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danubenews
29.07.2020, 16:33
Auf der DÜRNSTEIN haben sicher viele Zeitgenossen unbeschwerte Stunden verbracht und sich des Lebens gefreut. Die letzte Fahrt des Schiffes in einer kalten Januarnacht auf dem Schwarzen Meer bietet dazu ein Kontrastprogramm.
Die Ereignisse, vom Kommandanten emotionslos geschildert, werden plötzlich auch nach 76 Jahren wieder lebendig - man ist gleichsam Teil dieser Unglückscrew - die um ihr Leben kämpft. Alle wissen: Der Dampfer ist dem Untergang geweiht, das Wasser im Unterdeck steigt immer mehr, schließlich werden die Seile gekappt, damit nicht noch ein weiteres Schiff untergeht......

Das Bild dokumentiert auch eine Sondersituation: Warum - wohl Ende der 1930-er Jahre - der Personendampfer in Regensburg war, weiß ich noch nicht. Im Hintergrund: An der Donaulände stehen die 2 von der DDSG genutzten Lagerhäuser, rechts der Backsteinbau von 1890 (1944 zerstört) und links der Salzstadel aus dem 18. Jh. (heute Depot des Hauses der Bayerischen Geschichte)


Historischer Hintergrund
Nach Besetzung der heutigen Südukraine durch die deutsche Wehrmacht Mitte 1941, sollte rasch eine Transportverbindung zwischen den russischen Seehäfen am Schwarzen Meer und den Häfen im Donaumündungsgebiet aufgebaut werden. Bei ihrem Rückzug hatte jedoch die Rote Armee faktisch die gesamte Seetonnage abgezogen bzw. unbrauchbar gemacht. Ähnlich war die Lage am Dnjepr. So wurde zunächst provisorisch versucht mit unzureichend adaptierten Binnenschiffen Verbindungen zwischen Braila, Galatz und Sulina und den Häfen Odessa, Cherson, Sewastopol, Kertsch u.a. aufzubauen. Die Donaureedereien hatten hierzu Schiffe abzustellen. Nachdem sich rasch abzeichnete, dass die Verluste an Schiffen und Personal außergewöhnlich hoch waren, gaben die Gesellschaften nur mehr ältere Fahrzeuge ab oder auch jene, die von anderen Stromgebieten zur Donau kamen. Das nautische Personal rekrutierte man meist vor Ort, bestand aber auch aus deutschen Seeleuten von Nord- und Ostsee, die dienstverpflichtet wurden.
Die Kähne wurden bei günstiger See an langen Schlepptrossen von Schleppern gezogen. Zu Havarien führten z.B. oft der Bruch der Trosse, wobei der Kahn meist abtrieb und strandete bzw. unterging. Häufig brachen die Kähne bei stärkerem Seegang – aufgrund fehlender Längsaussteifung und zu geringem Freibord – auseinander. Wie viele Binnenschiffe in der Zeit von 1941 bis 1944 im Schwarzen Meer verloren gingen ist noch nicht dokumentiert und ist Gegenstand erster Forschungen. Die bekannten Quellen berichten bei den „Totalverlusten“ zwar über die verloren gegangene Ladung (z.B. Heeresgüter) und weniger über das Schicksal der Besatzungen. Im DDSG- Seedienst waren z.B. im August 1943 an Binnenschiffen zusammengezogen: 24 Seezugschiffe (u.a. SCHÜRMANN X), 12 Güter- bzw. Tankmotorschiffe, 16 Tankkähne und 73 Güterkähne.
Der untenstehende Bericht schildert die letzte Fahrt der DÜRNSTEIN von Odessa nach Sulina bzw. in diesem Fall wieder zurück nach Odessa. Der Hafen Odessa sollte geräumt werden, da bereits mit dem Vordringen der Roten Armee gerechnet wurde. Vorher war der Personendampfer für die D.F.S. (Dnjepr-Fluß-Schiffahrt) im Auftrag der Wehrmachttransportleitung Ost auf dem Dnjepr im Einsatz.

Abschrift

Bericht betreff Untergang Dampfer DÜRNSTEIN (DDSG)
Am 5. Jänner 1944, 16 Uhr, liefen wir im Tau des Schleppers NEGOIU* von Odessa aus in Richtung Sulina. Anfangs war die Fahrt ruhig, bis ca. 23 Uhr. Dann begann ein heftiger Sturm, der sich bis Windstärke 8-7 verstärkte. Da ich für die Sicherheit des Schiffes fürchtete, liess ich dauernd den Schiffsboden beobachten ob Wasser eindringt. Infolge der niedrigen Bauart des Schiffes wurden für diese Ueberfahrt sämtliche Unterdeckfenster verschalt. Diese Verschalung war aber einem solchen Seegang nicht gewachsen, da sogar das eiserne Bugschanzkleid weggerissen wurde. Am 6.1. früh um 4 Uhr 30 kam erstmalig Wasser ins Schiff. Inzwischen hatte das Konvoi gewendet und wir liefen wieder zurück Richtung Odessa. Das eingedrungene Wasser versuchten wir mittels Pumpen und Eimern herauszubringen, was uns aber nicht gelang und sogar immer mehr wurde. Als das erste Wasser eindrang, versuchte ich mich mit dem Schlepper NEGOIU zu verständigen, was aber nicht möglich war. Erst lange Zeit später wurden meine Lichtsignale von einem Begleitboot bemerkt und ich konnte melden wie es auf der DÜRNSTEIN aussah. Das Boot fuhr wohl zum Schlepper NEGOIU vor, aber die Fahrt wurde fortgesetzt. Gegen ½ 8 Uhr waren im vorderen Salon schon 1,5 m Wasser und ich zeigte nochmals durch Winkzeichen an, dass unsere Lage gefährlich sei, doch wurde das von unserem Schlepper scheinbar nicht verstanden. Um 8 Uhr tauchte das Vorderschiff in einen Wellenberg unter und kam nicht mehr hoch. Das vor uns geführte Fahrzeug hackte unsere Aufklampfseile ab und gleich darauf sank das ganze Schiff nach vorne ab. Dies ging alles so rasch, dass an ein Ausbooten gar nicht gedacht werden konnte. Das Boot war wohl vorbereitet, aber durch den großen Seegang schlug es sofort um. Wir mussten alle schwimmen bis wir von den Begleitbooten geborgen wurden. Die wichtigsten Schiffsdokumente und Lohnbücher der Besetzung hatte ich in einer Aktentasche bei mir, konnte diese aber nicht mehr halten bis ich von Marinebooten aus dem Wasser gezogen wurde. Kassageld war keines an Bord.
Von den an Bord befindlichen Personen konnten bis auf den Schiffsjungen Bereschkow Wassilli vom D. ELBE alle geborgen werden. Die Frau des Matrosen Koschewoi Pawel, Feodosia Koschowoi, konnte trotz aller Wiederbelebungsversuche nicht mehr gerettet werden.
Eine Mitnahme von Effekten war für sämtliche Besatzungsmitglieder unmöglich.

Odessa, am 6. I. 1944 H. R e t i g
• Bei dem Schlepper dürfte es sich um folgendes Schiff gehandelt haben:


Name: NEGOIU
Typ: Dampfschlepper
Reederei: S.R.D. Société Roumaine de Navigation Danubienne, Bucarest
Heimathafen: Braila
Werft: Dordricht, Pays-Bas (Holland)
Baujahr: 1911
L: 29,96 m, B: 5,63 m, Tiefgang (max): 26 dm
Deplacement: 201 t
Leistung: 300 PS
Triplex-Expansions-Maschine; Verbrauch: 200 l/h (Mazout/Öl)
Geschwindigkeit: 19 km/h (Stillwasser)

Klaus Heilmeier

danubenews
10.08.2022, 12:59
Hier eine Aufnahme ohne Datum vom DDSG FGS. "DÜRNSTEIN" .

-otto-

danubenews
06.01.2023, 20:05
Von meiner Seite auch zwei Raritäten:
1) Foto der DÜRNSTEIN, wie sie an der Lände Werftstraße Regensburg steht. Zeitpunkt nicht angegeben.
2) Scan vom Havariebericht: Genau heute vor 79 Jahren ging die DÜRNSTEIN im Schwarzen Meer unter.

(Quelle: russ. Archiv) Klaus Heilmeier

danubenews
15.02.2023, 18:48
DS. "DÜRNSTEIN" um 1910 oberhalb Donaubrücke Mautern bergfahrend.
Ansichtskarte von Ledermann in Wien.
Sammlung: Klaus Heilmeier