PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Bingerloch druchfahrt bis 1974



Schlechtwetterzonen
22.01.2023, 13:07
Hallo Kollegen,
leider bin ich erst Ende 1978 zur Binnenschifffahrt und jeder der es in Bingen wusste, hat mir erzählt,
"Früher ist die Bergfahrt hier durch und die Talfahrt da drüben, durch das neue Fahrwasser gefahren"
Damals sagte ich gelangweilt, wie naiv, AHA und habe es auch genau so weitergegben in meinen 43 Jahren. Sekundär ob das unseren Nachwuchs überhaupt noch interessiert.

Heute würde ich es gerne genauer wissen und man findet schon so einiges über die Entstehung und der Veränderung des Bingerloch(s). Findet auch Bildmaterial wie Schiffe da drüber gezerrt wurden usw.

Aber man findet überhaupt nichts darüber, wie die Schiffmänner diese Durchfahrten erlebten und was Sie dafür tun mussten. Überlieferungen fanden meist nur Verbal statt und die die es erlebt haben werden leider immer weniger.

Die massiven Bauarbeiten um das Bingerloch zu beseitigen, begann 1966 und die erste freie Durchfahrt war nach meinen Recherchen erst 1974. War das Bingerloch während dieser Bauarbeiten ununterbrochen befahrbar? Und weiß rein zufällig noch jemand das genaus Datum der Streckenfreigabe?

Wann wurde das neue Fahrwasser wieder geschlossen?

Und dabei wäre es auch interessant in Erfahrung zu bringen, wo genau war das "da drüben durch"?
Wo genau war die Einfahrt ins neue Fahrwasser?
Ging es an der Stadt entlang zu Tal, über den Nahegrund und hinter dem Mäuseturm zu Tal?
Oder ging es doch am Nahegrund entlang, vorn am Mäuseturm vorbei und dann erst in das neue Fahrwasser, an dieser langen Längskrippe entlang zu Tal und unten wieder raus?
Wer durfte das neue Fahrwasser nutzen, nur Talfahrer oder auch Bergfahrer?
Durften Talfahrer auch durchs Bingerloch?
Wie wurde das gerelegelt ohne Funk?

So und nun lasst die Welt und mich nicht dumm sterben, denn ich möchte es gerne literarisch Festhalten.

Vielen Dank
Werner

„Mut ist, das Buch eines unbekannten Autors zu lesen.“

https://schlechtwetterzonen.de/

mainschnickel
22.01.2023, 13:43
Hallo Werner.
Das Neue oder 2. Fahrwasser begann am Mäuseturm (liess diese jedoch links liegen).
Meistens ging die (leere) Talfahrt durch das neue Fahrwasser.
Man konnte zu Thal das Bingerloch "anfragen" d.h. beantragen mittels eine weisse Flagge. Schliesslich war das Bingerloch 30 cm tiefer. Wurde an der Mäuseturm eine weisse Flagge gehisst, wurde das Bingerloch für die Bergfahrt gesperrt mittels Flagge oder Licht, das weis ich nicht mehr, dann durfte die Talfahrt durch das Bingerloch fahren.
Im Sommer 1973 lag oberhalb vom Bingerloch zeitweilig ein Hilfsquerdamm.
Im Frühling 1974 war die neue Durchfahrt frei. Ich war nur in der Ferienzeit an Bord, somit kenne ich die Zeiten nicht genau. Das 2. Fahrwasser wurde dann geschlossen und der Trenndamm verkürzt (an der Unterseite).
Gruss Jozef

Bekannt war auch bei der Durchfahrt im Binger Loch: ein bestimmtes Fenster im Burg Ehrenfels hat sich langsam scheinbar geschlossen. Wenn es dann zu war hatte man "es geschafft" !

herbert
22.01.2023, 14:36
Hallo Werner.
Während meiner Kinder und Schulzeit ca. 1960- 70 kann ich noch erinnern, das vor der Bergfahrt durch das Binger Loch, unser Vater alle Personen und auch die wichtigen Papiere mit ins Steuerhaus nahm.
Auch wurde vorher noch der Nachen kontrolliert.
Erst wenn der Vorspann oberhalb des Binger Loches gelöst wurde hat sich das alles wieder beruhigt.
Damals wurde an der Rüdesheimer Seite weitergefahren.
Grüsse aus dem Jagsttal.Herbert

HansaV
22.01.2023, 16:47
Moin Werner,
ich war nur in meiner Kindheit auf dem Schiff unterwegs, während der Schulzeit natürlich nur in den Ferien.
Das Binger Loch kenne ich deshalb vom Schiff aus nur in der ursprünglichen Form.
Kann mich wie Herbert auch daran erinnern, dass mein Grossvater/Vater vor der Durchfahrt noch einmal alles kontrollieren ließ bzw. selber kontrollierte. Da wurde auch neben dem Flieger auch noch einmal ein Blick auf unseren 300 PS-KHD-Motor geworfen, anschließend waren alle auf jeden Fall im Steuerhaus und alle wichtigen Papiere wurden ebenfalls ins Steuerhaus gebracht. Je nach Pegelstand ging es dann mit eigener Kraft oder mit Vorspann durchs Binger Loch, aufregend war es in jedem Fall immer wieder. Die aufkommende Unruhe an Bord ist mir bis heute selbst mit 70 Jahren noch eine bleibende Erinnerung.

