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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kinderschiff in Duisburg



Schappes
16.03.2011, 17:08
Hallo Freunde der Binnenschiffahrt vergangener Zeiten,
ich möchte euch heute gerne die Geschichte einer wundervollen Idee aus den 90zigern berichten, die leider aus finanziellen Gründen und aus den zeitgemässen Veränderungen in der Binnenschiffahrt nicht zum Tragen kam.

Aber lest selbst, weitere Erläuterungen dazu kommen zum Schluss




ich hatte mit Herrn Scherf aus Duisburg,(ein überaus freundlicher Herr) dem Herrn der Flaggen aus der Binnenschiffahrt heute mal telefonisch kurz gesprochen um einige Fragen zu Flaggen und Wimpeln zu erörtern.
Er hatte mir einige Flaggenstöcke für Tischwimpel zugesandt und dieser Sendung das gepostete Bild mit der Geschichte des Kinderschiffes mitgesandt. Ausserdem noch eine Tischflagge dazu von eben diesem Projekt, das auch wirklich im Eisenbahnhafen Ruhrort verwirklicht werden sollte, so wie auf dem Bild von dem Maler Petzold dargestellt.
Auf meine Frage hin, ob Er mir erlauben würde das Ganze hier im Forum einzustellen, gab Er mir prompt die Erlaubnis dazu.
Ich finde dieses Projekt ist es wert hier drin präsentiert zu werden, wenn es auch leider nicht zur Verwirklichung kam.
Im übrigen darf ich euch darauf hinweisen, solltet ihr Flaggen u.ä. suchen, haben, oder tauschen wollen...Er ist mit Sicherheit der Richtige dafür.

mit freundlichem Gruss der schappes

Eilers
16.03.2011, 20:20
Moin moin,
auch ich hatte schon ein sehr nettes und informatives Gespräch mit Herrn Scherf und habe von ihm einige Tischflaggen und Flaggenständer bekommen. Danke Karl!
unter anderem auch folgende Flagge.

Schappes
26.04.2011, 23:51
Hallo

der liebe Herr Scherf hat mir mitgeteilt, dass er noch einige der Tischwimpel "Kinderschiff" vorrätig hat...mit Flaggenständer ! Er würde diese gerne abgeben, kostenlos..nur das Porto möchte er bezahlt haben.
Also bitte...holt euch die schönen Teile...auch das ist Schiffahrtsgeschichte.

es grüsst freundlich der schappes

SCHUBEXPRESS 7
30.04.2011, 22:47
Hallo Schappes,
das Kinderschiff wäre sicher eine prima Sache geworden. Habe irgendwo noch einen Aufnahmeantrag für den Verein.
Hatte praktisch direkt mit diesem Schleppkahn zu tun, brachte ihn von der Saalemündung zur Werft nach Mukrena.
Zum "Ball der Schiffahrt 1993", in Duisburg, überreichte der Geschäftsführer der Deutschen Binnenreederei, Hans-Wilhelm Dünner, dem Vereinsgründer, Karl-Ernst Müller, eine Urkunde. Darin wurde dem "Verein zur Förderung von Binnenschifferkindern e.V. "Die Kleinsten an Bord" der Schleppkahn :
Registrier-Nr. L 5982 (Farbmaterialkahn der DBR in Magdeburg) ex.
5-704 (im aktiven Einsatz
Baujahr 1914
Bauort
Länge 67,00 m
Breite 7,98 m
Seitenh. 2,16 m
max.Tg. 2,00 m
leer Tg. 0,47 m
Tragf. 734 Tonnen

Im Juli 93 wurde der Kahn zur Saalemündung gebracht und dort abgestellt. Von dort holte ich ihn mit Schubboot "NENNHAUSEN III" am 03.07. ab und brachte ihn bis zum 04.07, nach Alsleben, zur Werft Fischer. Dort wurde der Groß-Plauer Maßkahn nach den Wünschen des Vereins um- bzw, ausgebaut. Herr Karl Ernst Müller hatte sich damal von Magdeburg bis Alsleben in der Achterkajüte einquartiert.
Am 03.04.95 war der Kahn soweit ausgebaut und "NENNHAUSEN III" fuhr damit nach Magdeburg. Die beiden Reisen mit "NENNHAUSEN III" wurden kostenlos durch die ELSA-Elbe-Saale-Schiffahrts GmbH. durchgeführt, ein Beitrag zur Unterstützung des Vereins. Von Magdeburg ging dann der Transport weiter mit dem DBR-Schuber SSS 2627 bis nach Datteln. Dort wurde der Kahn von einem Schlepper übernommen und traf damit am 29.06.95, in Duisburg ein.
Leider weiß ich nicht wer diese Schlepper war und was aus dem Kahn geworden ist.

