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danubenews
13.05.2023, 12:23
IRKUTSK, SDGP ex PIEMONTE, SINDA

zunächst die Daten:

Name: IRKUTSK (Daten der SDGP)
Typ: MZS
Reederei: Sowjetische Donau-Dampfschiffahrt, Ismail
Flagge: Soj:
Baujahr: 1941
L: 53,64 m
B: 8,52 m
H: 2,7 m
Tiefgang: 16 dm
Fixpunkt: 5,4 m
Leistung: 2 x 400 PS = 800 PS
Treibstoff: Gasöl

Name: PIEMONTE (Angaben der SINDA)
Typ: MZS
Reederei: Societa Italiana di Navigazione Danubiana (SINDA), Roma
Flagge: Italien
Werft: Ganz & Co., Bp.
Baujahr: 1941
Stapellauf: 18. Juni 1941
L: 53 m
B: 8,2 m
Tiefgang: 13,5 dm
2 Ganz-Jendrassik-Dieselmotoren zu je 400 PS
Fahrgeschwindigkeit zu Berg mit 6 Kähnen (a´500 t) 5 km/h.


Verlauf:
Mit der vom italienischen Staat 1939 gegründeten SINDA sollte insbesondere Norditalien mit rumänischen Mineralölprodukten via Donau beliefert werden, waren doch überseeische Quellen für Italien aufgrund der Dominanz britischer Seestreitkräfte im Mittelmeer abgeschnitten.
Der Flottenaufbau musste rasch und auf italienische Rechnung erfolgen. Ungarn wurde mit seiner Werftindustrie der wichtige Partner. Die meisten Schiffe entstanden auf der Budapester Ganz & Co. Werft. Das Schiffbaumaterial wurde größtenteils aus Italien angeliefert. An Bord waren später keine Italiener, sondern ungarische Besatzungen aktiv.
Die SINDA wurde zwar rasch in den vom Deutschen Reich initiierten Flottenverbund integriert, letztlich wusste man aber in Berlin nie, was die verbündeten Italiener eigentlich vor hatten. War zunächst die SINDA als Tankreederei konzipiert, änderten sich die Pläne schnell und man mietete Kähne für Trockenfracht an.
Das Flottenbauprogramm wurde ständig erweitert und die Flotte durch Anmietungen rasch vergrößert. (Eine Liste vom Juni 1941 weist für die SINDA bereits 57 eigene bzw. gemietete Tankschleppkähne aus; eigene Zugkraft war noch in Bau)
Die Schifffahrtsstelle Wien hatte dem RVM ständig Berichte zu liefern, wie sich der aktuelle Flottenstand der SINDA darstellt. Auch das Deutsche Reich musste angesichts der steigenden Transportaufgaben z.B. rumänische Schiffe anmieten. In vielen Fällen waren aber die Italiener schneller und zahlten besser, was für Ärger sorgte.
Auch das Auswärtige Amt war eingebunden und scheinbar machtlos.
Am 9. September 1943 änderten sich die Verhältnisse grundlegend. Italien kapitulierte und mit diesem Tag waren die SINDA-Schiffe auf der Donau "Freiwild". Bulgaren und Rumänen kaperten alles, was unter der italienischen Trikolore unterwegs war. Auch die Kroaten griffen zu. Die ungarischen Besatzungen der Fahrzeuge wurden entfernt, die nationalen Flaggen gesetzt und heimisches Personal eingeteilt. Diese Maßnahmen geschahen oftmals auch mit Waffengewalt.

PIEMONTE war am 9.9.1943 auf dem Weg von Gönyü nach Engerau (damals deutsche Staatsgrenze), als ungarische Instanzen das Schiff zurück nach Budapest dirigierten.

Deutsche Proteste halfen wenig. Ziel des RVM war, dass die Flotte der SINDA nicht zerfällt und deutschen Interessen zur Verfügung steht.
In dem Chaos betonte die Mussolini-Exilregierung (Repubblica Sociale Italiano - Republik von Salò), die jetzt in Salò am Gardasee residierte - dass sie weiterhin für die SINDA zuständig sei. Deutsche Kaufabsichten für die SINDA wurden zurückgewiesen. Nach eingehenden Gesprächen, welche eine Delegation der DSG im Oktober 1943 im beschaulichen Salò und in Rom (!) führte, wurde formal die gesamte SINDA-Flotte von der DSG (Deutsche Schiffahrtsgruppe = DDSG, Bayer. Lloyd, Comos) bereedert (angemietet, Vertrag vom Oktober 1943), die Schiffe versichert und das Personal übernommen. Verfügbar war aber nur ein Teil der Flotte, da die Rumänen und Bulgaren sich weigerten, die gekaperten Schiffe zurückzugeben.
PIEMONT war jedenfalls weiter im Einsatz, wobei LOMBARDIA in Rumänien verschollen blieb. Am 3. Mai 1944 erhielt PIEMONTE bei Do.-km 1276 einen Minentreffer. Nach einer Reparatur fuhr das Schiff weiter, ehe es im April 1945 bei Do-km 1937 (Kuchelau) versenkt wurde.
Die Dokumentation der Geschichte der Donaureederei SINDA steht noch aus. Während der Inhalt der deutschen Akten bekannt ist, fehlen die italienischen und ungarischen Motive (vgl. Abb 5), die für die Entwicklung des Unternehmens maßgebend waren.

Die Sowjets hoben die PIEMONTE und setzten sie als IRKUTSK bei der SDGP ein. Weiterer Verlauf unbekannt. Wohl Mitte der 1960-er Jahre außer Dienst.


Abb. 1: IRKUTSK, SDGP, Werft Ganz, um 1950, fortepan

Abb. 2: PIEMONTE, SINDA, Werft Ganz Danubius, um 1941, fortepan

Abb. 3: PIEMONTE, SINDA, Bp. nach Fertigstellung, um 1941/42, hajóregiszter.hu.

Abb. 4: Aktennotiz vom 11. Juli 1941 über die Beschlagnahme von 3 griechischen Tankkähnen durch ungarische Instanzen und Übereignung der Schiffe an Italien (BA. Sign. R5/269)

Abb. 5: GENOVA, SINDA, Tankschlepp, Ganz-Werft, 983 t, 1942, mit Reederei-Emblem, ab 9. September 1943 unter bulgarischer Flagge; fortepan

Klaus Heilmeier