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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Loire-Seitenkanal (Canal latéral à la Loire)



Gernot Menke
15.10.2012, 22:47
Der Loire-Kanal begleitet die Loire von Digoin bis Briare (siehe die Übersicht hier (http://www.binnenschifferforum.de/showthread.php?44597-Die-Loire-Route)) und ist rund 200 km lang.

Der Kanal ist relativ breit und oft gerade und führt durch eine parkähnliche Landschaft. Je nach Gemütslage kann man das als wundervoll oder eintönig bezeichnen - viel Abwechselung gibt es auf dem größten Teil der Strecke jedenfalls nicht und auch von der mal näheren und mal ferneren Loire bekommt man vom Kanal aus kaum etwas zu Gesicht.

Der Kanal beinhaltet drei große Kanalbrücken (Digoin, Le Guétin und Briare - und daneben noch einige kleinere) und auch die berühmte Rundschleuse in Apremont läßt sich ihm zuordnen (sie liegt in einer der sechs Querverbindungen vom Kanal zur Loire in Decize, Nevers, Aprémont, Fourchambault, Saint-Satur und in Briare). Ferner gibt es drei Kanalabzweigungen: der Kanal von Roanne nach Digoin mündet bei KM 6, der Kanal du Nivernais ist in Decize über einen kleinen Verbindungskanal und die Loire bei KM 68 zu erreichen (der Beitrag über Decize kommt noch) und bei KM 125 mündete in Marseilles-les-Aubigny früher der Canal du Berry.

Digoin mit der ersten Kanalbrücke über die Loire und der Abweigung des Kanal von Roanne nach Digoin wurde bereits unter CANAL DU CENTRE behandelt (dort die Beiträge 6 und 7) - die beiden Kanäle gehen ja in Digoin ineinander über. Hier nur noch einmal die Karte von Digoin und zwei Bilder des Aquädukts. In der Karte liegt bei Punkt C die Trennungslinie zwischen dem Loire-Seitenkanal in Richtung Westen und dem Canal du Centre in Richtung Osten. Bei F mündet der Kanal von Roanne nach Digoin in den Loire-Seitenkanal.

:wink: Gernot

Gernot Menke
15.10.2012, 23:33
In nautischer Hinsicht kommt die erste Abwechselung des Kanals hinter Digoin in Dompierre-sur-Besbre bei KM 29. Im Anschluß an einen nicht so ganz kleinen Aquädukt über die Besbre (angesichts der herausragenden anderen drei großen des Kanals wird er vielleicht etwas übersehen - oder liegt es daran, daß er so zugewachsen ist?) folgt im UW der Schleuse 6, deren alte gußeiserne Poller ins Auge fallen, ein kleiner Wartehafen - hier mündet der zwei bis drei Kilometer lange Stichkanal nach Dompierre-sur-Besbre (Bild 3 der Blick vom Hauptkanal in den Stichkanal hinein).

Heute fragt man sich, wozu dieser Stichkanal gut sein soll. Weiter hinten wird es ziemlich eng, doch der Hafen am Ende (Bild 4 der Blick zu berg) ist wieder relativ geräumig. Die vielen übriggebliebenen Verladeeinrichtungen zeugen von einer einst blühenden Aktivität und wenn man sich alte Fotos anguckt, platzte der Hafen vor Schiffen förmlich aus den Nähten. Der Grund, hier einen Hafen anzulegen, war wohl die Speisung des Seitenkanals über einen Zufluß, den man auf Bild 4 im Hintergrund sehen kann. Bild 5 ist geradezu ein Sinnbild des Wandels von der Kohle- und Stahlära zur Freizeitgesellschaft im Kanal. Unter den alten Umschlageinrichtungen hat jetzt eine Charterfirma ihr Domizil.

Peugeot-Pendeldienst:

Interessant sind die Fotos 6 und 7 der zu PSA (Peugeot Societé Anonyme) gehörenden Gießerei, die nicht an dem engen Stichkanal liegt, sondern am Hauptkanal nicht weit von der Abzweigung des Stichkanals entfernt. Diese Gießerei war das westliche Ende des Pendeldienstes für Peugeot von 2010 bis 2011. In Mülhausen-Sausheim, am breit ausgebauten Kanalstück des Rhein-Rhone-Kanals zwischen Mulhausen und dem Rhein in einer Ausbuchtung auf der Nordseite, war die andere Ladestelle am Peugeot-Werk. Von dort aus ging es über den kompletten Rhein-Rhône-Kanal und die Saône über den Canal du Centre und 29 Kilometer auf dem Loire-Seitenkanal bis zur Eisengießerei in Dompierre-sur-Besbre. Insgesamt 408 Kilometer mit 188 Schleusen.

Interessant ist, daß die Penischen nicht am Kai an der Gießerei festmachten, sondern etwas weiter am gegenüberliegenden Ufer vor der Abtei Sept-Fons, wo es eine befestigte Stelle gibt (Bild 8). Dort wurde von einem Kran die Schrottladung in LKW umgeladen. So jedenfalls ist es auf Fotos mit dem WALHALL im Internet zu sehen. Keine Ahnung, ob das ein Einzelfall oder ob hier die Ladestelle für die Gießerei im Penischen-Pendelverkehr war.

Der Peugeot-Pendeldienst ging auf eine Initiative der Umweltabteilung des Peugeot-Werks in Mulhausen zurück und rannte bei der Politik offene Türen ein. In der Öffentlichkeit wurde die Sache groß herausgebracht. Zuvor erhielt die Gießerei die Schrottlieferungen per Bahn, die Rücklieferung von Bremsscheiben nach Mülhausen erfolgte per LKW. 100.000 Tonnen sollten zwischen den beiden Standorten hin- und hergefahren werden, 80 % davon mit Penischen, für den Rest wollte man sich die Option Bahn und LKW offenhalten.

Mal rechnen: wenn eine einfache Penischenfahrt zehn Tage dauerte, konnten also vielleicht 35 im Jahr gemacht werden, das war bei 200 Tonnen Ladung also ein Transportvolumen von 7.000 Tonnen. Mit zehn Penischen wäre man dann auf 70.000 Tonnen oder 70 % des Transportaufkommens zwischen den beiden Werken gekommen. Meines Wissens waren neben dem WALHALL der SELECT, der LIBERTE, der YANNICK und die JOSIANA an dem Pendeldienst beteiligt, weitere fallen mir momentan nicht ein.

Es ist erstaunlich, wieviel und welche detaillierten Berechnungen man im Internet dazu findet, wenn man etwa die Suchbegriffe Dompierre PSA und Peniche eingibt. Es wurden Tests gefahren, wieviele Tonnen oder Fertigpaletten wo und wie geladen werden können und es sind Karten zu sehen, auf denen die Lade- und Löschvorgänge an den beiden Fabriken optimal geplant wurden. Neben der Verbesserung der Energiebilanz bei den Transporten und einer Verringerung der Transportkosten versprach man sich auch eine Einsparung von Lagerkosten, da die in Dompierre gegossenen Bremsscheiben zehn Tage lagern müssen, bevor sie verarbeitet werden können. Die Ablagerung konnte während der Reise im Bauch der Penischen erfolgen! Und während die LKW leer von Mülhausen nach Dompierre fuhren, konnten die Penischen in dieser Richtung Schrott für die Gießerei mitnehmen.

Wenn sich das Ganze bewähren würde, wollte man von Dompierre-sur-Besbre aus auch Pendeldienste auf dem Wasser nach Metz und Caen einrichten. Doch aus all dem wurde bekanntlich nichts, weil dem Canal du Centre im Winter die Wasserreserven ausgehen (wobei man nach Caen ja in die andere Richtung fährt und gar nicht über den Canal du Centre muß)!

Wie die Sache genau gelaufen ist, weiß ich nicht. Jedenfalls scheint sich der Pendelverkehr bewährt zu haben, wenn nicht eben die Wasserknappheit des Canal du Centre dem einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte.

:wink: Gernot

Gernot Menke
19.10.2012, 22:25
Bei Kilometer 68 kommt der nächste interessante Punkt des Kanals: Decize. Hier führt ein Verbindungskanal vom Loire-Seitenkanal mit zwei Schleusen hinunter in die Loire, auf der man talwärts nach knapp zwei Kilometern den Eingang des Canal du Nivernais erreicht. Auf diesem für Schleppschiffe bei höheren Wasserständen problematischen Verbindungsstück über die Loire gab es einst einen Schleppdienst zwischen dem UW der Schleuse 16ter (was 16b bedeutet) und Punkt B auf der Karte, und zwar mittels eines Kettenschleppers, in Frankreich "toueur" genannt. Aber der Reihe nach:

Die Bilder 2 und 3 zeigen das OW der Schleuse 16bis (wir würden 16a sagen) bei Punkt A. Die Schleuse 16 befindet sich sechs Kilometer weiter talwärts bei KM 74. Da sich aber die Abzweigung in deren Stau befindet, richtet sich die Benennung der Schleusen des Verbindungskanals nach dieser Schleuse und nicht nach der viel näheren Schleuse Nr. 15, die nur einen Kilometer bergwärts liegt. Auf dem ersten Foto sieht man vom Loire-Seitenkanal aus rechts die Abzweigung zur oberen Schleuse des Verbindungskanals und im Hintergrund den auffälligen Haltearm für das Seil zur Anforderung der Schleuse vom Wasser aus (auf dem Loire-Seitenkanal hat man ja keine Fernbedienung wegen der manuell bedienten Schleusen).

Auf den Bildern 4-7 ist die untere Schleuse des Verbindungskanals (16ter) an der Loire zu sehen. Auf Bild 4 erkennt man im Hintergrund die obere Schleuse 16bis am Loire-Seitenkanal, dazwischen der Hafen. Auf Bild 7 ist der alte Dampf-Touer "LE PETIT TONIN" zu sehen, dem 1911 nach einer Panne die Puste ausging. Seit 1870 war er im Einsatz. Der Preis der Kette betrug damals übrigens über zehn Prozent der Baukosten des Toueurs. Nach 1911 mußte also wieder mit Tieren zwischen dem Canal du Nivernais und dem Loire-Seitenkanal getreidelt werden, teilweise auch mit Traktoren und LKW, bevor dann 1933 der Diesel-Toueur AMPERE V angeschafft wurde, der heute im Museum am Eingang des Canal du Nivernais zu bewundern ist.

