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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Aisne - GMS (Péniche) - STC 1369 F



Elbianer
28.02.2012, 00:29
Hallo Zusammen,

diese Peniche ist schon mal kurz im Forum aufgetaucht, siehe hier (http://www.binnenschifferforum.de/showthread.php?26055-Zwischen-Zillisheim-und-Niffer-(Rhein)&highlight=aisne). Ich zitiere User Gernot Menke: "Dort, wo die Verbindung vom alten Rhône-Rhein-Kanal zum Rhein in Richtung Niffer abzweigt, ist ein Knick. Die Bilder 6-8 zeigen den Blick geradeaus auf den seit 1961 gesperrten alten Kanal, deren Anfang seitdem als Dock genutzt wird. Die Werft hatte früher den netten Namen Spinnhirni - ich weiß nicht, ob es noch derselbe Betrieb ist. Im Hintergrund die Penische Aisne, von der ich auch nicht mehr als den Namen weiß."

Am letzten Sonntag habe ich es mal geschafft mich vor Ort in Mulhouse umzusehen. Hier nun die Fotos vom 26.02.2012. Von Außen macht der Rumpf eigentlich noch einen guten Eindruck, sieht aus wie gerade frisch gestrichen.
Die auf Backbord liegende, wie ein zweiter Propeller-Tunnel aussehende Rundung, hat mich etwas verwundert. Hatte dieses Schiff zwei Propeller?:fragkratz: Und wenn ja, dann einer in der Mitte und einer auf Backbord:kopfkratz:

Gruß Thomas :wink:

Schiffsdaten

Name: Aisne
gemeldet in:
Nationalität: :f:
Register-Nr.: STC 1369 F

Länge: 38,68 m
Breite: 5,01 m

Maschinenleistung:
Maschinen-Hersteller:

Baujahr: 1906
erbaut in: :e:
Bauwerft: ?

Elbianer
28.02.2012, 00:32
..und nun Fototeil Nummer Zwei.

Gruß Thomas

Gernot Menke
28.02.2012, 15:08
Danke für die schönen Bilder, Thomas! Ich hatte mir damals nicht allzu viele Gedanken gemacht und gedacht: da hat wieder einer aufgehört und jetzt machen sie sich eine Wohnpenische davon.

Das Ding scheint aber ganz interessant zu sein. Denn wenn die Angaben bei Vagus-Vagrant stimmen, hat das Schiff die Abmessungen 38,65 x 5,01 m - recht schmal für eine Penische. Die meisten sind ja zwischen 5,05 und 5,10 m breit (die Breitesten kommen in Zeiten auseinanderfallender Kanäle und sich senkender Schleusenwände zum Teil an ihre Grenzen, weil die usprüngliche Breite von 5,20 m längst nicht mehr überall gegeben ist. Es haben sich schon Penischen verkantet und eine mußte sogar an Ort und Stelle verschrottet werden, weil sie nicht mehr loszubekommen war!). Es soll sich angeblich um eine Penische handeln, die 1906 in England für einen Eigner in Calais gebaut wurde, also nur bei schönem Wetter über den Kanal zu fahren brauchte.

Aber zu den Motoren: Es ist bei den Penischen weit verbreitet, daß sie zwei Motoren haben. Das Thema hatten wir auch schon ein paar mal im Forum, zum Beispiel hier (http://www.binnenschifferforum.de/showthread.php?3373-PENICHE&highlight=vers+avenir). Der Hauptvorteil mehrerer Maschinen ist, daß man den Propellerdurchmesser kleinhalten kann - bei Leerfahrt kriegt man die Schraube bekanntlich kaum ins Wasser (schön zu sehen auf Foto 1). Dagegen hat man die nassen Penischen erfunden, die ein Schott im Laderaum haben und den hinteren Teil des Raumes bei Leerfahrt fluten. Das wird häufig so gemacht - die dann sehr bescheidene Sicht nach vorne bessert eine Kamera auf.

Früher, als noch mehr Langeisen gefahren wurde als heute (gegenwärtig praktisch kein Thema mehr), machte man das nicht so gerne und versuchte den durchgehenden Laderaum zu erhalten. Es gab herausnehmbare Schotten, aber auch Lösungen, die an der Schraube selbst ansetzten, wie beispielsweise die Dreifachschraube des ADRIA - ein technischer Leckerbissen - siehe hier (http://www.binnenschifferforum.de/showthread.php?21388-ADRIA-GMS-04304340&highlight=adria)- oder in der Höhe verstellbare Schrauben, wie auf dem zweiten Foto bei der Penische SCAMPOLO zu sehen (das Ruder ist auf dem Bild herabgelassen, also nicht in der Höhe verstellbar).

