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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Rigoletto - GSK/Lagerschiff - 04700790



claudius2
02.09.2009, 23:00
Hallo
Im Jahr 1972 habe ich diese Ansichtskarte aus Bamberg bekommen.Es zeigt den Bamberger Hafen Becken 1 etwa Mitte der 60er Jahre.

Schiffsdaten

Name: Rigoletto
gemeldet in: Rheindürkheim
Nationalität: :d:
Europa-Nr.: 04700790

Länge: 80,00 m
Breite: 9,20 m
Tiefgang: 2,53 m
Tonnage: 1325 t

Baujahr: 1929
erbaut in: :n:
Bauwerft: De Groot & van Vliet, Slikkerveer

Gernot Menke
03.09.2009, 17:50
Das Bild befindet sich unter Historische Bilder und Berichte > Häfen am Main, dort Beitrag Nr. 6 bereits mit einer etwas besseren Auflösung im Forum. 1988 gab es das Schiff noch - da lag es in Aschaffenburg mit dem Schleppschiff Lina Amalia im Päckchen. Beide Schiffe waren noch prima in Schuß und dienten offenbar am Main als Lagerschiffe. Mal begegnete man ihnen in Würzburg, dann in Bamberg oder in Aschaffenburg, wo sie dann immer eine gewisse Zeit lagen.

Näheres dazu weiß ich nicht und auch nicht, wann und warum es damit ein Ende hatte. Ich fürchte, die Schiffe sind in den Schrott gegangen, aber vielleicht hat man sie ja auch verkauft.

Weiß jemand, wie die Schiffe damals bewegt worden sind? Ich denke, man hat sie in den achtziger Jahren per Schubboot geschoben.

Zum Rigoletto: Seine Nr. war 4700790, sein Heimatort Rheindürkheim. Die Länge betrug 80 m, die Breite ist auf meinen Fotos von damals durch einen Gegenstand verdeckt. Vermutlich hatte das Schiff RHK-Maße.

:wink: Gernot

Gernot Menke
30.09.2009, 15:34
Also, im Rheinschiffsregister von 1963 habe ich mal nachgesehen:

80 x 9,20 x 2,53 m bei 1325 Tonnen war der Rigoletto groß und hatte zehn Räume.

Baujahr: 1929 bei De Groot & v. Vliet in Slikkerveer. Der Eigner im Jahr 1963 hieß Heinrich Klein und kam aus Rheindürkheim.

Rheindürkheim stand ja auch 25 Jahre später noch am Schiff, wie man in Bild 1 sieht. Auf dem Originalfoto lese ich auf dem kleinen schwarzen Schild mit den Eignerangaben mit einiger Anstrengung und ohne letzte Gewißheit: Rigoletto/ P. Klein/ Rheindürkheim/ .... TON: ). Das war genau am 4.9.1988 im Hafen Aschaffenburg. Das Schiff lag damals außen auf dem Schleppschiff LINA AMALIA drauf. Beide waren in bestem Zustand.

Nebenbei: kann jemand in Bild 1 die Rundung im Roef-Dach von LINA AMALIA vor dem Steuerhaus deuten? Ob das Spuren vom alten Steuerstand mit liegendem Haspel sind?

Im Hintergrund von Bild 3 liegen innen der (ziemlich vergammelte) Kahn BAVARIA 43 und außendrauf das MS MAINTREUE, das ich nicht kenne. Jemand sagte mir damals dazu: "Der hat einen Maschinenschaden. Ob der noch mal in Fahrt kommt ..."

Bezüglich des weiteren Verbleibs aller vier Schiffe gilt: "nichts Genaues weiß man nicht!"

:wink: Gernot

Stadt_Aschaffenburg
30.09.2009, 20:14
Hi,

da kommen ja wieder ein paar alte "Schätzchen" zutage ;-)
BTW: hast du von dem Bavaria 43 zufällig Bilder gemacht?