Auf Bild 8 das Untertor der Schleuse zur Loire aus der Ferne (mit der oberen Schleuse im Hintergrund). Auf der Loire sind Tonnen ausgelegt. Bild 9 gibt einen Eindruck der Loire in der Höhe der Altstadt von Decize.

Die letzten drei Fotos sind am Museum am Eingang des Canal du Nivernais aufgenommen. Die schleusenartige Anlage dort im Wasser ist mir nicht ganz klar - offenbar handelt es sich um den Liegehafen des Toueurs (möglicherweise aber auch um Reste des alten Wehres mit dem Durchlaß für die Schiffahrt auf der Loire!). Im Hintergrund ganz links der Canal du Nivernais, dahinter die Mündung der Alten Loire und von rechts kommt die Loire zu tal - das ist die Strecke, die der Kettenschlepper zum Verbindungskanal fuhr. Die Häuser am rechten Loireufer gehören zur Altstadt von Decize.

Das letzte Foto zeigt den heute schick aufgebockten Kettenschlepper AMPERE V, der 1974 seine letzte Fahrt machte. Das Wehr im Hintergrund ist im Zusammenhang mit dem Bau der Kanäle zu sehen. Es sollte den Stau auf der Verbindung zwischen dem Loire-Seitenkanal und dem Canal du Nivernais sicherstellen. Das 1836 gebaute Wehr war ursprünglich ein Nadelwehr mit einem Durchlaß für die Fahrt auf der Loire. Es wurde mehrmals umgebaut, letztmals 1933, also zeitgleich mit der Anschaffung des neuen Diesel-Toueurs. Damals kam der vorher nicht vorhandene Fußgängersteg hinzu und die ursprünglichen Nadeln wichen Metallwehren.

:wink: Gernot

Gernot Menke
19.10.2012, 23:15
Hier noch ein paar Fotos vom Canal du Nivernais in Decize (weil die Verbindung vom Loire-Seitenkanal ja dorthin führt). Neben dem aufgebockten Kettenschlepper das Museum (früher sicherlich ein Kanalgebäude), an dem der Stein steht, der den Beginn des Canal du Nivernais markiert (auf Bild 2 durch das rote Schild verdeckt).

Der Dieselkettenschlepper AMPERE V war arg schwach auf der Brust mit seinen beiden Motoren von nur 20 und 10 PS, die mit Generatoren verbunden waren (offenbar war der Antrieb des Kettenrades elektrisch). 40 Minuten brauchte er für die Bergfahrt auf der Loire (entspricht 3 km/h), talwärts genügte die Hälfte. Täglich gab es nur eine Hin- und Rückfahrt. Während der Dampf-Toueur noch 3000 Penischen im Jahr (also täglich fast neun) geschleppt hatte, waren es beim AMPERE V nur noch 1000 (oder knapp drei pro Tag).

1973 forderte gerade einmal eine einzige Penische den Kettenschlepper an - alle anderen waren natürlich zu diesem Zeitpunkt Selbstfahrer. 1974 waren die beiden Schiffe Deauville und Félicien die beiden letzten Kunden. Danach gammelte der Toueur am Ufer halb gesunken rund zwei Jahrzehnte herum, bevor er 1997 aus dem Wasser geholt, am Rumpf repariert und neu gestrichen wurde. Später kam das kleine Museum hinzu.

Bild 8: der Port de la Charbonnière, der erste größere Hafen für die (Tal-)Schiffahrt auf der Loire schon vor dem Zeitalter der Kanäle. Saint-Léger des Vignes - so der Name des heutigen Vororts von Decize - ist eine alte Schifferstadt. Bis zu 2000 Schiffe jährlich gingen von hier aus mit Kohle aus den nahen Zechen die Loire zu tal (am Zielort wurden die Schiffe zerlegt). Als um 1840 die beiden Kanäle gebaut wurden, nahm die Bedeutung des Hafens noch zu. Nach 1860 verlor der Hafen aber immer mehr an Bedeutung, weil eine Bahnstrecke eröffnet und die Kohle nun im Hafen La Copine etwas weiter bergwärts verladen wurde, der Anschluß an die Bahn hatte. - In dem Lagerschuppen links ist heute eine Pizzeria, weswegen dort das Charterboot festgemacht hat.

Bild 9: die Schleuse Nr. 35, die Eingangsschleuse des Canal du Nivernais von der Loire aus. Im OW lag der Hafen Saint-Thibault. Dieser Hafen wurde mit der Zunahme des Verkehrs seit der Eröffnung der beiden Kanäle immer wichtiger. Vor allem Ziegel, Mörtel und Fliesen wurden hier verladen (es gab auch Kalkgruben in der Nähe) und ebenso Holz und Bahnschwellen, daneben auch Getreide.

Der Bedeutung des Ortes entsprechend gab es hier natürlich auch eine Bau- und Reparaturwerft, von der im OW der Nr. 35 nur das Trockendock übriggeblieben ist. Hier hat auch die hölzerne Penische ASTER ihren Liegeplatz, die erst 1951 als Passagierschiff gebaut wurde - hier (http://www.musee-saintjeandelosne.com/peniche aster.html) gibt es Infos zum Schiff.

:wink: Gernot

wilfried korff
19.11.2012, 17:50
Hallo Gernot , warte mit Spannung auf Deinen Folgebericht !!! Gruss Wilfried

Gernot Menke
22.11.2012, 23:33
Na, dann woll`n wir mal.

Die beiden noch folgenden Höhepunkte des Kanals sind - so um den KM 110 herum - die große Kanalbrücke in Le Guétin (mit der nahegelegenen Rundschleuse in Apremont) und dann natürlich Briare am Kanalende bei KM 198. Beides lohnt sich und es wird jeweils dickere Beiträge geben als sonst.

Auf dem Weg dorthin gibt es nur ein paar Kleinigkeiten, die ich alle in diesen Beitrag hineinpacke. Als da wären:

Foto 1: die schöngelegene Nr. 16 Acolin bei KM 74. Wer genau hinsieht, entdeckt rechts den blaugekleideten VNF-Schleuser, der natürlich telefoniert. Sie telefonieren immer! Welches Boot wann und wo, ob noch einer kommt und man warten soll - sprich: wie es am besten paßt. Und davor ist mal wieder ein Aquädukt (das Schleusentor ist das Obertor). Dieser hier ist von der kleineren Sorte (Foto 2).

Foto 3: Hier habe ich mal einen Auslaß am Untertor fotografiert (Nr. 18, Fleury) - so sehen die hier oft aus. Oben wird mit der Hand gekurbelt. In der Ferienzeit freuen sich oft verwandte Kinder der Schleuser, daß sie kurbeln dürfen.

Foto 4: Manchmal verwandelt sich die Spundwand in ein Kunstobjekt.

Foto 5: Ein Überlauf mit einem alten Steg - KM 89 vor Jaugenay.

Foto 6: schöne Waldpassage bei KM 97.

Die letzten vier Bilder sind in einem der sechs Verbindungskanäle hinunter zur Loire (die anderen sind in #1 aufgelistet) aufgenommen, nämlich der etwa zwei Kilometer langen Embranchement de Nevers, die bei KM 101 vom Hauptkanal abzweigt und früher drei Schleusen besaß. Ich sage früher, weil man das letzte Stück vom Hafen in Nevers (auf dem linken Loire-Ufer, Nevers selbst liegt auf der anderen Seite) zur Loire dichtgemacht hat. In das Kanalbett hatte man (wohl in den 1960er Jahren) einfach ein Schwimmbad hineingebaut, das aber inzwischen seinerseits geschlossen ist.

Bild 9 zeigt die tote dritte Schleuse am Loireufer mit ihrer ehemals großen Hubhöhe, Bild 8 den Blick von der Schleuse zu berg in den Verbindungskanal. Man sieht das stillgelegte Schwimmbad im OW der ehemaligen Schleuse und im Hintergrund das Hafenbecken, das etwas versetzt zur Kanalachse liegt.
Bild 10 zeigt Nevers (der eingerüstete Turm ist eigentlich spitz) von der Brücke über die Loire aus, die hier von rechts nach links fließt. Die tote Schleuse liegt wenig bergwärts im Rücken.

Bild 7 ist zwischen den beiden noch benutzten Schleusen des Verbindungskanals (die obere direkt am Hauptkanal ist die 22bis, die kurz unterhalb folgende zweite die 22ter) aufgenommen. Hier hat man einen Nachen unter die den Kanal überquerende Autobahnbrücke gelegt, damit er von oben trocken bleibt ... vielleicht kommt das Wasser von unten?

Die Strecke vom UW der zweiten Schleuse bis zum Becken in Nevers ist nebenbei eine sehr schöne Platanenallee und überall wird gejoggt und geangelt.

:wink: Gernot

Gernot Menke
29.11.2012, 22:32
Vor dem großen Aquädukt in Le Guétin kommt noch ein kleiner Leckerbissen: der alte Hafenkran in Gimouille. Der Hafen befindet sich unmittelbar vor der großen Kanalbrücke - man kann die Zufahrt zum Aquädukt auf Bild 1 im Hintergrund schon sehen.

Der Kran ist ein PLM-Handkran. Ich habe nicht herausbekommen, wofür die Abkürzung steht. Die Kräne sind jedenfalls berühmt - es gibt Fotos und Modellbausätze von PLM-Kränen zuhauf, aber nie habe ich den Namen ausgeschrieben gesehen. Einen Kranhersteller mit dem Namen PLM gibt es auch heute noch - oder wieder? Eine Firmenhistorie findet man aber vergebens und wenn man liest, das es mit der Firma nach dem Zweiten Weltkrieg losgegangen sei, dann hat man vermutlich die Rechte zur Verwendung des einstmals berühmten Namens irgendwie erworben.

