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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Fragen zum Binnenschiffsverkehr im Bereich Dresden



Peter Kaspar
15.10.2010, 22:48
Hallo Gemeinde,
ich bin gerade nach DD-Pieschen gezogen und möchte gern mal wissen:

1. Gibt es auf der Elbe Fahrzeiten für die Binnenschifffahrt (Nachtfahrverbot....)?

2. Wieso werden manche Schubverbände von dem Schlepper aus dem Alberthafen bis nach Johanstadt gezogen und manche nicht?

3. Weshalb ist dieser Schlepper Tschechisch, wenn er doch eh immer hier ist?

4. Gibt es die Heckrad-Schlepper "Melnik" & "Beskidy" noch?

Ich denk' dass das für's erste reicht.:lool:

Vielen Dank für die Antworten und Grüße vom Pieschener Winkel
Peter Kaspar

Elbianer
16.10.2010, 23:31
Hallo Peter,

erst mal willkommen im Forum. Ich möchte mal versuchen auf deine Fragen zu antworten.

Zu 1.

Ein Nachtfahrverbot gibt es auf der Elbe nicht. Regelungen für die Fahrzeit allerdings schon. Für jedes Binnenschiff gibt es eine vorgeschriebene Mindestbesatzung. Ist nur Diese an Bord, darf nur maximal 14 Stunden gefahren werden. In Ausnahmefällen kann die Fahrzeit auch auf 16 Stunden ausgedehnt werden. Bei genügend Besatzung an Bord kann ein Schiff auch rund um die Uhr fahren. Allerdings müssen da auch wieder bestimmte Bedingungen erfüllt werden. Dies alles genau zu erläutern führt hier zu weit.
Ausführliche Informationen zu den Vorschriften gibt es bei den Elektronischer Wasserstraßen-Informationsservice (ELWIS) www.elwis.de


Zu 2.

Im Dresdner Alberthafen stationiert ist der Vorspannschlepper M 4 (MOTOR 4). So weit mir bekannt ist, fährt dieses Schiff für die Reederei CSPL aus Decin. Schubverbänden der CSPL wird dieser Schlepper also sicher obligatorisch zur Verfügung gestellt, während Schiffe anderen Reedereien dafür bezahlen müssen. Diese werden also nur Vorspann nehmen, wenn es sein muss. Weiterhin sind die Abmessungen und die Manövriereigenschaften der Schiffe zum Teil unterschiedlich. Der eine kommt also ohne Vorspann durch die Stadt und der andere benötigt ihn.
Das gleiche gilt für die nautischen Fähigkeiten der Schiffsführer. Wieso benötigt man überhaupt Vorspann? In Dresden gibt es mit der Albertbrücke, der Augustusbrücke und den Marienbrücken schwierige Brückendurchfahrten. Die Strömung wird durch mehrere Pfeiler eingeengt und es gibt nur schmale Durchfahrten. Die Lichte Durchfahrtshöhe ist durch diese Bogenbrücken auch eingeschränkt. Die Augustusbrücke und die Marienbrücken liegen auch noch in einer Flusskrümmung. Die ohnehin schon starke Strömung im Bruckenjoch erhöht sich noch wenn der Verband sich darin befindet. Saugen dann noch die Propeller zusätzlich Wasser an, kann es unmöglich werden,dass der Verband es aus eigener Kraft durch die Brücke schafft. Da nützen auch starke Motoren nichts. Um so mehr Leistung um so mehr Wasser saugt er sich selbst unter den Arsch weg. Im Extremfall saugt er sich am Grund oder an einen Pfeiler an. Dann läuft das Schiff aus dem Ruder, der Schiffer brüllt laut Scheiße und muss zusehen wie sein Verband quer vor die Brücke klappt. Dabei machen seine Augen abwechselnd :roooll: und :eek:
Der Vorspannschlepper ist in so einen Fall aber bereits durch die Engstelle und kann frei Manövrieren. Er unterstützt den Verband, so dass dieser nur gerade so viel Leistung wie nötig gegen muss und dieses Ansaugen verhindert wird.
Weiterhin haben diesen Schubverbände in den meisten Fällen kein Bugstrahlruder. Um den Verband zu Steuern muss also das Heck entsprechend ausschwenken um die Verbandsspitze in die richtige Richtung zu drehen. Wenn sich das Heck aber in der schmalen Brückendurchfahrt befindet gibt es kaum Platz zum ausschwenken. Der Verband muss also so gerade wie möglich durch die Brücke fahren. Dies geht aber durch Strömung, Wind bei leeren oder leicht beladenen Verbänden und durch den Kurvenradius nur bedingt. Auch hier muss der Vorspann wieder unterstützen, indem er den Bug des Verbandes in die richtige Richtung zieht. Der Schiffsführer vom Schubschiff achtet dann nur darauf, dass der hintere Teil des Verbandes heil durch die Brücke kommt.
Ein weiteren Grund für die Hilfe von Vorspannschleppern kann ein fallender Wasserstand sein. Ist ein Schiff schon auf das maximale abgeladen und der Wasserstand fällt, muss es so schnell wie möglich ans Ziel. Sonst muss geleichtert oder die Fahrt unterbrochen werden. Dies kostet natürlich alles.
Der Schiffsführer muss sich also zwischen Kosten für den Vorspann und das Risiko ohne Vorspann entscheiden. Manchmal steht ja vielleicht auch einfach kein Schlepper zur Verfügung. Auch hier kann ich die gesamte Problematik nicht ausführlich schildern.

Zu 3.