LG
Micha

Gernot Menke
01.10.2009, 17:08
@ Hallo Micha,

auch den BAVARIA 43 habe ich damals ganz gezielt fotografiert (ich stelle mein Bilder des BAVARIA 43 und auch von LINA AMALIA demnächst unter Schleppschiffe ein), weil mir klar war, daß die Schleppschiffe irgendwann verschwunden sein würden und ich sie mir in Bildform verewigen wollte. Es war kein Fehler, sich die Bilder so lange hinzulegen:

Uli Totzki, der die Schleppschiffahrt noch aus eigener Anschauung kennt, hat mich - angeregt durch die eingestellten Fotos - auf einige Details aufmerksam gemacht, die mir bisher entgangen waren. Zum Beispiel das Ruder des RIGOLETTO. - Aber der Reihe nach:

Nachdem die alten liegenden Haspel zwischen den beiden Weltkriegen (vereinzelt auch erst danach) durch stehende Steuerräder mit einer Übersetzung ersetzt worden waren (übrigens bestätigte Uli meine in meinem vorigen Beitrag geäußerte Vermutung, daß die Rundung im Dach von LINA AMALIA vom alten Steuerstand mit dem liegenden Haspel herrührten), entstand in den 1950er Jahren erneut "Handlungsbedarf", wie man heute sagen würde. Zum einen erwuchs der Schleppschiffahrt die neue Konkurrenz durch die Motorschiffahrt. Die Antwort waren immer stärkere Schlepper. Die höheren Fahrgeschwindigkeiten machten jetzt den Rudergängern zunehmend das Leben schwer. Ein zweiter Punkt kam hinzu: die "hardloper" (Schnelläufer), die rücksichtslos mit hoher Geschwindigkeit und teilweise wenig Abstand überholten. Mit steigender Geschwindigkeit und zunehmender Anzahl von Motorschiffen nahmen die Probleme zu. Hinzu kam, daß durch den Krieg ein Mangel an fachkundigem Schiffspersonal herrschte - vieles, was vor dem Krieg partnerschaftlich funktioniert hatte, klappte jetzt nicht mehr. So die Partnerschaft zwischen Schlepp- und Motorschiffahrt.

Wenn sich ein Motorschiff (oder auch ein Dampfer der KD) mit hohem Geschwindigkeitsüberschuß von hinten näherte, zog der Sog dem Schleppkahn den Arsch herüber und der Kopf bog zur Gegenseite ab. Gleichzeitig wurde der Kahn vom überholenden Schiff "mitgenommen" und beschleunigt mit der Folge, daß der Schleppdraht durchhing und später, wenn er dann plötzlich wieder rack kam, riß. Auf dem Schleppschiff mußte schnell gegengesteuert werden, damit sich das Schiff nicht querstellte und auch, um mit dem querstehenden Ruder die Beschleunigung durch den Überholer abzubremsen und so den Schleppdraht zu retten. Unmittelbar danach war schnelles Gegenlegen des Ruders in die andere Richtung gefragt, denn wenn der Sog den Kopf erreichte, wollte das Schiff ja in die Gegenrichtung und wäre sonst dem Überholer in die Seite gerannt.

Das Steuern unter solchen Bedingungen erforderte viel Erfahrung und auch Kraft und war bei dreißig Umdrehungen des Steuerrads von einer zur anderen Seite auch keine leichte Angelegenheit. Auf das Kommando "leggo" oder ein Klopfzeichen des Schiffers ließ jeder das Ruder nach dem ersten Gegensteuern fahren, das Ruder sauste bis in die Geradeausstellung und dann mußte mit aller Kraft schnell zur anderen Seite gegengesteuert werden. Klar, daß die Schleppschiffer auf rücksichtslose Motorschiffer sauer waren. Uli berichtet, daß sein wütender Schiffmann mal einem überholenden Dettmer-Schiffer ein Stück Koks durchs Fensterglas ins Ruderhaus geschmissen hat. Auch das Boot vorne bedankte sich manchmal bei solchen Schiffern, indem es ans Ufer ging und dem Überholer die Tür zumachte.

Angesichts solcher Probleme versuchte man in der Mitte der 1950er Jahre auch, die Wirksamkeit der Schleppschiff-Ruder zu verbessern, indem man ihre Fläche vergrößerte. Es gab sogar Kähne, bei denen die links und rechts hinzugebauten Hilfsruder durch Zahnräder oder Gestänge angetrieben wurden, genau wie bei einem Motorschiff. Der 1958 gebaute REUTERWEG war so ein Schleppschiff. Das ging freilich nur bei Neubauten. Die meisten Schleppschiffe waren älter, so wie der RIGOLETTO ...