Es gab die verrücktesten Lösungen - Schrauben, die am Ruderblatt saßen (diesen Typ nannte man "Godille"), höhenverstellbare Antriebe bei der Solvay-Flotte und Kuriositäten wie die hochklappbare Schraube am Berrichon auf Bild 4 (Foto von KVM aus dem binnenvaartforum, aufgenommen in den 1970er Jahren). Bei diesem hölzernen Berichon war es so, daß die Ruder für die Schleusen wegklappbar bleiben mußten. Zugleich galt es, hinter dem eckigen Heck aus einstigen Treidelzeiten das tote Neerwasser zu vermeiden. Damit die deswegen sehr lange Schraubenwelle trotzdem in die Schleuse paßte, mußte sie hochklappbar sein.

Am verbreitetsten aber war zu Beginn der Motorisierung das Modell Monte-Bas ("Hoch-runter") (oder auch Gotty genannt), wie es auf Bild 3 an der Penische THEODOR von Wirotius zu sehen ist. Man sieht, daß die Schraube mittels der oben an Deck stehenden Winde hochgeleiert und abgelassen werden kann, wie man es eben braucht. Auch beim AISNE scheint mir das eventuell mal der Fall gewesen zu sein, wenn ich mir die Platte auf dem Deck ansehe! Später hat man wohl einen zweiten Motor mit fester Schraube installiert. Interessant auch die drei Ruderblätter - zwei hinter der Haupt - und eine hinter der Backbordschraube.

Wenn ich es richtig sehe, war es so, daß man ursprünglich schwache Motoren in der Mitte hatte. Als die Leistungen auch bei den Penischen immer stärker wurden, nahm man einfach eine Zweitmaschine und schlug so mehrere Fliegen mit einer Klappe:
1. mehr Leistung, 2. kleine Schrauben, 3. Spritsparen im Kanal mit nur einem Motor, 4. Ersatzmaschine bei Motorausfall.

Ich werde mal versuchen, mich bei den Insidern noch etwas schlauer zu machen.

:wink: Gernot

grotefendt
28.02.2012, 18:26
Hallo User

Der Kettenkasten , am Wellende oben, des Antriebes von Stb.nach B.B. läßt darauf schließen,daß mit einem Kettenantrieb die zweite Schiffsschraube angetrieben wurde.

Wahrscheinlich war da eine einfache Schleifkupplung im Gehäusekasten, über welchen per Seilzug der zweite

Antrieb zugeschaltet wurde.

Der schwere T-Griff im Ruderhaus , mittig neben dem rechts liegenden Voraus- Zurückhebel und dem linksliegenden

Zahn-Feststell Gashebel wird der Bedienhebel für die Zuschaltung des zweiten Antriebes sein.

Bekommt der Stb. Propeller infolge einer zu flachen Gracht einen Schaden ,kann das Boot immer noch mit dem wahrscheinlich nicht so tief eintauchenden Bb. Antrieb weiterfahren.

Grüße Grotefendt

Gernot Menke
28.02.2012, 20:30
Hallo Grotefendt,

ich weiß nicht genau, was Du meinst - aber der Kettenkasten am oberen Wellenende - das ist für mich der Antrieb des Ruders!

:wink: Gernot

grotefendt
28.02.2012, 20:39
Hallo Gernot

Hast recht,das geht ja eindeutig zu den Rudern.

Dachte nur bei der unglaublichen Vielfalt der Antriebe und Bauart der Penichen wäre das eine der Möglichkeiten.

Hätte mich aber mit den ausführlichen Beschreibungen der User über die Penichen mehr befassen müssen.

Grüße Klaus

Elbianer
28.02.2012, 21:58
Hallo Gernot,

vielen Dank für deine Erklärungen. Ich habe mich kaum mit Penichen beschäftigt, fotografiere aber diese interessanten alten Schiffe viel lieber als die weitgehend gleich aussehenden Neubauten.
Das schöne an diesem Forum ist ja, dass es sich meistens irgendwie ergänzt. Einer hat die Fotos, der Andere die Daten und ein Weiterer kennt dann noch die Einzelheiten.

Gruß Thomas :wink: