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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Maximale Abmessungen von Binnenschiffen



Aldemarin
13.09.2022, 19:41
Wie hoch (gerechnet von Wasseroberfläche), breit und lang dürfen Binnenschiffe maximal sein? Welcher maximaler Tiefgang ist maximal zulässig? Welche Mindesthöhe müssen Brücken und Seilhindernisse, wie Stromleitungen, über Bundeswasserstraßen mindestens haben?

Handhaspel
13.09.2022, 21:23
Hallo,

mein Wissen bezieht sich nur auf Wasserstraßenüberquerungen durch Brücken und Hochspannungskabeln. Beide müssen bei der Planung eine Prüfung durchlaufen um das Entstehen von Radarfehlechos möglichst auszuschalten.

Gruß, Walter

mainschnickel
13.09.2022, 21:24
Hallo Aldemarin
Die maximale Abmessungen sind jeweils in der Binnenschiffahrtsstrassenordnung festgelegt.
Alle für Wasserstrassen zuständige Behörden orientieren sich an den Rhein, wo die Abmessungen von der Rheinschiffahrts Zentralkommission festgelegt worden sind. Da war seit vielen Jahren 110 m das Maximum für ein Einzelfahrer. Es sind sogar Schiffe in den Siebzigern von 120 auf 110 m eingekürzt worden. Im ARA Verkehr (NL und B) durften die ja fahren. Dann kam einer auf die Idee ein Schiff auf 135 m zu verlängern. Auf der Rheinstrecke durfte es fahren von Rotterdam bis Mannheim, ohne Genehmigung. Dann kamen immer mehr 135 m Schiffe. Jede Wasserstrassenbehörde musste dann unter Druck vom Markt nachgeben diese 135 m Schiffe auf ihre Wasserstrassen zuzulassen. zB Main Donau Wasserstrasse. Rhein oberhalb von Mannheim, zuletzt seit 2 oder 3 Jahren auch die Stadtdurchfahrt in Basel. Mosel u.U. Westdeutsche Kanäle zum Teil, Albertkanal und Julianakanal auch.
Breite: am Rhein 22,80, später unter Druck vom Markt (Gangborde schmäler wie bei einem Spitz 5.05 breit, ohne Gelände) 22,90 wegen der Containerbreite.
Höhe: am Rhein zum Glück schon etwa 1885 festgelegt auf minimal 8,85 m (später einheitlich 9,10 m) bei höchst schiffbare Wasserstand.
NL und B Hauptwasserstrassen seit etwa 1890 minimal 6 bis 6,50 m oder bewegliche Brücke.
Deutschland: eine Katastrophe in der modernen Zeit. Die meckern über Neckar (max 105 m Länge) Schleusen sollen auf 135 m verlängert werden, aber keiner redet über die Höhe von 5 m50.
Westdeutsche Kanäle: Wesel Datteln Kanal Richtung Dortmund offiziell 4 m 50 (Praxis etwa 4 m 90). Rhein Herne Kanal wirklich 4 m50.
Richtung Mittellandkanal modernisiert auf 5 m 25 !! Münster Stadt immer noch 4 m25 !!
Höhe ist in Deutschland nie berücksichtigt worden.
Gruss Jozef

Buganker
14.09.2022, 10:36
Jozef, wieder einmal Hut ab vor deiner ausführlichen Antwort.

Viele Grüße Patrick

stkunzmann
14.09.2022, 11:18
Moin,

man könnte dazu noch erwähnen, dass es unbeachtet aller "länger, breiter, tiefer"-Bestrebungen auch noch einige Wasserstraßen gibt, die nur (deutlich) kleinere Schiffe befahren dürfen.