Schlechtwetterzonen
23.01.2023, 09:57
Vielen Dank Kollegen, hochinteressant alles.

Mainschnickel? Man machte also mit dem Mäuseturm Backbord/Backbord und mit der Bergfahrt hinter der Krippe, Steuerbord/Steuerbord?
Das mit dem Fenster der Ehrenfels ist auch interesant und natürlich realistisch.

Herbert, an der Rüdesmeimer Seite am Mühlstein längs usw. dann für die Talfahrt auch Steuerbord/Steuerbord, da waren die Schipper noch ordentlich gefordert.

Paul Robert? Gab es eine Vorschrift ab welchen Wasserstand und Motorkraft ein Vorspann genommen werden musste, wie heute noch in Basel?

Weiß denn auch noch jemand wann das Kauber Fahrwasser gesperrt wurde?
Das mit dem Wilden Gefähr ist mir noch nicht schlüssig, war ja auch eine markannte Stelle. Tausende Male drüber gefahren aber es muss ja auch mal anders gewesen sein...

Ab wann ging das mit dem Rechtsverkehr im Gebirge los, da bin ich mir auch nicht mehr sicher auch wenn es in den 70ern gewesen sein musss...

Vielen Dank Euch

mainschnickel
23.01.2023, 10:38
Hallo
Rechtsverkehr (Geregelte Begegnung) am Niederrhein ab dem 1.4.1975. Rijkswaterstaat und WSP haben die Zettel verteilt.
Im Gebirge bis Neckarmündung müsste 1977 gewesen sein (für mich vorläufig letzte mal), die Lotsen haben geschimpft dass von Land aus "rechts fahren" gerufen wurde. (von 556 bis 540).
Ich erinnere mich dass wir in 1974 leer zu Thal durch das Kauber Wasser mussten, gesperrt vermutlich auch ab 1977 (nicht sicher).
Vorspannpflicht gab es nicht, aber bei stehenbleiben und anschliessend zurücksacken konnte ein Bussgeld fällig werden!
Auch mit der Tasche kenne ich, meine Mutter kam mit dieser auch ins Steuerhaus.
Einmal sind wir hoch, da stand ein NL VW Bus und die Leute winken und winken. Na ja Touristen sagt mein Bruder.
Monate später kamen wir bei Verwanten in Gorinchem zu Besuch. Frage: habt ihr uns dann und dann nicht gesehen am Bingerloch??!!
Gruss Jozef

HansaV
23.01.2023, 19:29
Vielen Dank Kollegen, hochinteressant alles.
.......Paul Robert? Gab es eine Vorschrift ab welchen Wasserstand und Motorkraft ein Vorspann genommen werden musste, wie heute noch in Basel?
.......
Vielen Dank Euch
Moin Walter,
über eine solche Regelung ist mir nichts bekannt. Da aber üblicherweise Lotsen an Bord waren könnte ich mir vorstellen, dass der Vorspann vom Lotsen eingefordert werden konnte.

Da noch niemand die Taufe erwähnte, es gab auf jeden Fall eine Binger Loch Taufe. Der Moses wurde bei seiner ersten Durchfahrt durchs Binger Loch mit einer entsprechenden Verkleidung versehen und ordentlich mit der Pütz abgeduscht. Die Beliebtheit dieser Taufe hielt sich vor allem in der kühleren Jahreszeit in Grenzen, aber es gab wohl anlässlich der Taufe auch geistige Getränke für den Deliquenten. Genaueres ist mir dazu aber nicht geläufig, bei meiner Taufe habe ich derartiges nicht erhalten vermutlich aus Jugendschutzgründen:D

Gerhard
23.01.2023, 20:13
Hallo,

schau mal Binger Loch Taufe (https://www.binnenschifferforum.de/showthread.php?7566-Binger-Loch-Taufe&p=22817&viewfull=1#post22817)

Gruß Gerhard

mainschnickel
23.01.2023, 20:33
Hallo Paul Robert
Die Binger Loch Taufe habe ich nicht erlebt weil ich als zweijähriger Bub schon durchs Loch gefahren bin. Später habe ich unsere Urlaubsgäste im Sommer denselben verpasst.
Vorspannpflicht gab es nicht, da hatte auch der Lotse nichts zu sagen. Ich erinnere mich eine Reise, da sagte der Lotse: Schiffmann wir stehen. Nein sagt mein Vater wir kommen noch voran (das Schiff drehte sich ein bisschen). Und wir haben es auch "geschafft", zwar langsam. Der Verantwortliche war immer der Schiffmann. Die Lotsen wollten eine "schnelle Bergfahrt", der Schiffmann (Partikulier wie wir) hat es versucht, weil der Vorspann ja Geld gekostet hat.
Und dann die Geschichten: soviel Tonnen geladen, nur soviel PS und trotzdem gezogen, das muss ich meine Kollegen erzählen. (Lotsensprache).
Gruss Jozef

bilgenkrebs
24.01.2023, 12:50
Hallo Schippers
Ich stelle hier noch einmal Bilder vom Binger Loch vor 1974 ein .
1+2 zeigt die Fahrt durchs Loch die anderen Burg Ehrenfels bei der sich das Fenster schließt wenn man im Loch ist.
Beste Grüße
Peter :wink:

