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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : NANCY



Gernot Menke
14.11.2008, 18:27
Der Hafen von Nancy ist eine rechteckige Erweiterung des durch Nancy hindurchgehenden Rhein-Marne-Kanals - dort liegt als kleine Sehenswürdigkeit eine "Viertelspits", nämlich eine Baquet de Charleroi, relativ unauffällig und als Anleger oder Ähnliches zweckentfremdet. Die schönen Penischen, die im Hafen liegen - sind alles inzwischen Wohnschiffe. Die Penischen, die noch arbeiten, liegen weiter bergwärts an anderer Stelle.

Bild 1, das den Kopf des ALTAI zeigt, ist in der Höhe des Hafenbeckens in Nancy am 27. März 1985 aufgenommen. Geradeaus geht es in Richtung Mosel/Frouard, Straßburg liegt im Rücken. Das Hafenbecken ist links querab auf der anderen Seite des Kanals.
Zu sehen gibt es eine ganze Menge: es ist Frühjahr und am Bug des Altai sind noch die Spuren der Fahrt gegen das Eis im Kanal zu sehen. Die drei Penischen sind nicht an Pollern, sondern an kleinen Ringen am Kanalufer festgemacht. Am interessantesten ist aber die heute nicht mehr existierende Hochbrücke, die - zumindest deren den Kanal überspannender Teil - noch aus der Bauzeit des Kanals stammt! Das kann man am Geländer der Brücke erkennen: die diagonal verstrebten Eisengeländer (dort, wo gerade der Fußgänger über die Brücke geht) waren um die Mitte des 19. Jahrhunderts groß in Mode (auch der alten Kölner Rheinbrücke, der "Muusfall", sah man diese Mode an. Ich stelle mal ein Bild davon unter Historische Bilder/Rhein/Muusfall ins Forum). Damals war nicht nur die Straße, sondern auch der Kanal sehr belebt, so daß man sich zu einer Brücke entschloß. (Was da rechts unten das Bild versaut, sind übrigens die letzten Ausläufer meines Motorrads)

Bild 2: Die alte Brücke war offenbar sanierungsbedürftig oder man wollte sie wegen der langen Zufahrtsrampe aus dem Stadtbild haben. Da auf dem Kanal nicht mehr viel los war, hat man sie durch eine Hubbrücke ersetzt. Der Straßenverkehr kann jetzt bequem auf ebenem Boden über den Kanal - wenn wirklich mal einer kommt, wird die Brücke eben geöffnet. Die Penischen, wo 1985 der ALTAI mit zwei Kollegen lag, sind am 27.9.1999 verschwunden, ebenso die Festmachringe. Dafür hat man sich die Mühe gemacht hat, Poller aufzustellen - für den Tourismus sind die Poller angesichts ihrer Größe ja offenbar nicht in erster Linie gedacht!
Links des rechten Pfeilers der Brücke ist ein Backsteinbau zu erkennen, der auch auf den weiteren Bildern zu sehen ist. Das dritte und das vierte Foto sind vom hochliegenden Fußgängersteg aus aufgenommen.

Bild 3: Blick vom Fußgängersteg auf den Kanal in Richtung Mosel/Frouard am 27.9.1999. Links vor den Schiffen das in Bild 2 genannte Backsteingebäude, dessen Ladeeinrichtungen, die auf dem nächsten, älteren Bild noch zu sehen sind, hier bereits fehlen. Die Schiffe im Hintergrund sind teils Wohnschiffe, teils aufgelegt. Die Mauer und das Haus vor dem backsteinernen Lagergebäude sind abgerissen und einer Freifläche gewichen. Davor - kurz hinter dem Schild am Kanal auf der linken Seite, steht ein steinerner Schuppen mit einem Schrägdach. Das ist die Stelle, an der auf den letzten zwei Fotos (die mit dem Teleobjektiv aufgenommen worden sind) der Bug des COQ liegt.

Bild 4: Penischen in langer Reihe im März 1985. Die blaue Brücke im Hintergrund ist, wenn man genau hinsieht, auch auf dem dritten Bild zu erkennen. Das Teleobjektiv verfälscht hier etwas die Perspektive, die in Wirklichkeit dem dritten Bild entspricht.

Bild 5: Hier sieht man die interessante Trägerkonstruktion am backsteinernen Lagerhaus, an der wahrscheinlich Laufkatzen hingen. Offenbar hatte das Gebäude auch an der Straßenseite solche Träger, die sich durch eine Zugstrebe über dem Dach gegenseitig hielten!
Zum COQ: eine sehr interessante Penische mit der Wohnung in der Mitte. Es kann sein, daß dies immer schon die Wohnung war, ebensogut ist es möglich, daß es sich um den einstigen Pferdestall für die Treidelpferde oder -esel handelte. Auch bin ich mir bei der Motorisierung nicht sicher. Es ist nicht auszuschließen, daß es sich um eine sehr frühe Motorpenische handelt, aber ich halte es für wahrscheinlicher, daß der COQ als Schleppschiff gebaut wurde. Leider war keiner an Bord, den ich hätte fragen können.

Ernst
14.11.2008, 21:29
Gernot, am 20.07.1989 sah es in Nancy schon so aus. Der Yachthafen war noch nicht ganz fertig. [attachment=2:nej4ffvr]Nancy_01.jpg[/attachment:nej4ffvr][attachment=1:nej4ffvr]Nancy_02.jpg[/attachment:nej4ffvr]

Gruß Ernst

Gernot Menke
14.11.2008, 21:44
@Danke Ernst!