Aber zum Kran: es handelt sich um einen 10-Tonnen Kran. Wenn man sich die Zahnräder mit ihren drei Mal wiederholten großen Übersetzungen von klein auf groß ansieht, dann hatten sie schon etwas zu leiern, bis die 10 Tonnen sich nach oben bewegten! Und die Rolle oben am Haken bewirkte nochmals eine Untersetzung von 1:2. Anders als über eine immens große Übersetzung war es manuell eben nicht zu machen.

Das Ding hat, wenn ich recht sehe, zwei Wahlmöglichkeiten der Übersetzung, indem man durch das Verschieben der untersten Achse zwischen "ganz klein auf ganz groß" und "etwas größer auf etwas weniger groß" (also schneller, aber weniger Gewicht hebbar) wählen konnte. Der Rest ist vorgegeben.

Ich habe mal versucht, auf dem zweiten Foto zu zählen: wenn man bei der für schwere Lasten erforderlichen Wahlmöglichkeit an der oberen Achse, um die sich die Kette wickelt, eine einzige Umdrehung erreichen will, muß man an der Kurbel unten 104 mal drehen.


:wink: Gernot

Gernot Menke
01.12.2012, 17:06
Zum Beitrag zuvor: manchmal muß man eben erst etwas suchen. P.L.M. war eine 1857 gegründete Eisenbahngesellschaft - deswegen gibt es auch so viele Wasserkräne von PLM zum Nachfüllen der Wasserwagen der Dampflokomotiven und auch der 10 Tonnen-Kran findet sich hier und da an französischen Bahnhöfen. Oder eben am Kanal! - PLM steht für Paris - Lyon - Marseille - so der Name der 1938 durch die Verstaatlichung der Eisenbahnstrecken (seitdem SNCF) aufgelösten Gesellschaft.

:wink: Gernot

Gernot Menke
01.12.2012, 23:20
In Le Guétin steht eine der großen Kanalbrücken in Frankreich. Die insgesamt achtzehn Bögen des Aquädukts überspannen aber nicht die Loire, sondern den Loire-Zufluß Allier, der zwei Kilometer weiter in die Loire einmündet. Die doppelte Überquerung der Loire (in Digoin und in Briare) und die Überquerung des Allier hier in Le Guétin waren der Preis dafür, daß man den Loire-Seitenkanal auf dem günstigeren, von Bergzügen verschonten linken Loire-Ufer bauen konnte.

1838 wurde der Aquädukt bei der Eröffnung des Kanals eingeweiht. 1880-1890 stand eine größere Umbaumaßnahme an, als der Kanal auf das 1879 von Minister Freycinet eingeführte Penischen-Standardmaß gebracht wurde. Heute, nach 174 Jahren, bröckelt es an manchen Ecken ganz gewaltig - Bild 3 zeigt die ersten Bögen auf der Bergseite des Aquädukts von unten ... Allerdings handelt es sich wohl nur um den Putz, der zum Schutz des Mauerwerks irgendwann aufgetragen worden ist. Ursprünglich dürfte das prächtige Mauerwerk freigelegen haben. Im Bereich der Schleuse ist das deutlicher zu sehen.

Die Fotos sind in der Talrichtung des Kanals gemacht - seit der Scheitelhaltung des Canal du Centre in Montchanin geht es bis zur Loire-Überquerung in Briare bergab. Die ersten beiden Fotos sind von der bergseitigen Einfahrt aus gemacht, die Bilder 4 bis 7 zeigen links die Berg- und rechts die Talseite des Aquädukts, an der die Koppelschleuse (also zwei Kammern und drei Tore hintereinander, in Frankreich double écluse) Nr. 21/22 liegt, an der Schräge der Mauer erkenntlich (Bilder 6 und 7). Die Fotos 4 und 5 geben die Länge des Bauwerks ganz gut wieder - 343 Meter ist die Brücke lang - zählt man das Schleusenbauwerk mit, sogar 470 m! Das ist kaum zu fotografieren.

Die Fotos 8-10 zeigen die Doppelschleuse von der Bergseite (Brückenseite) aus, die restlichen Fotos den Blick zu berg. Das Bild von der Kammer ist von der Straßenbrücke über das UW aus aufgenommen. An den Schleusenwänden zeichnet sich der Wasserstand ab, wie er bei geöffnetem Mitteltor in beiden Kammern herrscht. Das sichtbare riesige Mitteltor befindet sich am Übergang von der Schräge in das Niveau der Kanalbrücke. Das massive Mauerwerk bergwärts der Schräge birgt also die obere Schleusenkammer. Übrigens ist die heutige Doppelschleuse das Resultat einer größeren Veränderung, als der Aquädukt durch einen Umbau der Schleuse und eine Erhöhung des Mauerwerks der Kanalbrücke vertieft wurde (wohl ebenfalls 1880-1890). Ursprünglich handelte es sich bei der Schleuse auf der Talseite um eine Dreifachschleuse (drei Kammern, vier Tore am Stück)! Die Hubhöhe beträgt insgesamt 9,23 m.

Ach ja: die Steinschwelle unterhalb des Aquädukts (Bild 4) gab es früher, als auf dem Allier noch Schiffahrt getrieben wurde, natürlich nicht - sie dient heute, ebenso wie auch in Digoin und anderswo, der Sicherung des Bauwerks.

Zu guter Letzt: auf den Fotos 9 und 10 sieht man ganz im Hintergrund eine Brücke. Dahinter macht der Kanal einen Knick nach rechts und geht dann genau in Richtung Norden. Nach links in südlicher Richtung zweigt dort die - heute gesperrte und total verkrautete - Zufahrt zur berühmten Rundschleuse in Apremont ab. Darüber im nächsten Beitrag.

:wink: Gernot

Gernot Menke
08.12.2012, 22:58
Apremont-sur-Allier - eines der schönsten französischen Dörfer und unbedingt einen Besuch wert. Heute denkt dort niemand mehr an Schiffahrt, höchstens ans Paddeln auf dem schönen Allier, mit Sandbänken und waldumsäumt, so wie auch die Loire auf weiten Strecken. Es gibt aber alte Schifferhäuser am Ufer, denn Apremont war seit dem 15. Jahrhundert auch eine Schifferstadt. Es wurden Steine aus den Steinbrüchen verschifft, aus den Wäldern kam Brennholz und auch Eichenfässer gingen zu tal auf die nahe Loire, ferner Eisen aus wohl kleineren Hütten.

Als 1840 (die Eröffnung des Loire-Seitenkanals erfolgte 1838 - die ergänzenden Bauwerke hinkten teilweise geringfügig hinterher) die Rundschleuse entstand, war sie eine von sechs Verbindungen vom neuen Loire-Seitenkanal zur Loire bzw. in diesem Fall zum Allier, der wenige Kilometer talwärts in die Loire mündet (siehe Übersichtsskizze). Solche Verbindungsschleusen, die im Penischenzeitalter nur noch Stirnrunzeln hervorrufen, weil sie in offenbar unbefahrbare Gewässer führen, waren zur Bauzeit der Kanäle selbstverständlich, denn erstens waren die Schiffe noch kleiner und zweitens wurden die heute unbefahrbaren Gewässer noch unterhalten. Aber schon damals diente die Rundschleuse auch dem Zweck der Speisung des Loire-Seitenkanals. Es ist die einzige größere Einspeisemöglichkeit zwischen Dompierre-sur-Bespre (KM 29, siehe oben Beitrag 2) und Briare (KM 198)!

Die passende Stelle, an der der Ingenieur Adolphe Jullien die Rundschleuse (écluse circulaire oder écluse ronde) baute, trug die Ortsbezeichnung Les Laurins, woraus dann wegen der gleichen Aussprache das eingängigere Les Lorrains wurde. So, wie damals üblich und auch an der Loire-Überquerung in Mantelot und Les Combles zu sehen, legte man die Einfahrt zur Schleuse von der Talrichtung des Allier aus an. Der spitze Winkel zwischen der Allier-Einfahrt und dem schiffbaren Speisekanal führte zur Notwendigkeit einer Rundschleuse - in Frankreich gibt es ansonsten wohl nur noch die in Agde am Canal du Midi. Hier in Apremont beträgt der Durchmesser der Schleuse 32,50 m, die Tiefe einst 1,90 m und der Schleusenhub lag bei Niedrigwasser des Allier bei 0,21 m - bei höheren Wasserständen war es entsprechend mehr, weil es natürlich zu tal in den Speisekanal ging.

Das zur Speisung notwendige Gefälle wurde aber immer geringer, weil sich das Niveau des Allier beständig senkte - zwischen 1840 und 1872 um immerhin 0,57 m, also um fast zwei Zentimeter pro Jahr. Deswegen baute man 1872 oberhalb der Schleuseneinfahrt ein Wehr im Fluß, um am Einlauf des Speisewassers wieder auf das ursprüngliche Niedrigwasser-Niveau des Allier zu kommen. Der Wehrbau war möglich, weil es auf dem Allier nur noch die Sandschiffahrt von der Mündung über die Rundschleuse zum Speisekanal gab.

Als der Loire-Seitenkanal in diesem Bereich 1896 vertieft und dafür das Niveau im Speisekanals erhöht wurde, mußte auch das Wehr im Allier um 0,18 m höher werden. Das Problem war, daß es nun zu sehr starken Sandablagerungen in der Schleuse kam: bis zu 2740 m³ in viereinhalb Monaten - das sind fast zwanzig Kubikmeter am Tag! Diese Ablagerungen waren der Speisung des Kanals natürlich hinderlich und verringerten zudem die Tiefe in der Schleuse für die von der Talseite aus betriebene Sandschiffahrt. Der Hauptgrund für das Ende der Sandschiffahrt zu Anfang des 20. Jahrhunderts war aber die Absenkung des Allier, durch die die Tiefe am Drempel der Schleuseneinfahrt, die ja unterhalb des Wehres lag, nicht mehr gegeben war. Zudem war die bisher betriebene Art der Sandgewinnung nicht mehr wirtschaftlich.