HansaV
24.01.2023, 13:58
Hallo Paul Robert
Die Binger Loch Taufe habe ich nicht erlebt weil ich als zweijähriger Bub schon durchs Loch gefahren bin. Später habe ich unsere Urlaubsgäste im Sommer denselben verpasst.
Vorspannpflicht gab es nicht, da hatte auch der Lotse nichts zu sagen. Ich erinnere mich eine Reise, da sagte der Lotse: Schiffmann wir stehen. Nein sagt mein Vater wir kommen noch voran (das Schiff drehte sich ein bisschen). Und wir haben es auch "geschafft", zwar langsam. Der Verantwortliche war immer der Schiffmann. Die Lotsen wollten eine "schnelle Bergfahrt", der Schiffmann (Partikulier wie wir) hat es versucht, weil der Vorspann ja Geld gekostet hat.
Und dann die Geschichten: soviel Tonnen geladen, nur soviel PS und trotzdem gezogen, das muss ich meine Kollegen erzählen. (Lotsensprache).
Gruss Jozef
Moin Jozef,
durchs Binger Loch bin ich erstmalig mit Windeln gefahren, meine Taufe habe ich erst deutlich später während der Sommerferien auf dem Schiff meines Großvaters zusammen mit einem Moses erhalten.
Was die Regelung für den Vorspann angeht, daran habe ich keine wirklich belastbaren Erinnerungen. Während meiner Vorschulzeit waren wir auf Dortmundern mit 2,50 Tiefgang und 3-400 PS KHD unterwegs,
da ging es je nach Pegelstand auch schon einmal wirklich langsam durchs Binger Loch. In unserer Familie gab es keine Schiffseigner, alle waren immer Angestellte von Reedereien.

Muranfan
27.01.2023, 21:39
Hallo Werner,

das Binger Loch hat für mich schon immer eine besondere Bedeutung; mein Opa (war beim Wasserbau) erzählte mir häufig davon. 1992 bis 1995 während meiner Zeit beim Rheinausbau war ich zuständig für die Baumaßnahme "A15 N Nachregelung der Binger-Loch-Strecke".

Zu Deinen Fragen kann ich vorab mitteilen, dass die offizielle Freigabe der 120m-Fahrrinne am 5. September 1974 erfolgte (man konnte ab Frühjahr 1974 schon mit einer Fahrrinnenbreite von ca. 80m passieren).

Anbei eine Aufnahme des WSA Duisburg von 1964 (Abb 1), dort kann man einiges entdecken:

- Talfahrt durch das II. Fahrwasser, hier kann man alleine 6 zurückkehrende Vorspannboote sehen

- Im II. Fahrwasser ist auch Bergfahrt unterwegs

- Ein wartendes Räderboot unterhalb der Lochsteine, kann aufgrund des Aufnahmedatums nur Raab Karcher XIV Oskar Huber sein

- Meines Wissens durften die Schleppzüge durch die Gebirgsstrecke nur 3 Anhänge ziehen, der Schleppzug scheint aber 4 Kähne zu haben - vielleicht kann das Jemand erklären?

Die Verkehrsregelung wurde vom Mäuseturm aus wahrgenommen.


Abb 2 zeigt eine Zeichnung (vom WSA Bingen) über den Zustand der Binger-Loch-Strecke vor dem Rheinausbau in den 1960er Jahren

Abb 3 zeigt die typische Annäherung an das Loch im Strömungsschatten des Riffs

Abb 4 zeigt den bereits durchgefahrenen Vorspänner, während der Anhang sich möglichst lange im Strömungsschatten hielt

( wird fortgesetzt )

Grüße
Muranfan

Muranfan
27.01.2023, 22:13
- Fortsetzung von Beitrag #12

Hallo Werner,

die ursprüngliche Ausbauplanung für die Binger-Loch-Strecke sah die Einrichtung eines dritten ("mittleren") Fahrwassers vor, entsprechende Arbeiten hatten schon begonnen.

Abb 5 zeigt die ursprüngliche Ausbauplanung mit dem mittleren Fahrwasser, die Talfahrt wäre dann nur noch durch das II. Fahrwasser ("Linksrheinisches Fahrwasser") gegangen, die Bergfahrt durch das eigentliche Binger-Loch-Fahrwasser sowie das mittlere Fahrwasser.

Im Mäuseturm waren dazu schon die Anzeigen für die Lichtsignaltafeln errichtet, diese waren zumindest in der ersten Hälfte der 1990er Jahre dort noch vorhanden (siehe auch Abb 6).

Abb 6 zeigt einen Ausschnitt aus der Rheinschiffahrtspolizeiverordnung von 1970, dort sind schon die 3 Fahrwasser aufgeführt mit den entsprechenden Wahrschausignalen (Lichtzeichen ähnlich der Loreley-Strecke)

Abb 7 zeigt die Baumaßnahmen am 05. November 1971 mit einem Felsmeißelschiff im Bereich des mittleren Fahrwassers.