Hier behalf man sich, in dem der Antrieb der beiden angebauten Hilfsruder vom Hauptruder aus erfolgte. Die beiden Hilfsruder waren aber einzeln an eigenen Zapfen aufgehängt! Der Einbau dieser Zapfen, deren Lager in einer verstärkten Platte sitzen mußten, da auf dem Ruder immense Kräfte wirkten, war freilich nicht ganz billig. Der RIGOLETTO - und auch der benachbarte LINA AMALIA - besitzen ein solches "Luxusruder" aus der Anfangszeit der Nachrüstung der Schleppschiff-Ruder in den Fünfziger Jahren. Die Querverbindung vom Hauptruder zu den beiden Hilfsrudern liegt hier über dem Wasser und stört dadurch nicht die Stromlinie.

Bald merkte man, daß man eine zwar nicht ganz so ideale, aber eben fast so gute Steigerung der Ruderwirkung (etwa um 40% gegenüber dem alten Einzelruder) auch sehr viel billiger haben konnte, indem man sich die Lagerung der seitlichen Hilfsruder schenkte und die Hilfsruder einfach mit Streben an das Hauptruder anschweißte. Diese Streben lagen zwar störend im Wasser, aber der Umbau des Ruders war ungleich billiger. Das zweite Bild des BAVARIA 43 (auch 1988 in Aschaffenburg. LINA AMALIA (links) und RIGOLETTO (außen) sind im Päckchen im Hintergrund zu erkennen) zeigt diese "Billigvariante" im Vergleich zur "Luxusversion" des RIGOLETTO.

Schätzungsweise zwei Drittel der Schleppschiffe fuhren mit der Billigvariante herum. Nur etwa (das alles grob geschätzt nach der Beobachtung von Uli) ein Drittel verfügte über das zunächst verwendete "Luxusruder".

Nebenbei: eines konnte mir auch Uli nicht sagen: welchen Sinn und Zweck hatten die bei vielen Schleppschiffen (so auch bei LINA AMALIA und RIGOLETTO, siehe Beitrag 3, Bild 3) vorgesehenen Poller oben in der Laderaummitte auf der Mitte der Herfte? Uli sagte mir, daß er während seiner Fahrenszeit auf Schleppschiffen auf dem Rhein nie erlebt habe, daß diese Poller benutzt wurden. Vielleicht weiß es ja einer?

:wink: Gernot

Ernst
01.10.2009, 17:22
.....Nebenbei: kann jemand in Bild 1 die Rundung im Roef-Dach von LINA AMALIA vor dem Steuerhaus deuten? Ob das Spuren vom alten Steuerstand mit liegendem Haspel sind?.....

Hallo Gernot, die Rundungen gehören zum Eingang der Roof. Weil die Wohnung tiefer lag als das Deck war direkt hinter der Türe eine Treppe und die Rundungen gewärten Kopffreiheit beim betreten der Wohnung.

Gruß Ernst

Gernot Menke
01.10.2009, 18:06
@Hallo Ernst,

Du meinst vermutlich die Türbögen über den seitlichen Eingängen. Das ist klar. Ich meine den waagerecht mittig auf dem Roefdach liegenden "Halbmond" direkt vor dem Steuerhaus von LINA AMALIA (Bild 1 in Beitrag 3).

:wink: Gernot

Ernst
01.10.2009, 21:20
Hallo Gernot, es könnte sein das der untere Teile des meist offenen Steuhaus, mit legender Haspel, über die Roof ragte.

Gruß Ernst

dreiland
01.10.2009, 22:28
Hallo erstmal von mir aus Basel/Weil a. Rhein.
Weiss nicht ob meine Antwort auf die Frage nach dem Sinn und Zweck der Herftpoller korrekt ist, jedoch weiss ich aus meiner Neptun-Zeit, das beim Laden/Löschen an den Elevatoren mit Drahtseilen/Tauen, der Weg von den Saugrüsseln, über diese Poller abgesichert und gesteuert wurde.
Ferner hatten wir bis in die 70ger noch öfters Schleppschiffe am Haken, oder Leer auf Seite, meistens zwischen Kehl-Basel, welche wir dann mit diesen Herftpollern besser fixieren konnten.
Ich denk mir, dass das auch der Hauptzweck war von diesen Pollern, wenn du als geladener einen leeren auf Seite hattest.
Besonders bei der Neptun Basel hatten die 20ger und 30ger Serien alle zwei Herftpoller, jeweils auf dem ersten und letzten Herft.

