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Norbert
22.06.2009, 22:06
Hallo Binnenschiffsfreunde,

dann möchte ich mal anfangen.

Warum wird man Binnenschiffer?

Bei mir war es so, ich bin in Herten (Ruhrgebiet) geboren und groß geworden. Da gab es Kohlenzechen und einen großen Fleisch verarbeitenden Betrieb das war es. Als ich 1972/73 in der 9. Klasse war, stellte sich die Frage nach dem Berufswunsch!
Mein Vater selbst Bergmann hätte es gerne gesehen wenn ich seinen Beruf ergriffen hätte. Meine Mutter war mehr für einen Beruf im Büro, von beiden Berufen war ich wenig begeistert. Aber ich hatte ja noch einen Cousin, er ist 3 Jahre älter als ich und war in der Lehre als Binnenschiffer bei der Mannesmann-Reederei in Duisburg. Unser Onkel fuhr ebenfalls als Kapitän auf dem Schubboot MANNESMANN III bei der gleichen Firma. In den Osterferien 1973 nahm mein Onkel mich für eine Reise mit auf das Schubboot. Da hatte ich meinen ersten echten Kontakt mit der Binnenschifffahrt und der Schubschifffahrt. Für die Strecke Duisburg-Huckingen und zurück benötigten wir etwa 48 Stunden. Nach dieser Reise war klar welchen Beruf ich ergreifen würde Binnenschiffer!
Am 01. August 1973 begann meine drei jährige Lehrzeit bei der Mannesmann Reederei.

Beginn der Lehrzeit

Meine dreijährige Lehrzeit bei der Mannesmann Reederei begann mit einem 4 Wöchigen Lehrgang auf der Schifferberufschule in Duisburg-Homberg. Im Fiskalischen Hafen waren wir auf den Schulschiffen Rhein I + II untergebracht. Schulschiffleiter war Kapitän Weiss, zum Ausbilderteam gehörte der Steuermann Peter Haas, er nahm uns neuen unter seine Fittiche. Wir waren etwa 25 Jungs in diesem Lehrgang, der Kenntnisstand war unterschiedlich manch einer hatte schon einige Reisen gemacht, andere waren das erstmal an Bord.
Uns Landratten, wurde erstmal einige Grundkenntnisse beigebracht. So lernten wir nicht nur wo beim Schiff vorne und hinten ist, sondern auch den Unterschied zwischen Tau und Draht oder was ein Reibholz ist und wofür diese Dinge benutzt werden. Es ist auch wichtig sich eine vernünftige Mahlzeit zu zubereiten, also erhielten wir auch eine Unterweisung im kochen.
In den Pausen oder nach Feierabend saß ich auf dem Achterdeck und hörte den Erzählungen der älteren Schiffsjungen zu. Diese waren ja immerhin schon im Unter- oder Oberkurs (2. oder 3. Lehrjahr) und galten als „erfahren“. Ich ging auch oft mit anderen Schiffsjungen in die Rheinwiesen und wir sahen den vorbei fahrenden Schiffen zu. An eines erinnere ich mich ganz besonders gut, die Typhoonsignale der Schiffe die in Duisburg-Ruhrorter Häfen ein und ausfuhren. Mit der Verbreitung des UKW Sprechfunks wurden dieses „Konzert“ immer weniger. So schauten und hörten wir und die erste Reise als Schiffsjunge rückte immer näher....

Die erste Reise

Am Freitag den 13. September brachten mich meine Mutter und meine Tante an Bord von MS „Katharina“. Das Schiff lag zusammen mit dem Schleppkahn „Mannesmann 27“ im Werkshafen Duisburg – Huckingen und wurde gelöscht. An Bord lernte ich erstmal die Besatzung kennen. Nachdem die Fahrzeuge entladen waren, nahm Ms „Katharina“ den Kahn „Mannesmann 27“ längsseits und verließ den Hafen und ging danach vor Anker. Am nächsten Morgen wurden die Schiffe abgewaschen und ich durfte das erste mal das Ruderhaus säubern. Diese Arbeit gehörte die nächsten Jahre zu meinen Aufgaben und weitere sollten folgen. Gegen 10:00 Uhr morgens gingen wir Anker auf und fuhren auf dem Niederrhein zu Tal. Vorbei an den Städten Duisburg-Ruhrort, Wesel, Xanten und Rees. Bei Emmerich passierten wir das Deutsch-Niederländische Grenze. Unterhalb Millingen hieß der Rhein jetzt WAAL und an dessen Ufern Lagen die Städte Nimwegen, Tiel und Zaltbommel gegen 21:00 Uhr erreichten wir das Tagesziel, die Stadt Gorinchem. Der Verband fuhr in den dortigen Hafen und es wurde „Sonntag gehalten“. Am Montagmorgen den 17. September 1973 setzten wir unsere Reise nach Rotterdam fort. Gegen Mittag erreichten wir den Erzhafen Europoort und übernahmen dort eine neue Erzladung für die Mannesmann Hüttenwerke in Duisburg.

Fortsetzung folgt....

Gruß Norbert

Norbert
23.06.2009, 16:11
Hier die Fortsetzung

Havarie

Am 30.11.1973 gegen 7:20Uhr fuhr der Koppelverband Katharina bei Rheinkilometer 803 Ortslage Mehrum zu Tal. An diesem Morgen war durch einige Nebelschwaden die Sicht beeinträchtigt. Wir begegneten den Schubverband „Mannesmann II“ mit blauer Tafel, also Begegnungseite Steuerbord an Steuerbord. Hinter dem „Mannesmann II“ kam ein weiteres Schiff zu Berg ohne blaue Tafel, dieses wollte wir an dessen Backbordseite passieren. Deshalb gab unser Schiffsführer mit dem Typhoon einen kurzen Ton (Ich richte meinen Kurs nach Steuerbord), dass Signal wurde von dem Bergfahrer wiederholt. Bedingt durch einen Ausfall der elektrischen Ruderanlage kollidierte das Schiff mit unserem Schleppkahn. Durch den Anprall entstand in der Bordwand des Laderaums 4 ein Loch von etwa 2 m². Da der Schleppkahn leer war, bestand nicht die Gefahr das er untergehen könnte. Unser Schiffsführer wendet den Verband und wir gingen vor Anker. Einige Zeit später kam ein Boot der Wasserschutzpolizei und nahm den Unfall auf. Unser Schiffsführer bekam eine Anzeige, weil er trotz unsichtigen Wetters ohne Radar gefahren ist. Zu dieser Zeit hatten waren schon viele Binnenschiffe eine solche Flussradaranlage, wir auf Katharina jedoch nicht. Da nicht nur die Bordwand, sondern auch der Kimmgang beschädigt war, dichtete ein Taucher die Leckage notdürftig ab. Nach Beendigung der Arbeiten ging es zurück nach Duisburg-Ruhrort in das Hafenbecken C. Auf der dort ansässigen Triton Werft sollte der Havarieschaden beseitigt werden.

Reparatur auf der Werft

Nach der Havarie in Mehrum wurde Kahn Mannesmann 27 zur Reparatur nach Duisburg zur Triton Werft gebracht. Da die Helling noch belegt war, mussten wir warten. Zwei Tage später kam ein kleiner Werfteigener Schlepper und zog uns zur Helling. Die Helling der Triton Werft war eine Querhelling, dort waren Schienen bis ins Wasser verlegt auf denen die Hellingwagen mittels Seilwinden bewegt wurden. An einigen dieser Wagen waren senkrecht etwa 4 Meter lange Stangen angebracht um die Schiffe genau über den Wagen zu positionieren. Der Schlepper bugsierte Mannesmann 27 auf die richtige Position über den Wagen. Danach zogen die Seilwinden diese mit dem darauf liegenden Schiff langsam aus dem Wasser. Nachdem das Wasser durch das Loch im Rumpf raus gelaufen war begann die Reparatur. Zuerst entfernten die Arbeiter die Notabdichtung, danach begannen sie die Beschädigten Eisenplatten aus dem Rumpf zu brennen. Anschließen ersetzte man diese durch neue Platten. Das war bei der Bordwand kein Problem, da aber auch der darunter liegende Kimmgang (Übergang von der Bordwand zur Bodenplatte) beschädigt war, musste diese Platte auch zu Recht gebogen werden, bevor sie eingeschweißt werden konnte. Nach Beendigung der Reparatur ließen die Werftarbeiter die Wagen mit Kahn 27 ins Wasser, nach dem aufschwimmen bugsierte der Werftschlepper das Schiff an einen Liegeplatz, dort holte uns Ms Katharina am folgenden Tag wieder ab. Die nächste Reise Kurs Rotterdam hatte begonnen.

Neue Order: Mit Kohle nach Mainz

Es ist April 1974 viele Wochen sind seit Begin der Lehre ins Land gegangen. Ich war noch auf dem Koppelverband Katharina, wir pendelten immer zwischen dem Hafen Huckingen und den Erzhäfen in Rotterdam. Nun lag etwas Besonderes an, wir hatten Order bekommen von Huckingen aus leer zu Tal bis nach Homberg zu Fahren um im Rheinpreußen Hafen Kohle zu laden. Das hieß erst einmal Laderäume fegen, diese mussten Blitzsauber sein. Im Rheinpreußen Hafen luden wir Kohlen für das Kraftwerk in Mainz-Ingelheim. Am 24. April ging es zu Berg Richtung Mainz. Zum ersten mal sah ich Städte wie Düsseldorf oder Köln vom Wasser aus. In Bonn kam das Rheinische Schiefer Gebirge in Sicht. Weiter ging es zu Berg vorbei an Königswinter, Remagen, Rheinbrohl und Bendorf bis nach Koblenz. An diesem zweiten Reisetag wollte unser Schiffsführer bis nach Sankt Goar fahren. Das war gar nicht so einfach ohne Radar im Dunkeln. Ich erinnere mich noch daran, dass wir die Ofenrohre auf dem Kahn 27 abgebaut haben, sodass man die Kopfstücke nicht mit Fahrwassertonnen verwechselt werden konnte. Am 26. April abends gegen 22:00 ging unser Verband in Sankt Goar vor Anker. Schon am nächsten Morgen gegen 6:00 Uhr kam der Lotse an Bord und die Reise wurde fortgesetzt. Die Loreley passierten wir im Dunkeln, unser Lotse begleitete uns bis Oberwesel, dort stieg er aus. Weiter ging es durch das Gebirge. Unser Schiffsführer hatte für die Fahrt durch das Binger Loch einen weiteren Lotsen und ein Vorspannboot bestellt. Zwar hatten wir nur einen Tiefgang von 1,90 Meter aber die 600 Ps Antriebsleistung war für das Passieren des Binger Lochs zu wenig. Ursprünglich hatte es eine Durchfahrtsbreite von 30 Meter und war unter den Schiffern als Schiffskiller berüchtigt. Im April 1974 war es schon auf etwa 50m Aufgesprengt worden, heute hat es eine Breite von 110m. Von Assmannshausen bis Bingen zog uns das 1000 Ps Starke Schleppboot Pilot.
Viele Menschen kennen aus der Seefahrt die Äquatortaufe, so etwas gab es in der Binnenschifffahrt auch es war die Bingerlochtaufe. Der jenige der zum erste mal durchs Loch fuhr wurde Getauft. Man stelle sich das so vor, ich bekam einen Riemen von unserem Beiboot in die eine und einen Schrubber in die Hand. Dann noch einen Rettungsring um den Hals. Beim Passieren der engsten Stelle gab es als kleine Zugabe noch eine Pütz Rheinwasser über den Kopf. Um das ganze abzurunden durfte ich noch ein Liedchen singen. Das macht sehr viel Freude bei Außentemperaturen von 14° C, leider habe ich keine Fotos mehr davon. Gegen Mittag erreichten wir Mainz-Ingelheim unser Reiseziel. Und zwei Tage Später ging es wieder zu Tal nach Duisburg in die Erzfahrt.