( wird fortgesetzt )

Grüße
Muranfan

HansaV
28.01.2023, 11:34
........
Anbei eine Aufnahme des WSA Duisburg von 1964 (Abb 1), dort kann man einiges entdecken:

- Talfahrt durch das II. Fahrwasser, hier kann man alleine 6 zurückkehrende Vorspannboote sehen

- Im II. Fahrwasser ist auch Bergfahrt unterwegs

- Ein wartendes Räderboot unterhalb der Lochsteine, kann aufgrund des Aufnahmedatums nur Raab Karcher XIV Oskar Huber sein

- Meines Wissens durften die Schleppzüge durch die Gebirgsstrecke nur 3 Anhänge ziehen, der Schleppzug scheint aber 4 Kähne zu haben - vielleicht kann das Jemand erklären?

........
Abb 3 zeigt die typische Annäherung an das Loch im Strömungsschatten des Riffs

Abb 4 zeigt den bereits durchgefahrenen Vorspänner, während der Anhang sich möglichst lange im Strömungsschatten hielt

( wird fortgesetzt )

Grüße
Muranfan
Moin,
schöne Bilder!
Da bekomme ich noch heute Gänsehaut, wenn ich den Betrieb am Binger Loch auf Abb 1 sehe.

Rome
28.01.2023, 11:41
Hallo Muranfan,

zu dem Bergschleppzug folgender Hinweis: Abweichend von § 106 Nr. 3 Abs. 1 RheinSchPVO gilt folgende Regelung: Zwischen St. Goar und Bingen dürfen Bergschleppzüge aus höchstens fünf Fahrzeugen hintereinander bestehen, die Gesamtlänge 650 m nicht überschreiten. Auf der Binger-Loch-Strecke zwischen Aßmannshausen und Bingen darf zusätzlich Vorspann genommen werden. (Quelle WESKA 1963)

Gruß
Rome

Muranfan
28.01.2023, 12:42
@Rome: danke :super:



- Fortsetzung von #13

Die Ausbauplanung der Binger-Loch-Strecke (Bau eines mittleren Fahrwassers) wurde 1972 geändert. Die Gründe dafür waren:

Zwischenzeitlich hatte sich die Schiffahrt auf dem Rhein schneller als erwartet geändert, die Abmessungen der Einzelfahrer sowie der Anteil der Schubverbände hatten zugenommen. Versuchsfahrten mit 4-Leichter Schubverbänden durch die Binger-Loch-Strecke hatten gezeigt, dass die Talfahrt solcher Verbände durch die drei schmalen Einzelfahrwasser nicht ohne weiteres möglich sein würden. Auch für die übrige Schiffahrt war eine weitergehende Entschärfung dieses gefährlichen Schiffahrtsengpasses zur Erhöhung der Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs notwendig. Daher wurden die Modellversuche bei der BAW (Bundesanstalt für Wasserbau in Karlsruhe) fortgesetzt mit dem Ziel, eine Ausbaulösung zu finden, die der weiteren Entwicklung der Schiffahrt Rechnung trägt und für die gesamte Binnenschiffahrt gleich günstige Verhältnisse schafft.

Quelle für sämtliche Informationen: Baudirektor Karl Langschied (Amtsleiter WSA Bingen) in: Wasserbau-Mitteilungen der Technischen Hochschule Darmstadt Nr. 24 / 1985 (hier nur sehr gekürzt wiedergegeben)

Abb 8:
Blick aus dem Mäuseturm am 5. November 1960, wir sehen einen talfahrenden Schleppzug auf dem Weg ins II. Fahrwasser, ein französischer Schubverband mit 2 Leichtern hat soeben das Binger Loch durchfahren. Interessant auch die 2 Dampfzüge im Hintergrund; die Umstellung der rechten Rheinstrecke auf elektrischen Betrieb erfolgte erst 1962.
Foto: WSA Bingen

Abb 9:
Die Graphik aus der Broschüre "Ausbau des Rheins" (herausgegeben 1977) zeigt die wesentlichen Bauarbeiten zur Herstellung einer 120m-breiten Fahrrinne im Binger Loch:
- Felsabtrag im oberen Bereich
- Sohlaufhöhung im unteren Bereich (zur Verminderung der Gefällestufe)
- Verlängerung des bestehenden Leitwerks (rot) bis zur Mäuseturminsel, damit Änderung der Wasserverteilung zugunsten des Hauptstromarmes (dies erfolgte im März 1974, dazu wurde oberhalb des Riffs ein künstliches Riff aus Betonfertigsteinen errichtet)
- Verkürzung des unteren Teils des bestehenden Leitwerks (gestrichelt dargestellt)

Abb 10:
Zustand der Binger-Loch-Strecke von der offiziellen Freigabe am 5. September 1974 durch den Bundesminister für Verkehr bis zum März 1994 (Hintergründe und Baumaßnahmen folgen im nächsten Teil). Zeichnung: WSA Bingen