(Weiter in Teil 2)

Gernot Menke
09.12.2012, 01:06
Wo genau die lokalen Sandschiffe luden, ist mir nicht bekannt - es muß aber im Bereich der Allier-Mündung gewesen sein - in der Übersichtskarte um den Punkt B herum. Von dort wurde zu berg getreidelt - unter der Kanalbrücke in Le Guétin hindurch. Daraus ergibt sich, daß das heutige kleine Wehr, das die Kanalbrücke schützen und stabilisieren soll, damals noch nicht bestand. Wie das Treideln zu berg bis zur Rundschleuse genau vor sich ging, weiß ich nicht. Der Allier ist sehr breit, mit zahlreichen Sandbänken und - jedenfalls nach meinem heutigen Eindruck - ohne einen Treidelpfad. Vielleicht gab es einen Weg für die Pferde im seichten oder am Wasser - der sandige Boden ist eher fest. Die Schiffe faßten ohnehin nur 50 Tonnen - mehr war auf dem Allier nicht drin.

In der Schleuse wurden die Schiffe zunächst von einem Pferd gedreht, später von einem kleinen Traktor. Ob dieser Traktor dann auch für die Reststrecke bis zum Sandlagerplatz Grenouille (Punkt A in der Übersicht im vorigen Beitrag - dort gibt es heute ein Hotel mit Pizzeria an der Brücke derselben Straße, die auch über das UW in Le Guétin geht) zuständig war, ist mir nicht bekannt. Die bemerkenswerten engen Öffnungen in der Schleusenumrandung links und rechts des Speisekanals waren auf ein Treidelpferd zugeschnitten! (Fotos 6 und 7)

Da auf dem Allier und in der Rundschleuse keine Schiffahrt mehr betrieben wurde, beschloß man 1941, dem Problem mit den Sandablagerungen durch einen Umbau der Schleuse zu einem Absetzbecken Herr zu werden. In Toulouse wurden dazu Modellversuche gemacht. Zur Verringerung der Durchströmgeschwindigkeit in dem neuen Absetzbecken ordnete man den zuvor bergseitigen Wassereinlaß nun seitlich an. In die Mitte der alten Schleusenkammer kam der heute sichtbare Trenndamm. Auch das Wehr wurde verändert mit einem festen und einem beweglichen Teil - nach dem Vorbild des Wehres in Decize am Eingang des Canal du Nivernais. Seit dem Umbau, der wegen des Krieges erst 1951 verwirklicht wurde, kann man den abgelagerten Sand unter Benutzung des alten, bergseitigen Wassereinlaufs einfach durch die alte Schleuseneinfahrt in den Allier hinausspülen, wenn man ihn weghaben will.

Zu den Fotos im vorigen Beitrag:
1. Übersicht
2. Der gesperrte Eingang in den Speisekanal vom Loire-Seitenkanal aus, Blick in Richtung Rundschleuse.
3. Die Verengung des schiffbaren Speisekanals im OW der Rundschleuse. Blick in Richtung Norden / Loire-Seitenkanal.
4. Blick in der Gegenrichtung zur Rundschleuse vom selben Standpunkt aus wie in Bild 3.
5. Überblick über die Rundschleuse, links der Speisekanal, rechts die Einfahrt vom Allier. Blick nach Norden.
6. Die Einfahrt vom Speisekanal in die Schleuse.
7. Der Gegenblick von der Schleuse in den Speisekanal.
8. Die Rundschleuse ähnlich Bild 5
9. Blick auf die Ausfahrt zum Allier. Ganz links die Einfahrt vom Speisekanal.
10. Blick von der Ausfahrt auf den Allier zu tal.
11. Die Einfahrt vom Allier von der Talseite. Rechts das Schleusenhaus.
12. Das Schleusenhaus aus der Bauzeit der Rundschleuse.
13. Blick aus der Ferne von einer Brücke über den Speisekanal zur Rundschleuse. Blick nach Süden.

:wink: Gernot

Gernot Menke
15.12.2012, 02:11
Ja ja, der Kanal ist lang und zieht sich vom Canal du Centre in Digoin bis zum anderen Ende in Briare. Deswegen mache ich es mit den Bildern so wie in Wirklichkeit und halte mich ran, damit es ein bißchen vorangeht.

Nach der Kanalbrücke in Le Guétin erreicht man bei KM 118 wieder eine Abzweigung runter zur Loire, 2,4 km lang und "mit Vorsicht befahrbar" - aber nur laut Karte. Das Kraut schon vor der Schleuse und auch die Schleuse selbst (Nr. 24bis/Grille, Bild 1) deuten schon an, daß heute keiner mehr hier langkommt, um nach Fourchambault zu gelangen. Und an den Drehstangen für die Tore fehlen die Kurbeln. - Am anderen Ende des Verbindungskanals liegt an der Loireseite die Nr. 24ter/Givry, die so (http://www.panoramio.com/photo/59856220) aussieht. Diese Schleuse hat auch nach außen wirkende Tore mit zusätzlichen darüber angeordneten Sperrtoren, damit man bei Hochwasser der Loire alles dichtmachen kann. Wie man auf den Bildern im Link sieht, ist die Ausfahrt zur Loire bei niedrigeren Wasserständen gar nicht mehr benutzbar.

Bild 2: eine der wohl schönsten offiziellen Anlegestellen des Kanals in Cours-les-Barres (KM 120). Das ist kein Vorgarten reicher Leute, sondern frei benutzbar. An der Birke plätschert ein künstlicher Bach herunter, oben irgendwo gibt es eine Dusche und der Bäcker ist gleich hinter der Kirche. Der Stuhl ist übrigens mein Bootsstuhl, der mit angeschraubten Beinen zum Gartenstuhl wird.

Dann Marseilles-lès-Aubigny (KM 125). Eine alte Schifferstadt, denn hier mündete früher der Canal de Berry, der dem Loire-Seitenkanal einst viel Verkehr zuführte, leider aber später im Mündungsbereich verfüllt wurde. Die große Erweiterung des Kanals und die beiden Werften weisen auf die einstige Bedeutung des Hafens hin. Wenn man von Süden in die Stadt hineinkommt und nach links schaut, hat man den Blick wie in Bild 3. Ganz links erkennt man den kleinen Portalkran für das Tor eines Trockendocks - das ist diese (http://www.chantier-naval-evezard.com/accueil/index.en.php?rub=accueil&page=historique.php) Werft hier. Alles liegt mit Penischen voll, die zu Wohnschiffen umgebaut werden. Auf Bild 4 sieht man den Kirchturm von Marseilles-lès-Aubigny (auf Bild 9 von der Talseite aus ebenso) und ganz hinten, wo das Becken endet, liegt mit der Nr. 25 die obere der beiden Schleusen in dem Städtchen. Am Ende des Beckens, im OW der oberen Schleuse, mündete links einst der Canal de Berry (Bild 7 zeigt die einstige Mündung - mehr dazu siehe hier (http://www.binnenschifferforum.de/showthread.php?26898-CANAL-DE-BERRY).) Im Link zur Werft gibt es unter "Presentation" ein Luftbild, auf dem man die verfüllte Kanaltrasse schön verfolgen kann.

Bekannt ist das Kunstwerk etwas bergwärts dieser Stelle (Bild 6), das wohl durch die beiden Werften inspiriert ist (die zweite liegt unterhalb der beiden Schleusen, Bild 10). Die Fotos sind alle in chronologischer Reihe von berg zu tal angeordnet, die Reihenfolge lautet also: die Werft Raimondo im großen Becken, das Kunstwerk und die alte Mündung des Canal de Berry, dann die obere Schleuse 25, eine Erweiterung (damit die Flutung der unteren Schleuse 26 nicht die kurze Haltung leert), im OW der Nr. 26 liegt noch ein kleiner, aber schöner Aquädukt (Foto 8), dann die Schleuse 26 mit einem Wendebecken im UW (Foto 9 zu berg) und schließlich die zweite Werft (Bild 10, Blick zu berg).

Die großen Silos liegen bereits in Herry bei KM 143. Unglaublich, daß das alles so am Kanal liegt und praktisch nur noch von LKW benutzt wird! Erst viel, viel weiter in Richtung Seine, schon am Canal du Loing, ist an den Silos noch etwas Betrieb.

Das letzte Foto ist entstanden an der Schleuse Nr. 32 Grange. Hier wird der Kanal, der vorher durch eine weite Landschaft ging, wunderschön und die Weinberge um Sancerre werden sichtbar. Und endlich eine Tankstelle am Kanal für meine Kanister!

:wink: Gernot

Gernot Menke
16.12.2012, 19:26
Sancerre ist ein bekannter Weinort und zusammen mit dem Zauberwort Loire zieht das die sekttrinkende bessere Kundschaft aus aller Welt an, die auf dem Kanal unterwegs ist und dann feststellt, daß man vom Kanal aus von der Loire nicht allzu viel sieht. Charterboote fahren schon ein paar herum, am meisten fallen aber die britischen Flaggen ins Gewicht, die an einem Narrowboat befestigt meist ein bescheidenes britisches Rentnerehepaar anzeigen, eher langsam unterwegs und häufig für Tee und Kekse anlegend. Ansonsten gilt momentan die Formel: alles was groß ist, hat einen Union Jack hinten dran bammeln und auch die Formel "British crew on a Dutch boat on a French canal" hat große Trefferaussichten. Viele britische Tjalken und Luxe motoren sind unterwegs, im Gegensatz zu den keksessenden Rentnerehepaaren eher flott unterwegs, damit dann im Hafen mehr Zeit für den Sekt ist.