Gruß Norbert

Stadt_Aschaffenburg
23.06.2009, 22:56
Hallo Norbert,

vielen Dank für deine schöne Geschichte!
Sowas kannst du öfter machen ;-)

:super::cool1::captain::wink::super:
LG
Micha

Norbert
24.06.2009, 13:32
Hallo Micha,

dann muss ich mal wieder was verfassen. Ich hab mein Bordbuch von der Berufschule noch. :pleased:

Gruß Norbert

Stadt_Aschaffenburg
24.06.2009, 14:26
Klasse! Immer her damit ;-)

LG
Micha

Jürgen F.
27.06.2009, 15:38
Ich kann mich auch noch sehr gut an meine ersten Schritte in der Schiffahrt erinnern.
Im zarten Alter von 12 Jahren durfte ich in den Sommerferien bei meinem damaligen Nachbarn E. Selmke auf der MS Bevergern mitfahren. Das war ein ehemaliges WTAG Schiff ( ex Lingen ) mit den Massen 67 x 8.20m. Nach den 4 Wochen an Bord war für mich klar, daß ich diesn Beruf machen wollte. Wie gesagt: Mir war das klar... meinen alten Herrschaften nicht. Also begann ich mit gerade 14 Jahren unter Zwang eine Lehre als KFZ Mechaniker. Das war absolut nicht mein Ding. 9 Monate musste ich dahin und erst nach etlichen Auseinandersetzungen mit meinen Eltern und diversen Prügelstrafen, sowie das berühmte Abhauen und wieder eingefangen werden, schaltete sich unser Nachbar Herr Selmke ein und nahm so den positivsten Einfluss auf mein weiteres Leben. Durch seinen Kontakt zur WTAG besorgte er mir meine Lehrstelle.
So kam es, daß ich am 25.05.72 endlich an Bord gehen konnte. Und zwar in Bergeshövede auf MS Plochingen. Ich erinnere mich noch gut an die Kommentare der beiden Selmke Söhne: Boah das ist ein Superschiff. Dazu muss ich sagen, daß es zu der Zeit noch etwas besonderes war wenn man ein versenkbares Ruderhaus, Rollluken und so eine Riesenwohnung hatte. Dazu kamen noch die Abmessungen von 85 x 9.50 und 1523 Ton. Ab dem 25 Mai begann ich also ein völlig anderes Leben. Ich war so froh von zu Hause weg zu kommen, daß ich 7 Monate nicht heim gefahren bin. Die erste Reise ging nach Rotterdam mit Stop in Duisburg, wo wir das Wochenende verbrachten. Dabei bekam ich gleich meine ersten Lektionen die ich bis heute nicht vergessen habe: Ich war am Wochenende allein an Bord und hatte in der Nacht von Samstag auf Sonntag ungebetenen Besuch von 2 uralten Pennern, die glaubten man könne auf der Plochingen übernachten. Gottseidank waren das sehr friedliche Menschen, die mich ab 9.00 Uhr wieder verließen. Das war Nr. 1: Nachts die Tür abschließen!
Nr.2 war: Alle überflüssigen Lampen aus. Montag morgen standen wir ohne Strom da und die Batterien waren megaplatt, sodas wir erst mal mit neuen ausgerüstet wurden. Meine tollste Zeit auf der Plochingen war vom 12.07.72 bis 10.08.74. In dieser Zeit lagen wir in Stuttgard um die Cannstädter Brücke einzuschwimmen.Da sich der Einsatz wegen irgendwelcher statischen Berechnungen verschob, machten der Schiffsführer und der Sklaventreibene Matrose 3 Wochen Urlaub. Der Sohn des Schippers war als Ferienjobber an Bord und Aufsicht hatte unser Altmatrose Hermann( Im Zwiefelsfall immer aif unserer Seite ). Auf diese Weise hatten wir jede Menge Zeit etliche Freizeitaktivitäten zu tätigen. Das heißt, mal in die Wilhelma ( 5-6 mal) und vor allen Dingen freundeten wir uns auch mit ein paar Landratten in unserem Alter an. Herrlich!!!
Im November 72 durfte ich dann zum ersten mal zur Schifferschule in Petershagen. Zum Einführungslehrgang, son Blödsinn!
Da bei der WTAG Wert darauf gelegt wurde,daß die Schiffsjungen ab und zu die Schiffe wechseln (meistens nach der Schule), war mein Einsatz auf der Plochingen beendet.
Das war mein erstes Schiff bei der WTAG, ob ich für jedes weitere eine Story schreiben kann, weiß ich noch nicht.
Es bleibt noch zu erwähnen, daß mein damaliger Fürsprecher Edwin Selmke in der vergangenen Woche im Alter von 86 Jahren verstorben ist. Diesen Menschen werde ich wohl nie mehr vergessen.

Schöne Grüße vom nassen Dreieck

Jürgen F.

Norbert
27.06.2009, 16:31
Hallo Jürgen F,

das liest sich ja ganz spannend. Wenn du lust und Zeit hast schreib es einfach auf, man kann es erst auf dem PC abspeichern, um dann zu entscheiden ob es veröffentlicht wird oder nicht.
Ich habe festgestellt als ich diese Dinge geschrieben habe, sind mir viele Sachen wieder eingefallen. Die eigentlich in vergessenheit geraten waren, für mich war es als öffne ich ein Buch. Für ein paar weitere Sachen muss ich mal aufraffen, da kommen noch ganz tolle Geschichten und Anekdoten zu Tage.

Gruß Norbert

Stadt_Aschaffenburg
27.06.2009, 16:44
MEEEEEEEEEEEEEEHR DAVON :captain:

Schön Jürgen :super:
Solche Geschichten könnte ich jeden Tag lesen, am besten mehrere ;-)

Mal sehen, wie´s weitergeht, vielleicht "erbarmen" sich ja noch ein paar Schiffleute....

LG
Micha

Norbert
27.06.2009, 17:05
Hallo micha,

dann lies mal meine Kindergeschichte!

Gruß Norbert

Jürgen F.
25.07.2009, 19:13
Schiff Nr. 2 Ms Dorothea, 80 X 9m 1366 T.

Nachdem ich den Einführungslehrgang in Petershagen hinter mir hatte, wurde ich auf der Dorothea untergebracht. Hier trat ich meinen Dienst am 09.12.72 an. Dieses Schiff war eigentlich baugleich mit der Plochingen, nur eben einen halben meter schmaler. auf der Dorothea lernte ich auch den ersten spanischen Kollegen kennen. Das war Jorge Gonzales Martinez und es war immer wieder eine Freude seine sprachlichen Gewandheiten zu hören. So sagte er z.B. Hey Du machen eine kleine bisken mehr langsam, wenn er der Überzeugung war das ich zu schnell über Deck flitzte. Da ich auf diesem Schiff nur bis zum 21.02.73 an Bord war, gibt es auch nicht sehr viel zu berichten. Aaaaber... wieder eine Lektion gelernt: Die erste Reise ging von Dortmund nach Antwerpen und weiter nach Marche les Dames!
Dort lagen wir auch über Weihnachten und fuhren natürlich nach Hause. Meine Zugfahrkünste waren in dem alter von 15 Jahren noch nicht besonders ausgeprägt und so kam es wie es kommen musste. Nach den Feiertagen ging es wieder an Bord. Da mein Kollege und der Schipper aus Ostfriesland kamen, hätten wir im selben Zug gesessen wenn ich den richtigen genommen hätte. Nun ja immerhin bin ich an diesem Tag noch zu meinem Zielort gekommen. Die Bahn fährt in der Gegend am Wasser lang und ich staunte nicht schlecht, als 3 Stationen vor Marche les Dames ein Schiff zu Tal kam das Dorothea hieß. An der nächsten Station konnte ich dann den Zug verlassen. Und dann? Schöne Kacke, kein Geld dabei und kein Mensch verstand meine Sprache da in dieser Gegend ja ausschließlich französisch gesprochen wird. So bin ich dann erst mal zur nächsten Schleuse getappert und erfuhr dort, das 2 Schleusen weiter eine Sperrung war und mein Schiff als Nr. 50 oder so in der Reihe lag. An diesem Tag bin ich ca. 40 km zu Fuss gelaufen ( mit einem Riesenkoffer ) bis mich ein mitleidiger Autofahrer eingeladen hat und mich in der Nähe der Schleuse absetzte. Die Moral von der Geschichte: Ich habe nie wieder einen Zug verpasst.
Nach 4 Wochen Urlaub bin ich dann auf MS Lahn eingestiegen. Das coole an dem Schiff war das wir mit 2 Schiffsjungen im gleichen Lehrjahr waren. Dieser Einsatz dauerte allerdings nur 4 Wochen, da wir am 06.05.73 einen Neubau aus Bodenwerder abholten. Das war die Karlsruhe. Noch heute könnte ich mir in den Hintern beissen, daß ich mit auf diesen Dampfer gegangen bin. Mit der Abfahrt ab Bodenwerder entwickelte sich unser Schipper zum Mega Sklaventreiber und wurde unausstehlich. Auf dem Weg nach Misburg zum Petrolkoks laden, bekam das Schiff schon mal die erste Beule, weil sich in der Schachtschleuse Minden während des Schleusenvorgangs der Draht aushängte ( Das kommt davon, wenn man ein Schiff erst beläd und später tauft). Natürlich war der Schiffsjunge schuld weil der ja vorne an Deck war und in diesem Fall war ich das. Seit dem Tag wollte ich nur noch von diesem halbgar gekochten Schiffsführer weg. Da die Strafe ja bekanntlich auf dem Fusse folgt bekam die Flitzpiepe die Quittung eine halbe Stunde nach der Schiffstaufe die in Düsseldorf vor Anker liegend stattfand. Nachdem die Flasche karputt war und das Komando: Werftflagge ab - Reedereiflagge auf, vollzogen war, machten wir mit dem von Bürokraten übersäten Schiff eine Probefahrt. Beim ausprobieren des Becker Ruders ( Unser Superhauptschiffsführermeister kannte bis dahin nur ein normales Haspel) verpasste MS Karlsruhe einem Rückwarth Tanker eine ansehnliche Beule. Natürlich musste unser Superkapitän bei der WSP erstmal blasen. Ratet mal wer die Schuld an der Beule des Tankers hatte??? Genau, der Schiffsjunge der kein Reibhalz reingehalten hat. Zwar wären in diesem Fall 3 Reibholzhalter dagewesen, aber da ich ja nicht an Deck sondern in der Küche war um für 30 Sesselfurzer Instant Erbsen Eintopf zu mischen ( Bööörks ), ist das doch wohl klar... Bei so einer Aktion hat man gefälligst an Deck zu sein!!!
Am 22.07.73 durfte ich dann endlich zur Schifferschule. Gottseidank!
Fortsetzung folgt.

Schöne Grüße
Jürgen F.

Stadt_Aschaffenburg
25.07.2009, 21:15
looooooooooooool :super:

Norbert
26.07.2009, 11:08
Hallo Jürgen F,

wer ist immer Schuld?

Der Bordhund oder der jüngste Schmelzer! :confused:

Als ich deinen Bericht gelesen habe sind mir ein paar Sachen wieder Eingefallen, die werde ich in Kürze zu Papier (äh in PC) bringen. :dream:

Gruß Norbert :super:

Norbert
26.07.2009, 17:05
Petrolkoks nach Rotterdam

Nach dem Untergang unseres Schubkahns MANNESMANN 27 im September 1974, war MS Katharina wieder als Einzelfahrer unterwegs. Das hatte den Vorteil wir bekamen Reisen in den Kanal oder nach ober raus, sprich Mainz, Mannheim usw.

Am 01. August 1975 stand mal wieder eine Kanalfahrt an, wir lagen vor der Ruhrschleuse Duisburg mit Order Stadthafen Recklinghausen. Morgens um 4:30 Uhr begannen wir das leere Schiff für die Kanalfahrt vorzubereiten. Ballastwasser im hinteren Laderaum hatten wir schon am Vortag rein gepumpt.
Jetzt begann das Abbauen, zuerst wurde hinterm Steuerhaus die Halterung für die Drei Hecklichter und dann der Kranebalken umgelegt. Danach die Treppen zur Brückennock ausgehängt, nun konnte das Steuerhaus mittels Pressluft angehoben werden um die Sicherungskeile zu entfernen. Danach wurde es abgesenkt, im Anschluss daran das Dach mit Ofenrohr entfernen. Als nächster Schritt, umlegen der Seitenteile. Zuerst die Rückwand dann die Türen aushängen und nach einander die Seitenwände umlegen. Die Vorderfront wurde auf zwei Kanthölzer aufgelegt. Soweit das Normale an diesem Freitagmorgen lief es anders.

Die Rückfront hatten wir umgelegt und die Türen ausgehängt, ich stand Backbord in der vorderen Ruderhausecke der Schiffer in der anderen und er gab mir die Order ich könne das Backbord Seitenteil umlegen, was ich auch Tat. Gleichzeitig hatte er auf seiner Seite ebenfalls das Seitenteil umgelegt. Aus dem Augenwinkel sah ich die Vorderfront langsam nach vorne Umfiel. Der Matrose stand schon mit den Kanthölzer bereit, ließ diese fallen und hechtet aus dem Gefahrenbereich. Die Vorderfront knallte gegen den Aufbau und alle Fensterscheiben gingen mit einem lauten Knall zu Bruch. Es versteht sich von selbst dass überall auf den Schiffen die Wohnungstüren aufgingen, denn die Kollegen mal sehen wollten wer sie da so nett geweckt hat.

Nachmittags erreichten wir den Recklinghäuser Stadthafen unterhalb der Schleuse VI Herne-West. Dort wurde das Steuerhaus wieder zusammen gebaut, neue Fensterscheiben sollten wir in Ruhrort bekommen, deshalb diente übers Wochenende eine Plane als Fensterersatz.
Montagmorgen begann die Schweinerei, Petrolkoks laden Trotz Plane lag das Zeug überall herum. Aus dem Steuerhaus durfte ich es mittels Handfeger und Kehrblech entfernen, schöne Sisyphusarbeit zu Tür raus zum Fenster kam das Zeug wieder herein.

Am 5. August erreichten wir den Ruhrorter Hafen bei der Firma Van Strünk am Durchstich zum Kaiserhafen gab es neue Scheiben und für mich eine neue Runde Steuerhaus putzen, ich weiß nicht mehr aus welchen Ecken ich das Zeug rausgeholt habe es hat auf alle Fälle gedauert. Der Schiffer hat sich an den Reinigungsarbeiten beteiligt und zwar nicht nur mit guten Ratschlägen. Schon am nächsten Tag erreichten wir den Botlek Hafen, bei Frans Schwartau wurde auf der Ecke der Petrolkoks ausgeladen, einen Tag Später gab es bei der gleichen Firma um die Ecke die neue Ladung PETROLKOKS für Duiosburg Huckingen.

