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NOSTRANO
02.02.2010, 23:33
Hier nun ein Bericht meiner Frau:

Schiffsüberführung von Alem nach Colmar

Freitag, 25. März 2005
Nachdem wir für eine Woche eingekauft hatten, machten wir das Schiff klar für die lange Reise. Um 14 Uhr fuhren wir – vorläufig das letzte Mal – beim Schiffsmakler Piet Bulthuis vorbei. Der Durchlauferhitzer konnte der Winterkälte nicht standhalten und spritzte den ganzen Niedergang nass. Wir sahen den Schaden mit Piet an, doch es war auf die Schnelle nichts zu machen, er hatte keine Ersatzteile und wir kein warmes Wasser. Wir machten uns mit fliessend kalt Wasser auf die Weiterfahrt, durch die Sint Andries-Schleuse auf die Waal. In Tiel legten wir für die erste Nacht an und fielen um neun Uhr erschöpft ins Bett.

Samstag, 26. März 2005
Schon um halb sieben Uhr morgens starteten wir die Maschine. Es hatte ein wenig Nebel, aber wir wagten uns auf die Weiterreise. Nach zwei Kilometern kam eine Wand auf uns zu: dicker Nebel! Wir sahen kaum zur nächsten Markierung. Glücklicherweise war auf der Karte nach weiteren drei Kilometern ein Hafen eingetragen. Es waren drei lange Kilometer, wir schlichen dem Ufer entlang und gelangten irgendwie in diesen Hafen. An einem schönen Schiff legten wir an und weckten mit unserem Manöver den Besitzer. Er interessierte sich sehr für unseren JUPITER. Nachdem wir ihm von unserm Vorhaben erzählt hatten, riet er uns, einen Skipper zu engagieren. Nach einigen Telefonaten stand Edi, ein Rheinkapitän, an Bord und kurzerhand entschloss er sich, uns zu begleiten. Punkt zwölf Uhr setzten wir die Reise fort und schafften noch eine beachtliche Strecke bis Rees.

Sonntag, 27. März 2005
Ostersonntag! Ein Motorengeräusch riss mich um 6.30 Uhr aus den Federn. Fertig geschlafen! Nach dem Morgenessen sahen wir am linken Rheinufer einen Osterhasen – auch Feldhase genannt. Wenig später erspähten wir zwei Fasane – ein Leckerbissen, doch leider hatten wir keine Zeit zum Jagen, also blieben die Tiere verschont. In Düsseldorf fiel plötzlich die Tourenzahl zurück und der Motor wurde langsamer. Ist etwas mit dem Dieselfilter nicht in Ordnung? Haben wir Luft in der Treibstoffleitung? Ein Zwischenstopp im Düsseldörfer Hafen zeigte, dass das Kühlwassersystem nicht optimal montiert war. Wir füllten Wasser ein und bauten ein provisorisches System. Bei der Ausfahrt aus dem Hafen kam uns das Schweizer Schiff «Aargau» entgegen. Die Weiterreise dauerte noch rund 40 Minuten bis Neuss, dann gönnten wir dem Motor, der Kühlung und uns eine Nacht Ruhe.

Montag, 28. März 2005
Schon wieder um 6.30 Uhr ratterte der Motor und die Weiterfahrt konnte beginnen..... auf zu neuen Abenteuern. Was wird uns heute erwarten? Fast zehn Stunden lief alles wie am Schnürchen, dann wieder das selbe Phänomen wie tags zuvor: das Kühlwassersystem? Wir mussten in Mondorf einen kleinen Zwischenstopp einlegen um den Motor kurz abkühlen zu lassen. Wir kontrollierten den Treibstofftank und schmierten die Welle .Ein neue Variante für das Kühlwasser wurde montiert – mit einem Schlauch auf dem Deck – erzielte eine bessere Kontrolle und wir konnten die letzten 22km in Angriff nehmen. In Oberwinter lagen wir sehr ruhig für eine Nacht.

