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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Begegnungen beladen in Frankreich ...



Gernot Menke
16.06.2012, 13:22
Begegnungen beladen auf den französischen Kanälen im 21. Jahrhundert - ach du dickes Ei. Die Kanäle sind nicht genügend in Schuß, die garantierte Tiefe ist oft nur in der Mitte in einer schmalen Fahrrinne erhalten. Deswegen haben die Penischen oft Probleme, abends anzulegen und bleiben oft zur Übernachtung in den Schleusen liegen. Mancherorts hat man auch Pfähle weit in den Kanal hinein gerammt, um Anlegemöglichkeiten zu schaffen.

Aber natürlich ist die Tiefe auch in der Fahrrinne nicht mehr so unproblematisch wie einst. So werden die Kanäle oft einfach höher aufgestaut bis zur Oberkante der Schleusenmauer, wo man heute beim Anlegen nasse Füße bekommt! Auf dem letzten Bild sieht man deutlich, wie sehr der Kanal aufgestaut wird, um die Tiefe aufrecht zu erhalten. Es läuft fast über, als sich der ROGI vorbeiwühlt und sogar die Kühe wundern sich. Wie aber klappt das Begegnen unter diesen Umständen?

Leer kein Problem, wenn nur einer beladen ist, geht es auch. Aber wenn beide Penischen beladen sind, wird es heute fast immer schwierig. Im Extremfall stecken beide Schiffe mit der Außenseite im Dreck fest - es gibt Fotos, wo beide Penischen sogar Schlagseite haben und sich nach innen zur Kanalmitte neigen, wo sie aufeinanderkleben und mit LKW, dem Autokran oder irgendwelchen Winden aneinander vorbei gezogen werden müssen.

Die Bilder hat Wilfried Korff von einer Fahrt mit dem WALHALL auf dem Marne-Saône-Kanal (Canal d`Heuilley) in Richtung Süden mitgebracht. Bild 1, die Begegnung mit dem APIS, sieht ganz gut aus, aber bei der Begegnung mit dem DOMA sieht man, wie eng es über und unter Wasser zugeht. VNF ist immer mit dem Auto dabei. Bei manchen Begegnungen wird zuvor der Kopf am Baum festgebunden (ohne VNF gar nicht so einfach, überhaupt dahin zu kommen! Manche haben spezielle Haken dafür ersonnen), damit der Entgegenkommer seine Pferdestärken fliegen lassen kann, ohne daß der Kopf herüberkommt.

Der ROGI ist übrigens eine der letzten (wenn nicht gar die letzte) frachtfahrenden Gros Numéro, also Reparationspenischen, die Deutschland nach dem Versailler Vertrag in großen Stückzahlen an Frankreich abliefern mußte. 630 Stück waren es, die auf Werften in ganz Deutschland gebaut wurden. Ich meine, der ROGI stammt aus Rendsburg. Er ist aber inzwischen stark umgebaut und mit 400 PS üppig motorisiert.

(Mein Winkemännchen macht irgendwie Pause) Gernot

Jürgen
16.06.2012, 18:23
Hai,
heftig, heftig!

Da haben die hochgelobten 135er ja immer mehr Platz wenn es mal eng wird im Gegensatz zu den Spitsen.

Jürgen
Geisling zu Berg, 24 Meter breite Schleuse

Gernot Menke
16.04.2017, 15:42
Der ROGI, der in Beitrag # 1 vorkommt (Bild 3 begegnend), erlebt wieder die Abenteuer der heutigen Kanalwelt. Nach einer längeren, technisch bedingten Pause ist er mit nagelneuem Motor (Scania 450 PS) jetzt wieder unterwegs und macht eine Reise mit Magnesium von Gent nach Sête.

Jedenfalls versucht er es. Am Beginn der Reise klemmte aber schon mal eine Schleuse: ein Fahrrad war unter Wasser, wo es nicht hingehört, wohl zwischen den Toren. Und schon gings weiter: aber nur bis Reims. Dort hatte irgendjemand einen sicherlich vorher geleerten Geldschrank im Kanal entsorgt - zu wenig Flottwasser für den abgeladenen ROGI.

Der nachfolgende Umweg ab Vitry-le-Francois war dann geplant, da der Canal d`Heuilley (Marne-Saône-Kanal) momentan zur Überholung gesperrt ist - "chômage" nennt man das (das bedeutet auch "Arbeitslosigkeit"). Also ab durch das berühmt-berüchtigte Tal der 70 Schleusen im Rhein-Marne-Kanal hoch und nach dem Mauvages-Tunnel wieder runter bis nach Toul und in der Mosel rechts abgebogen Richtung Canal de Vosges.

Man war noch nicht am etwas tiefer ausgebaggerten Stück um Thâon angelangt (ausgebaggert für die modernen Penischen ohne Wohnung und mit dem Steuerhaus vorne, die hier im Kurzstrecken-Pendelverkehr in der Sandfahrt unterwegs sind), als sich in der Schleuse 33 Socourt - kurz vor Charmes - plötzlich das Vorschiff hob. Motor aus, die Taucher müssen kommen und ins 13 Grad kalte Wasser. Diesmal liegt ein Peugeot 406 unter dem Kopf des ROGI, ohne Insassen, aber mit Nummernschild, er wurde gestohlen. - Das wär`s ja, wenn die den Geldschrank in Reims ... - Der Bewohner des Schleusenhauses in Socourt kann sich die Sache nicht erklären, die letzten Nächte war es jedenfalls ruhig gewesen oder aber er hatte einen guten Schlaf. Vor dem ROGI war ein Sportboot über den Peugeot gefahren, ohne etwas zu bemerken.

Mal gespannt, ob der ROGI jetzt heil bis Corre und dort in der Petite Saône ankommt - dann hat er gewonnen. Im Kanal weiß man nie, ob es nicht irgendeine alte Wand zusammendrückt und dann hieße es: alles wieder retour. Das würde momentan bedeuten, daß man über Straßburg und den Rhein-Rhône-Kanal müßte, aber man soll ja positiv und nicht immer gleich das Schlimmste denken.

:wink: Gernot

nikomid
19.04.2017, 13:15
ich drücke die Daumen, wenn er die Tour ein paar mal gemacht hat werden die Überaschungen hoffentlich seltener... Es ist ein Jammer wie die Franzosen ihre Kanäle verfallen lassen!

Muss ne spannende Tour sein, vom verregneten Gent über unzählige Schleusen durchs ländliche Frankreich bis ans Mittelmeer. Ich hab mal gesehe wie die Schiffe das letzte Stück nach Sete mitten durch einen Etang (müffelnder Salzwassertümpel mit Flamingos...) fahren, heute würden die Ökos sicher ausrasten wenn man da einen Schifffahrtsweg anlegen würde!