Ich war meine gesamte Lehrzeit auf dem MS Katharina, Schiffsführer war Walter Stumm aus Gernsheim, in der Reederei hatte er den Beinamen Vater Stumm einen geduldigeren Mann hab ich noch nicht erlebt. Er ist nie länger als 16 Stunden gefahren und wir hatten kein Radar an Bord, abends gegen 21/22:00 Uhr sind wir vor Anker gegangen. Am nächsten Morgen ging es zwischen 5 und 6:00 Uhr weiter.

Später als Matrose auf den Schubbooten, war es wie ein Gütesiegel wenn die Leute wussten, dass man bei Vater Stumm in der Lehre war. Das mit dem Radar hab ich auf den Schubbooten schnell gelernt. Dazu gibt es noch eine Geschichte von meiner Radarprüfung, für die mich der eine oder andere noch Verfluchen wird …..SPÄTER.

Als Matrosen hatte ich die Drei Jahre Hans Riesch, der war der Gegenpol zum Alten er hat mir alles beigebracht außer Wriggeln, dass kann ich bis heute nicht. Gelegentlich konnte Hans richtig ruppig werden.

Da war die Geschichte mit dem Petroleum Kühlschrank. Ich sollte den Tank mit Petroleum befüllen, was ich auch tat. Man sollte aber besser schauen was auf dem Kanister steht P ist Petroleum und B ist Benzin, das riecht auch anders. Ich weiß nicht was mich geritten hat aber ich hab Benzin eingefüllt und mir nur Drei Minuten später einen Tierischen Anschiss vom Matrosen abholt, mit recht.

Fortsetzung Folgt.

Gruß Norbert

Norbert
26.07.2009, 18:41
Radarprüfung

In 1998 war ich schon als Schiffsführer beim WSA, da machten meine Kollegen aus dem ABz Dorsten das Kanalpatent und weil eine neue Generation von Streckenaufsichtsbooten geplant war, auch Sprechfunkzeugnis und Radarpatent. Der eine Kollege erzählte mir von seiner Radarprüfung und das dabei die Funkgeräte leise gestellt waren. Weil ein Spaßvogel mal die Prüfer auf die Rolle genommen hatte.
Dass dieser Spaßvogel direkt vor ihm stand wusste er wenige Minuten später.

Ich war vom 11. bis 13. Oktober 1985 auf dem Radarlehrgang in Homberg. Danach ging es wieder an Bord, Prüfungstermin war Dienstag der 22.10.1985 einen Tag vorher bin ich morgens in Dordrecht ausgestiegen, normalerweise hätten die Kollegen mich direkt mit dem Beiboot zur Prüfung bringen können. Der Alte Bodo Wernicke wünschte mir Viel Glück und meinte noch Scherzhaft „Wenn du mit der Prüfung dran bist und es kommt ein Schubverband auf dich zu das sind wir“.

Am nächsten Morgen um 9:15 Uhr begann die Prüfung auf dem Boot Lippe der WSV. Wir hatten gerade losgemacht da hörte ich über Funk die Stimme von Bodo Wernicke „Mannesmann IV zu Tal mit Vier leichtern bei Sachtleben“. Prüfer war Herr Lemme von der Firma Lehnkering und Herr Weustenfeld von der Reederei Stinnes. Wir durften alle mal ans Haspel um zu sehen wie das Schiff reagiert, Netterweise war die Hydraulische Unterstützung abgestellt.

Als ich an der Reihe war fragte mich Herr Lemme „Ob ich noch nie ein Haspel in der Hand gehabt hätte“? Das konnte ich natürlich nicht auf mir sitzen lassen, also Antwortete ich mit der Frage „Ob die Lehnkering Schubboote mit dem Haspel gesteuert werden?“. „Auf Mannesmannbooten gäbe es schon Hydraulische Hebelsteuerung“.

Das fand der gar nicht lustig, schon hörte ich aus dem Funkgerät „Mannesmann IV zu Tal mit Vier leichtern an der Ruhrmündung“. Herr Weustenfeld wies uns in dir Radaranlage ein. Es war eine Anlage von Kelvin/Hughes, ich kannte aber nur die Decca Radaranlagen. Als letzter bei der Einweisung und durfte ich dann gleich als erster ran. Im ersten Moment war ich so überrascht, dass ich erst einmal auf Radarbild konzentrieren musste.

Für unsere Landratten, der Prüfling steht hinter einem dunklen Vorhang der zu allen Seiten zugezogen ist, der Platz darin ist etwa so groß wie in einer Telefonzelle, der Rudergänger hat nur einen Vorhang nach vorne.

Wir waren linksrheinisch am Homberger Ort zu Berg, der Ruhrort Pegel Stand bei 1,95 Meter, Fahrrinnentiefe ca. 2,50 Meter und beide Motoren durften Maximal nur halbe Kraft laufen.
Ich gab meine Ruderkommandos und erzählte den Prüfern was ich auf dem Bildschirm sah. Das hört sich dann etwa so an:
„Ruder Steuerbord 5“, „am Rechtsrheinischen Ufer liegt das Eisenbahn Bassin“.
„Ruder Null“„Linksrheinisch die Einfahrt zum Rheinpreußen Hafen“
„Rechtsrheinische die Mühlenweide mit dem Schiffermast, den kann man auf dem Radar nicht sehen“, „Ruder Steuerbord 10“, „ich bekomme jetzt die Homberger Brücke ins Bild“

Dann kam meine große Stunde, aus dem Brückenecho löste sich ein großes Fahrzeug, ich sagte dann „unter der Homberger Brücke, etwa Brückenmitte ein Talfahrer, wahrscheinlich ein Schubverband“.

Da dieser Verband genau auf mich zuhielt wusste ich wer da zu Tal kam.
So entfuhr es mir „Ruder 0“, „Vierer Schubverband zu Tal“, nach einer kurzen Pause „das ist der Mannesmann IV mit Vier leeren Leichtern“. Herr Lemme Quittierte mir meine Aussage mit dem Satz „das ist wohl alles was er weiß“.

Wenig später war der Mannesmann IV vorbei und ich sollte in den Hafenkanal einfahren. Etwa 10 Minuten trieb ich in Höhe der Bunkerstation in Homberg auf der Stelle. Die Talfahrt kam wie an der Perlenkette. Endlich hatte ich eine Lücke von mehreren Hundert Metern. Ich gab die Anweisung die Talfahrt über Funk zu Wahrschauen das wir in den Hafenkanal eindrehen möchten. Zum Rudergänger die Anweisung „Ruder Backbord“, Herr Lemme „was Backbord ?“ „Hart Backbord und beide Maschine Halbe Fahrt“.

Der Rudergänger fragte kurz an ob ich „Rückwärts zu Berg Fahren wolle“ da kam schon meine Antwort „Ruder 0“. Der arme Kerl musste drehen was das Zeug hielt um das Schiff auf Kurs zu halten. Nach erreichen des Hafenkanals, kam Herr Weustenfeld zu mir in die Kabine um das Radarbild von 900 auf 500 Meter umzustellen. Wir waren gerade quer ab von einem Schubleichter und er gab mir zu verstehen, dass der Seitenabstand gut war. Danach noch einmal drehen und dann war es überstanden.

Nachmittags ging es dann im WSA Duisburg Rhein weiter, Mündliche Prüfung.
Dabei war ich dann der letzte, Drei Mann hatten bestanden Drei waren durchgefallen. Als ich den Prüfungsraum betrat bekam ich einen Platz zugewiesen. Die erste Frage von Herrn Weustenfeld war: „Herr Hüls, kann man auf dem Radarbild irgendwelche Gegenstände wie z.B. Namen von Schiffen erkennen?“ wahrheitsgemäß antwortete ich mit „Nein“.
Ich wurde dann noch einige Zeit zum Thema Radar befragt, dann durfte ich den Raum kurz verlassen. Nach wenigen Minuten des Wartens wurde ich wieder herein gerufen, dort teilte man mir mit, dass ich bestanden hätte.

Danach wurde ich von Herrn Weustenfeld gelöchert „warum ich das mit dem Mannesmann IV gewusst habe“. Meine Antwort war Lakonisch, „Ich würde doch wohl mein Boot auf dem Radar erkennen“. Das wollte der gute Mann mir aber nicht abnehmen und entgegnete „dass er schon mit Flussradargeräten arbeiten würde solange wie es sie auf dem Rhein gibt“. Schließlich hab ich dann erklärt wie die Sache abgelaufen ist. Ich glaube er war mir nicht mal Böse, sagte aber „Er konnte sich das nicht erklären da der Vorhang die ganze Zeit zu war“.

Nun wisst ihr warum die Funkgeräte bei der Radarprüfung abgedreht sind. :confused:

Ich war´s! :wink:

Fortsetzung Folgt.....

Gruß Norbert

Jürgen II
28.07.2009, 13:35
Hallo Norbert,
hab mit dem gleichen Boot quasi an der gleichen Stelle meine Radarprüfung gemacht ( auch mit den gleichen Prüfern ) . Nur wir mussten in die Ruhr einfahren und eigentlich an der "Max Prüss ?" zum Anlegen ständig machen. Als ich dann da hin kam waren nur noch die drei Dalben da und kein Messboot. Aber es hat geklappt.
Gruß Jürgen

Norbert
28.07.2009, 15:13
@ Jürgen II

Aber es hat geklappt

Gelernt ist gelernt. :super:

Gruß Norbert

Stadt_Aschaffenburg
29.07.2009, 00:47
Tja - Schlitzohren gibts überall ;-)
Wobei ich jetzt keine Namen nennen will... gell Norbert :lool:


LG
Micha

Norbert
29.07.2009, 09:28
Hallo Micha,

als ich in Dordrecht ausgestiegen bin und der Alte mir diesen Satz
„Wenn du mit der Prüfung dran bist und es kommt ein Schubverband auf dich zu das sind wir", mitgab hätte ich im Traum nicht daran gedacht das es Funktioniert.

So etwas kannst du nicht Planen. Bodo Wernicke hatte mir nachher erzählt das er, als er die Boot Lippe zu Berg kommen sah, habe er einfach mal draufgehalten hat. Da er mich beim passieren nicht von in der Kajüte und im Ruderhaus gesehen hatte, ist er davon ausgegangen das es Funktioniert hat.

Ergänzend dazu muss ich sagen, er hat sich selten über Funk gemeldet hat, an diesem Morgen sogar Drei mal (einmal hab ich garnicht mitbekommen). Dafür hat er sich beim nächsten 14 Tage Törn auf dem Mannesmann IV richtig vor Lachen auf die Schenkel gehauen.

Gruß Norbert

Jürgen F.
14.11.2009, 01:23
Ende von Beitrag 10#... Am 22.07.73 durfte ich dann endlich zur Schifferschule...
Der Lehrgang der Unterstufe begann am 1.08. und endete am 5.10.72. Was für ne geile Zeit:super:. Nur danach sollte ich dann auf ein anderes Schiff! So kam es, das ich am 13.11.72 nach Lingen gefahren bin und auf der Leda an Bord ging. Dazu muss man wissen, daß ich bis dahin ja ein sehr verwöhnter Moses war, der ja nur auf neuen Schiffen eingesetzt war. Als ich den alten Kübel gesehen habe dachte ich nur Aua-aua-ha! Eisenluken, Eisenmerklinge mit Winkel, Wohnung unter Deck nix wie wieder weg. Von wegen:roooll:. Schon nach einer Woche war ich völlig anderer Ansicht: Hier traf ich auf den Matrosen Ferdinand Weger aus Rütenbrook und den Schiffsführer Hartwig Ziegler aus Geilnau a/d Lahn. Zum ersten mal in meiner Lehrzeit wurde ich nicht mehr wie der Moses, sondern als Kollege behandelt. Das erste was ich dort gelernt habe war das wichtigste: Der Ferdinand hat mir beigebracht wie man tolle Sossen zaubert. Das hat sich auf fast allen anderen Schiffen ausgezahlt. Wobei ich dadurch wieder eine andere Weisheit entdeckt habe: Wer am Topf steht ist an de Macht!!! :geil::geil:
Positives gab es direkt am ersten Abend, als der Schipper mir sagte das die Eisenluken in Oberhausen in den Schrott geangen sind:super:. Ja und in der zweiten Woche an Bord von MS Leda gings dann auch gleich abenteuerlich los. Von Lingen ging die Reise leer zur Zeche Bismark wo wir Perlkoks für Vlissingen galaden haben. Auch direkt wieder was neues: Deckskleider ziehen. Hat aber Spaß gemacht.
Am 22.11. angekommen und am 24.11 zurück. zumindest ein kleines Stück. Wir hatten eine Schleuse passiert und als wir gerade ausfuhren wurden dort die Sturmbälle hochgezogen. Hat natürlich keiner von uns gemerkt und es war zu dem Zeitpunkt auch nicht sonderlich windig. Und dann gings los, 2 richtige Wellen und die Leda war gebrochen. Und zwar so, das das Miitelschiff hochkam. Sah echt scheiße aus. Wir sind dann schön langsam bis zum Veerhaven gefahren und haben am 1.12. nach diversen Schweißarbeiten mit 2 Schleppern die Überfahrt nach Terneuzen zur Werft gemacht. Bis zum 10 Januar 74 lagen wir dort im Dock und auch diese Zeit war super. Mit diesem Schiff bin sehr viel rumgekommen. Selbst der Neckar bis Altbach war dabei. Gemütliche Liegetage in Antwerpen oder Rotterdam waren häufig der Fall, aber deswegen gabs nie Meckerei Die paar Tage Ruhe wurden immer genossen. Ich glaube, eine der wichtigsten Lektionen die ich auf der Leda begriffen habe war: Das es nicht auf das Schiff ankommt sondern mehr auf die Kollegen. Obwohl ich auf diesem "Kübel" sofort wieder flüchten wollte, bin ich bis zum 8.01.75 dort an Bord gewesen und eigentlich nur runter um die Matrosenprüfung zu machen. Vom 20.01 bis 27.03.75 war ich in Petershagen. Als ich den Brief dann hatte, hatten meine beiden Kollegen das Feld geräumt und die Leda war mit anderem Personal besetzt. Na Gut.. Jetzt begann dann halt das Matrosenleben.... Fortsetzung folgt

Schöne Grüße
Jürgen F.