Dienstag, 29. März 2005
Heute war es schon 6.20 Uhr, als sich das Schiff in Bewegung setzte. Das wird ja immer früher..... Links und rechts des Rheins sah es nicht mehr so flach aus, das Gebirge nahte. Schöne Riegelhäuser, Schlösser, Burgen, Ruinen – eine wunderschöne Gegend. Um 16.30 Uhr passierten wir die Loreley. Die Strömung war an diesem Tag so stark, dass die Geschwindigkeit zeitweise nur gerade 4,5km/h betrug. Natürlich sollte auch dieser Tag nicht normal ablaufen. Plötzlich setzte der Motor aus. Langsam trieben wir auf eine Mauer zu, es wurde uns etwas unwohl. Rolf brachte zum Glück den Motor rasch wieder in Gang und kurz vor dem Aufprall konnten wir das Schiff zurück in die Fahrrinne steuern. Was für eine Aufregung! Gekonnt fuhr uns Edi in den Hafen von Bingen und ein 14-Stunden-Tag neigte sich dem Ende zu.

Mittwoch, 30. März 2005
Langsam gewöhnte ich mich an das Motorengeräusch und ich konnte noch eine halbe Stunde länger schlafen. Das Wasser war auf dieser Strecke eher ruhig und wir konnten mit einem Durchschnitt von 9 km/h fahren. Unterwegs stand ein Reh auf dem Damm. Da wir aber schon abgemacht hatten an diesem Abend auswärts zu essen, liessen wir auch dieses Tier am Leben. Einmal mehr waren wir glücklich über unser grosses Steuerhaus. Es regnete und wir machten es uns im Warmen und Trockenen gemütlich und konnten uns die Gegend durch die grossen Fenster ansehen.

Donnerstag, 31. März 2005
Sieben Uhr und der neue Lotse sollte an Bord kommen. Er liess noch eine Viertelstunde auf sich warten, dann konnten wir die Leinen los machen. Edi und Jan waren von Bord gegangen und machten sich per Zug auf die Heimreise. Uns stand ein weiterer anstrengender Tag bevor. Unser neuer älterer Lotse wiederholte jeden Satz drei- bis viermal, begann jeden zweiten Satz mit: «das muesch dr mol überleege» und sagte rund 300 Mal «jo» – all dies erleichterte uns diese Fahrt auch nicht gerade. Wieder stieg der Motor aus; zweimal ganz und viermal sank die Tourenzahl. Was kann das sein? Glücklicherweise schafften wir es bis 19 Uhr vor die Schleuse Iffezheim und legten für die Nacht am Ponton im Unterwasser an.

Freitag, 1. April 2005
An diesem Tag schliefen wir bis sieben Uhr aus. Als erstes fuhren wir in die erste Schleuse, die wir auf unserer Reise hatten. Zweieinhalb Stunden später wieder eine Schleuse: Gambsheim. Bei der Werft Karcher legten wir kurz an, um unseren Motor zu zeigen. Es lag vielleicht an der Auspuffanlage. Das Rohr ist eng und der Motor kann überhitzten. Wir fuhren weiter nach Strassburg. In einem vergammelten Hafen wollten wir an einem alten Boot für die Nacht anlegen. Wir fühlten uns beide sehr unwohl: zerbrochene Scheiben, angefangene Bierflaschen, Dreck..... so sah unsere Umgebung aus und wir entschlossen uns weiterzufahren. Im Unterwasser der Schleuse Gerstheim fanden wir ein Ponton, an dem wir festmachten. Es wurde eine unruhige Nacht, die Wellen schlugen uns hin und her.