Grüße
Muranfan

( wird fortgesetzt )

mainschnickel
28.01.2023, 15:26
Hallo Forum
Kennt noch jemand das Buch "Schleppzug Ankerauf" vom Journalisten Hans Georg Prager? Eine meisterhafte Beschreibung der Schiffahrt durch das Auge eines Nichtschiffischen in 1961! Er fährt mit auf den Schiffen der Reederei Mannesmann und auch auf der Donau.
In den Siebzigern schreibt er eine Folge darauf "Zu Schiff durch Europa".(Später noch eine Neuauflage in 1988). Da wird auch die Signalanlage am Mäuseturm mit dem Dritten Fahrwasser gezeigt.
Er schwärmt da für die neue Entwicklungen. : Radar u.dgl. hat sich ja auch durchgesetzt. Die Große Schubschiffahrt war fast am Höhepunkt seiner Entwicklung; heute nicht mehr vorzustellen: CFNR (de Fransman) mit 4 Leichtern nach Strasbourg, mit ihren großen Schubbooten, u.a. Pierre Brousse, Albert Auberger (der stärkste) u. andere. Später auch CFNR mit 6 Leichtern nach Koblenz. Gefo mit 4 Tankleichtern nach Basel, Unilever (Elbe) mit 4 Leichtern mit Sojabohnen nach Mannheim, Haniel mit 4 zu Thal von Oppenheim nach Oberkassel. Lehnkering mit 4er Verbände zu den Bayerwerken. Auch Tank-chemie. De Fransman war in der Zeit fast König auf der Mosel mit ihren 2er Schubverbände (ohne Bugstrahl!!).
Geblieben ist nur noch die große Schubschiffahrt zu den Stahlwerken am Niederrhein, jedoch auch teilweise von Koppelverbanden oder 135m Schiffen mit 2 Leichtern auf Seite übernommen worden.
Und sonst?? Viererverbände sind fast nur noch die Containerverbände: Motor mit 3 Leichtern. Schon von Haniel (Haniel 60) Lehnkering (Reuterweg) und Raab Karcher (Unser Fritz) in die Wege geleitet. Jetzt Camaro nach Ottmarsheim und vereinzelt Container für Frankenbach in Mainz.
Gruss Jozef

Muranfan
28.01.2023, 17:24
- Fortsetzung von #16

Die Ausbaumaßnahmen am Mittelrhein wurden bewusst behutsam durchgeführt und dabei eventuelle spätere Nachregelungen in Kauf genommen.

Nach Abschluss der Bauarbeiten Mitte der 1970er Jahre konnte die Fahrinnentiefe im Bereich von Budenheim bis St.Goar von 1,70m auf 1,90m unter GlW erhöht werden. Die angestrebte Fahrrinnentiefe von 2,10m unter GlW sollte in den wenigen fehlenden Bereichen durch Nachregelungen hergestellt werden (daher wurde an die bisherigen Bezeichnungen der Ausbaustrecken ein "N" angehängt - für die Binger-Loch-Strecke war die Bezeichnung A15, für die Nachregelung entsprechend A15 N).

Die Freigabe der größeren Fahrrinnentiefe erfolgte:

Zum 01.01.1977 zwischen St. Goar und Mannheim auf 1,90m unter GlW

Zum 01.06.1978 zwischen Mainz und Mannheim auf 2,10m unter GlW

Zum 01.01.1980 zwischen Mannheim und Karlsruhe auf 2,10m unter GlW


Nach erneut umfangreichen Untersuchungen fiel die Entscheidung bei der Binger-Loch-Strecke zum Bau eines langen Leitwerkes zur Anhebung der Wasserspiegellagen auf der Binger Reede (bei Niedrig- und Mittelwasser; dabei waren die Maßnahmen so konzipiert, dass kein Anstieg bei Hochwasser erfolgte).

Diese Planungen hatten ein deftiges Presse-Echo zur Folge, in einem Artikel war vom Bau der "Binger Mauer" die Rede. Ein Journalist, dem ich einen maßstäblichen Querschnitt durch den Rhein mit dem neuen Leitwerk zeigte, fand dieses auf der Zeichnung gar nicht. Schließlich fragte er, warum man dafür solch einen Wirbel gemacht hätte?

Nachdem die Stadt Bingen mit ihrer Klage vor Gericht gescheitert war begannen im März 1994 die Bauarbeiten.

Abb 11 zeigt die Binger-Loch-Strecke mit dem neuen Leitwerk sowie den zusätzlichen Maßnahmen wie der Überlaufschwelle am Nahegrund (Zeichnung: WSA Bingen)

Abb 12 zeigt die Baumaßnahmen am 13. Juli 1994, GMS JOLINE (ex RHENUS 135) brachte Wasserbausteine (eigene Aufnahme).

Abb 13 zeigt die Entladung von GMS DELOS am 20. Juni 1994 (eigene Aufnahme).

Abb 14 zeigt die Rohrverlegung an der Überlaufschwelle am 20. Juni 1994 (eigene Aufnahme).



Leider wurden die weiteren Nachregelungsmaßnahmen, für schon ein Haushaltsentwurf aufgestellt war, damals aus diversen Gründen nicht weiterverfolgt. Erst in jüngster Zeit hat das Projekt unter dem Namen "Abladeoptimierung Mittelrhein" wieder neue Fahrt aufgenommen.


Grüße
Muranfan

- wird fortgesetzt mit Impressionen aus der Zeit des Binger-Loch-Fahrwassers vor dem Ausbau, der bereits 1966 begonnen hatte -

Buganker
28.01.2023, 23:45
Hallo Rolf,
vielen Dank für die tollen und ausführlichen Erklärungen. Nun habe sogar ich es verstanden.

Jozef, das Buch kenne ich nicht. Kann man das noch irgendwo kaufen (Nachdruck). Es klingt jedenfalls interessant, was du erwähnst.

Viele Grüße Patrick

Rolf Gertsch
29.01.2023, 00:11
Hallo miteinander

Erst mal Danke für die spannenden Berichte!