Power-Ship
14.11.2009, 01:28
@ Jürgen:
Schöner Bericht...
Weiter so!
Das ist schon interessant, gerade dann, wenn man nie auf einem Schiff gearbeitet und gelebt hat...

Tido
14.11.2009, 09:29
ist ja witzig...als Ihr die Havarie hattet (am 30.11.73) ist mir ähnliches passiert...nur eine stunde später....grins..da wurde ich nämlich geboren...:geil:

Gruß Tido

Jürgen F.
18.01.2010, 22:11
Das Matrosenleben beginnt
Nach der Schifferschule und mit GUT bestandener Prüfung ( Die Note bescherte mir bei der WTAG direkt den Steuermannslohn) ging das Matrosenleben gleich richtig los. Anfang April 1975 hatte ich das Vergnügen auf MS Elbe für eine Reise Vertretung zu machen. Ohweija ohweija:roooll:. Zwar kannte ich das Schiff, aber das der Schipper mit Spitznamen Promille Willi hieß wusste ich bis dahin nicht. Zu allem Überfluss hatte das Schiff Eisenluken und Eisenmerklinge. Die hatte ich wohl schon mal gesehen, aber noch nie damit gearbeitet. Natürlich ging die Reise nach Rotterdam, mit Kunstdünger ans Seeboot. Da es den ganzen Tag und die Nacht immer wieder regnete gabs direkt den perfekten Untericht. Als wir endlich leer waren konnte ich mir im Stehen unter den Füßen kratzen. Das schlimmste war allerdings der ständig volle Käptn. Bei dem alten Suppkopp musste ich auch noch im Lotsenzimmer schlafen und das bei nem stinklangweiligen Wochenende in Rotterdam. Gott sei Dank konnte ich nach Beendigung der Anschlußreise nach Dortmund ( mit Eisen von Ijmuiden) wieder von Bord. An diese Tour habe ich nur unangenehme Erinnerungen.
Und schon gings weiter!
Runter von der "Elbe" und ab an Bord von MS Wilhelmshaven. Auf diesem Schiff hab ich dann in 2 Monaten gelernt wie man einen Laderaum mit Holzluken im Affentempo auf und zu deckt. Das war jedesmal ein richtiger Wettstreit und machte einen Heidenspaß. Leider war ich dort auch nur als Vertretung eingesetzt:cry:und so kam es, daß ich am 9.07.75 auf die Misburg kam. In Bergeshövede eingestiegen und ohne Überstunden mit Zementklinker nach Mertert.

Auf der Misburg lernte ich Henry kennen: Ein klein gewachsener Mann um die 40 und eigentlich ein ruhiger Vertreter. Eigentlich...! Bis wir das Wochenende in Mertert verbrachten und den Samstag abend zum Landgang nutzten. Das war Henrys Nacht! Wir hatten beschlossen das Trierer Nachtleben zu erkunden und nach einem ordentlichen Abendessen heiß es: Auf gehts. In dieser Nacht hab ich dann gelernt wie sehr son paar Bierchen einen Menschen doch verändern können. Aus meinem stillen netten Kollegen wurde in kürzester Zeit ein richtiger Terrorist. In einer diversen Bar mit entsprechenden Filmbeiträgen fiel mir das erste mal auf, daß ich statt einem Dackel doch wohl einen Rottweiler als Begleiter hatte. Während wir unser Bierchen genossen, setzte sich ein riesiger Typ an einen Tisch der zwischen uns und der Leinwand stand. Ich vermutete das der wohl ein "Imker" war. Das dumme war das mein Henry nun nicht mehr alles so gut sehen konnte was die Akteure da auf der Bühne trieben und Ratzfatz klopfte er dem Riesen mit aller Kraft auf die Schultern mit den Worten: Musst Du Deine bescheuerte Affenbirne genau in mein Sichtfeld halten? Vielleicht sollte ich Dir die komische Rübe abhacken? Mein Herzschlag war auf null und ich hielt schon Ausschau nach dem schnellsten Fluchtweg und dann kams... Der Typ dreht sich um ( Das totale Boxergesicht nach zig verlorenen Kämpfen ), grinst freundlich und sagt: "Oh Entschuldiging, da hab ich gar nicht drauf geachtet." Der hat mal kurz mit den Fingern geschnipst, 2 Bier für uns bestellt und den Sitzplatz gewechselt. Puuuh...! 10 Minuten später erschien bei uns am Tisch eine sehr stabile farbige Schwalbe und bot uns ihre Dienste an. Auch diesmal klärte mein Henry die Angelegenheit ziemlich aggressiv in dem er die Lady auf übelste beschimpfte.( Alles guckte zu uns rüber). Ich dachte, jetzt fliegen wir raus. Nix war, alles im Lot, die Dame trollte sich und Henry ging erst mal für kleine Königstiger. Der war noch nicht wieder zurück, da startete die Dame von eben noch einen Versuch, diesmal bei mir. Ich konnte die olle Hippe nicht loswerden. Bis Henry kam! Der tippte ihr kurz auf die Schulter und als sie nach hinten schaute hat der ihr voll aufs Auge geschlagen. Die Gute landete genau bei dem netten Boxer von vorhin auf dem Tisch und ich dachte nur: "Beten hilft Dir jetzt auch nicht mehr". Wieder gut gegangen, uns passierte gar nichts. Nur die Frau kam nicht so gut dabei weg. Anscheinend gehörte sie wohl zum Bienenvolk des Imkers mit dem Boxergesicht und wurde von diesem fachgerecht entfernt.Und was macht mein Henry? Wartet bis der Typ wieder da ist und fordert den direkt auf einen auszugeben wegen der Unannehmlichkeiten. Boah ey... das hat der tatsächlich gemacht. Damit wurde mir der Boden echt zu heiß unter den Füßen und ich überredete meinen kleinen stillen Kollegen Henry mit an Bord zu gehen. Also ein Taxi gerufen und ab. Nur wollte der Fahrer uns aus irgendwelchen Gründen nur bis zur Grenze bringen und so machten wir den Rest zu Fuß. Ein schöner Spaziergang kurz vor Sonnenaufgang bei herrlichem Sommerwetter. Dachte Ich! Bis Henry am Moselufer einen Bauwagen entdeckte, der unbedingt in den Fluss musste. Gott sei Dank hat das nicht so geklappt wie er sich das vorgestellt hatte. Die letzten 200m bis an Bord! Ich bin mal kurz zum Pinkeln an einer Ecke stehen geblieben und Henry war weiter gegangen. Nichtsahnend kam ich dann aufs Hafengelände, wo mir ein unbemannter Radlader entgegen kam der Richtung Kaimauer fuhr und kurz dahinter ein freudestrahlender Henry. Ich weiß nicht wie, aber ich habe das Ding anhalten können. Der wäre über die Mauer und auf die Roof der Misburg gedonnert und aus was für einer Höhe:roooll:.Das auch noch Sonntagsmorgen um kurz nach vier.
Endlich an Bord...
Falsch gedacht! In der Zeit wo ich diesen Radlader abgestellt hatte, meinte Henry er müsse unbedingt einen ca. Kopfgrossen Findling auf das Roofdach der Eurydyke ( oder Aphrodite ) befördern. Am liebsten hätte ich den Idioten hinterher geworfen, aber ich hab lieber das Weite gesucht und bin erst 2 Stunden später an Bord gegangen wo dieser Volltrottel auch noch die Tür von innen abgeschlossen hatte. Auf Landgänge dieser Art konnte ich sehr gut verzichten und hab dann Ende August das Schiff gewechselt. Der kleine Dackel ist jedesmal beim Bierchen völlig ausgerastet. Also nix wie weg.
Fortsetzug folgt.

Schöne
Grüße Jürgen F.

Stadt_Aschaffenburg
18.01.2010, 23:57
Aaaaaaaaaaaaaaaaaah :lool: :lool: :lool:
Was hab ich jetzt gelacht. :lool:

Ich kann mir das richtig bildhaft vorstellen, wie der "Dackel" die ganze Zeit Scheiße baut und du ihn versuchst, zur Vernunft zu bringen... Mann Mann Mann.... GEIL!

Aber mal echt - das läßt einen in einer Nacht um Jahre altern...
....aber es liest sich prima ;-)

LG
Micha

neugierig
19.01.2010, 08:40
:D:D:D
Klasse Geschichte. :roooll: Ich kann mir nicht helfen - irgendwie hat das so bisschen was von einer Komödie... :)
Bin schon gespannt auf die Fortsetzung.

LG
Nadine

Horst
19.01.2010, 08:50
Jou, ich musste auch lachen, kenne ich doch ähnliche Geschichten auch, nur haben die weniger mit Schif(f)fahrt zu tun :roooll:

Gruß vom Antiakoholiker Horst

Jürgen F.
19.01.2010, 21:14
Ein Jahr auf MS Hermann Wenzel

Meine Fahrzeit auf der Misburg endete schlagartig am 26.08.1975 nach einer recht stürmischen Auseinandersetzung mit dem Schiffsführer. Zu dieser Zeit war ich in einem Alter, wo Brüllerei von Seiten der Führung eine sofortige Abmusterung meinerseits zur Folge hatte und so kam es das ich von Datteln direkt nach Dorsten fahren konnte um auf der Hermann Wenzel weiter zu machen. Solche Sachen waren bei der WTAG absolut kein Problem sofern man sonst als zuverlässig bekannt war. Da die Misburg eh jede Menge Zeit hatte ( Petrolkoks für Rheinfelden, ohne Überstunden ) und H. Wenzel mit Terminladung nach Antwerpen musste konnte ich sogar noch den Retter in der Not spielen. Das schönste war, daß Antwerpen beedeutete: Überstunden - Geld verdienen. Feine Sache.
Dachte ich... 28.08. Ankunft in Antwerpen und dann...? Schipperstreik!!! War wohl nix. Bis zum 19.09. lagen wir dort rum. Aber trotz allem wars ne tolle Zeit. Wir haben damals sogar Fussballspiele organisiert wie Deutschland - Schweden etc. und haben jede Menge Spaß gehabt. Nebenbei bemerkt war die WTAG eine sehr soziale Firma die uns während der Liegezeit mehrmals mit Super Fresspaketen versorgte, wobei das deutsche Brot der wichtigste Artikel war. Wieder einmal hatte ich das Pech einen Berufsalkoholiker als Kollegen zu haben. Den hat mein jugoslawischer Schiffsführer allerdings recht schnell entsorgt und durch einen Kollegen in meinem Alter ersetzen lassen. Das war schon mal nicht schlecht: Mit 18 Jahren als erster Mann fahren, das war schon was! Leider entwickelte sich der neue Kollege in rasendem Tempo zu einem Faultier ersten Grades, welches auch nur die Sauferei im Kopf hatte. Was nutzte es, auch der wurde gegangen und durch Christian ersetzt. Der war Schiffsjunge im dritten Lehrjahr, schiffisch bis zum abwinken und bei jedem Blödsinn mit dabei. Ab jetzt liefs wie geschmiert. Wir haben zwar jede Menge Unfug gemacht und auch recht ausgedehnte Landgänge unternommen, aber unser Schiff war in Ordnung und sauber.
Anfang Mai 76 lagen wir mit Kohle an der Pier 5 in Rotterdam und haben aufs Seeboot gewartet. Die Wartezeit zog sich fast 3 Wochen in die Länge. Zu der Zeit wurde gerade die Fusion der WTAG und der Stinnes über die Bühne gebracht und da wir mit etlichen Schiffen der WTAG und der Fendel & Stinnes auf das Boot warteten, hatten wir Gelegenheit die neuen Kollegen ausgiebig kennen zu lernen. Jeder kann sich wohl vorstellen, was wir da für einen Spaß hatten. Wie gesagt, die Schiffe waren alle in Ordnung und irgendwie musste man sich ja die Zeit vertreiben. Das klappte immer wieder gut mit Kartenspielen und einigen erstklassigen Grillveranstaltungen. Auch diverse Landausflüge am Sonntagvormittag Richtung Rotterdam City waren im Programm. Die Zeit war super.
Ein sehr störender Faktor bei unseren Aktivitäten war allerdings ein recht stinkiger WTAG Schiffsführer. der es überhaupt nicht leiden konnte wenn die Knechte ( Matrosen ) morgen um 7 noch nicht an Deck waren. Dieser fiese alte Drecksack hatte einen Mordsspaß daran mit seinen erbärmlichen Holzschuhen morgens um 5.30 Uhr auf den Vorschiffen rum zu trampeln um das Fussvolk aus dem Bett zu schmeißen. Gerne hätten wir den alten Stinkstiefel mal baden lassen, aber das macht man halt nicht mit alten Leuten. Der Kacker war damals so um die 60. Also mussten wir uns was anderes ausdenken und nun kam mein Kollege Christian ins Spiel ( Hihi ). Der alte Berufsnörgler, der im übrigen bei seinen Leuten so beliebt war wie Hämoroiden, stellte jeden Abend seine Holzpantinen zum Lüften auf ein Holzrost vor seiner Wohnungstür. Das war was für Christian! Als es richtig dunkel war hat er die Holzschuhe samt Abstellplatz in unseren Maschinenraum gebracht und die Dinger richtig schön fest verschraubt. Das hätte als Rache eigentlich gereicht, wenn wir nicht so viele Geschädigte gewesen wären ( Während der Anschraubaktion waren etwa 20 Leute bei uns im Maschinenraum!). Also musste die ganze Angelegenheit noch aufgewertet werden in dem man an der Wohnung unseres nicht bestellten Weckdienstes sämtliche Fenster schön fingerdick mit Kohlenteer vollschmierte und darauf noch schöne Bildchen draufpappte die aus nicht jugendfreien Heftchen stammten. Die ganze Aktion fand in der Nacht von Freitag auf Samstag statt und war so gut geplant, daß die beiden Matrosen des Schinders schon Freitag mittag nach Haus gefahren sind.
An einem schönen Samstag morgen an der Pier 5 in Rotterdam waren morgens ab 5.00 Uhr sämtliche Matrosen wach und in Lauerstellung. Da kein Licht mehr in seine Wohnung kam wurde der Knallkopf erst so gegen 6.30 Uhr wach und kurz drauf gings ab: Rein in die Holzpantinen? Nee, hat nicht so richtig geklappt. Da die Wohnung ja innen total dunkel war und draussen die Sonne schien hat der erst gar nicht gerafft was los ist. Da gabs erst mal ne 5 minütige Schreierei, bis er dann seine Fenster von außen gesehen hat. Und ab da wars ruhig. Ratet mal wie der das Wochenende verbracht hat? Richtig, mit ganz viel Benzin! Mir hat er dann doch ein wenig leid getan, aber wirklich nur ein ganz kleines bischen.