Samstag, 2. April 2005
Um 6.30 Uhr fuhren wir in die Schleuse. Der Sonnenaufgang, einige Nebelschwaden – eine gewaltige Morgenstimmung. Vor der Schleuse Rhinau warteten wir einige Minuten. Es wurde grün und wir wollten fahren, doch es ging nicht vorwärts. Rückwärts konnten wir fahren, aber der Vorwärtsgang funktionierte nicht. Jetzt mussten wir den Weg freimachen für die Berufsschiffahrt. Mit hängen und würgen schafften wir es, über Steuer bei einem Steg anzulegen. Nach einigen Telefonaten erreichten wir den Mechaniker Rolf Braun, der sich aber auf einem Schiff auf dem Weg nach Köln befand. Er erklärte uns, was zu tun sei, aber wir konnten es nicht reparieren. Bei einem weiteren Telefon versprach er uns, am späten Abend noch vorbeizukommen. Nun hiess es warten! Mit dem Velo unternahmen wir einen kleinen Ausflug nach Dieboldsheim. Der einzige Laden hatte gerade Mittagspause bis 15 Uhr. Wir löschten in einem Restaurant unsern Durst und radelten zurück. Um drei Uhr kauften wir das Nötigste ein und abends genossen wir das Essen auswärts und liessen uns bedienen. Gegen zehn Uhr fuhr der Mechaniker vor und kam mit einem Werkzeugkoffer an Bord. Nach einer halben Stunde stand fest, dass das Getriebe nicht so einfach repariert werden konnte. Jetzt gab es zwei Möglichkeiten: wir liessen das Schiff da, packten kurz und fuhren mit dem Mechaniker nach Basel oder wir blieben an Bord und liessen uns am Sonntag abholen. Natürlich wählten wir die erste Variante, da bei einigen Schleusen die grosse Kammer in Revision ist, und wir somit nicht von einem normalen Binnenschiffe mitgenommen werden konnten. Wir informierten die Schleuse, dass das Boot hierbleiben wird und machten uns auf den Heimweg.

Samstag, 9. April 2005
Um sechs Uhr trafen wir einen Freund am Dreiländereck. Er fuhr uns zur Schleuse Rhinau, wo uns schon das Kranschiff «Merlin» der Firma Schweizer Wasserbau erwartete. Nachdem wir unseren Jupiter gedreht und festgemacht hatten, konnte die Fahrt losgehen. Da, wie gesagt, unterwegs zum Teil nur die kleinen Schleusen in Betrieb waren, konnte uns nur dieses Schiff längsseits schleppen. Es hat eine Breite von etwa 7 Metern und mit unseren 4,25 konnten wir die 12 Meter breiten Schleusen bewältigen. Unterwegs durfte Rolf das grosse Schiff fahren, während ich auf dem Jupi ein Schläfchen machte. Die Fahrt war lang, wir kamen nicht schnell vorwärts und das trübe Wetter machte die Reise etwas eintönig. Gegen 21:00 Uhr sind wir schlussendlich im Regio-Port Basel angekommen. So ging eine lange, spannende, erlebnisreiche, schöne und anstrengende Reise zu Ende. Wenn das Getriebe repariert ist, werden wir nach Colmar fahren. In diesem Hafen haben wir unseren neuen Standplatz für die nächsten paar Monate.

Fazit:
Die Reparatur des Getriebes lohnte sich nicht mehr, so dass ein Austauschgetriebe beschafft werden musste.
Die Ursache des immer wieder auftretenden Motorenproblems wurde auch gefunden und ist unfassbar.
Wir haben 2 Tanks mit Absperrventil. Einer unserer Vorbesitzer hat nun beim BB-Tank zwischen Absperrventil und Verbindung mit StB-Tank ein T-Stück eingebaut und dort ein Schauglas (Schlauch transparent) montiert. Wir hatten zu der Zeit, an welcher die Motorenprobleme auftraten, den StB-Tank in Betrieb. Durch die Fahrt auf dem Rhein waren wir gezwungen ziemlich «Stoff» zu geben, so dass sich nach ein paar Stunden das Schauglas leer sog.
Rolf hat jetzt am Ende des Schauglases (Schlauch) ein Kugelventil montiert, welches er nur öffnet beim Bunkern und zur Niveaukontrolle bei stehender Maschine.

Beatrix Schlebach