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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Viel Holz auf der Hütte



Gernot Menke
15.08.2008, 22:28
Diese Bilder von der Spits ABLIS aus Paris sollen nicht bedeuten: guck mal, was die für `ne Unordnung an Bord haben. Im Gegenteil: irgendwo haben die es auch gemütlich. Vermutlich haben sie nur noch die Jahre bis zur Rente vollgemacht und das Schiff war bereits für den Hochofen vorgesehen, denn in gutem Zustand befindet sich der ABLIS hier nicht und der Spitsenschiffahrt ging es im Herbst 1984, als die Bilder im Duisburger Außenhafen entstanden sind, auch eher schlecht.
Offenbar verfeuern sie viel Holz, denn nur als Anmachholz erscheint mir das etwas viel. Auf das Dach des Steuerstands können sie nicht viel legen, wegen der niedrigen Brückenhöhen auf den Kanälen. Und auf dem Roefdach nimmt es die Sicht. Die Waschmaschine auf dem Heck und alles andere verdeutlicht, daß der Platz knapp ist.
Ob der ABLIS wirklich aus Paris gekommen ist, weiß ich nicht, denn der Schiffer sprach akzentfrei deutsch. Vielleicht hat er nach Frankreich eingeheiratet. Oder es handelt sich um eine zum Wohnschiff gewordene ehemalige Spits. Jedenfalls war der Mann an Bord erst etwas skeptisch und hatte mich im Verdacht, ich wolle "schlechte Dinge über die Ausländer schreiben", wie er sich ausdrückte.
Sicher bin ich mir nicht, aber die Bugform läßt mich vermuten, daß es sich um einen ehemaligen "Grand Numero" handelte, also um ein auf einer deutschen Werft nach dem Ersten Weltkrieg gebautes und an Frankreich abgeliefertes Reparationsschiff.

:roll: Gernot

Gernot Menke
21.04.2015, 18:29
Ich will hier etwas ergänzen und korrigieren. Heutzutage wäre ich mir sofort sicher, daß das in der Tat eine Reparationspenische war - die hießen aber nicht grand numéro, wie ich fälschlich schrieb, sondern gros numéro, "große Nummer", weil diese nach dem Versailler Vertrag für Frankreich und Belgien in großer Stückzahl auf Werften in ganz Deutschland gebauten Reparationsschiffe seinerzeit mit einer großen Nummer auf der Bordwand abgeliefert wurden. Diesen Begriff kennt in der Penischenwelt jeder. Es handelte sich sämtlich um Schleppschiffe, die später natürlich motorisiert wurden.

Dieses Schiff hier trug die Nr. 434, später hieß es MATHILDE, dann irgendwann PAUL und zum Schluß ABLIS. Als ich das Schiff 1984 in Duisburg fotografierte, war es noch in Fahrt. Ich weiß nicht, wann genau es schließlich in den Schrott ging, jedenfalls wurde es in Nancy an Land gesetzt und dort zerstückelt.

Interessant ist der Bauort der Nr. 434: 1922 in Nürnberg! Man wundert sich zunächst, daß insgesamt sogar 14 Reparationspenischen aus Nürnberg kamen, wo doch der alte Ludwigskanal zu klein für Penischen war und die Penischen also in Teilen mit der Eisenbahn transportiert und irgendwo zusammengesetzt werden mußten. Aber der Grund ist klar: in Nürnberg war mit MAN ein großes und leistungsfähiges Unternehmen und da man alle Werftkapazitäten benötigte, um diese vielen Reperationsschiffe termingerecht bauen zu können, mußte auch MAN in Nürnberg bauen. Selbst Abeking in Vegesack, bekannt für schnittige Yachten, baute damals eine Penische dieser Serie!

Es liegen noch einige gros numéro als Wohnschiffe überall herum, in der Frachtfahrt aktiv ist aber wohl nur noch der RO-GI, der stark umgebaut ist (ein Bild des ROGI, damals Penische Nr. 636, gibt es in diesem (http://www.binnenschifferforum.de/showthread.php?43051-Begegnungen-beladen-in-Frankreich&highlight=rogi)thread in # 1, Bild 4).

:wink: Gernot

McRonalds
21.04.2015, 20:06
@Gernot; sehr interessant was Du da über die Nürnberger Reparationsschiffe schreibst. Ich bilde mir ein ich hätte irgendwo auch mal was darüber gelesen (evtl. im Zusammenhang mit der Werft in Erlenbach). Vielleicht finde ich es wieder...
Gruß - Ronald;-)