Fortsetzug folgt

Schöne Grüße
Jürgen F.

LEUNAM
20.01.2010, 16:33
Text in 2 Teile! – „Teil 1“

Hallo Miteinander

Ja, „warum wird man Binnenschiffer“?
Eigentlich wollte ich ursprünglich „Landschaftsgärtner“ werden – mir hat das Arbeiten als Jüngling „Draussen“ immer gut gefallen! Nachdem ihr diesen Beitrag gelesen habt, versteht ihr, WARUM ich „Binnenschiffer geworden bin! Diese „Berufung“ lässt mich nicht mehr los - mich zieht es auch (wenn möglich) immer gleich in den Hafen oder Fluss/See einer Stadt….. .

Auf dem Land aufgewachsen – wusste bei uns eigentlich Niemand so recht, WAS „Binnenschifffahrt“ resp. „Rheinschiffer“. Habe bereits in einem andern Beitrag erwähnt - da gab es keine „Schifffahrt“ in diesem Sinne! Damals hatten die Leute immer noch eine etwas „altmodische“ Auffassung, WAS Schifffahrt wäre. Z.B. Frühmorgens mit dem Ziegelstein das Deck schrubben…. (wie in alten Seeräuberfilmen). Ohne den anderen, damaligen Reederein nahezutreten - diese Reederei war damals der Inbegriff der „Schweizer Schifffahrt“.

Der „Beruf Rheinschiffer“ wurde in der Schweiz erst gegen Mitte de Siebziger-Jahre anerkannt.

D.h., die damalige „Schifffahrtsschule“, welche vornehmlich von der „Schleppi“ (ehem. „Schweizer Reederei - „die Roten“) geleitet und organisiert wurde, hat sich mit „Bern“ (Schweizer Regierung) zusammengesetzt und ein Konsortium von verschiedenen Reedereien gegründet. Viele von diesen „Reedereien“ gibt es immer noch – andere haben fusioniert, fusioniert und fusioniert (also „wegrationalisiert….) oder sind andersweitig von der „Bildfläche“ verschwunden.

Meines Wissens waren das damals vor allem folgende Firmen, die die Schiffsjungen an die Schule sandten (Angaben ohne Gewähr und nicht vollständig):
Schweizerische Reederei AG, Neptun Transport & Schifffahrt AG, Natural van Dam AG, Geldner AG, Reederei Zürich AG (Migros), Lauter AG, Lloyd AG, Silag AG (St. Johann Lagerhaus & Schifffahrt AG = Coop), Spedag AG, Ultra-Brag AG, Rhenus AG, Ruhr & Saar Kohle AG, Navis Schifffahrt AG, Bragtank AG – (die heutige „Bragtank AG“ hat mit der „alten“ insofern „Nichts am Hut“, weil diese Firma vor ein paar Jahren „Neu“ gegründet wurde. Der „Direktor“ und sein Vater sind früher selber bei der (alten) „Bragtank AG“ tätig gewesen. Die Flagge, „Reedereifarbe“ usw. wurden 1:1 übernommen – es lebe die „Bragtank AG“!)

Wie gesagt - einige der „Damaligen“ existieren noch Heute - andere sind schon „seit Jahren“ weg!

Mein damaliger Lehrer meinte, als ich sagte, dass ich - wie mein Bruder – auch „Rheinschiffer“ lernen möchte, „das sei doch kein Beruf“…… - ich solle doch lieber „etwas Gescheites“ lernen…….!!!!

Als sich Anfang der Achziger-Jahre – die Reedereien verkauften viele ihrer Schiffe; die Firmen wurden nach und nach „aufgelöst“ - ein paar Kollegen beruflich verändert hatten (viele gingen in die „Chemie“, andere wurden „Trämlichauffeur“ usw.), musste ich oft hören, „dass die Einzigen, die es überhaupt jemals „im Beruf“ zu etwas gebracht hätten, wären „Sie“ (die eben in Klammern aufgeführten – ohne Jemanden exiplit beim Namen zu nennen)………!

Gerade auch „DESHALB“ bin ich – können wir – stolz auf unseren Beruf sein; auch Heute noch!

So, nun zurück zu meinem Entschluss, „Binnenschiffer“ resp. „Rheinschiffer“ zu werden.

Da jeder vor Ende der obligatorischen Schulzeit eine „Schnupperlehre“ machen musste, sagte mein Bruder – „mach doch die Schnupperlehre bei mir an Bord“! Auch nicht abgeneigt war die „tolle Belohnung“. „an Land“ bekam ein Schnupperlehrling damals im Normalfall keine Entlöhnung (Sackgeld). Bei der „Schleppi“war es sogar so, dass man anteilig den Lohn eines Schiffsjungen im 1ten Lehrjahr bekam! Da war ich gleich „reich“ –Juhuuuu!

Gesagt, getan – für einen rund Fünfzehnjährigen war die Einladung von „Freiheit und Abenteuer“ – das erste Mal „richtig“ von zu Hause weg zu kommen - DIE Gelegenheit…..! „Landschaftsgärtner“ konnte ich ja nach der Schnupperlehre immer noch werden…… – aber diese Gelegenheit wollte ich doch wahrnehmen. So wurde mein erstes Schiff die (riesengrosse) „Gafluna“ (67x7.20, 696 Ts).

Ich vergesse meine ersten Stunden an Bord nicht mehr!
Es war Sommerwetter. Nach einer Anreise am Vortag schlief ich an Bord – für mich das erste Mal! So gegen Halb-4- Uhr musste ich – zusammen mit dem Schiffsjungen – aufstehen. Mein Bruder (in diesem Forum unter „Adrian“) war damals im 2ten Lehrjahr und fuhr schon als Matrose – konnte also ein paar Minuten länger schlafen…….!! Dass er „gut“ war, zeigte er schon damals - bei der Abschlussprüfung war er „der Beste“ von seinem Abschlusskurs; ja sogar „einer der Besten der letzten Lehrlings-Jahrgänge“ von allen damaligen Lehrlingen des Kanton Basel-Stadt und kam so „in den Rang“. Ihr müsst Euch vorstellen, dass damals 2 Kurse (Frühling und Herbst) mit je 24 Schiffsjungen pro Jahr ausgebildet wurden – heute existiert die „schweizerische Schifffahrtsschule“ nicht mehr….. . Die Auszeichnung „im Rang“ war schon etwas Besonderes!

Ankleiden – Zähne putzen und Rasieren war zu jener Zeit nicht angesagt resp. nötig….!
Zuerst gab mir der Schiffsjunge die Kaffeemühle (Handmühle) und ganze Kaffeebohnen – diese durfte (musste) ich dann mal „schnell“ von Hand mahlen - eine „aufreibende“ Schweissarbeit so kurz nach dem Aufstehen….. Der „Schmelzer“ pumpte zuerst mit der Handflügelpumpe“ genügend Trinkwasser in den „Drucktank“ (das langte für ein paar Liter…..) – und setzte in der Zwischenzeit während ich mahlte das Wasser für den Kaffee (Filterkaffee) auf den Gasherd (das war ja ein modernes Schiff…….).

Dann liefen wir im (schmalen) Gangbord nach Hinten – zum Maschinenraum.

Kurze „Maschinenkunde“:
Der „Schmelzer“ zeigte mir einiges - im Maschinenraum gab es „Frühsport“ – ich musste bereits „so früh“ „Turnen“ – das ist für die „Unwissenden“ ein Vorgang, um einen „Wasserschlag“ der Maschine zu verhindern. Dazu musste ich zuerst die „Indikatorhahnen“ öffnen und dann eine schwere Eisenstange in die in eine Art „Schwungscheibe“ vorgesehenen Löcher einstecken und damit die Kurbelwelle um mind. 360-Grad (d.h. es waren 2 volle Umdrehungen nötig) drehen und zuletzt auf den „Anlasspunkt“ stellen. Ja, nicht vergessen, die „Schaltstange“ zu entfernen……!!!! . Auch die „Indikatorhahnen“ mussten wieder fest verschlossen werden - dazu brauchte man einen speziellen „Hackenschlüssel“, ansonsten würde die Hahnen (Ventile) während dem Betrieb von selber geöffnet. Da zischte und funkte es aber gehörig…..

In der Zwischenzeit hat der Schiffsjunge das Motoren- und Getriebeöl der „6TW-Sulzer-Zweitakt-Dieselmotoren“ kontrolliert, den „Boschöler“ 20-25ig-Mal durchgedreht und aufgefüllt. Noch eben das „Boschöler-Gestänge“ (der Schmierapparat war ein (damaliges) „techn. Wunderwerk“) abschmieren. Dann das „Lageröl“ (der Maschine resp. deren Gleitlager) auf Oeldruck pumpen, damit es keine Schäden durch „ungeschmiertes drehen“ (die Lager sind ja über Nacht trocken gelaufen) geben konnte.

Nun musste das „Seeventil“ geöffnet werden. Das ist das Ventil, welches die „Verbindung zum Flusswasser“ war und für die Maschinendurchlaufkühlung (Aussenbordkühlung) nötig ist. Die „Oberlichter“ – damit genügend „Frischluftzufuhr“ für die Maschine war - blieben während dem Löschen noch zu.

Schlussendlich musste man die „Tourenregulierung“ auf Position „2“ stellen, kontrolliert werden, ob das „Kompressorsaugventil“ zu war und auch Kontrolle, ob das „Wendegetriebe“ auf „Stop“ und vor allem dass die „Wellenbremse“ (siehe dazu mein Beitrag vom 28.12.2009) offen war. So – nun war die Maschine „klar“ zum Starten – das haben wir aber noch nicht gemacht, weil wir ja bereits „unter dem „Kran 8“ (= heute CONTEBA) im Basler Hafenbecken 1 lagen. Damals war der Hafen an dieser Seite noch mit „schräger Böschung“ – das hiess, beim „Verholen“ den „Schwenkbaum“ benützen!