Zur allgemeinen Orientierung: das hohe Haus, das auf meinem ersten Foto neben dem ALTAI zu sehen ist, liegt auf dem ersten Bild von Ernst rechts außerhalb des Bildrandes.
Ob die auf Ernsts Bildern zu sehenden Penischen auch damals schon Wohnschiffe waren (genauer gesagt: nicht mehr aktive, aber nach wie vor von den Schiffern bewohnte Schiffe) weiß ich nicht; ich nehme es aber an.

Übrigens: zur Schifferbörse in Nancy geht es, wenn man auf dem untersten Bild von Ernst nach links den Kanal überquert und sich dann noch ein oder zwei Querstraßen weit am Kanal entlang entfernt (Richtung Straßburg also).

1999 habe ich an der Börse mal zugeguckt - ich kann mich nicht mehr erinnern, ob das alte "Tour de role"-System (der Ankunftsreihenfolge nach konnte man eine Reise annehmen oder ablehnen - im letzteren Fall wurde dann der nächste auf der Liste gefragt usw.) noch bestand oder schon abgeschafft war. Die Sache war jedenfalls sehr unspektakulär und so schnell erledigt, daß ich kaum etwas mitbekommen habe (es waren auch nur wenige Schiffer da). Und wenn irgendwelche Grundstoffe zu irgendwelchen kleinen Orten gefahren werden sollen, ist das Schulfranzösisch auch schnell am Ende :lool:. Ich habe dann den Schiffer, von dem ich wußte, daß er eine Fracht angenommen hatte, gefragt, wo er jetzt hinfährt. Es war eine Fabrik in Nordfrankreich nahe der belgischen Grenze und seine Fracht war irgendwas zur Glasherstellung. Danach hielt ich noch ein Schwätzchen mit einem der ehemaligen Schiffer im Hafen - als ich von meinem "Börsengang" erzählte, wollte er sofort wissen, wer was wohin fuhr. Ich konnte ihm aber nur den ungefähren Namen der Fabrik in Nordfrankreich sagen - er wußte aber natürlich gleich Bescheid.

:wink: Gernot

Ernst
14.11.2008, 21:47
Hallo Gernot, die Penichen im Bild waren noch in Fahrt. Die Wohnschiffe lagen ein Becken weiter in Richtung Arzviller.

Gruß Ernst

Gernot Menke
14.11.2008, 22:27
@Ernst,

das kann sein, aber den Wohnschiffen sieht man nicht an, daß sie nicht mehr fahren. Die Schiffer gehen einfach nicht mehr zur Börse - das ist alles. - Der auf Deinem unteren Bild sieht immerhin so aus, als ob er vor nicht allzu langer Zeit was im Bauch gehabt hätte ...

:wink: Gernot

Gernot Menke
14.11.2008, 23:32
Da habe ich doch tatsächlich Notizen meines Nancy-Besuchs und "Börsengangs" vor fast zehn Jahren gefunden ...

ob "Tour de role" noch galt, habe ich leider nicht notiert, dafür aber, daß die heutige Wasserstraßenverwaltung VNF (Voies Navigables de France) die vorherige ONN (Organisation Nationale de la Navigation) im Jahr 1992 ersetzte. Aber zur Börse: es wurde an dem Tag tatsächlich nur eine einzige Fracht angeboten - es handelte sich um "la soude" - Natron, das man offenbar zur Glasherstellung braucht. 110 Franc bekam "mein" Schiffer - sein Schiff hieß HENDAYE - für die Tonne "soude" für die Fahrt von Dombasle nach Auchy-les-Mines bei Bethune. Das ist von Nancy ebenso weit weg wie Nürnberg und dauert elf Tage für die einfache Fahrt. Das Gute für den Schiffer vom HENDAYE: die Offerte umfaßte zehn Fahrten, so daß "Monsieur HENDAYE" mindestens für 11 x 2 x 10 = 220 Tage ausgelastet war.

Das Interessante dabei: danach sah ich den HENDAYE liegen - aber nicht in Nancy, sondern 14 km weiter östlich in Dombasle! Er war mit dem Auto zur Börse gekommen, weil die aktiven Penischen in Dombasle nahe der chemischen Fabrik ihren Liegeplatz (und so etwas wie ein behelfsmäßiges Dock - schade, daß ich das nicht fotografiert habe) hatten. Demgegenüber waren die Penischen im Becken von Nancy nach Aussage des dortigen Schiffers alle inaktiv! So war es jedenfalls 1999.

Der Kanalaquädukt über die Meurthe zwischen Nancy und Dombasle ließ damals übrigens jede Menge Wasser durch - das nur am Rande!

:wink: Gernot

Gernot Menke
20.11.2008, 10:25
weil die aktiven Penischen in Dombasle nahe der chemischen Fabrik ihren Liegeplatz (und so etwas wie ein behelfsmäßiges Dock - schade, daß ich das nicht fotografiert habe) haben



Warum hätte ich das auch fotografieren sollen - ist doch alles da: http://bordabord.org/news/le-port-de-dombasle

Bei den dort zu sehenden Fotos gibt es (runterscrollen) einen FOMINA, darüber drei Bilder einer Penische MARCEL und darüber sind die Bilder des Docks zu sehen.

Eine wirklich einladende Stelle ist es ja gerade nicht. Eine Schutzwand hin zur unmittelbar vorbeiführenden, stark befahrenen Straße, keinerlei Haltemöglichkeit mit dem Auto an dieser Stelle, gegenüber die Anlagen der chemischen Fabrik ... aber die Fabrik war immer ein wichtiger Mittelpunkt für die Schiffahrt. Ein paar hundert Meter weiter zu berg gibt es übrigens ein großes Liegebecken (unterstes Foto auf dem angegebenen Link), wo früher bestimmt um die 50 Penischen warten konnten - bei meinem letzten Besuch 1999 lag da nur noch eine. Aber das gehört nicht mehr hier unter NANCY!

:wink: Gernot