Gruß vom Dreiland Jürgen

Stadt_Aschaffenburg
01.10.2009, 22:47
Hi Gernot,

danke für die Bilder! Du könntest vielleicht noch einen Thread für den Bavaria 43 aufmachen. Vielleicht kommen ja noch Bilder dazu, wenn der Anfang mal gemacht ist :cool1:

Mein Opa ist ja auf dem Bavaria 48 gefahren, damals war schon Schiffsführer, arbeitete aber als Rudergänger auf dem 48. Opa Karl war ja Anfang der 50er bei Bavaria, da war der 48 noch ein SK. Daher kann ich auch Ulis Ausführungen bestätigen, was die Koksbrocken angeht :lool: ...und wenn nichts dergleichen da war, flogen eben die Kuhmäuler :shy:

Und natürlich wieder mein Apell: Scheut Euch nicht, auch solche alten Schiffe, die es teilweise schon lange nicht mehr gibt, hier einzustellen. Auch wenn Ihr die Bilder für unwichtig haltet, für andere Leute hängen vielleicht schöne Erinnerungen daran. Also immer her damit BITTE :super:

Ich persönlich würde mich freuen über Bilder vom Bavaria 48 (gerade aus den 50ern) (http://binnenschifferforum.de/showthread.php?t=7129&highlight=Bavaria)und von der Stadt Aschaffenburg (1). (http://binnenschifferforum.de/showthread.php?t=6463&highlight=stadt+aschaffenburg) Immer wieder erzählt auch meine Mutter von dem Schleppboot ANN (http://binnenschifferforum.de/showthread.php?t=11673&highlight=Bavaria), welches damals die Bavaria 48 (und andere) meist geschleppt hat - da habe ich auch noch keine Infos bekommen... Wer Infos hat - einfach auf die Links klicken und HER DAMIT :wink:

VLG
Micha

Gernot Menke
10.02.2015, 00:22
... Bald merkte man, daß man eine zwar nicht ganz so ideale, aber eben fast so gute Steigerung der Ruderwirkung (etwa um 40% gegenüber dem alten Einzelruder) auch sehr viel billiger haben konnte, indem man sich die Lagerung der seitlichen Hilfsruder schenkte und die Hilfsruder einfach mit Streben an das Hauptruder anschweißte. Diese Streben lagen zwar störend im Wasser, aber der Umbau des Ruders war ungleich billiger ...

Zu # 5, aus dem das obige Zitat stammt, habe ich eine interessante Zuschrift von Hans Peter Duhr erhalten, die ich hier wiedergebe:

"Diese Billigvariante war meiner Ansicht nach zuerst da, da aber auch hier die nun vergrößerte Ruderfläche hinter dem König lag, also kein Vorschneider die Ruderbetätigung erleichterte, kamen die aus der Mode zugunsten der Hack-Ruder mit mehr oder weniger großem Vorschneider.

Aber es gab bei den Braunkohleschiffen noch ein andere Variante. Am fast fünf Meter langen Ruderblatt war noch ein kleines Ruder. Dieses kleine Ruder am Ende des Hauptruders wurde mit einem kleinen Quadrant und einem Draht mit einem Hilfssteuerrad bewegt, wurde es beispielsweise nach Steuerbord gedreht, ging das Hauptruder nach Backbord, auch das kann man sich vorstellen. Das Hauptruder steuerte auf diese Weise also das Schiff, erforderlich waren nur geringe Kräfte für das etwa einen halben Meter lange Hilfsruder. Wie schon gesagt, gesehen hatte ich das nur bei den Braunkohleschiffen."

:wink: Gernot

kapt-huk
10.02.2015, 11:37
Moin Gernot,
Dieses Ruder nannte man "Flettnerruder",damit waren einige Schleppschiffe der Reederei Braunkohle ausgerüstet.Es gab auch Schleppschiffe mit Hitzlerrruder (van Ommeren).
mfg Hans