Das „Starten“ (ging nur im Maschinenraum) war auch eine aufwendige Prozedur – es mussten „offiziell“ genau 10 Punkte befolgt werden…..! Dann gab es nochmals 4 „grosse Punkte“ während dem Betrieb, sowie 8 „Hauptpunkte“ mit nochmals rund 5 „Nebenpunkte“, wenn man die Maschine „nur für kurze Zeit“ abstellen wollte. Beim „Feierabend“ musste man eine Abfolge von 15 ! Hauptpunkte“ mit rund 4 „Unterpunkten“ abhandeln. Die Liste der „wöchentlichen Kontrollarbeiten“ beinhaltete 16 ¨“Hauptpunkte“. Die „zwei-wöchentlichen Kontrollarbeiten“ beinhalteten „nur“ 5 “Hauptpunkte“. Was aber sehr wichtig war – während dem Betrieb musste man „alle 2 Stunden“ 6 „Hauptpunkte“ (u.a. von Hand mit der „Flügelpumpe“ Gasöl vom Haupttank in den Tagestank pumpen und die „Boschöler“ mit der Kanne (bei einigen Motortypen) mit Öffnen eines Absperrventil) Schmieröl auffüllen und die „Schnüffelventile“ sowie die „Seefilter“ immer wieder kontrollieren, einstellen resp. sauber machen. Puhhhhh… - damals waren wir nicht nur „Matrosen“ sondern eigentliche „Maschinenspezialisten“!!!!!!! Dann freuten wir uns auf das „Schlitzenputzen“ (nicht im Jungbusch….. – das holten wir später nach…..) – weil es im Maschinenraum dann „ruhig“ war (Maschine war gestoppt). Vor allem, wenn wir (auf den Stromer-Serien) bis zu zwei Schleppschiffe geschleppt haben, war das nötig Dann war die Belastung extrem gross – die Maschinen setzten direkt beim „Auslassschlitz“ eine harte „Teerkruste“ an, welche abgekratzt werden musste, damit die Maschine genügend Luftausstoss machen konnte und nicht „zu rauchen“ begann. Dann noch eben die „Stopfbüchse“ anziehen oder sogar „Talgstränge“ ins „Stevenrohr“ reindrücken. Alles klar?

Nachdem die „Maschine klar“ war,
zeigte mir der Schiffsjunge, an welchem Fenster ich den Schiffsführer wecken musste – das durfte nicht „grob“ geschehen, ansonsten wäre der erste „Anschiss“ schon programmiert gewesen.

Dann die „Schweizer Flagge“ am Heck hochziehen – nach Vorne laufen – dort die „Reedereiflagge“ an Steuerbordseite in den Hauptmast hochziehen. Ja, liebe Leute – damals ging die Flagge „jeden Morgen“ hoch und jeden Abend (beim Eindunkeln) wieder runter.

Alleine das Prozedere des „Flagge rauf- und runter“ ist (war) ein spezieller Ablauf:
Die Flagge wurde nach einem ganz speziellen Verfahren „aufgerollt“. „So“ konnte man die Flagge (vor allem bei starkem Wind) – ohne dass diese irgendwo in den „Stagen“ verhedderte, komplett bis zum Anschlag nach oben ziehen und dann „Entfalten“. Beim Runterholen der Flagge musste man darauf achten, dass diese nicht auf Deck, sondern von der Flaggenleine direkt auf die Schulter kam. Schliesslich wurden die Flaggen „sehr ehrenvoll“ behandelt!

Nachdem die Flaggen „Oben“ waren und auch der Matrose geweckt war kochte auch das Wasser für den Kaffee:
Filter in den Filterbecker – 6 Suppenlöffel Kaffe mit einem Kaffelöffel „Frank-Aroma“ und „einer Prise Salz“ – das Wasser immer „rundum“ um den Filterbecher“ aufgiessen und darauf achten, dass das Wasser immer wieder kurz auf dem Gas aufgeheizt wurde….. . Mhhhhhhhh -als erster bekam der Matrose eine Tasse, dann der „Schmelzer“ und ich als „Schnuppi“ als Letzter. Dafür durfte ich auch nachher abwaschen…….

Vorher mussten wir aber auf Deck - das Schiff musste „vierkannt“ aufgedeckt“ werden! Ich als „Schnuppi“ musste die „Schmelzerarbeit“ übernehmen und gleich (das erste Mal) auf dem Hauptscherstock“ balancierend – bewaffnet mit Drahthandschuhen und zwei langen „Eisenhaken“ je einen Luckendeckel von Steurbord- resp. Backbordseite anpacken und im Gleichtakt mit dem Matrosen resp. dem „Schmelzer“ auf das „Herft“ legen. Eine Stunde „Schwerstarbeit“ war angesagt. Nachdem die Luckenstapel fachmännisch gesichert und ………..waren, ging es gleich los mit dem „Löschen“ der Ladung (Weizen).

Bis wir in den Raum steigen mussten, um sogleich mit den letzten Tonnen die „Strau und die Spanten – auch unter dem Gangbordwinkel“ beizufegen. Dauerte es eben.

So hatten wir Zeit, um zu Frühstücken – es gab Spiegeleier mit Speck, welches der „Schmelzer“ zubereiten musste (deshalb kommt ja (wie bereits im Forum zur genüge „diskutiert“) das Wort „Schmelzer“!

Vortsetzung in „Teil 2“

Mit schiffischem Gruss von Leunam

LEUNAM
20.01.2010, 16:33
Vortsetzung: Text in 2 Teile! – „Teil 2“


Im Laderaum:
Ich vergesse nie mehr „wie gefährlich“ diese Arbeit „Beifegen“ sein kann! Ich als „Neuling“ hatte sicherlich „mehr Glück als Verstand“ – wie schnell kann man unter den Greifer kommen oder von demselben eingequetscht werden! „Mund-/Nasenschutz“ – was ist (war) das? Im grössten Staub (vor allem durch das „Beifegen“ entstand im Raum eine extreme „Staubwolke“. Das Duschen am Abend war dann sicherlich angebracht….. .
Wenn ich mir Heute die Situation vorstelle – wenn der Greifer im Laderaum ist, darf man nicht im Raum sein. Die Löschfirma stellt einen „Bobcat“ rein – nach dem Löschen nimmt der Matrosen den (Hochdruck) Schlauch und „schwupp“, der Raum mit der Eisenstrau (ohne Spanten und und und) ist in „nullkommanix“ wieder sauber – das Wasser samt den paar übrig geblieben Ladungsresten ist im „Auffangloch“ gesammelt. Ein Eimer und alles ist klar!
Alleine das „Ausspritzen“ des Laderaum’s (das wurde aber wenn möglich vermieden – Holzstrau) während der Fahrt war damals eine Herausforderung. Nebst dem ohnehin oft „spärlichen“ Wasserdruck ging der Druck (durch Lufteinschluss oder dem langsam drehen der Hauptmaschine) soweit zurück, dass es nur noch so aus dem Schlauch plätscherte. Auch war das Herauspumpen eine weitere Herausforderung. Die „Ruschpumpe“ lief oft nicht an – oder sie sog Luft an. Das war oft ein „stundenlanger Kampf mit der Technik“.

Nachdem wir am Nachmittag leer waren, fuhren wir zu Tal - Die Talfahrt hat begonnen:
.
Ich staunte über die vielen Schiff im Hafen. Das war für mich ein besonderes Erlebnis – vor allen, als der Schiffsführer auf die „Fleute“ (dreimal lang, einmal kurz) trat! Ich stand zufälligerweise genau unter der Fleute – fast wäre ich „vor Schreck“ (oder vom Luftdruck…) über Bord gefallen…..!

Meine erste „Arbeit“ auf der Talfahrt war das „Reibholz“ halten - die erste Schleuse (Kembs) kam in Sicht. Meine zweite Aufgabe - das weiss ich noch ganz genau – war das Entrosten der Relingstützen. Ich hatte meinen Arbeitsplatz – welchen ich auch am nächsten Tag bis am Abend nur noch zum Schleusen und zum Mithelfen zum Kochen verlies. Eine ganz „verantwortungsvolle“ Aufgabe - dachte ich! Ich war richtig stolz, bereits eine „eigene Arbeit an Deck“ zu haben……. .

In Strabourg habe wir Kali für nach Antwerpen geladen.
Alleine über „meine erste Reise“ könnte ich noch ein paar Seiten schreiben. Eines der eindrücklichsten Erlebnisse, welches mir noch Heute „vor Augen“ ist, war, als ich die Hafenstädte Antwerpen und Rotterdam zum ersten Mal sah! Kräne, Schiffe, Kräne, Seeschiffe, Kräne, usw. usw. – wo man hinsah! Kitschiger konnte ein Seemannfilm kaum beginnen - das aber in einem anderen Bericht!

Die Arbeiteinteilung war bereits seit dem ersten Tag „geregelt“ – ich war der „Unterhund des Schmelzers“ – ausser mein Bruder als Matrose oder sogar der Schiffsführer brauchte „meine Dienste“ für andere Arbeiten….. . Tja, so ist – oder war - es halt auf der Schifffahrt…….. . (siehe dazu auch den Beitrag von „Adrian“ vom 17.01.2010 „noch härtere Zeiten…..“ – „Leibeigenschaft“).

Trotzdem, ich fühlte mich nicht als „Neger“ („Neger“ war ein Ausdruck, welcher man damals noch gebrauchen durfte – Heute ist das ja verpönt – obwohl, ich liebe diese „Dickmanns“…….)

So, liebe Kollegen. Da ich „so schöne Erinnerungen“ von meinem (Eurem) Beruf hab – versteht ihr sicherlich, WARUM auch ich eben „Binnenschiffer“ geworden bin, oder?

Mit schiffischem Gruss von Leunam

LEUNAM
20.01.2010, 16:54
Eine Stunde „Schwerstarbeit“ war angesagt. Nachdem die Luckenstapel fachmännisch gesichert und ………..waren, ging es gleich los mit dem „Löschen“ der Ladung (Weizen).


Text in 2 Teile! – „Teil 1“

Hallo Miteinander

Habe einen Teil des Textes (in „fett“) im letzten Teilabschnitt von „Teil 1“ vergessen:
Eine Stunde „Schwerstarbeit“ war angesagt. Nachdem die Luckenstapel fachmännisch gesichert und
die “Notscherstöcke“ sowie die“ Hauptscherstöcke“ und zuletzt die „Märklinge“ herausgenommen
……..waren, ging es gleich los mit dem „Löschen“ der Ladung (Weizen).

Mit schiffischem Gruss von Leunam

Ernst
20.01.2010, 23:12
Hallo Leunam, wie ich sehe (lese) hast Du Dein Handwerk noch nach der "guten alten Art" gelernt !
Ich übrigens auch und habe es bis heute nicht bereut auch wenn ich nicht mehr in dem Beruf tätig bin.

Gruß Ernst

Stadt_Aschaffenburg
21.01.2010, 00:17
Hi,


ich liebe diese „Dickmanns“

Ich auch - der Junge in der ersten Dickmanns-Werbung war ein Cousin meiner Frau :cool1:

LG
Micha

LEUNAM
21.01.2010, 10:26
Hallo Miteinander

…….genau DARUM - weil ich diese Art der (Murcks)-Schifffahrt noch (er)leben dufte, bin ich so froh darüber…….!
Mit „Murcks meine ich vor allem den „körperlichen Einsatz“.
“DAS hat mir sehr viel in der Vergangenheit geholfen – auch als „Lebensschulung“ wie das „Durchhalten“ usw. .

Ich weiss wenigstens noch, wie man ein Schiff ohne Motoren „verholen“ kann, wie man Schleppdrähte „richtig“ festmacht usw. usw. !
Wenn ich nur zurückdenke, wie das damals war, als wir „irgendwo“ mit ein paar Schiffen/Kollegen zusammen lagen und auch mal „abgefeiert“ – früher sagte man („durchgemacht/durchgezecht“) haben.

DAS alles ist (leider) vielen nicht mehr vergönnt – Diejenigen können ja nichts dafür!

Das Schiff muss (mit Ausnahmen) zwingend fahren um sich wirtschaftlich zu halten.
Die Konditionen (nicht nur die Frachtpreise - auch die „Liege-/ und Löschzeiten usw.) haben sich – u.a. auch mit dem Einmotten der „FTB-Frachten“ dermassen verändert.

>>>>>Es hat keine Luft mehr dazwischen!<<<<<

Dafür kommen andere Situationen vor, welche ich (oder vielleicht auch andere) nicht mitkriegen…….
Sei das „nur“ die Radarfahrt im dichtesten Nebel… - DAS wurde früher (nachdem wir RADAR an Bord bekamen) nur gemacht, wenn es wirklich absolut nötig war. Es ist und bleibt ein „latentes Risiko“! Heute ist DAS ganz normal. Ein Sprichwort sagt ja: "Der Krug geht zum Brunnen, bis er bricht......."!

Ich schätze von Jedermann/Jederfrau seine geleistete Arbeit - egal in welcher „Zeit“.

Aber ein bisschen „Nostalgie“ tut doch gut, oder?
(Das Binnenschifferforum lässt grüssen)

Apropos „Dickmann“:
…..darauf kommt man halt, wenn man Heutzutage verschieden „Wörter/Ausdrücke“ nicht mehr öffentlich verwenden darf – obwohl das „richtige“ Wort sicherlich nicht „abschätzig gemeint gewesen wäre…. . Hauptsache, jeder versteht, um was es geht!

Mit schiffischem Gruss von Leunam

Gamperdona
21.01.2010, 15:00
Hoi Leunam
hallo zusammen

Vielen Dank für diese schriftstellerische Topleistung, Leunam. Ich habe genau das auch so erlebt aber Du kannst das viel besser in Worte fassen als ich.

Als Zusatz müsste man vielleicht die Sache mal noch so ansehen : Wieso wird und bleibt man Binnenschiffer ? Eigentlich bin ich aus demselben Grund wie Du nach der Schnupperlehre in diesen Beruf eingestiegen und habe mir vorgestellt, nach einigen Jahren das Patent zu machen und dann die Karriere Schiffsführer zu verfolgen.
Wie Du weisst, verkaufte ab 1984 die SRN AG ein Schiff nach dem andern und es sah danach aus, als ob die Abwärtsspirale so weitergeht. Und es war auch so !