Nun habe ich mal gelesen das gelesen das der Wasserspiegel nach Beseitigung der Felsen dort, oberhalb des Bingerloches massiv gesunken sei. Dies weil die Felsen dort vor Durchbruch wie ein Staudamm wirkten.

Ist das wirklich so?

Liebe Grüsse vom Rolf

Muranfan
29.01.2023, 08:50
Hallo miteinander

Erst mal Danke für die spannenden Berichte!

Nun habe ich mal gelesen das gelesen das der Wasserspiegel nach Beseitigung der Felsen dort, oberhalb des Bingerloches massiv gesunken sei. Dies weil die Felsen dort vor Durchbruch wie ein Staudamm wirkten.

Ist das wirklich so?

Liebe Grüsse vom Rolf

Hallo Rolf,

das Binger Riff wirkte wie ein natürliches Wehr. Zur Vermeidung der Absenkung des Wasserstands auf der Binger Reede beim Ausbau des Binger Lochs auf 120m Fahrrinnenbreite wurden erhebliche Gegenmaßnahmen getroffen:

- Teilweiser Verbau des Abflussquerschnittes durch Unterwasserinseln um die Krausaue und um die Rüdesheimer Aue auf der Stromstrecke zwischen Bingen und Rüdesheim
- Vertiefung der Nahemündung oberhalb der Nahemündung
- Schließung des II. Fahrwassers durch einen Trenndamm bis zur Mäuseturminsel (siehe Abb 9 in #16)
- Verbau von Übertiefen unterhalb des Binger Riffs durch den Einbau von Natursteinen; dadurch wurde das Unterwasser angehoben (siehe Abb 9 in #16).

In Verbindung mit der Absenkung des Wasserspiegels oberhalb des Riffs führten diese Maßnahmen zu einer Verminderung des Gefällesprungs von bisher 80cm auf 40cm.

Zur Freigabe einer Fahrrinnentiefe von 2,10m unter GlW im unteren Bereich des Rheingau (Binger Reede / Rüdesheim) musste der Wasserspiegel daher um ca. 20cm erhöht werden, dazu wurde das in #18 dargestellte Leitwerk konzipiert. Eine detailliertere Beschreibung, auch zum Bauablauf, findet sich in meinem Beitrag "Die Nachregelung der Binger-Loch-Strecke" in ZfB Nr. 17 vom September 1994 (auch im HTG-Jahrbuch 1994 abgedruckt).

Grüße
Muranfan

Schlechtwetterzonen
30.01.2023, 09:44
Hallo Kollegen, vielen Dank für all diese sehr fundierten Auskünfte aus erster Hand, ich staune sehr.

Federführend Muranfan, wobei mich nun auch interessiert, wie man auf diesen Usernamen kam. Jetzt habe ich, sicher auch andere, sehr viel gelernt, absolut großartig, vielen Dank dafür.
Eine geradezu wissenschaftliche Darlegung, RESPEKT RESPEKT!! Man sollte all dies dauerhaft verschriftlichen!!

Und je mehr ich darüber lese, desto mehr wünsche ich mir eine Zeitmaschine. Was für eine Wahnsinnige und Zeit, voller ständiger Veränderungen.

Leider wird mein neues Werk wird nur zum Teil damit gefüttert werden können, beschreibt es doch das Leben und Geschichten an Bord im Jahr 1973. Vielleicht hätte ich 1975 wählen sollen, da war dieser Umbruch an diesen Baustellen so weit abgeschlossen, die Schifffahrt am Bingerloch soweit neu geregelt.

Wenn jemand Bildmaterial aus diesem Jahr, auch ein oder zwei Jahre davor oder danach bieten könnte, würden diese in der Welt der Literatur womöglich einen dauerhaft prägenden Platz finden. Was sich nicht nur auf das Bingerloch bezieht, sondern auch auf die Rheinstrecke bis Duisburg und der Mainstrecke bis Würzburg. Der Urheber wäre aber sehr wichtig, denn der muss dann auch genannt sein.

Nochmals vielen Dank an alle, die sich trotz aller Kritik vieler, so eingebracht haben.

"Es ist nicht wichtig, wer Geschichten von der Binnenschifffahrt schreibt, es ist wichtig, dass es jemand tut"

Gute Reise, an die die am Fahren sind, eine schöne Woche an die, die gerne noch fahren würden:-))
Werner


https://schlechtwetterzonen.de/

Muranfan
30.01.2023, 19:01
Hallo Werner,

ich hatte die Gelegenheit ergriffen, etwas aus meiner Binger-Loch-Sammlung einzubringen, obwohl es in diesem Thema ja um Dein Buch geht. So ist der Ausbau dieses Engpasses wenigstens nachlesbar.

Zu Deiner Frage in #1 folgende Info: Das Binger Loch war auch während der Bauzeit durchgehend befahrbar, die anderen Fragen, soweit ich sie beantworten kann, finden sich in meinen Beiträgen.


