PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Von Pontailler-sur-Saone über Vitry-le-Francois und Straßburg nach Gernsheim am Rhein



Gernot Menke
21.08.2011, 23:48
Na, dann woll`n wir mal. Die Fahrt dauerte drei Wochen, was natürlich viel zu kurz ist. Aber wenn man drei bis vier Stunden am Tag mit Auf- und Abbauen beschäftigt ist, macht man das nicht nur für 10 Kilometer, sondern nutzt den Tag. Vor allem dann, wenn es nicht regnet, denn das Wetter war recht durchwachsen. Solange es nicht zu dicke von oben kommt, ist das aber gar nicht so übel, denn eine über den ganzen Tag knallende Sonne kann auch sehr zehrend sein, wenn man kein Dach hat.

Bei mir hat sich so folgendes Prozedere herauskristallisiert: 07.00 rum wach, manchmal auch schon halb sieben. Bei Regen nochmal rumgedreht, denn der Übergang vom Zelt ins Boot oder vom Boot ins Zelt ist einfach unangenehm bei Regen. Im Zelt ist der Regen ganz gemütlich, im Boot kommt es darauf an, wie lange er anhält. Die Planen waren absolut dicht, die Regenklamotten für den Sitzbereich (man kann ja nicht unter einer Plane sitzen und fahren) aber nur sehr bedingt. Gemütlich gefrühstückt, und wenn man dann nach dem Zeltabbau und Einräumen startklar war und auf die Uhr sah, war es 0900 Uhr.

Dann wurde gefahren und angehalten nur, wenn es einen besonderen Grund gab, etwa einen Schleusendefekt oder so etwas. Die Zeit geht im Kanal schnell rum. Steuern, auf die Karte gucken, Notizen und Fotos fürs Forum machen und mit der Fernbedienung die Schleusen anfordern. Dazu kommt oft das Entkrauten der Schraube. Klar, daß sich immer alles blockiert: wenn die Hände von der Schraube naß sind, muß natürlich etwas notiert oder fotografiert werden. Oder alles muß unter die Plane, weil ein Schauer kommt. Nicht zu vergessen das Schleusen selbst, das deswegen viel Energie kostet, weil ich in der Regel nicht einfach ein- und ausfahren kann, sondern so niedrig bin, daß ich wie folgt vorgehen muß: bei Grün auf der günstiger gelegenen Seite die Fotozelle ansteuern, Motor aus (bin sonst zu schnell) und mit dem Paddel die Fotozelle lange genug auslösen. Dann zur blauen Stange fahren und hoffen, daß sie nicht zu hoch für mich ist (klappt in den allermeisten Fällen). Dann mit dem Paddel zurück zur Leiter, denn ganz vorne geht es bei der Bergfahrt in manchen Schleusen rund. Wenn die Fotozellen mal sehr lahmarschig sind und nicht gefunzt haben, muß ich auch mal ganz zurück durchs Tor und die Fotozelle nochmal bearbeiten. Wenn die Leiter nur vorne ist, ziehe ich es vor, hinten in der Kammer zu liegen, ohne festzumachen. Das hat sich bewährt, das Paddel reicht zum Aussteuern, nur in ganz seltenen Ausnahmefällen mußte ich auch mal schnell den Motor anmachen. Im Rhein-Rhone-Kanal gibt es ein paar Schleusen, in denen man aufpassen muß, am Saone-Marne-Kanal ist das kein Problem. Dann abwarten, bis die Zellen am Ausfahrtstor nach dem Öffnen aktiv sind -man könnte ja eine langsame Penische sein - und auch hier wieder: sauberes Anfahren, damit man mit dem Paddel auch den Lichtstrahl erwischt und dann liegenbleiben oder langsam weiterfahren, bis es klingelt oder blinkt. Hin und wieder muß man nämlich zurück und die Fotozellen nochmal auslösen, bis die Tore schließen und die Schleuse wieder klar ist. Wenn man das alle paar Kilometer macht, geht der Tag schnell rum und um 1900 Uhr, wenn der Arsch weh tut und die Schleusen schließen, ist man vielleicht 30 km weiter. Da kommt alles auf, nur keine Langeweile. Momente, wo man einfach so vor sich hin fährt und mal gar nichts macht außer fahren, sind vergleichsweise selten. Tanken aus dem Kanister gibt es auch noch; mein Tank am Motor ist ja klein.

Wenn so gegen 1900 absehbar wird, welche Schleuse noch klappt und welche nicht, heißt es nach einem Platz Ausschau zu halten. Mal gibt es sie in Hülle und Fülle wie im Paradies, oft mit gemähtem Rasen, manchmal sogar mit Tisch und Bank. Wenn ich aber Pech habe, verläuft auf einer Seite ein Radweg (die sind schwer in Mode und werden gerade überall gebaut) und auf der anderen ein Bahndamm oder ich schaffe eine Schleuse nicht - wie in Vitry - dann ist man eingesperrt. In Vitry mußte ich eine relativ hohe Mauer erklimmen und übernachtete in einer Industrieruine.

:wink: Gernot

Gernot Menke
22.08.2011, 01:00
Der Platz war alle und der Rest des Textes weg. Hier also nochmal der Rest:

die Sportboothäfen benutze ich nur, wenn ich mal die Infrastruktur brauche - ziemlich selten. Wasser und Müll kann man alles tagsüber im Vorbeifahren erledigen, Strom auch woanders holen (bei VNF z.B. in den Stecker und dann einkaufen gehen). Ich lasse mir beim Krempeln nicht gerne in die Töpfe gucken und meine Leichtmatrosin Arnika kann in freier Wildbahn nach Herzenslust buddeln oder Kühe verbellen, die das wiederum ebenso interessant finden und sie im Halbrund anstarren.

Man hat in der freien Wildbahn auch Erlebnisse, die man in den Häfen nicht hat. Wie die Jugendlichen in einem Dorf, die - wie auf dem Land vielleicht üblich - zum Gucken kamen. Sie waren sehr nett, wie übrigens die Mehrzahl der Franzosen, die ich getroffen habe und sagten, wenn ich was bräuchte, sollte ich Bescheid sagen! War für mich eine kostenlose Französischstunde, obwohl ich müde war. - Oder wie den Güterzug in Curel, der hupend und mit einem aus dem Fenster grüßenden Lokführer vorbeibrauste. Eine nette Geste an einem öden Platz, der dann aber doch gar nicht so schlecht war: Arnika hatte ihre Kühe und Mauselöcher, und ich meine Ruhe. Nach zehn Stunden Fahrt freut man sich einfach aufs Festmachen, das Zelt, das Kochen und gemütliche Vervollständigen der Notizen in der Karte, man guckt schon mal auf den morgigen Abschnitt und ist nach einem Hundespaziergang dann reif fürs Zelt. Was will man denn mehr? Im Geiste die Strecke des Tages nochmal abgefahren und schon ist man im Reich der Träume. Dann ist es morgens um 07.00 und weiter! Bis man ablegt, ist es meist doch wieder 09.00, aber meine Tasse Kaffee morgens lasse ich mir nicht nehmen.

:wink: Gernot

han.lud
22.08.2011, 01:12
Hallo Gernot,

für das Einstellen der Bilder und des Textes,finde ich nur ein Wort:

Spitze. :captain1::captain::captain1:

Hoffe auf Fortzetzungen Deines Berichtes.

Gruß han.lud