Als ich den Entschluss fasste, nicht zu warten bis mir die Reederei mangels Schiffen kündigt, kamen mir die Tränen. Ich hatte auch Tränen in den Augen als ich die Kündigung in den Postbriefkasten schmiss. Da ich aber keine Zukunftsperspektive mehr sah, musste ich diesen Schritt tun!:cry::cry::cry:

Ich denke es ist vielen so ergangen. Es ist sicher verständlich, dass nicht alle Lotse werden oder eine Reederei gründen konnten um somit bei der Schifffahrt bleiben zu können. Auch die Stellen bei der Basler Personenschifffahrt sind begrenzt.
Also mussten sicher 80% der entlassenen Matrosen, Steuermänner usw. ein neues Wirkungsfeld suchen und vielfach war das halt eine der vielen Basler Chemiefirmen.

Das es nun Personen gibt, die meinen der Binnenschiffer sei kein anspruchsvoller Beruf und nur sie hätten "was richtiges" erreicht, finde ich völlig deplaziert.
Genauso daneben finde ich aber auch, wenn man die Leute welche nun in chemischen Unternehmen arbeiten, in Misskredit bringt und diese quasi verteufelt.:mad:

Man bedenke wo heutzutage überall chemische Stoffe und Zusätze enthalten sind. Ohne Chemikalien funktioniert auch ein Binnenschiff nicht.
Der Respekt sollte gegenseitig ausgewogen vorhanden sein und es gibt in der Chemiebranche genauso spannende Jobs wie auf einem Binnenschiff. (naja, wenigstens fast so spannend)

In diesem Sinne freue ich mich auf weitere solche schriftstellerischen Leistungen- natürlich auch die der anderen z.B. Jürgen-, hoffe aber auch darauf, dass man für diejenigen Verständnis hat, welche den Beruf leider wechseln mussten und sich aber auch heute noch mit der Schifffahrt verbunden fühlen.

Ein leider "ehemaliger" Binnenschiffer der nicht Binnenschiffer bleiben konnte, es aber heute wieder leidenschaftlich als Hobby betreibt.

Grüsse,

Stephan:wink:

LEUNAM
21.01.2010, 16:45
Hallo Miteinander
Hallo „Gamperdona“

Vielen DANK für Deine Komplimente!

Ich habe früher immer mal gesagt, Wenn ich nicht auf die Schifffahrt gegangen wäre, wäre ich Sänger geworden“........ – was natürlich als „Spass“ gemeint war.
Aber vielleicht wäre „Schriftsteller“ eine bessere Option gewesen – obwohl, bei den vielen Schreibfehlern…….

….ich habe ja niemanden „persönlich“ angesprochen……
Diejenigen, welche es angeht (das war noch weit vor Deiner Zeit), wissen es schon!
Die angedeuteten Berufszweige sind ja nicht vollumfänglich gewesen – es gab noch andere……

Sorry, wenn du Dich „direkt“ (als Chemieangestellter) angesprochen habe!!!
Bedenke aber, alles was ich schreibe, ist tatsächlich „so“ geschehen.
Ich bin sicher – es gibt viele Forumleser, welche diese Zeilen lesen und diese „Story“ SO auch kennen!
DAS war damals halt einfach SO -vielleicht war es auch ein bisschen Neid – ich weiss es nicht?
Ich habe mich halt bereits mit sehr jungen Jahren Selbständig gemacht -das kam nicht bei Jedermann „gut“ an - frag mal bei Gelegenheit u.a. meinen Bruder, der hatte in etwa die gleiche Vergangenheit.

Auch „Darüber“ gäbe es noch viele, viel „Storys“…… .
Mann soll DAS ja auch „beim Namen“ nennen (dürfen), ohne Jemanden zu diskreditieren….. .
Deshalb siehst Du bei meinen „Storys“ eigentlich nie einen Namen.

>>>>>Wir bleiben "am Ball"!<<<<<

So, mein Lieber, vielleicht sehen wir uns Morgen „im Schiff“ - dann klappt es ja mit dem Bier……
Gehe anschliessend noch mit meinen Jungs ins Feuerwehrmuseum zu „Hannibal“ und später zur „Verkehrsdrehscheibe Schweiz“ (Museumsnacht Basel).
Kommst Du auch?

Mit schiffischem Gruss von Leunam

Kaufer-8jahre
21.01.2010, 17:57
Hallo Micha,

dann muss ich mal wieder was verfassen. Ich hab mein Bordbuch von der Berufschule noch. :pleased:

Gruß Norbert

Also Norbert, dein bericht errinnert mich an meine Havarie 1970 mit der Leni Rabes in Düsburg und an eine weiter 1973 in Worms zuberg!
(Ich bin NEU im Forum und möchte mich mit euch austauschen! Gruß Peter Kaufer-8jahre

Jürgen F.
21.01.2010, 18:58
Hoi Leunam


Als ich den Entschluss fasste, nicht zu warten bis mir die Reederei mangels Schiffen kündigt, kamen mir die Tränen. Ich hatte auch Tränen in den Augen als ich die Kündigung in den Postbriefkasten schmiss. Da ich aber keine Zukunftsperspektive mehr sah, musste ich diesen Schritt tun!:cry::cry::cry:
Grüsse,

Stephan:wink:
Das kann ich nur zu gut nach empfinden. Auch ich hatte einen Riesenkloss im Hals als ich zum WSA gewechselt bin. Es ist doch nicht dasselbe. Die Freiheit fehlt halt:cry:

Schöne Grüße
Jürgen F.

Norbert
23.01.2010, 01:08
@ Kaufer-8jahre,


Ich bin NEU im Forum und möchte mich mit euch austauschen! da bist du hier genau Richtig. :wink:

Gruß Norbert

Volker
02.07.2011, 16:52
Hallo Norbert, habe mein (1.) Schifferdienstbuch gefunden, danach bin ich bis 9.3.1974 auf dem MM 27 gefahren und erst am 11.3.74 auf den Mannesmann 5 (Dr. Geier) gegangen.
D.h., wir sind ein halbes Jahr "Zusammen" gefahren!!??
Gruss Volker

Volker
02.07.2011, 17:26
Warum wird man Binnenschiffer!?
Ich habe (Duisburger) nach der Schule, mein Jahrgang war der letzte, der mit 14 die Schule verlassen durfte (!!!) mehr zufällig eine Lehre als Industriekaufmann bei Mannesmann Hüttenwerke angefangen. Ich 14 und Hauptschule, alle anderen mindestens 16, 18 Jahre und Handelsschule oder mittlere Reife. Das Jahr war echt sch...., zumindestens was das "Verhalten" der älteren anging. Da ich von meinem Opa (damals SF auf Damco 6) und seinem Sohn, meinem Onkel (der nur 5 Monate älter war/ist) imer die "Freiheit" in der Schifffahrt mitbekam und das auch noch aus den Schulferien kannte (wie naiv!), konfrontierte ich meine Eltern mit der Ansage, Lehre abbrechen und neue Lehre in der Binnenschiffahrt! Klappte dann problemlos und man hat mir sogar ein 1/2 Jahr kaufm. Lehre angerechnet. Mit Riesenfreude ging es dann los. 6.10.1972 ging es nach Huckingen. Dort lag draussen vor dem Hafen der Koppelverband Katharina der Mannesmann Reederei. Ich wurde (mit meiner Mutter, wie peinlich!) von einem Kollegen per Nachen an Bord geholt. Musste mich dann bei meinem SF melden (Gottfried aus Kettwig), war ein (aus heutiger Sicht) junger Kerl und hatte das Schleppschiffpatent. Der "Ober"-SF war Walter Stumm aus Gernsheim. Ein Typ, wie man sich einen alten erfahrenen Käptn vorstellt. War er auch! Dann wurde mir meine Kammer vorne auf dem MM 27 gezeigt und ich durfte dann meinen Kram verstauen. Mutter verliess uns dann, merkwürdiges Gefühl im Bauch, Mischung aus froh und beklommen. Am Nachmittag ging es dann rein in den Werkshafen und das Erz wurde ausgeladen. Spannend war das dauernde verholen an dieser steilen Hafenmauer. Ich durfte hinten auf der Katharina zusehen (den Luxus habe ich danach auch nicht mehr geniessen dürfen!). Nach dem löschen sind wir dann am nächsten Morgen Seit auf Seit zu Tal nach Rotterdam gefahren. Es war eine spannende Fahrt, unterbrochen von meiner zukünftigen Lieblingsbeschäftigung: Deck schrubben! Ich konnte es nicht glauben, das man wie eine Putzfrau (so habe ich es damals, glaube ich, empfunden) mit Bürste, Schrubber, Seifenlauge und a...kaltem Wasser ein Schiff schrubbt.:pfeif:
Wir sind dann zum Waalhaven gefahren und haben Eisenerz geladen. (Wenn mein Tagebuch nicht schummelt). Und schon passierte es, der "Alte" schickte mich nach vorne, weil wir den MM 27 abkoppeln mussten und ich sollte vorne helfen (ha! Ich sollte das Reibholz irgendwo hinhalten! Was zum Teufel sollte ein Reibholz sein??) Na, ich ging nach vorne und, tja, wir hatten auf dem MM 27 damals noch Holzluken auf dem Herft gestapelt, als dusseliger Anfängerschmelzer stieß ich mit der Schulter eben gegen diesen Stapel und "bog" rechts ab ins kalte Hafenwasser. Sinnigerweise hatte ich die supermoderne Schwimmweste UNTER meiner Cordjacke an, die sich mittels Auflösen einer Tablette und folgendem automatischen aufblasen tatsächlich aufblies. Der Jacke bekam das nicht so gut (Ärmel machten sich selbständig), Gottfried und Hans (der Matrose von der Katharina) bekamen das großen Fluchen und mussten mich mit einer Raumleiter wieder ans Deck holen. Das gab nach 0,5 Sekunden Nachsicht einen Mordsansch... von Herrn Stumm.
Vielleicht demnächst mehr, hilft einem selbst, sich mit seiner "Jugend" zu beschäftigen,
Gruss Volker
P.S. Man möge es mir verzeihen, vor allem den "alten" Mannesmännern!

Norbert
02.07.2011, 17:32
Moin Volker,

warst du bei de Havarie im November 1973 dabei? Alles krieg ich auch nicht mehr auf die Kette. Ich weiß aber, dass zu dieser Zeit auf dem MM 27 war. Hans Riesch hatte seine Mutter und seine Verlobte mit an Bord. Mit 4 Personen vorne auf dem Katharina war es zu Eng.

Gruß Norbert

Norbert
02.07.2011, 17:37
Ich durfte hinten auf der Katharina zusehen (den Luxus habe ich danach auch nicht mehr geniessen dürfen!).

Kommt mir irgendwie bekannt vor :lool:

Norbert
02.07.2011, 17:41
Moin Volker,

Fotos von Katharina findest du hier http://www.binnenschifferforum.de/showthread.php?7384-Katharina-GMS-04000580&highlight=Katharina

Gruß Norbert

Volker
02.07.2011, 18:50
Hi Norbert,
das Hans seine Mutter und seine Verlobte an Bord hatte, daran erinner ich mich.Im November war ich nicht an Bord! Da war ich auf dem U 115 (15.10. - 22.12.1973) Bin dann erst wieder am 8.1.74 auf der Katharina/MM 27 eingestiegen und bis 2.3.74 dort gefahren. Vom 8.1. bis 16.2.74 war der Ablöser Pohle an Bord,
Gruss Volker
Übrigens, was meinst du, sollte man hier weiter alte Geschichten "aufwärmen"?

Norbert
02.07.2011, 19:30
Hi Volker,

Karl Pohle aus Oberspay, der hat sich auf dem HUGO beim Umsteuern der Maschine den rechten Zeigefinger eingekürzt.
Ein bischen in Erinnerung schwelgen ist doch schön. Wenn du überlegst der Alte Stumm 16 Stunden fahren und dann Feierabend und auf dem Geier und Gowi teilweise auf dem Hugo, haben die das Wasser dünn gefahren.

War das ne Zeit.

Gruß Norbert

Apollo
02.07.2011, 19:53
Vielen DANK für Deine Komplimente!**( Siehe #Beitrag 34 )

Hallo Leunam
Schön deine Berichte zulesen Ich hab alles noch mal mit Herz und Seele wieder Erlebt. Danke mach weiter so.
Es freud mich zu lesen das Ihr immer noch ins ,, Schiff " geht .Prost auf Die Schiffer die das nicht mehr können .Mfg. Apollo

Volker
02.07.2011, 20:28
Hi Norbert,
richtig. Ich hätte zwar Stein und Bein geschworen, das ihm das auf der Katharina passiert ist. Ich war nämlich dabei (War achtern zum Festmachen und dann ging das Geschrei los.... Er hatte seinen Finger in das Loch an der Umsteuerung (mit der Anzeige, manuell) gesteckt, weil die Anzeige klemmte, oh Mann:rolleyes1: Ich meine Katharina, weil Hans in seiner manchmal "rauhen" Art rumtobte und der Sani von der Hütte runter kam. War beim verholen in Huckingen. Aber in meinem Alter:pfeif: kann ich mich auch täuschen,
Gruss Volker
P.S. Dr. Geier war auf Total-Voll-Continue-Fahrt wegen Hausneubau des "Alten"

Stadt_Aschaffenburg
02.07.2011, 22:15
Hallo Volker,

bitte mehr davon :super: :super:

LG
Micha

Norbert
03.07.2011, 09:04
Hallo Volker,

dann war das auf Katharina, dass muss Februar 1974 gewesen sein, da hatte ich 2 Wochen Urlaub und war nicht an Bord. Wir haben kurze Zeit später eine kleine Lampe über die Anzeige bekommen, damit man sie sehen kann. Mit Total-Voll-Continue-Fahrt da sagst du was. Ich war nach der Lehre, 6 Wochen auf dem GOWI als Matrose. In 4 Wochen 220 Überstunden das war heftig. Danach war ich nochmal auf 4 Wochen als Vertretung für Hans auf dem Katharina das war dann schon wieder Gemütlicher.

Gruß Norbert

Joana
03.07.2011, 10:39
Hallo,
die Binnenschifffahrt ist ein hartnäckiger Virus. Einmal infiziert und man wird ihn nie wieder los.

Ich bin nicht so wie die meisten hier damit aufgewachsen.
Bin in Hamburg geboren und meine Eltern mussten als ich klein war immer mit mir zum Wasser spazieren gehen und Schiffe schauen.
Als ich 4 Jahre alt war machte meine Mutter mit mir eine Reise bei meinem Onkel mit, der Kümo fuhr.
Wir hatten Schwerwetter und meine Mutter lag grün in der Koje und konnte nicht mehr auf mich aufpassen. Mein nOnkel nahm mich an die Leine ( Live belt ) und schleppte mich überall mit. Da war es um mich geschehen. Ich war fasziniert von Schiff und Natur.
In den Ferien durfte ich dann immer bei ihm mitfahren und lernte viel über Schiff, Wasser und Wetter. Als ich 15 Jahre alt war äusserte ich den Wunsch Schiffer zu werden. Daraufhin sagten meine Eltern: " Das ist nichts für Mädchen" und bei meinem Onkel durfte ich nicht mehr mitfahren. Ich litt sehr darunter. Mit 19 lernte ich einen anderen Beruf, aber Wasser und Schiffe liessen mich nicht los.
Also Therapie Nummer 2:
Mach mal das andere Extrem und geh in die Berge. Ich lernte Bergsteigen und klettern, es machte auch grossen Spass. Aber was war dann ???
Ich sass auf dem Gipfel und schaute auf die bayrischen Seen. Es zog mich unweigerlich wieder zu Schiff und Wasser.
Nachdem ich in der Zwischenzeit Mann und Kinder hatte, war ein Berufswechsel kaum möglich, also verlegte ich mich auf die Sportschifffahrt. Machte Führer- und Funkscheine See und Binnen. Später E - Patent und Strecke Donau. Kurvte auch viel mit
Sportbooten verschiedener Art auf Meer, Seen und Flüssen herum.
Aber es reichte nicht.
Nachdem meine Kinder aus dem Haus waren bemühe ich mich in die Berufschifffahrt zu kommen und bin froh bei einem Freund, der Fahrgastschiff fährt in meiner Freizeit zum Üben fahren zu dürfen. Er ist dabei froh, mal nicht selbst fahren zu müssen.
Alle Therapien haben nichts genützt.
Wer einmal infiziert ist, bleibt es für immer.

Grüsse Joana

weno54
03.07.2011, 12:26
Hallo Jürgen, ein ehemaliger Kollege (in Rente) von mir war auch auf dem Plochingen. Ewald Altschwager, kennst Du den vielleicht? Sind jetzt beim WSA Schweinfurt zusammen gewesen.
Gruß Werner

Jürgen F.
03.07.2011, 12:55
Moin Werner
Und ob ich den Ewald kenne. Der war mein erster Matrose. Als Moses kam ich allerdings nicht so dolle mit ihm aus. Das ist wahrscheinlich normal??
Grüß ihn mal von mir, ne schöne Zeit wars allemal.

Gruß Jürgen

weno54
03.07.2011, 18:51
Hallo Jürgen,
werd ich machen.
Ab und zu seh ich Ihn noch beim Schifferverein oder Veranstaltungen beim WSA.
Gruß Werner

Volker
03.07.2011, 20:58
Hallo Norbert, du must aber zugeben, die Lohntüte war prall gefüllt! In dem Alter damals habe ich netto mehr gehabt als mein alter Herr als LKW-Fahrer in Duisburg.:wink:
Gruss Volker

Volker
03.07.2011, 21:15
Ein weiters "Döneken" aus der Zeit damals. Wir lagen (genaues Datum nicht mehr auszumachen) in Lobith vor Anker. Ich sollte im Raum (Laderaum) die alten Ölplacken abklopfen und mit dem Stoßeisen abkratzen. War ne ziemlich blöde Arbeit. Irgendwann habe ich mit ziemlich "Schmackes" mit dem Stoßeisen voll gegen eine Niete gehauen. (Der MM 27 war (an einigen STellen) noch genietet). Das Ding hing dann halb raus und das Loch vergrößerte sich bis auf vielleicht max. 10 cm und Wasser drückte rein! Ich total in Hektik nach vorne gerannt und meinen Rucksack geschnappt und den neuen Radiorecorder, den ich ein paar Tage vorher auf dem Proviantboot gekauft hatte. Beides in die Gangbord gestellt und nach hinten zu Vater Stumm. Der gleich mit nach vorne, Gottfried auch und dann habe ich erlebt, was Erfahrung ausmacht! Kurze knappe Anweisungen vom Alten, Brett zugesägt, Speckschwarte zugeschnitten, 2 Wurfleinen und ein großes Stück Plane (Persenning?). Dann von außen bis auf die Höhe vom Loch manövriert und, man glaubt es kaum, das Loch wurde mit dieser Konstruktion abgedichtet. Es hat tatsächlich bis Huckingen gehalten. Vater Stumm fragte dann nach den beiden Sachen in der Gangbord und ich, naiv wie ich war, sagte sinngemäß: Das musste ich doch retten, falls was passiert!? Der Ansch... vom Alten hatte, höflich formuliert, nachhaltige Wirkung auf mich.

Norbert
03.07.2011, 21:43
Vater Stumm der hatte eine Engelsgedult und einen guten Namen in der Flotte. Als ich im Oktober 1976 auf den Mannesmann II kam, wurde ich natürlich gefragt bei wem ich gefahren bin. Beim Vater Stumm bekamen einige leuchtende Augen.

Kannst du dich noch dran erinnern wer auf dem GOWI gefahren ist. Mit mir im Lehrjahr war Jürgen Riehl (Carl Funke) und Martin Schreiner (Gowi). Dann war noch einer im Jahrgang von Peter Müller der hatte den Spitznamen Wülfi kam von der Saar.

Gruß Norbert

Norbert
03.07.2011, 21:53
Hallo Volker,

hier in diesem Thread habe ich schon einge kleine Geschichten aus dem Leben zum Besten gegeben. Aber da gibt es noch mehr im Bereich Binnenschifffahrtsgeschichten wie diese hier http://www.binnenschifferforum.de/showthread.php?18496-Schubbootfahrschule. Wenn ich solche Sachen wie von dir und den Kollegen lese fallen mir noch mehr ein. Die kommen noch hab schon wieder welche. Der Koch mit dem goldenen Lenker usw. Lass dich überaschen.

Gruß Norbert

exmatrose
03.07.2011, 23:35
Quereinsteiger - Queraussteiger

Angefangenn hat es in der 8. oder 9. Klasse. Praktikum in einer privaten Autowerkstatt.
Der Chef (Papa meiner damalign Freundin) sicherte mir einen Ausbildungsplatz zu.
Die Obrigkeit lehnte ab.
Anschließend versuchte ich es bei der DSR (Deutsche Seereederei) vergeblich.
Verwandschaft im Westen - das war Verboten.
Also wieder von vorne beginnen. Beim WSB (Wasserbau Berlin)eine Bewerbung abgegeben - und
es hat gefunkt.
Zwischendurch eine (privat) Reise auf dem MoGü "Dresden" und für mich stand fest - Binnenschiffahrt.
Dann beim WSB 2 Jahre gelernt und div. "Zettel" gemacht.
Hatte zwischenzeitlich meinen "Maschinisten" in der Tasche und wurde nach Rostock beordert
Ablöser auf einem 26er ex´Stromschuber. War schon klasse - Hiddensee und Retour.
Danach ging es wieder auf den Kanal. Langweilig aber viel gelernt. Dann auf ein MoGü (GMS) und "weiter gelernt".
Da kamen dann Übungen wie "Schleppkahn mit Bundstaaken absetzen"
..... . Oder aber das Manöver "Ausfall Maschine" usw.
Begebenheiten gab es viele die es Wert sind zu "Archivieren".

z.B. wie schon geschrieben: Leer-Schiff in die Kammer (Schleuse) - Wind ohne Ende - Ausfall der Hauptmaschine - ....

oder (Schubverband-Leer) Angler fast vor´m Kopf - passiert ca. 1989 auf dem Weg von Berlin-Stralau nach Königs Wusterhausen.
Da stand dann plötzlich einer winkend im Wasser ...der Angler ohne Boot!



Und dann gab es natürlich noch vieeeeeeeeeeele, viele Geschichten die ich auf der Fahrgastschiffahrt erlebt habe.

Nun sitze ich braaaaaaav und sittsam an Land - und betrachte die ...........

Jetzt unterstütze ich die "Häuslebauer" als ...........

wenn die Kinder "raus sind " - dann fange ich nochmal von vorne an


Ein Gruß von der Havel/Spree oder Spree/Havel

der Exmatrose

PS: Alle Geschichten gesammelt als "Paperback" - würde doch dem Verein nicht schaden - oder!?!? natürlich s/w bebildert

Kaepi
18.07.2011, 19:48
Hallo Norbert, ich trage Geschichten zusammen für ein Buch "Geschichten aus der Schifffahrt III". Deine Geschichte gefällt mir. Darf ich sie übernehmen? Gib mir bitte Mail-Antwort! Danke
kaepi

Schifferverein Rheindürkheim
Wolfgang Mayer
mayereich@online.de

sigi39
15.09.2012, 18:13
Warum wird man Binnenschiffer?
Ich, sigi39, zum Beispiel habe den Beruf des Binnenschiffers gelernt, weil meine Mutter, meine Erziehungsberechtigte, war. Mein Vater war im Krieg gefallen.
Ich wollte eigentlich zur See fahren und fremde Länder kennen lernen, wie sich das so mancher Junge, im Alter von 14 Jahren, erträumt.
Auf dem Binnenschiff durfte ich ja, während der Schulferien, schon mal bei meiner Tante und meinem Onkel mitfahren.
Aber zur See fahren, dazu gab mir meine Mutter keine Einwilligung.
Ich brauchte aber doch ihre Unterschrift, um ein Seefahrtsbuch zu bekommen.
Als ich/wir dann, 1954, nach 7 ½ Jahren Volksschule, aus der Schule entlassen wurde/wurden, bekamen die meisten meiner Mitschüler eine Anstellung beim Bauern. Einen Arbeitsplatz bekam jeder.
Wenn sie/er keine Lehrstelle bekam, dann bekam sie/er ein Anstellung in der Landwirtschaft. So war das doch damals.
Letztendlich mußte ich dann aber doch, den Traum von der Seefahrt, begraben und lernte den schönen Beruf, Binnenschiffer.
Zuerst ziemlich widerwillig, später dann aber mit Freude, so wurde ich Binnenschif*fer.
Wenn ich auch, nach ein paar Jahren, die Binnenschifffahrt verlassen habe, im Herzen war ich mein Leben lang Binnenschiffer.
Gruß
sigi39 :smile1:

Uwe M
15.09.2012, 18:30
Hallo sigi39,
einmal aufn Wasser :hupf:
immer mit dem Wasser verbunden :dream:
is nun mal so, :lool:
is ne Krankheit :evil_dirk:
aber eine von der guten Sorte :roooll:
Gruß Uwe :wink:

Klaus Schmitt
09.03.2015, 18:35
Der Name Jürgen F. läuft mir hier über den Weg.
Mit Episoden, die ich genau kenne.
"Karlsruhe" die Taufe mit Havarie
"Leda" abgebrochen in Vlissingen
"Plochingen" Brücke in Cannstatt eingeschwommen.

Wer war wohl der damals verantwortliche Leiter der "Inspektion Flotte" bei der WTAG?
Wer hat diese Taufe der "Karlsruhe" organisiert?
Wer hat die Hilfsträger in die "Leda" einschweißen lassen und die Überfahrt nach Terneuzen verantwortet?
Wer hat die Verantwortung für das Einschwimmen der Brücke mit "Plochingen" gehabt und das dann später noch 24 Mal?

Klaus Schmitt

Navico 2
04.11.2015, 10:51
Mal wieder vorkramen,
Warum wird man Binnenschiffer ?

Weil man viel Geld verdient und viel herum kommt.:hupf:

So wurde in den 60ger Jahren erzählt.

Ist das Heute auch noch so.:fragkratz:

Gruß Manfred