Bild 1 SB Nennhausen III mit Kahn vor der Schleuse Bernburg
Bild 2 SB " " " " " "
Bild 3 Karl Ernst Müller in der Kajüte
Bild 4 Ankunft an der Werft in Alsleben
Bild 5 Der Kahn an Land
Bild 6 Der Kahn, am 04.04.95 im Schleusengraben in Magdeburg




mfG Dieter

Schappes
01.05.2011, 07:12
Hallo Dieter,
schönen Dank für die Geschichte zur Geschichte und die Bilder.

einen schönen Sonntag wünscht mit freundlichem Gruss der schappes

Ausstellungsschiff
01.05.2011, 10:26
Nur hat man die Eltern der "Kleinsten an Bord" nicht gefragt, ob sie diese Art von Hilfe überhaupt brauchen oder wünschen.
Herr Müller hat in seiner Dipolomarbeit damals festgestellt, dass die Kleinen an Bord enorme Defizite hätten, pädagogisch, entwicklungsmäßig usw. Uns Schiffereltern hat er die Fähigkeit, unsere Kindern, ihrem Alter entsprechend zu erziehen, fördern etc., abgesprochen.
Wir hätten in BERID (Verein zur Förderung, Erziehung und Bildung von Kindern, reisender Berufsgruppen) Herrn Müller gut brauchen können. Dieser Verein hat sich auch um Zirkus- und Schaustellerkinder und deren Eltern, gekümmert; sogar europaweit.
Das wollte Herr Müller aber nicht. Wir Eltern wollten nicht, dass unsere Kinder als "unterentwickelt" hingestellt wurden. Da wurden sogar plötzlich Jugendämter auf uns aufmerksam. Wie, da möchte sich jemand um kleine Kinder kümmern, weil die Eltern (egal aus welchem Grund) sich nicht genügend um sie kümmern können?
Da kriegt man einen Schock, wenn plötzlich eine Behörde anfragt!
Einen schönen Sonntag
Karin

Joana
01.05.2011, 10:36
Hallo Karin,
die Kleinen an Bord haben keine Defizite. Die Tests sind nur einseitig auf gut bürgerliche Kinder
ausgelegt. Die Schiffskinder entwickeln sich in einer etwas anderen Reihenfolge. Sie sind z.B.
selbständiger im Umgang mit Werkzeugen. Wesentlich risikobewusster als " normale Kinder"
und erheblich besser im sozialen Bereich eingebunden. Ihr Allgemeinwissen umfasst andere
Bereiche als die der anderen Kinder, aber die werden nicht abgefragt.
Fazit: Es sind nicht die Kinder " unterentwickelt" sondern die Pädagogen etwas einseitig.
Gruss Joana

Ausstellungsschiff
01.05.2011, 10:47
Genau, so ist es, wurde aber in der Diplomarbeit nicht erwähnt. Unsere Kinder wurden nie getestet. Wenn unsere Tochter für 1-2 Tage in den Kindergarten in einer Stadt, wo wir mit dem Schiff lagen, ging, fanden die Kindergärtnerinnen immer, dass die Schifferkinder eine Bereicherung wären. Sie hätten ein spannendes Leben an Bord, da gäbe es viel zu erzählen und erfahren. Man muss das eben nur richtig sehen und beurteilen. Auch wir sind mit unseren Kindern auf Spielplätze, an wunderschöne Plätze, in einer Zahl, wie sie Kinder von Land gar nicht kennen konnten. Wir sind im Sommer immer ans Meer, ganz normal, ohne dass Ferien sein mussten, oder die Eltern Urlaub hatten . .
Als unsere Tochter damals aufs Gymnasium kam, stand im Übertrittszeugnis, dass sie ein enormes Allgemeinwissen hätte, sehr selbstsicher sei und ein überdurchschnittliches Sozialverhalten hätte. Dabei war unsere Tochter weiß Gott kein Wunderkind. Fast alle Lehrer, die Schifferkinder in ihrer Klasse unterrichteten, haben dies genauso beurteilt.
Welches Kind hat schon bis zur Einschulung seine Eltern 24 Stunden um sich. Beruf und privat gehen zwar ineinander über, aber das hat den Kindern nicht geschadet; im Gegenteil: Sorgen, Freude, Nöte, alles wurde gemeinsam erlebt und verarbeitet!
Viele Grüße
Karin

