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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Das Innenleben eines Flussradargerätes (Sender, Empfänger, Drehantenne mit Antrieb)



p-m
09.04.2010, 19:46
Hallo zusammen

Im August 2008 schenkte der Verein Historische Binnenschifffahrt der Ennshafen ÖO GmbH (http://www.ennshafen.at/) ein Flussradar ELNA 3200 Rasterscan = FURUNO RHRS 2001 R als Ausstellungsobjekt. Dieser Typ darf (mit anderen) gemäss ZKR-Zulassung nur noch unter ganz bestimmten Bedingungen bis Ende 2011 für Blindfahrten in der Binnenschifffahrt verwendet werden. Ein Einsatz an Bord der Péniche WILLI 07001836 (http://www.binnenschifferforum.de/showthread.php?7963-Willi-GMS-(Péniche)-07001838&highlight=willi) war daher nicht mehr möglich.

Auf Einladung des Hafenmeisters der Ennshafen ÖO GmbH installierte ich diese Radaranlage an Bord des Erlebnisschiffs GMSS FRANZ LISZT (http://www.binnenschifferforum.de/showthread.php?21903-Franz-Liszt-GMS-08657038). Bei dieser Gelegenheit machte ich einige Fotos vom Innenleben der Sender-, Empfänger-, Antriebs- und Antenneneinheit RTB-801. Gegen Ende April, nach Lieferung des erforderlichen 24 Volt Stromversorgungsgerätes folgen die ersten Inbetriebenahmeversuche dieser 21 Jahre alten Anlage. Falls sie funktioniert gibt es eine Fortsetzung zu diesem Beitrag. Drückt uns bitte die Daumen. Danke.

Radar ist das Kürzel für Radio Detection and Ranging (Funkortung und -Distanzsmessung). Für die Navigation in der Binnenschifffahrt kommen Rundsicht-Impuls-Radaranlagen im X-Frequenzband (Frequenz 9410 MHz ±30 MHz) zum Einsatz. Der Radarsender (Magnetron) und der Radarempfänger verwenden die gleiche drehbare Antenne und sind direkt unter dieser angebracht. Radiowellen im Gigahertzbereich werden aus physikalischen Gründen (Skyneffekt) nicht über Kabel sondern über Hohlleiter (Metallröhren) transportiert. Das FURUNO RHRS 2001 R hat eine Spitzenpulssendeleistung von 5 kW (5000 Watt *). Es ist daher nicht so gesund, sich direkt vor die sendende und drehende Radarantenne zu stellen und ins Antennenfenster zu blicken. Messungen auf Binnenschiffen haben ergeben, dass der Grenzwert nach heutigem Wissensstand bereits ab 5 Meter Distanz zur Antenne unterschritten wird. Gründe: Es handelt sich um Pulssendeleistung und nicht um Dauersendeleistung. Die Feldstärke eines Senders nimmt nicht proportional zur Distanz ab sondern quadratisch, weil eine Fläche und keine Linie bestrahlt wird. Trotzdem ist es empfehlenswert die Radarantenne grundsätzlich höher als das Steuerhausdach und damit über die Köpfe der Besatzung zu positionieren. Es ist klar, dass bei Brückendurchfahrten Kompromisse eingegangen werden müssen.

Freundliche Grüsse

Peter

* Als Vergleich: Ein Schiffssprechfunkgerät hat beim Sendebetrieb max. 25 Watt Dauersendeleistung, ein AIS-Transponder max. 12,5 Watt.

p-m
10.05.2010, 17:40
Hallo zuammen

Nachdem das notwendige 24 Volt Stromversorgungsgerät geliefert und vom Elektriker im Steuerhaus des Erlebnisschiffs FRANZ LISZT (http://www.binnenschifferforum.de/showthread.php?21903-Franz-Liszt-GMS-08657038) installiert worden war, versuchte ich vom 3. - 5. Mai 2010 das Flussradar ELNA 3200 Rasterscan = FURUNO RHRS 2001 R in Betrieb zu nehmen. Es funktioniert fast alles, die Antenne dreht, mit der Bedieneinheit (Control-Unit) können auf dem Bildschirmeinheit (Display-Unit) alle Funktionen sichtbar gemacht werden, nur leider fehlt das Wichtigste, die Radarechos. Aufgrund der Anzeige an der Processor-Unit dürfte das Magnetron (Radarsender) defekt sein. Mit einer Fehlereingrenzung und Reparatur bin ich leider absolut überfordert.

Freundliche Grüsse

Peter

Stadt_Aschaffenburg
10.05.2010, 21:43
Hi Peter,

daß du dir überhaupt die Mühe gemacht hast, ehrt dich!
Du bist weit gekommen und ich drücke dem Team vom Franz Liszt die Daumen, daß sie für das verbliebene Problem auch noch eine Lösung finden.

Bis bald!
Micha

p-m
10.05.2010, 23:44
Hallo Micha

Vielen Dank für die "Blumen". Es war ein überraschender Auftrag der Ennshafen OÖ GmbH. Nach 1½ Jahren dachte ich wirklich nicht mehr an dieses im September 2008 weitergegebene Radar. Für die Fehlereingrenzung und Reparatur müsste ein teurer Fachmann angeheuert werden, der dieses 22 Jahre alte FURUNO RHRS 2001 R noch kennt. Alle Bemühungen, Unterlagen oder Kopien aufzutreiben blieben bis jetzt erfolglos. An Bord des GMS FRANZ LISZT wurden Unterlagen zum Nachfolgetyp RHRS 2002 R gefunden. Zum grossen Glück verwendete FURUNO für diese beiden Typen die genaue gleich Sender-, Empfänger- und Antenneneinheit RTB-801, sowie das gleiche Steuerkabel. Ohne diese Unterlagen hätte ich es niemals geschafft, das Steuerkabel mit 23 Adern + 1 Koaxialkabel richtig anzuschliessen. Es besteht aus einem inneren und einem äusseren Teil. Erschwerend ist der Umstand, dass mehrere Aderfarben mehrfach vorkommen, mit 1 mm2 und 1,5 mm2 Querschnitt. Man muss extrem aufpassen, dass keine Adern verwechselt werden, und nach dem Anschliessen Ader um Ader visuell kontrollieren sowie von Kabelende zu Kabelende durchmessen. Es war erstaunlich, wie sehr sauber alle Einheiten in ihrem Innern waren. In der Processor-Unit gibt es einen Ventilator zum Kühlen, aber absolut keine Staubschichten, was nach 22 Jahren Betrieb eigentlich normal wäre. Auch die Lithium Speichererhaltungsbatterie ist noch in Ordnung, sie muss irgendwann ersetzt worden sein. Nach dem Einschalten meldet die Software am Bildschirm rund 8000 Betriebsstunden, davon rund 5000 Sendestunden, was für 22 Jahre ganz extrem wenig ist. Die Herkunft dieses Radars lässt sich nur über 2 Stellen zurückverfolgen (Verein Historische Binnenschifffahrt und Gönner, der das Radar WILLI schenkte). Ich habe keine Ahnung auf welchem Schiff das Gerät wie lange installiert war.

Beim Radar an Bord von WILLI gibt es übrigens das gleiche Problem, die Antenne dreht, auf dem Bildschirm können alle Funktionen sichtbar gemacht werden, nur fehlen die Radarechos ebenfalls. Vielleicht habe ich mit einem eventuellen dritten Radar mehr Glück. Von zuständiger Stelle hörte ich etwas von der Restaurierung des Zugschiffs TRAISEN, vielleicht darf ich es nochmals probieren.

Freundliche Grüsse

Peter