunkohle betrieben wurden. Eine Beschreibung dazu gibt´s im Buch "Schlepper Packen auf" von Eckhard Schinkel.
Einer der letzten Gasschlepper aus Hannover ist der E 1551 ex M 277 ex H 452 ex H 413. Der liegt seit 2018 im Museumshafen am Alten Schiffshebewerk Henrichenburg.

Hier geht nix verloren.

Gruß Norbert

Handhaspel
20.07.2020, 21:22
Hallo,

hier habe ich noch einen Anlagenplan der Gas- und Motorinstallation eines Braunkohle-Schleppbootes, leider ist die Beschriftung unlesbar.

Gruß, Handhaspel

Navico 2
21.07.2020, 08:04
Hallo Navico 2,

schau mal bitte in die #4

Hier geht nix verloren.

Gruß Norbert

Hallo Norbert,
vom Kanal steht da aber nichts.:pfeif:

Gruß Manfred

Muranfan
25.07.2020, 18:17
Hallo Norbert,

zu den Beiträgen #7 (und #13):

Heute war ich zu Besuch bei dem Fahrensmann A. Nieser. Er erinnerte an den Korea-Krieg, deshalb hatten einige Reedereien (aus Sorge vor einer Öl-Verknappung) ihre Dampfboote in Reserve gehalten und möglicherweise wurden deshalb auch noch Gasantriebe eingebaut. Die Boote Braunkohle I und II verfeuerten (wohl als einzige) Briketts.

Grüße
Muranfan

Norbert
26.07.2020, 11:36
Hallo Muranfan,

das wäre ein Argument und ist ist nachvollziehbar. Das die Reederei Braunkohle ihre Boote I und II mit Braunkohle aufgrund der politischen Lage so betrieben hat. Das sie dafür Briketts verfeuert haben war mir ganz neu.

Ebenfalls mit Braunkohle betrieben wurden die Gasbetrieben Monopolboote auf dem Mittellandkanal. Ob die mit Brikett betrieben wurden, kann ich nicht sagen.

Im Gegensatz dazu wurden die Duisburger Gaser mit Anthrazitkohle betrieben. Ebenso wie das in #14 vom User Rome beschrieben Boot Winschermann I.
Anthrazitkohle ist die hochwertigste Kohlensorte und Nuss 4 bedeutet eine Körnung von von 16 - 23 mm (Nuss 1 = 30 - 80mm)

Noch etwas ist mir am Bericht von Handhaspel aufgefallen. Er beschreibt das während des Bugsierens die Motoren mit Dieselöl betrieben wurden. Das war auf den Monopolboote anscheinen nicht der Fall. Der Historiker Eckhard Schinkel hat für das Buch "Schlepper packen auf" in den 1990er Jahren ehemaliger Monopoler interviewt. Danach sieht es so aus als wenn diese Boote nur mit dem erzeugten Gas betrieben wurden.

Gruß Norbert

Handhaspel
26.07.2020, 20:39
Hallo Norbert und Interessierte,

beide Motore von Boot SCHÜRMAN 12 (FRITZ HUPPERT) wurden im Manöverbetrieb mit den großen Brennstoffpumpen rein mit Gasöl betrieben, bei Volllastfahrt mit Gas, Gasöl aus der kleinen Brennstoffpumpe und genau definierten Mengen Dampf aus dem Kühlmantel des Gasgenerators betrieben. Der durchgehende Ansaugkasten war zweigeteilt, eine Hälfte für die reine Saugluft (es waren beide Sauger). die andere Hälfte für den Gasbetrieb, die 2 oder 3 schmale Klappen enthielten als eine Art Sicherheitsventil bei Rückschlagsentzündungen bei außergewöhnlichen Maschinenmanövern. Ich schilderte genau dies schon in meinem vorigen ausführlichen Bericht #2.

In #21, letzter Satz, fehlt BRAUNKOHLE X.

Gruß, Handhaspel.