Von den nautisichen Leckerbissen kriegen die aber zumeist nicht viel mit - allenfalls noch von den Kanalbrücken, über die sie ja drüber fahren. Aber genau dafür gibt es ja die Berichte hier im Forum! :geil::geil:

Aber hier in Saint Satur ist heute eine Hochburg des Tourismus. Das kann man wörtlich nehmen, denn der berühmte Weinort Sancerre liegt in der Nähe oben auf einem Hügel - auf Bild 1 sieht man Sancerre andeutungsweise oben hinter Ménétréol-sous-Sancerre liegen. Beeindruckender ist der Blick von weitem, aber das weiß man erst, wenn man angekommen ist! Zum Standardprogramm der sekttrinkenden Kundschaft gehört jetzt, die mitgenommenen Fahrräder nicht anzufassen und mit dem Taxi hoch auf den Hügel zu fahren. Man kann aber auch hochlaufen - es sind gerade einmal zwei Kilometer für eine Strecke.

Aber ich wollte ja vom Nautischen berichten: in St. Satur gibt es zwei große Silos an einer ebenso großen Erweiterung des Kanals - hier scheint früher der Bär los gewesen zu sein. Am Silo habe ich nur die auf Bild 3 zu sehenden Visitenkarten von Penischen gefunden, allesamt nicht später als 1993, wobei an anderer Stelle das Datum 17.8.2009 (WANDERER) herausragte. Vereinzelt wird also doch noch hierher gefahren.

Gegenüber dem Silo mit den runden Türmen talwärts der Straßenbrücke geht es mal wieder zur hier recht nahen Loire. An der Einfahrt des einstigen Verbindungskanals prangt ein Banner (Foto 5), aus dem ehrlich hervorgeht, daß hier drin keine Frachtschiffahrt mehr zu erwarten ist. Angesichts des nahen Sancerre und der traumhaft schönen Loire mit ihren Sandbänken und -stränden ist der 500 m lange Verbindungskanal zur Loire, der in der Mitte einen kleine Biegung macht, dicht belegt. Ein paar Charterboote müssen wenden und deswegen liegt auch auf Foto 4 einer am Silo, der dort sicher nicht lädt.

Die Fotos 6-12 sind alle am Ende des Verbindungskanals an bzw. neben der Schleuse runter zur Loire entstanden. Auf Bild 6 liegt die Loire im Rücken, der Blick geht über die Schleuse auf den (von hier aus Rechts)knick des Verbindungskanals in Richtung Hauptkanal. Rechts der Hügel, auf dem Sancerre liegt. Die Fotos 7-9 vom UW beweisen, daß man nach dem Abschleusen nicht weit käme, jedenfalls nicht beim normalen sommerlichen Wasserstand der Loire. - Die zur Loire nach außen hin abschließenden Tore fehlen, waren aber offenbar früher vorhanden.

Die nächsten drei Foto 10-12 zeigen das Trockendock direkt neben (südlich) der Schleuse, das aber offenbar nicht als Werft, sondern nur als Liegeplatz benutzt wird. Ein Tor fehlt, dafür gibt es einen Steg. Auf Foto 11 vorne der Abfluß zum Leeren des Trockendocks in die Loire, Bild 12 der Gegenblick in Richtung Loire. Bild 10 looks purely British mit den beiden narrowboats - nur ist das dahinter nicht der Ben Nevis, sondern Sancerre. Die französischen Kanäle sind eben momentan (relativ) fest in britischer Hand.

Die letzten drei Fotos: die Schleuse Nr. 34 / Bannay am frühen Morgen. Wenn der Schleusenwärter noch nicht da ist, macht man eben Fotos. Die Schützen werden hier vom Ufer aus bedient. Schön, daß man die alten (braunen) Getriebe im alten Stil ersetzt (hier in grün) - da hat man also inzwischen einen Sinn dafür. - Beeindruckend die drei Scheuersteine, verursacht wohl durch die Bergfahrt, die bis fast in die Kammer gezogen werden mußte, obwohl der Draht immer ungünstiger um die Steine lief.

In den nächsten Beiträgen geht es mit Briare los - heiliger Kanalboden! Dort gibt es ja nicht nur die berühmte Kanalbrücke zu sehen, auf die sich die sekttrinkende Kundschaft stürzt, sondern die Anlagen um Briare bilden einen Komplex, der sich über 14 (!) Kilometer erstreckt und so einige Rosinen beinhaltet. Also nochmal tief Luft holen bis dahin ... :lool:

:wink: Gernot

Gernot Menke
19.12.2012, 19:36
Der Komplex von Briare betrifft alles, was mit dem Übergang des Kanals über die Loire zu tun hat. Das ist alles, was zwischen den beiden Punkten A (ganz unten auf der ersten Karte) und B (ganz oben auf der Karte) liegt. Punkt A hat ungefähr den Kanalkilometer 186 und Punkt B liegt bei KM 200, womit der "Komplex Briare" 14 Kilometer lang ist. Der KM 200 markiert übrigens auch das offizielle Ende des Loire-Seitenkanals, der ab hier in den weiter nach Norden führenden Canal de Briare übergeht.

Die Übersichtsskizze - man kann sie besser machen und vielleicht setze ich mich hin und zeichne die Loire-Überquerung bei Chatillon noch einmal im Detail für den entsprechenden Beitrag. Aber man erkennt, um was es geht: der alte Kanal von 1838 (blau auf der Karte) führte hinunter in die Loire, die zur Überquerung zwischen den Punkten D und C befahren werden mußte, und lief am rechten Ufer der Loire bis nach Briare, von wo es in Richtung Paris wieder hinaufging. Die roten Linien in der Loire bezeichnen Dämme, die mit der Loire-Überquerung zu tun haben. Dazu und zu Punkt E später im entsprechenden Beitragsteil.

Der neue, 1896 fertiggestellte Kanal ist rot eingezeichnet. Er liegt natürlich auf einem höheren Niveau, weil er nicht zur Loire hinuntersteigt, sondern sie oben auf der Kanalbrücke von Briare überquert. Auf diese Weise erspart er drei Schleusen auf dem linken und vier auf dem rechten Loire-Ufer, also sieben Schleusen insgesamt. Die Höhe der Kanalbrücke richtete sich nach der Topografie auf den beiden Ufern und den dadurch gegebenen Möglichkeiten, möglichst viele Schleusen einzusparen. Man sieht, daß die Kanaltrasse am linken Ufer sehr viel länger sein mußte, als am rechten, um auf das passende Niveau des alten Kanals zu kommen. Damit lagen die Punkte A und B im Oberwasser der jeweils letzten eingesparten Schleusen auf jeder Seite fest.

Der Bau des neuen Kanals über den Aquädukt erfolgte im Zuge der Erweiterung auf das 1879 von Minister Freycinet beschlossene Penischenmaß, das in den 1890er Jahren am Loire-Seitenkanal umgesetzt wurde (davon war bereits bei den Umbaumaßnahmen an der Kanalbrücke in Le Guétin und an der Rundschleuse Les Lorrains in den vorigen Beiträgen die Rede). Deswegen sind die hier vorgestellten Schleusen im alten Kanal auf dem linken Loire-Ufer noch im Becquey-Format von 30 x 5 m, in dem der Loire-Seitenkanal gebaut worden war.

Die Übersichtsskizze gibt insofern einen falschen Eindruck, als die Kanaltrassen im Verhältnis zur Loire viel zu breit dargestellt sind. Ich stelle daher einen normalen Kartenausschnitt desselben Bereichs dazu (Bild 2), so daß man sieht, wie groß die Loire im Verhältnis zu den Kanälen und wie weit die Distanzen in Wirklichkeit sind.

Zu den Fotos:

Bild 3: die Gabelung bei Punkt A (KM 186) im Oberwasser der Schleuse L`Etang, Blick nach Norden. Geradeaus der alte, links der neue Kanal. Bild 4 zeigt dieselbe Gabelung von Westen (hinten der alte Kanal, man erkennt die Drehbrücke).

Bilder 5-9: an der Schleuse L`Etang gab es einst eine Drehbrücke. Als der neue Kanal parallel zur Schleuse gebaut wurde, baute man für die überquerende Straße eine Brücke, die in der Verlängerung auch über das Unterhaupt der Schleuse L`Etang führte und die Drehbrücke damit überflüssig machte. Bild 8 zeigt die Brücke von 1896 über das Unterhaupt der Schleuse L`Etang und Bild 9 der Blick von dort nach Norden auf den alten Kanal. Links der neue Kanal auf dem Niveau der Kanalbrücke in Briare.

Bild 10: Blick auf den neuen Kanal nach Norden.

Bilder 11 (zu berg) und 12 (zu tal): eine Brücke zwischen den beiden Schleusen L`Etang und La Folie.

:wink: Gernot

Gernot Menke
19.12.2012, 23:12
Hier nun der Rest der südlichen Anfahrt bis zur Schleuse Mantelot, die unmittelbar am linken Ufer der Loire liegt und im nächsten Beitrag zu sehen sein wird. Aber hier erst einmal:

Die ersten fünf Fotos zeigen die Schleuse La Folie noch im Becquey-Format, komplett mit hölzernen Stemmtoren und einer Brücke über das Unterwasser, die daran erinnert, daß die Kanäle damals nicht nur funktionell, sondern auch schön sein wollten. Das war kein Zufall, sondern bewußte Planung. 1838 hätten die Fotos nicht viel anders ausgesehen, nur in schwarzweiß.

Bild 6 ist am Ende des bergseitigen der beiden Warte"bahnhöfe" ("gare" heißen diese Warteplätze immer) aufgenommen, dem Gare des Rabuteloires. Dieser Wartehafen wurde angelegt, nachdem der wenig weiter talwärts gelegene eigentliche Warteplatz für die Loire-Überquerung, der Gare de Chatillon, nicht ausgereicht hatte. 1853 mußte er nochmals vergrößert werden! Das Foto ist zu berg in Richtung La Folie aufgenommen; das Sportboot rechts im neuen Kanal fährt in Richtung Chatillon und weiter zur Kanalbrücke.

Bild 7: das ist der Blick von fast derselben Stelle zur Talrichtung. Gleich hinter der Brücke beginnt der Gare de Chatillon.
Bild 8: Blick vom Ufer des Gare de Chatillon zu berg auf dieselbe Brücke wie auf Bild 7 - hier ist jedoch die Talseite der Brücke zu sehen.
Bilder 9-11: Blick vom Ufer des Gare de Chatillon zu tal auf das Oberwasser der in die Loire hinunterführenden Schleuse Mantelot. Dieser Wartehafen faßte 150 Schiffe! Trotzdem war der zweite Wartehafen Gare des Rabuteloires notwendig geworden.