Bei (nicht aufgestauten) Flüssen ist grundsätzlich erstmal der Tiefgang der limitierende Faktor, aber auch Biegungen können da begrenzend wirken. Mit Staustufen und im Kanal kommt dann noch wie von Jozef angesprochen die Größe der Schleusenkammern hinzu.
Beispielsweise ist auf dem Datteln-Hamm-Kanal östlich von Hamm (Schleusen Hamm und Werries) "nur" eine Länge von 86 m bei maximal 9,65 m Breite zulässig. Hier kamen für die Kraftwerksbelieferung oft Koppelverbände zum Einsatz, bei denen Schubschiff und Leichter jeweils maximal 86 m lang sind. Ohne gewerbliche Güterschiffahrt ist dagegen heute die Ruhr, hier sind lediglich 38 x 5,20 x 1,70 m zugelassen und werden von den Fahrgastschiffen und gelegentlichen Baugeräten auch genutzt.

Ein weiteres Beispiel wäre der mittlere Abschnitt des Dortmund-Ems-Kanals nördlich Bergeshövede: Zwar ist der Schleusenausbau (für 135x11,45m) im Gange, aber bisher ist die Breite auf 9,65 m und die Länge auf 90-110 m je nach Breite und Tiefgang beschränkt, hier liegt es daran, dass die Wasserhaltung oberhalb von Hanekenfähr wegen fehlender Zuflüsse (und damit nötiger Zuführung von Flusswasser, früher aus der Lippe bei Olfen, heute Hamm bzw. Minden und ggf. Pumpkette vom Rhein) sparsam und somit die Schleusenkammern eher klein (aber mit dem vor über 100 Jahren erfolgten Ausbau schon mehrfach so groß wie die Ursprungsausführung von 67x8,20 m) eingerichtet wurden. Das Wendebecken der Raffinerie in (Lingen-)Holthausen ist auch nur für eine Länge von weniger als 90 m eingerichtet.

Die jeweils gültigen Beschränkungen für Länge, Breite und Tiefgang sind in der Binnenschiffahrtsstraßen-Ordnung im zweiten Teil (https://elwis.de/DE/Schifffahrtsrecht/Binnenschifffahrtsrecht/BinSchStrO/Zweiter-Teil/Zweiter-Teil-node.html) für die einzelnen Wasserstraßen aufgeführt. Aber wie schon gesagt, auf die maximale Höhe über Wasseroberfläche ist ein Thema, das hierzulande arg stiefmütterlich behandelt wird...

Grüße
Stefan

Norbert
14.09.2022, 12:40
Ohne gewerbliche Güterschiffahrt ist dagegen heute die Ruhr, hier sind lediglich 38 x 5,20 x 1,70 m zugelassen und werden von den Fahrgastschiffen und gelegentlichen Baugeräten auch genutzt.

@ Stefan, die Ruhr ist von der Mündung bis Km 12,21 (Mülheim-Broich) eine Bundeswasserstrasse an der liegt der Mülheimer Hafen. Erreichbar über die Ruhrschleuse Duisburg / Schleuse Meiderich und die Ruhrschleuse Raffelberg.
Darüber hinaus ist es eine Landeswasserstraße des Landes NRW. Befahrbar bis zur Zornigen Ameise in Essen Rellinghausen Km 41,60, mit den Schleusenmaßen und Fahrzeugen wie Du sie beschrieben hast.

Gruß Norbert

stkunzmann
14.09.2022, 14:15
Moin,

du hast natürlich recht und ich sollte so ausführliche Antworten nicht "eben schnell zwischendurch" tippen. Natürlich ist die Ruhr unterhalb Mülheim auch mit großen Schiffen befahrbar und wird es auch, der Rhein-Ruhr-Hafen hat ja auch seine Berechtigung. Ich hätte vielleicht vom Mittellauf der Ruhr schreiben sollen, oberhalb Zornige Ameise ist die Befahrbarkeit zumindest durchgängig und öffentlich nicht sichergestellt, auch wenn auf einigen Abschnitten und Seen auch dort Fahrgast- und Betriebsschiffe unterwegs sind.

Grüße
Stefan