SCHUBEXPRESS 7
24.05.2011, 13:42
Hallo,
habe aus Magdeburg noch zwei Fotos vom KINDERSCHIFF in Duisburg bekommen. Kenne mich in Duisburg nicht so aus, wo ist das ? Ist das Schiff dort auch verschrottet worden ?

mfG Dieter

Radarman
24.05.2011, 17:06
Moin moin,
das Kinderschiff war ein Traum von Herrn Müller...
Es sollte ein Arbeitsplatz um "Ihn" herum gebaut werden da er leider in keinem Sozialen Umfeld bereit war sich anzupassen.
Die 3 Kindergärten in Duisburg Ruhrort waren alle bereit Schifferkinder aufzunehmen. Müller`s Traum die Schifferkinder von
Walsum Nord bis Huckingen von den Schiffen einzusammeln und an Bord des Kinderschiffes zubringen war nicht zu erreichen!
Später hatte er dann einen kleinen Laden in Ruhrort angemietet, die Kinder kamen aber alle aus Ruhrort und die Mütter hatten es nicht
geschafft bis 9.00 Uhr im angemeldeten Kindergarten zu erscheinen. Betreut wurden diese Kinder durch "Hausfrauen", Herr Müller kam nur mal kurz vorbei...
Das sollte die Super Betreuung von Binnenschifferkinder sein... Ich war selber im Vorstand tätig und hatte versucht mit Herrn Haffmanns
das Ruder in die richtige Richtung zu bekommen. Habe dann aber aufgegeben! Diese Art Unterstützung für Binnenschifferkinder brauchten wir noch nie!
Viele Leute hatten für dieses Schiff gespendet und geglaubt damit etwas "Gutes" zu tun.
Wenn man mit einem Binnenschiff in Duisburg Ruhrort liegt kann man Kontakt mit dem Ev. Kindergarten oder den 2 städtischen Kindergärten aufnehmen!
Die helfen normal weiter und freuen sich über den Besuch, auch wenn es nur 1 - 2 Tage sind.
Viele Grüße
Radarman

Ausstellungsschiff
25.05.2011, 18:09
Hallo Radarman,
genau, wie oben geschrieben, war es!
Herr Müller hatte sich damals im Schikiheim in Würzburg vorgestellt, hatte eine Spielekiste mit Material dabei und wollte uns erklären, dass Schifferkinder lernen müssten, dass es unterschiedliche Materialien, wie feiner Stoff, rauher Stoff, Papier, Folie, usw. gäbe. Außerdem hatte er Stifte, Uhu, Papierrollen etc. in dieser Kiste, damit die Kinder ihre Feinmotorik schulen könnten.
Außerdem war er der Meinung, unsere Kinder müssten erfahren, dass man nicht schläft, wenn man müde ist, sondern geregelte Schlafzeiten einzuhalten seien! Die Kinder würden sich einfach in eine Ecke legen und schlafen . . .
Wir Eltern fühlten uns vor den Kopf gestoßen und waren verärgert über Herrn Müller. Ich (damals im Präsidium von BERID) hatte ihm mehrfach vorgeschlagen, mit BERID zusammen zu arbeiten. Das wollte er aber nicht, denn dieser Einsatz wäre ja ehrenamtlich gewesen.
Als das Sozialministerium aus München damals bei mir angerufen hatte und wissen wollte, was die Schifferkinder denn für entwicklungsrückständige Kinder seien, da haben bei uns Eltern die Alarmglocken geläutet.
Außerdem wollten wir unsere Kinder gern in "normale" Kindergärten tun, entlang der Wasserstraßen gibt es da ja genug, die kurzfristig Schifferkinder aufnehmen, als wieder auf ein Schiff bringen.
Das war damals ein ziemlicher Kampf. Herr Müller hatte uns Eltern immer unterstellt, dass wir nicht wüssten, was unseren Kindern gut tut.

Mit Herrn Haffmann hatte ich damals auch Kontakt; er hat uns verstanden.

Viele Grüße von Heilbronn an die Ruhr und bis bald

Karin

UGI
20.02.2016, 16:03
Ahoi miteinander,
da ich ggw. die Historie der Schleppkähne der DDR-Binnenreederei Be- und Überarbeite, würde ich mich sehr freuen, wenn jemandem hier bekannt wäre, was denn nun tatsächlich mit diesem Schleppkahn wurde, nachdem das Projekt wohl als gescheitert abgehakt war - konnte der Schleppkahn anderweitig genutzt werden ? oder wurde er verschrottet - und wenn ja wo und wann ?

Danke für eure Mithilfe / Gruß UGI