Bild 12: Blick entlang der Straße, die von der Schleuse Mantelot kommt, zum neuen Kanal. Oben sieht man ein Sportboot liegen und erkennt daran das Niveau der Kanalbrücke. Die parkähnliche Landschaft könnte kaum romantischer sein.
Bild 13: Blick von derselben Stelle wie auf Bild 12, nun aber in der anderen Richtung zur Schleuse. Dahinter fließt die Loire. Das Gebäude rechts trug die Aufschrift "Bureau de déclaration et de visa" - offenbar wurde hier auch eine Zollgrenze überschritten! Auf alle Fälle wurde an dieser Schleuse die Ladung kontrolliert.

Bild 14: Blick von der Schleuse Mantelot zu berg auf den Gare de Chatillon. Im Hintergrund geht es in Richtung der Schleuse La Folie.

Ach ja, noch eine Besonderheit: eine Sehenswürdigkeit des Gare de Chatillon steht heute zwanzig Kilometer weiter loireabwärts! Nämlich in Chateauneuf-sur-Loire. Es handelt sich um eine wunderschöne Lagerhalle, die ursprünglich in der Mitte der Ostseite des Wartehafens stand (dort habe ich in meiner Übersicht im # 14 (Bild 1) ein kleines Kreuz gemacht), aber 1854 verkauft und zerlegt per Schiff nach Chateauneuf gebracht wurde. Zu sehen ist die Halle hier! (http://www.flickr.com/photos/biron-philippe/7151489447/lightbox/) Noch heute steht Compagnie Generale des Remorqueurs an der Halle, die unter Denkmalschutz steht und mit zum "Komplex Briare" gehört.

:wink: Gernot

wilfried korff
20.12.2012, 15:39
Hallo Gernot , Deine Berichte sind einfach toll, Kompliment. Noch eine kleine Info. : der Hersteller der Getriebe zur Bedienung der Schütze ( franz. Vannes ) ist die Firma Louis Feugier , siehe www.feugier-environnement.fr Gruss Wilfried

Gernot Menke
21.12.2012, 19:16
Mantelot ist die Zugangsschleuse zur Loire von der Südseite aus für die Talfahrt in Richtung Briare. Auf Bild 4 erkennt man im Hintergrund rechts des Brückenpfeilers eine größere Mauer - das ist die Schleuse Les Combles auf dem anderen (rechten) Ufer. Die beiden Schleusen Mantelot und Les Combles sind genau 1020 m weit auseinander. Die Deiche schufen ein 55 m breites Fahrwasser auf dem Weg dorthin.

Die Deiche sollten das Wasser sammeln und Versandungen nach Möglichkeit verhindern. Die Fahrwassertiefe war und blieb aber immer ein wunder Punkt auf dieser Überquerung. Baggerungen waren häufig vonnöten und - neben Hochwasser oder Eisgang - ein Hauptgrund für zeitweilige Sperrungen der Überfahrt.

Des weiteren dienten die Deiche in der Übergangsstrecke als Treidelpfad. Bei niedrigeren Wasserständen wurden die Deiche unmittelbar neben dem Fahrwasser benutzt - sie sind in der Skizze auf dem ersten Foto als einfache blaue Striche eingezeichnet. Bei höheren Wasserständen dienten die in der Uferlinie weiter zurückliegenden Deiche als Treidelpfad - sie sind in der Karte mit doppelten Linien eingezeichnet. Bei höheren Wasserständen, bei denen die Überfahrt noch möglich war, waren diese Deiche hochwasserfrei, während die tieferliegenden Dämme am Fahrwasser dann überflutet waren.

Aus der Skizze ist ersichtlich, daß bergwärts von Mantelot bei Ousson eine dritte Schleuse geplant war (Punkt E in meiner ersten Skizze in # 14). Mit Hilfe dieser Schleuse sollte es möglich sein, daß auch die Bergfahrt im Kanal von Briare in Richtung Digoin die Loire zu tal überqueren konnte. Diese dritte Schleuse mit ihren Zufahrten wurde aber aus Kostengründen zunächst zurückgestellt und sollte erst gebaut werden, wenn sie sich im Betrieb als notwendig herausstellen sollte. Wie man sieht, wurde sie nicht gebaut, obwohl die Bergfahrt von Les Combles nach Mantelot mitunter ein gefährliches Unterfangen war.

Auch die Brücke nahe Les Combles entstand im Zuge des Baus der Loire-Überquerung. Natürlich diente sie auch allgemeineren Zwecken und verband beispielsweise die Wartehäfen miteinander. Die große Zahl der wartenden Schiffe machte eine solche Straßenverbindung unumgänglich. Die Brücke hatte aber auch einen einzigartigen anderen Zweck: sie diente der Überführung der Treidelpferde vom rechten Ufer zum Deich! Um den auf Bild 4 im Hintergrund sichtbaren Pfeiler, der nicht zufällig auf dem Deich steht, windet sich wie eine Schnecke eine Rampe, über die die Treidelpferde von der Brücke auf den Damm gebracht werden konnten. Deswegen heißt der Damm heute "Schneckendamm", digue de l`escargot. Eine einzigartige Einrichtung. Früher machte man darum erheblich weniger Aufheben: da hieß der Damm einfach Epi (Damm) de Chatillon. - Ich komme auf die Brücke und die Technik des Überquerens noch zurück.

Zu den weiteren Bildern: auf den Fotos 5 und 6 erkennt man unmittelbar an der Schleusenmauer eine Umlenkrolle. Es ist zu vermuten, daß sie zum Herausziehen der Schiffe aus der Kammer dienten. Deswegen glaube ich, daß die rekonstruierte Winde nicht richtig ausgerichtet ist. Sicherlich "zielte" sie auf diese Rolle. Die Poller hier sind von der stabileren Sorte - sie befinden sich auch an einem Kai bergwärts der Schleuse (sichtbar auf Bild 8), an den ebenfalls Schiffe abgelegt wurden. Auf diesem Bild 9 sieht man auch die Deiche bergwärts der Schleuse Mantelot, die das Wasser zum Fahrwasser hinleiten. Im Hintergrund Ousson, wo die nicht verwirklichte Schleuse geplant gewesen war.

Noch eine Bemerkung zum Unterhaupt, dessen große Höhe natürlich wegen der stark schwankenden Wasserstände der Loire erforderlich ist (siehe den Pegel auf Fotos 7 und 8 ). Ursprünglich gab es hier auch Stemmtore nach außen, die heute fehlen und bei entsprechenden Wasserständen der Loire lag das Niveau im Kanal dann tiefer.

:wink: Gernot

Gernot Menke
23.12.2012, 13:27
Das erste Bild zeigt die Hängebrücke von Chatillon vom linken Ufer aus. Schaut man wenige Meter weiter bergwärts, erblickt man den digue de l`escargot von AUSSEN (Foto 2). Dahinter liegt das die Loire querende Fahrwasser. Bei diesem Anblick ist es schwer vorstellbar, daß man bei höheren Wasserständen den hochwasserfreien Damm rechts im Bild benutzt hat und über den niedrigeren Schrägdamm hinwegfuhr! Aber so muß es gewesen sein.

Die Brücke wurde übrigens mehrmals zerstört und erwies sich nicht als sehr hochwasserfest, da die Pfeiler nur auf die Dämme gestellt waren. 1846, 1856, 1870 wurde sie vom Hochwasser schwer beschädigt, 1940 von den Franzosen beim deutschen Einmarsch gesprengt. 1930/31 war die Brücke für die Straße verbreitert worden, der heutige Zustand stammt vom Wiederaufbau nach dem Krieg 1951, bei dem die alten Pfeiler, Widerlager und Brückenportale wiederverwendet werden konnten. Ursprünglich war die Brücke einspurig - an beiden Enden standen Pförtnerhäuschen, denn die Brücke war mautpflichtig. Davon ausgenommen waren die Schiffahrtsverwaltung und die Schiffahrt.

Der Verlauf des Schrägdammes versuchte, einen natürlichen Übergang der Loire zu imitieren, da die Übergänge die tiefsten Fahrwasser in der offenen Loire boten. Das war einer von drei Gründen, die Überfahrt hierher zu legen und nicht die bestehenden Ausgänge des alten Canal de Briare in Briare mitzubenutzen, von denen sich die beiden bergseitigen theoretisch angeboten hätten (Nr. 2 und 3 in der Karte in # 14, Bild 1). Doch hatte man hier mit Versandung zu kämpfen, die wohl auch die Erklärung dafür ist, daß im Laufe der Zeit drei verschiedene Ausfahrten vom Canal de Briare in die Loire angelegt worden waren. Man zog daher die Überfahrt zwischen Les Combles und Mantelot vor, zumal der Seitenkanal zwischen Les Combles und Briare leichter angelegt werden konnte, als auf dem ungünstigeren linken Loireufer. Zudem gab es in Mantelot Steinbrüche, die beim Bau der Schleusen und sonstigen Anlagen gut genutzt werden konnten!

Bild 3: Das ist der Blick vom Pfeiler mit der Schneckenrampe für die Pferde zu berg herunter auf den Treideldeich bei niedrigen Wasserständen, den digue de l`escargot (damals epi de Chatillon). Im Hintergrund die von hier rund 900 m entfernte Schleuse Mantelot (in Bild 4 herangezoomt). Bild 5 zeigt die berühmte Schneckenrampe vom rechten Ufer aus auf einer Postkarte von ungefähr 1900. Anfang und Ende der Rampe, die sich um den zweiten der fünf Brückenpfeiler vom rechten Ufer aus windet, liegen genau übereinander an der Seite des Pfeilers, die man vom rechten Ufer aus sehen kann. Auf Foto 7 kann man die Pferderampe von der Talseite aus sehen.

