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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Speck - mehr als nur ein Nahrungsmittel?1?



Ausstellungsschiff
07.08.2011, 20:40
Ich habe gerade für über den Salat ein bisschen Speck ausgelassen und da ist mir wieder eine Geschichte eingefallen, die schon über 30 Jahre alt ist, nämlich:

Speck – mehr als nur ein Nahrungsmittel ?!?
Meine erste Reise, nachdem ich geheiratet hatte, ging mit Gips von Marktbreit nach Castrop-Rauxel.
Wir waren in Rauxel fast leer, als mein Mann in die Wohnung kam und mir erklärte, wir hätten ein Leck im Laderaum und ich müsse schnell zum Metzger, um fetten Speck zum Abdichten des Loches zu kaufen. Nachdem ich gehört hatte, dass in der Schifffahrt für „Nichtschiffische“ Mutproben zu bestehen seien – nach dem Beispiel der Handwerkergesellen, die den neuen Lehrling in die Apotheke schicken um „1 kg Owidum“ zu kaufen – dachte ich: nun bin ich dran, mit dem Reinlegen; aber ich bin ja nicht dumm! Speck zum Abdichten! Hat das schon jemand mal gehört? Nicht mit mir! Ich schaute meinen Mann so an: Ganz ernst, kein Grinsen im Gesicht! Er aber drängte, endlich loszugehen; er würde mir später erklären, warum und wieso, und er bräuchte mindestens 3 kg fetten Speck. Wenn’s irgendwie ginge, als ein ganzes Stück.
So zog ich also los, von Zweifeln geplagt, verulkt er mich oder nicht, und fand auch gleich neben der Kirche eine Metzgerei. Ich stellte mich an und überlegte krampfhaft: Sollte ich nur ein bisschen frische Wurst kaufen und das mit dem Speck lieber sein lassen? Das würde mir eh’ keiner glauben und wie sollte ich etwas erklären, was ich selbst nicht wusste?
Nun war ich dran: „ Ich hätte gern ein ganz großes Stück fetten Speck!“ „Wie bitte, ich habe Sie nicht verstanden?“ Also nochmals, aber ein bißchen lauter: „Ich hätte gern ein gaanz großes Stück fetten Speck!“ „Wie groß?“ „So mindestens drei Kilo!“. Die Verkäuferin schaute mich fragend an und verschwand dann hinter einer Türe. Ein paar Minuten später kam sie wieder, mit drei Stücken Speck in den Händen. „Dat sin´ so drei Kilo, reicht dat?“ „Ja, ich glaube schon; aber es sollte eigentlich ein Stück sein.“ Ganz entgeistert fragte sie: „Wofür is´ dat denn?“ Jetzt musste ich es doch sagen: Zum Abdichten eines Loches im Schiffsboden! Hinter mir fingen einige wartende Kunden an zu tuscheln und zu kichern, und ich wäre am liebsten im Erdboden versunken! Gott sei Dank wollte die Verkäuferin nichts Genaueres wissen. Ich nahm dann, wohl oder übel, die drei Stücke fetten Speck, doch auf dem Rückweg zum Schiff war ich mir sicher: Diesmal hat er mich drangekriegt, 1:0 für ihn! Aber Rache ist süß!
An Bord wurde ich schon sehnsüchtig erwartet. Mein Mann riss mir die Tüte mit dem Speck förmlich aus der Hand – und tatsächlich: Ich schaute ihm zu, wie er das Loch mit Speck abdichtete und mit Holz verkeilte. Nun war alles wieder dicht und wir fuhren noch viele Wochen, bis wir Gelegenheit hatten, an die Werft zu gehen.

Nach Castrop-Rauxel sind wir in den darauf folgenden Jahren öfters gefahren. Ich habe auch noch einige Male in dieser Metzgerei eingekauft. Wenn mich die Verkäuferin sah, lächelte sie mich immer etwas mitleidig an. Das mit dem fetten Speck und dem Loch hat die mir bestimmt nie geglaubt! :fragkratz:

menni
07.08.2011, 21:17
war glaub das erste was wir in der lehre mit gelernt haben.....was braucht man fürs leck abdichten und wo liegt das alles griffbereit.
drempeleisen,holzbretter,keile,säge,fett usw,nur der speck hielt sich in der piek nich allzu lange.
wobei da die mäuse weniger schuld waren. :lool:

wenn ich so überlege dann müßte an mancher wasserbauschute das zeichen der fleischerinnung schon dran stehen.
sagen wir mal so der boden der schuten ist sehr fettig aber hart wie beton (aus dem baumarkt).

Tido
07.08.2011, 21:23
Moin!

Nein dem ist wirklich so!:super: Gibt eigentlich nichts besseres als Speck (-schwarte) um Löcher dicht zu bekommen! Wir sind zwar nie in die Not gekommen mal ein größeres Loch flicken zu müssen, aber ein kleines Loch (vermutlich durch ne Unterlegscheibe in der Bilge..) hatten wir in meinen Jugendzeiten auch schon mal, aber das konnten wir noch mit`m angespitzten Besenstiel dichtschlagen. Und das hat dann fast drei Monate gehalten..:super:

Gruß Tido

carlo
07.08.2011, 21:38
so hat mein Vater bei uns an Bord auch noch kleine Lecks abgedichtet.
Gruß Carlo

Anja
07.08.2011, 21:44
Das kenne ich auch noch.Ein Anruf beim Metzger Meyer am Neumarkt in Ruhrort reichte um die richtige Portin zu bekommen.