Es sind ja fast nur noch Tschechische Frachtschiffe auf der Strecke oberhalb von Dresden. Die wenigen anderen Schiffe fahren meist nur bis zum Alberthafen und bis dahin ist es eben nicht so schwierig, wie durch die Stadt. Welche Deutsche Behörde oder Reederei soll denn für diese Tschechischen Frachtschiffe einen Schlepper stationieren? Von den wenigen Schiffen macht sich der Unterhalt sicher nicht bezahlt. Das geht nur wenn eine Reederei im eigenen Interesse dahinter steht.

Über diese Vorspannschlepper findest du im Forum hier (http://www.binnenschifferforum.de/showthread.php?21955-M-1-bis-M-7-Motorschlepper-aus-Tschechien) etwas.

Zu 4.

Nach meine Wissen gab es 12 Tschechische Heckradschlepper.

TÀBOR (1942 bis 1945 HAMBURG), Baujahr 1931, 19?? in Krischwitz verschrottet
BLANIK (1942 bis 1945 AUSSIG), Bj. 1931, 1993 in Krischwitz verschrottet
VLTAVA (1942 bis 1945 BÖHMEN-MÄHREN), Bj. 1939, 1989 in Hamburg verschrottet
MORAVA (1942 bis 1945 SUDETENLAND), Bj. 1939, 1974 außer Dienst gestellt
SUMAVA , Bj. 1953, 1992 an EVD-Praha verkauft, dann Umbau zum FGS, derzeit noch als FGS in Prag aktiv
TATRY, Bj. 1953, 1989 in Hamburg verschrottet
BESKYDY, Bj. 1956, ist als letzter noch als Schlepper aktiv, wird aber überwiegend nur noch in Tschechien eingesetzt,
JESENIKY, Bj. 1957, seit 1992 beim Schifffahrtsmuseum in Berlin
SLAPY, Bj. 1957, 1978 in Lauenburg verschrottet
ORLIK, Bj. 1957, 2000 nach Niederlande verkauft
KAMYK, Bj. 1958, 1991 nach Prag verkauft, dann Umbau zum FGS und Filmschiff, seit 2005 abgestellt an der Werft in Chvaletice
LIPNO, Bj. 1959, nach 1991 umgebaut zum FGS, als TYRS aktiv in Prag

Einige dieser Schiffe wurden im Forum schon näher vorgestellt.

Gruß vom Oberrhein in meine alte Heimat sagt Thomas

Oberweser
17.10.2010, 01:23
der Schiffer brüllt laut Scheiße und muss zusehen wie sein Verband quer vor die Brücke klappt. Dabei machen seine Augen abwechselnd :roooll: und :eek:


Hallo Thomas,

wahrscheinlich machen seine Augen dann auch :shock:...
Vielen Dank für deine sehr ausführlichen und anschaulichen Erläuterungen :super:

Schöne Grüße
(auch) Thomas :wink:


P.S.: Wie heißt "Scheiße" eigentlich auf tschechisch ? :fragkratz:...:lool:

Peter Kaspar
17.10.2010, 19:32
Viele Dank für diese ausführlichen Antworten :idea:

Elbianer
17.10.2010, 22:34
P.S.: Wie heißt "Scheiße" eigentlich auf tschechisch ? :fragkratz:...:lool:

Ganz Einfach "HOVNO"! Gruß Thomas

Oberweser
17.10.2010, 23:03
...das hört sich irgendwie viel freundlicher an...:lool:

:wink: Thomas

Guenther
19.08.2012, 00:53
Hallo Peter,
gestern, am 18.8. habe ich den Heckradschlepper "Beskidy" am Elbkilometer 21 zu Berg gesehen. Ich war sehr verwundert, da ich hier im Forum gelesen habe, dass die Betriebserlaubnis am 30.06. 2012 abgelaufen war.
Gruß Günther (auch aus Dresden)

Reinier D
19.08.2012, 08:53
:wink: Hallo

Der war unterwegs gewesen einem Tjechische Schubverband zu assisteren in Raum Riesa.
Der ist noch im Fahrt da er ein zeitliche Attest bekommen hat bis ende dieses Jahre.

mfg :captain: Reinier

diddytil
19.11.2014, 20:37
Ich fahre demnächst zu einem Familientreffen in die Nähe von Dresden und wo findet der Binnenschifffan was, HIER!!!

Ich danke dafür!!!!

Frank S.
19.11.2014, 21:42
Hey Diddi,

Ich habe dir 2 Vorschläge zu unterbreiten: 1. Sächsischer Hafen- und Verkehrsverein e.V., 2. Sächsische Dampfschifffahrt.
Einfach auf die Homepage gehen und Kontakt aufnehmen.
Schifffahrt auf der Elbe kann dir keiner versprechen-aber wenn was unterwegs ist dann wissen das die Fährleute.

Herzlich Willkommen und schönen Aufenthalt in Sachsen

Gruß Frank

meissen
20.11.2014, 10:24
Hallo Diddi,
im Verkehrsmuseum ( Nähe Frauenkirche) gibt es auch einen interessanten Ausstellungsteil zur Schifffahrt.
Gruß
Jürgen

ouzovd
20.11.2014, 23:44
Sind da auch bildern vom Niedrichwasser 1990? Ich habe da 6 wochen mit meine "Dibo" damals 6 wochen am Terrassenufer gelegen und sogar im "Neues Deutschland" und "Bild" gestanden. Ich bin waehrend den Niedrichwasser auch noch als Lotse gefahren mit MFG "Florentina von Torgau nach Dresden gefahren und nachdem bin ich mit eine Schrottladung von Riesa nach Magdeburg getrieben mit 80 cm tiefgang.

Frans