Bild 6 zeigt die mächtige Ufermauer der Schleuse Les Combles von der Brücke aus - dadurch, daß die Schleuse so wie in Mantelot schräg zur Loire angelegt ist und in die Talrichtung zeigt, ist die Einfahrt von hier aus kaum erkennbar. Bild 7 ist der Gegenblick von der Schleuse in Richtung Brücke. Man erahnt die Schleuse Mantelot im Hintergrund - das ist die Strecke, die die Bergfahrer vor sich hatten. Die Bilder 8-11 und 13 zeigen das Unterhaupt von Les Combles, Bild 12 das Oberhaupt. Man sieht, daß die Situation eine etwas andere ist als in Mantelot. Am Unterhaupt gibt es doppelte Stemmtore, die nach innen zum Kanal und nach außen zur Loire hin abschließen. Das äußere Tor ist modern und ersetzt eventuell sowohl ein altes Stemmtor, als auch ein darüberliegendes Hochwassertor. - Man beachte die hier in der Mauer liegende Schütze und die beiden Umlenkrollen (Bild 8). Die Winde steht oberhalb des Unterhaupts.

Interessant die doppelten Stemmtore am Oberhaupt! Bei HW wurde von der Schleuse in den Kanal in Richtung Briare heruntergeschleust mit Hilfe der inneren Tore, bei Niedrigwasser kamen die äußeren Tore des Oberhaupts zum Einsatz und es ging nach oben in den Kanal. - In Mantelot reichte offensichtlich ein Tor am Oberhaupt aus, das sich zum Kanal ins OW öffnet. Möglich daher, daß bei Hochwasser das Niveau im OW von Mantelot angehoben wurde - vielleicht stand die Schleuse La Folie dann zeitweise offen.

Gernot Menke
26.12.2012, 01:33
Wie aber ging die Überquerung konkret vonstatten? Von 1838-1880 war es so:

In den allerersten Jahren gab es die Brücke noch nicht. Es war überall am Kanal so, daß zunächst die für die Schiffahrt unabdingbaren Anlagen gebaut wurden, damit der Kanal so früh wie möglich eröffnet werden konnte. Der Rest folgte dann - die Schleusenhäuser zum Beispiel, die eisernen Stege an den Schleusen für die bequemere Schleusenbedienung und eben auch die Hängebrücke.

Bei den ersten Fahrten fuhr man in Mantelot noch vorwärts aus der Schleuse - vor Les Combles mußte dann aufgedreht werden. Ein gefährliches Unterfangen wegen der hier herrschenden starken Strömung. Auch die Ein- und Ausfahrt in die Schleuse Les Combles war problematisch, weswegen anfangs ein Schiff oberhalb der Schleuse festgemacht wurde, um vor der Schleuseneinfahrt die Strömung etwas wegzunehmen.

Aber das war alles noch eine Experimentierphase. Später, als die Einrichtungen vollständig waren, hatte sich folgendes Prozedere entwickelt:

Die Bergfahrt von Les Combles nach Mantelot lief bei kleinen Wasserständen so ab, wie in Bild 1 (Schautafel 2): Rückwärts ging es aus der Schleuse Les Combles in die Loire, wo das Schiff mithilfe der Winde gehalten, in Position gebracht und mit Pferden bis zur Brücke getreidelt wurde. Dort wurden die Pferde ausgeschirrt und marschierten über die Brücke und die Schneckenrampe auf den Treideldamm. Das Seil wurde wohl ebenfalls über die Brücke zum Treideldamm übergeben. Das Schiff konnte nun an diesem Seil zum Treideldamm hinübergieren und wurde dann bis Mantelot hochgetreidelt.

Bei Hochwasser war der Treideldamm an der Schneckenrampe überflutet. Jetzt mußte vom hochwassersicheren Damm am rechten Ufer bis in die Höhe der Schleuse Mantelot getreidelt werden (Bild 2, Schautafel 1). Die Pferde liefen dann zurück und über die Brücke nach Mantelot. Die Schiffe kamen nun mit Hilfe von Ankern ans gegenüberliegende Ufer. Die Anker müssen fest verankert gewesen sein. Das wird zwar nirgends erwähnt, doch anders kann es nicht gewesen sein und anders machte es auch keinen Sinn, wenn sehr viele Schiffe an immer derselben Route die Anker brauchten.

An den Ankern wird wohl ein Draht gehangen haben, dessen Ende an einem Nachen befestigt war, vielleicht auch an einer festen Boje. Mithilfe des eigenen Nachens (vielleicht konnte man auch hingieren und benötigte den Nachen nicht) konnte der Draht nun geholt und zum Schiff gebracht und dann daran über den Fluß zur Schleuse Mantelot gegiert werden. Möglicherweise wurde der Draht auf einer Lier festgemacht und rackgezogen. So detailliert lassen sich die Schautafeln darüber leider nicht aus. Dieser Vorgang wurde von Anker zu Anker wiederholt, bis man drüben war.

Die Talfahrt (Skizze 3) lief bei allen fahrbaren Wasserständen am Damm mit der Schneckenrampe entlang. Die Treidelpferde waren dabei sicherlich ausgeschirrt und liefen bei NW über die Rampe und bei HW den etwas weiteren Weg über die ganze Brücke nach Les Combles. Die Fortbewegung der Schiffe besorgte die Strömung, doch konnte man die Kähne nicht frei fahren lassen, sondern mußte sie dabei abbremsen. Das hieß Kopf zu berg, weswegen die Ausfahrt in Mantelot rückwärts erfolgte. Auch hier lagen feste Anker im Fahrwasser - man könnte sich vorstellen, daß die Enden der Drähte in Höhe des Dammes am Damm selbst festgelegt waren, um leicht zugänglich zu sein. Sie sackten ja ab und konnten überfahren werden. Das Überqueren der Loire mithilfe der Anker erfolgte in der Talfahrt bergwärts der Brücke. Der Grund war wohl, eine gegenseitige Behinderung von Berg- und Talfahrt beim Überqueren zu vermeiden. Die Bergfahrt überquerte bei NW ja talwärts der Brücke.

Bei NW kam es also zwar nicht bei der Flußüberquerung, wohl aber am Schneckendamm zu Begegnungen von berg- und talfahrenden Schiffen. Nach alter Regel wird dabei die Bergfahrt am Damm geblieben sein, während die Talfahrt mithilfe der Anker sicherlich vom Damm wegblieb. Ob man zum Aufgreifen der Ankerdrähte zum Damm gierte oder diese mit einer Wurfleine aufs Schiff gebracht wurden, ist eigentlich zweitrangig.

Von 1838-1880 lief die Überfahrt in dieser Weise ab. Die Schiffe - es handelte sich wohlgemerkt nicht um Penischen, sondern um maximal 30 m lange Schiffe, Berrichons, Kadolen, "flûtes", "toues" und wie die diversen Typen hießen, oft eckige Heckformen mit einem Doppelruder in Höhe der Bordwände zur Vermeidung des toten Neerwassers - brauchten für die Überfahrt laut Polizeiverordnung einen Anker (wohl als Nothalt, wenn eine Leine riß. Manche Schiffe trieben in Les Combles vorbei und mußten dann in Briare aufgepickt werden), zwei Leinen, einen Nachen mit Ausrüstung und genügend Personal (2 Schiffer und 1 bis 2 Hilfen). Bei der Ankunft bekamen die Schiffer die Nummer ihrer Passage und die benötigte Anzahl von Tickets für die Brückenüberquerung - die Tickets mußten an den Mauthäuschen der Brücke abgegeben werden.

:wink: Gernot

Gernot Menke
26.12.2012, 17:13
Um 1880 herum kam die Kettenschiffahrt groß in Mode - überall dort, wo es für Schraubenboote zu flach und die Strömung stark war, schienen die Kettenboote die zukunftweisende Lösung zu sein. Auch am Main und am Neckar ging es um diese Zeit mit der Kettenschiffahrt los. Ein enormer Fortschritt gegenüber der mühsamen Treidelei war es allemal. Der Name LE PROGRÉS für den ab 1881 eingesetzten Schlepper bringt das zum Ausdruck. Bild 1 (Schautafel 4) zeigt die Bergfahrt, Bild 2 (Schautafel 5) die Talfahrt (Bergkähne rot, Talkähne blau) und Bild 3 (Schautafel 6) die üblichen Schiffstypen und den im Einsatz befindlichen Seilschlepper. Von dem zunächst vorgesehenen Kettenschlepper war man aus unbekannten Gründen wieder abgekommen.

Der Seilschlepper war interessanterweise ein Mixschiff (Seitenwände Eisen, Boden Holz) - das gab es also nicht nur bei Frachtschiffen! Das Drahtseil war 30mm stark und wickelte sich um eine Trommel von 1,35 m Durchmesser, die mit einer Bremse ausgestattet war. Zu berg wurde geschleppt, zu tal fierte sich der Schlepper mit der Bremse ab. Deswegen hingen talwärts auch maximal drei Schiffe am Toueur. Bergwärts wurden je nach Schiffstyp, Beladung und Wasserstand maximal vier Schiffe mitgenommen. Die Dampfmaschine mutet mit ihren 15 PS heute lächerlich an, aber damals waren eben nicht nur andere Schiffsgrößen, sondern auch andere Maschinenleistungen normal als heutzutage. Stärker als die Treidelpferde war die kleine Dampfmaschine auf alle Fälle!

Nicht nur das mühsame Treideln, auch das Aufnehmen der Ankerdrähte fiel jetzt weg. 3- 6 Stunden, wie einst, dauerte die Bergfahrt jetzt sicherlich nicht mehr. Auch konnte der Toueur an der Schleuse Les Combles helfen, die Schiffe gegen die starke Strömung in die Kammer zu bekommen. An der Schleuse Mantelot tat dafür nach wie vor ein Pferd seinen Dienst, das mit zum "Team" gehörte, das neben den fünf Besatzungsmitgliedern auf dem Toueur aus 4 Mann an der Schleuse Mantelot (einer davon der Pferdeführer) und 4-7 Mann an der Schleuse Les Combles bestand. Die wechselnde und vermutlich wasserstandsabhängige Stärke des Personals an der Schleuse Les Combles deutet schon an, daß der Dienst in Mantelot unproblematischer war.