Gruß Anja

seebear
07.08.2011, 22:27
Jau, das gehörte auf unserm ersten eigenen Schiff (Franz Werner) auch zur Ausrüstung. Speckschwarte, Keile, Zement und Leckbolzen. Und die Zementdemsel wurden immer schon mit Datum versehen. Ich bin mir gar nicht so sicher ob beim Abwracken mehr Schrott oder mehr Schotter raus kam.
Es grüßt von der Loreley
Seebear

menni
07.08.2011, 22:49
ich les das thema immer wieder "damals ,früher oder bei meinen vater auf dem alten schiff " usw
das mit dem speck iss glaub heut zu tage genauso aktuell wie damals.der dichtet noch genauso gut ab wie früher.
ja gut der speck sollte aber nich von damals stammen, sondern etwas frischer vom fleischer sein.

der haken dabei....... die fleischer werden weniger

Hugo52
08.08.2011, 09:39
........und die Schweine magerer!!:evil::evil::wink::wink:

Mignon 600
08.08.2011, 09:47
........und die Schweine magerer!!:evil::evil::wink::wink:

und die die einen Demsel setzten können, leider auch....

Gruss MIG

Stadt_Aschaffenburg
08.08.2011, 10:05
Hi MIG,

das sollte aber nicht so sein. Auch wenn die Schiffe immer moderner werden und man nicht mehr so viele Möglichkeiten hat, mal was "hinzupfriemeln" bis man zur Werft kommt, ein paar "Basics" sollte man doch noch beherrschen und dazu gehört ganz bestimmt, ein Dämmsel zu setzen. Irgendwann ist nämlich von den Alten keiner mehr da, was ist denn dann? Saufen dann die Schlappen einfach ab, nur weil keiner in der Lage ist, ein Loch oder einen Riss abzudichten?

Das wäre aber schlecht...

Außerdem hat sowas auch mit logischem Denken zu tun. Ein Binnenschiffer sollte ein "Allrounder" sein. Falsch: "sollte" nicht, "MUSS"!

LG
Micha

Mignon 600
08.08.2011, 10:13
Hallo Micha,

dann schaue Dir mal das Personal auf kabinenschiffen an, die verstehen das Wort "Demsel (Dämsel )" nicht einmal...
Traurig aber Wahr.....
Gruss MIG

Pedro
08.08.2011, 15:21
Heute heißt dat Zeuch SILIKON...

Gruß Pedro

Tido
08.08.2011, 16:39
Da kann ich euch beruhigen... auf dem Schulschiff in Duisburg ist ja eine komplette Tankschiffsektion aufegbaut,und da kann im Wallgang an drei verschiedenen Stellen (unterschiedlicher Schwierigkeitsgrad...) Wassereinbruch real simuliert werden! Mit ner Menge Wasser!!!:hupf::lool:- Zur verfügung stehen diverse Hilfsmittel, aber ob nun Speck dabei ist?! - Keine Ahnung.. Find ich aber wirklich klasse das sowas vermittelt wird...:super:

Gruß Tido

kapt-huk
08.08.2011, 18:18
Hallo Tido
Das mit dem Demsel setzen wurde uns auf der Schifferberufsschule gelehrt,als Speck u. Zementdemsel das war 1962 in Homberg.

mfg kapt-huk

Kaepi
01.11.2011, 12:11
Hallo, ich schreibe ein Buch für den Schifferverein Rheindürkheim (Geschichten aus der Schifffahrt III) und würde Deinen Bericht über den „Speck“ gerne übernehmen.
Aus urheberrechtlichen Gründen bitte ich um Deine Genehmigung. Bitte antworte über E-Mail mayereich@online.de. Der Bucherlös fließt unserer Stiftung „Schiffermastanlage“ zu. Vielen Dank!
kaepi
(Wolfgang Mayer – Eich)

Klaus Schmitt
24.05.2015, 11:06
Dämsel
Ich stolpere gerade drüber. Wie schön, dabei auch mal wieder auf Frau Scheubner zu treffen.

… Der Schiffmann hat Sie nicht reingelegt, aber auch nicht ordentlich unterwiesen.

Wenn zur Abdichtung eines Lecks ein Speck-Dämsel gesetzt werden musste, hat man in der Metzgerei neben der Speckseite auch für jedes Besatzungsmitglied ein ordentliches Kotelett mit gekauft, das die Versicherung für Speck bezahlt hat

Gruß aus Köln
Klaus Schmitt

Willy
24.05.2015, 20:18
Speck - Dämsel.

Mein Vater musste am 07.01.1945 im harten Winter bei Lohnde (MLK) ein Leck im Stevenbereich mit einer Speckseite abdichten, er hatte sich die Leckage bei der Fahrt durchs Eis eingehandelt, danach war der Winter so hart, das er bis zum 07.02.1945 in Lohnde liegen bleiben musste.

Gruß Willy