Anbei noch einige Aufnahmen vom Binger Loch:

Abb 15:
Ansichtskarte aus der Zeit der Dampfschiffahrt

Abb 16:
Das Binger Riff vom linken Rheinufer aus am 15.10.1959; Foto WSA Bingen

Abb 17:
Das Binger Riff vom linken Rheinufer aus am 15.10.1959, interessant auch der Personenzug mit der Baureihe 23 auf der rechten Rheinstrecke; Foto WSA Bingen

Abb.18:
Blich aus dem Mäuseturm im Juni 1959 mit einem talfahrenden Haniel-Schleppzug sowie dem KD-Dampfer RHEINGOLD; Foto WSA Bingen



Bzgl. Bilderwünschen habe ich Dir eine PN gesandt.


Grüße
Muranfan

Übrigens Muranfan bedeutet: Fan des Motorzugschiffes Muráň der tschechoslowakischen Donaureederei CSPD - zum Fotografieren dieses Schleppers habe ich unzählige Km zurückgelegt......

BRITTELHAAK
30.01.2023, 19:32
Zu #23 Abb 15: und heute:wink:.

Gr, Henry

Handhaspel
30.01.2023, 20:50
Hallo,

zu # 23, Bild 2: als Beigabe das Vorspannboot STADT KAUB, Fa. Büchting, später DINA von Fa. J. Schwarz, St. Goar. Tolle Serie, Rolf und die fleißigen Mithelfer.

Gruß, Walter

Muranfan
03.02.2023, 18:49
Hallo,

einige weitere Aufnahmen vom Binger Loch:

Abb 19:
Modell der Binger-Loch-Strecke, hier mit zusätzlichem mittleren Fahrwasser, in der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW, Foto IZB-Medienarchiv).
Damit konnten die Veränderungen der Wasserspiegellagen sowie der Strömungsverhältnisse ermittelt werden.

Abb 20:
Der im Beitrag #16 erwähnte künstliche Fangedamm im Dezember 1972 (Foto: IZW-Medienarchiv der BAW)

Abb 21:
Vorspannboot MARTINUS (Bopp) quält sich durch das Binger Loch. Aufnahme von Gunter Dexheimer, 1962. Links vorne entdecken wir einen weiteren Vorspannschlepper (MANFRED). Es gibt weitere Aufnahmen, dass zwei solcher Verbände gleichzeitig den Engpass durchfahren haben, für mich erstaunlich.

Grüße
Muranfan

Rome
03.02.2023, 19:21
Hallo Muranfan,

ich glaube nicht, dass zwei Verbände gleichzeitig die Engstelle durchfahren konnten. Bei der Aufnahme mit dem Vorspann MARTINUS wurde m.E. die Schleppverbindung nicht dem Schlepper sondern direkt mit dem Anhangkahn vorgenommen. Die Vorgehensweise war üblich, wenn ein Schlepper mit nur einem Anhangkahn die gesamte Reise antrat. Ich habe es so auch persönlich im Sommer 1962 erlebt: Schleppkahn Winschermann 48 alleine im Anhang mit einem Rhenania-Schleppboot (rd. 400 PS) ab Duisburg, erst ab Assmannhausen (der Kauber-Lotse hätte lieber früher ein Vorspann gehabt) wurde ein Vorspann genommen und in dieser Formation gefahren. War auch sicherer. Ich habe in den 50er-Jahren einen Strangbruch vor dem Eingang ins Binger Loch als dritter SK hinter dem Räderboot Winschermann 8 erlebt, ist aber gut ausgegangen.

Gruß
Rome

BRITTELHAAK
03.02.2023, 21:09
Zu #27. Du hast recht, das habe ich auch schon oft erlebt.

Gr, Henry

Muranfan
04.02.2023, 11:19
Hallo Rome + Henry,

hier die vorhergehende Aufnahme zu Abb 21 in #26;

Abb 22:
Die Vorspannboote MANFRED und MARTINUS fahren 1962 fast parallel durch das Loch mit jeweils eigenen straffen Schleppsträngen - dies kann ich mir auch nach euren Erläuterungen (vielen Dank) nicht erklären

Abb 23:
Auch auf dieser Aufnahme vom WSA Bingen vom 10.11.1959 fahren zwei Vorspänner nebeneinander durch die Engstelle, RHEINSTEIN und daneben womöglich WILLY spätere RHEINLAND?
Schleppen die nun beide den gleichen Kahn?


HINWEIS an die Moderatoren:
Bitte im Titel "druchfahrt" ändern in Durchfahrt, danke.

Grüße
Muranfan

Navico 2
04.02.2023, 11:24
Hallo Muranfan,
in #29 Bild Nr. 2 ist dutlich zu erkennen, das der Schleppzug nicht durch einen Vorspann verlängert wurde.
Der Schleppzug wurde unwenstlich um eine Bootslänge verlängert.

Gruß Manfred

Rome
04.02.2023, 13:19
Hallo Muranfan,

das Bild Nr. 23 zeigt m.E. einen Havariefall. Das könnten Turnversuche der beiden Vorspannboote sein, warum liegt auf der Steuerbordseite beim SK ein weiteres Fahrzeug? Sind das Havarieflaggen an den Fahrzeugen? Der Nachen beim SK hängt an der "falschen" Seite.

Gruß
Rome

PS: Ich lasse mich gerne belehren, wenn es eine andere Begründung gibt. Die alten Fahrensleute sind gefragt.

mainschnickel
04.02.2023, 15:28
Hallo Forum
2 Boote auf einem Kahn leuchtet mir ein, ich kann mir sogar noch erinnern dass so ein dicker Van Ommeren Tankkahn mit 3 Schleppern durch ist! Wenigstens 2 hatten am Kahn einen Strang, der 3. weiss ich nicht mehr genau, ich muss da vielleicht 6 Jahre alt gewesen sein.
Und vom gebrochenen Strang hat mir mein Opa erzählt: das war im zweitem Weltkrieg. Opa sagt zum Matrosen: Anker runter, dabei war er selber fast noch schneller vorne. Ein "Rhenania" Schlepper in der Nähe hat schon ein Strang rübergeben wollen. Da hielt der Anker !! Ein Glücksfall hoch drei. Opa liess Rhenania´s Strang fallen und der eigen Schlepper hat ihn wieder aufgenommen. Später erzählte die Besatzung, ja in St Goar gestern war der Strang schon etwas verdächtig.
Aber weil es im Krieg war wurde in Bingen sofort erzählt: da wollte doch so ein "verdammter Holländer" das Loch sperren.
Opa (mit meiner Mutter) ist bis 1944 noch auf dem Rhein hochgefahren, bis zum Bombardement auf die Stadt Frankfurt. Sein Schiff "Martin" (jetzt nach Umbau "Henri" HU) war beschädigt und ist dann nach Rotterdam gekommen. Und Lotsen sollten die "feindliche" Schiffe nur noch bewaffnet führen. Da die Lotsen das verweigert haben, sollten sie mit zwei Mann an Bord sein!
Gruss Jozef

Handhaspel
04.02.2023, 15:54
Hallo,
hier noch was passendes zur alten Binger-Loch-Zeit. Auszug aus eigenem Artikel.


Noch in meiner Ablöserzeit geriet ich mit MS Schürmann 54 in den Abendstunden des 20. Dezenber 1957 mit 2 Anhängen im Loch urplötzlich in gehörigen Nebel. Wir hatten Vorspann, am Ruder, wie immer ein Kauber Lotse und gerade noch an Bord gekommen einer der zwei Leinenschnäpper.(Anhang, aus Buch "Der wunderbare Rhein" von Dr. Wilhelm Kimpel" , zweites Bild schon mit Motor) Der Lotse positionierte sich auf Mitte Schiff, der Leinenschnäpper stellte sich vorne hin und ich kurbelte nach gerufenen Angaben (Ab ..... Bei ..... Ab .... Bei...) des Lotsen wie verrückt am Haspel. Der Vorspann LORELEY wollte losgemacht haben, was die zwei o. g. nicht haben wollten, an dem Schleppdraht hätten sie eine Orientierung. Kurz und gut, mein Nr. 2-Strang riss ab, dem hatte ich aber schon in Assmannshausen einen Vorspann zugeteilt, aus gelernter Erfahrung. Wir standen bei all dem mehr oder weniger auf der Stelle mitten im Loch. Der Lotse und der Leinenschnäpper waren sich irgend wann einig, verließen das Schiff nachdem wir beide Anker gesetzt hatten. Weil sie aber erwartungsgemäß nicht hielten, musste ich mit beiden Maschinen ganz schön drehen. Die Sicht wurde besser aber in dunkler Nacht blieb ich so liegen, rief meinem Nr 1 zu, wenn es morgens hell wird, fahren wir nach Bingen auf die Reede. Um den Nr. 2 (Kauber Partikulier VATERLAND) brauchte ich mir keine Gedanken machen, der hatte ja ein Boot davor.

Gruß, Walter

mainschnickel
04.02.2023, 18:54
Hallo Walter
Das ist Schiffahrt. Heute nicht mehr möglich. Ich erinnere mich im 1990, da bin ich noch mit dem "Handhaspel" durch das Gebirge gefahren, einer der letzten Reisen, bis wir elektrisches Hilfsruder eingebaut haben. Wir mussten ab und zu mit zwei Mann am Haspel!
Ruft doch wirklich ein Kollege über Funk (Neubauschiff 1980, leer zu Berg) : weiss jemand in Bingen eine Firma um meine Ruderanlage zu reparieren, weil ich mit Handruder fahren muss? Er musste mit Wegesteuerung fahren (hydraulisch) weil nur der Autopilot ausgefallen war!!!
Ich hatte keine Zeit (2 Mann am Haspel) aber würde gerne mit dem tauschen. Der wäre von Bingen bestimmt mit Handruder nicht mal bis Geisenheim bekommen!!
Gruss Jozef

Muranfan
05.02.2023, 11:08
Hallo Muranfan,

das Bild Nr. 23 zeigt m.E. einen Havariefall. Das könnten Turnversuche der beiden Vorspannboote sein, warum liegt auf der Steuerbordseite beim SK ein weiteres Fahrzeug? Sind das Havarieflaggen an den Fahrzeugen? Der Nachen beim SK hängt an der "falschen" Seite.

Gruß
Rome

PS: Ich lasse mich gerne belehren, wenn es eine andere Begründung gibt. Die alten Fahrensleute sind gefragt.

Hallo Rome,

sehr gut beobachtet!

Ich gehe damit allerdings von einer Messfahrt aus, dabei wurden Kurs, Geschwindigkeit und Einsinktiefe für den bevorstehenden Ausbau ermittelt. Dies würde auch das Foto des Amtes Bingen erklären.

Grüße
Muranfan