Der Schlepper gehörte einer eigenständigen Gesellschaft mit dem Namen "Societé de Touage", die die Preise für die Überfahrt völlig frei mit den Schiffern aushandeln konnte, ohne daß die Kanalverwaltung darauf Einfluß hatte. Es gab auch Schiffer - immerhin etwa 15 Prozent der Überfahrten - die den Toueur gar nicht in Anspruch nahmen, sondern die Loire in der alten Manier überquerten. Dafür boten spezielle Überfahrt-Lotsen ihre Dienste an, die nicht unbedingt billiger waren als der Toueur, aber die unter Umständen lange Wartezeit in den Liegehäfen erheblich verkürzten. Wer wollte, konnte für die Überfahrt auch eine spezielle Versicherung abschließen. Man sieht: es wurde den Schiffern hier nicht langweilig.

Auch mit Toueur war und blieb die Überquerung gefährlich - es gab jedes Jahr etwa zehn Havarien. Die Kanalschiffe waren für solche Abenteuer eben nicht gedacht. Die Sperrungen durch Hochwasser, Eisgang, Behinderungen durch Niedrigwasser und dadurch erforderliche Leichterungen der Schiffe und fällige Reparaturen am Toueur machten die Loire-Überquerung zum Nadelöhr des Kanals, das Ursache für allerlei Verspätungen und Unkosten war.

Als es in den 1890er Jahren an die Erweiterung des Kanals auf das Penischenmaß ging, war die Loiredurchquerung nicht länger hinnehmbar, weil die Erweiterung vor allem auch eine Vertiefung der Mindesttiefe von 1,60 m auf 2,20 m bedeutete. Schon das gab die Loire an vielen Tagen nicht her. Jetzt kam die lange Kanalbrücke in Briare, die 1896 fertig wurde und die Probleme mit einem Schlag behob.

Der Toueur hatte jetzt ausgedient und wurde versteigert. Demgegenüber wurde die Schleuse Mantelot jedoch noch lange nicht arbeitslos. Es hatte immer schon Verkehr gegeben, der in Les Combles vorbei und die Loire weiter talwärts fuhr (deswegen wollte man den Loire-Seitenkanal zeitweise auch verlängern). Zurück konnte man dann über den (heute aufgegebenen) Canal d`Orléans. Auch deswegen war der Verkehr in der Talrichtung immer viel stärker gewesen als in der Bergrichtung - der vergleichsweise winzige (allerdings auch zu kleine) Wartehafen im OW der Schleuse Les Combles macht das überdeutlich (Foto 4 vom Obertor aus).

Die weiteren Bilder zeigen das sehr große Schleusenhaus in Les Combles (identisch mit dem in Mantelot), das beim Bau und wohl auch später bei der Unterhaltung des Kanals auch den Ingenieuren als Arbeits- und Wohnraum diente. Die nächsten Bilder zeigen den Kanal im OW der Schleuse von demselben Standpunkt aus erst zu tal (Bild 6 mit der Hängebrücke im Hintergrund) und dann zu berg mit Blick auf den engen Knick (Bild 9) in Richtung Briare. Das letzte Foto ist bergwärts des Knicks in Richtung Briare aufgenommen (vgl. die Karte in # 14).

:wink: Gernot

Gernot Menke
27.12.2012, 21:28
Briare war der Endpunkt des 1642 eröffneten Briare-Kanals gewesen, der damals freilich noch Canal de Loyre en Seine hieß und den kleinen Loing benutzte, bevor auch dieser einen Seitenkanal erhielt. Seit dieser Zeit blühte in Briare der Umschlag zwischen der Loire und dem Verkehr von und nach Paris und anderen Orten an der Seine.

Der Bau des Loire-Seitenkanals bedeutete für Briare ab 1838 einige Veränderungen, aber keine Nachteile. Die schwierige Überquerung der Loire zwischen Les Combles und Mantelot brachte immer langen Aufenthalt mit sich, von dem Briare profitierte. Denn oftmals wurde nicht gewartet, sondern Briare als Zwischenlager benutzt. Der heute bei den Touristen so beliebte Hafen im Zentrum wurde in dieser Zeit ausgebaut.

Es wurde bereits erwähnt, daß man beim Bau des Loire-Seitenkanals überlegte, die bestehenden Eingangsschleusen des Briare-Kanals an der Loire in den neuen Kanal einzubeziehen. Die Probleme mit der Versandung in Briare ließen diesen Gedanken aber nicht als vorteilhaft erscheinen. Übrigens ist nicht ganz klar, wie genau sich die drei Loire-Schleusen in Briare entwickelten (siehe die Karte in # 14). Am ältesten ist wohl die Schleuse Rivotte von 1696, die heute als eine abseits im Wald liegende Kammer mit rekonstruierten Toren daliegt. Es gibt nicht viele Fotos von dieser wenig auffälligen Schleuse und auch ich habe sie leider nicht fotografiert.

Am nächsten der Stadt liegt die Schleuse Baraban, die aber erst 1794 gebaut wurde. Allerdings gab es hier möglicherweise einen Vorgänger, der durch die neue Schleuse ersetzt wurde.Die Bilder 6-8 sind an der Schleuse Baraban entstanden; Bild 9 mit dem Aquädukt im Hintergrund verdeutlicht noch einmal, wie weit die Anlagen in Briare auseinanderliegen. - Am weitesten weg von Briare lag die Schleuse Martinet, die heute aber nur noch in Resten erahnbar ist. Leider bin ich über die komplizierte Entwicklung des Kanalnetzes in Briare nicht im Bilde - das bedürfte eines aufwendigeren Aktenstudiums (das wollen wir ja nun nicht).

Die ersten beiden Fotos sind vom Aquädukt aus in Richtung Briare aufgenommen (Bild 2 herangezoomt. Links fließt parallel die Loire) - auch hier werden die großen Entfernungen sichtbar. Bild 3 ist die Fortsetzung des Kanals in Briare. Der von rechts einmündende Arm führt in den Hafen. Schiffe, die auf Bild 3 nach rechts abbiegen würden, kämen einem auf Bild 4 entgegen und würden dann auf Bild 5 von links aus den Hafen erreichen. Die idyllischen Kanalbrücken (im Hintergrund ist eine weitere. Dort geht es zu einem Becken, in dem heute ein Vercharterer seine Basis hat. Früher gab es dort eine Fabrik) sind keine Erfindung des Tourismusmanagers, sondern ein Stück Kanal-Ästhetik des 19. Jahrhunderts.

Das kurze Verbindungsstück auf Bild 4 ist heute gesperrt - in der Straße auf Bild 5 befand sich früher eine Hubbrücke (sie ist in dem "briare...."-Link in der Linksammlung zu sehen!); die altbekannte Zweisamkeit von beweglicher und Fußgängerbrücke also. - Fährt man auf Bild 3 hingegen geradeaus, erreicht man hinter der Brücke im Hintergrund eine Kreuzung. Dort geht es rechts ebenfalls in den Hafen, geradeaus in Richtung Schleuse Rivotte und links liegt gleich die Einfahrt zur Schleuse Baraban.

Nach dem Bau der Kanalbrücke brach der Hafen in Briare ein, weil niemand mehr hier durchkam. Lediglich die Sandschöpfer in der Loire benutzten ihn noch als Hafen (auch davon gibt es ein Foto im genannten Link), bevor er schließlich aufgegeben wurde.

Erst 1977 besann man sich in Zeiten eines zunehmenden Tourismus des idyllischen Hafens und machte das Kanalstück zwischen Briare und der Schleuse La Cognardière, in deren OW das neue Kanalstück über die Kanalbrücke abzweigt, wieder befahrbar. 1987 konnte der Hafen in Briare wiedereröffnet werden, der heute brummt, obwohl es dort keinen Frachtumschlag mehr gibt. - Ich stelle gerade fest, daß ich den Hafen gar nicht fotografiert habe ... na ja: siehe den letzten Satz!

Die Bilder 10-13 sind im alten Kanal zwischen Briare und La Cognardière aufgenommen. Bild 10 die Eisenbahnbrücke bei Briare zu tal (im Hintergrund hinter den Booten bereits die hier nicht sichtbare Schleuse Briare), Bild 11 das OW der Schleuse La Place (auch hiervon findet man ein Bild im briare ...-Link), die letzten zwei Fotos sind an der Schleuse La Cognardière aufgenommen. Bild 12 zeigt die Schleuse vom Fußgängersteg über den neuen Kanal aus, der auf Bild 13 im Hintergrund zu sehen ist. Im OW von La Cognardière befindet sich die Abzweigung beider Kanalarme, die ich leider ebenfalls nicht fotografiert habe. Aber im Zeitalter von google-streetview kann man sich da ja behelfen.

:wink: Gernot

Gernot Menke
30.12.2012, 00:17
Die neue, 1896 eröffnete Route über die große Kanalbrücke in Briare machte die Schiffahrt nicht nur von den Launen der Loire unabhängig, sie war auch bedeutend schneller. Dazu trugen nicht nur der Wegfall der Loire-Durchquerung selbst und die Einsparung von sieben Schleusen bei, sondern auch die Einsparung der Wartezeiten auf den Toueur, der zwar durchschnittlich 13 Stunden am Tag im Einsatz gewesen war, aber immer nur ein paar Schiffe hatte mitnehmen können, die alle auch in die Loire hinein- und wieder herausgeschleust werden mußten.

Die Beschleunigung wird auch hier im Bericht deutlich: die gesamte neue Strecke in einem Teil. Ich füge mit Bild 1 noch einmal den Blick in Richtung Briare im neuen Kanal kurz hinter der Abzweigung bei L`Etang bei (# 14). Ein paar Kilometer später erreicht man Chatillon, wo der Kanal eine markante Rechts-Links-Kurve macht. Auf Bild 2 sieht man diese Doppelkurve aus Richtung Briare mit Blick nach Süden (fast dieselbe Perspektive gibt es in dem in # 13 erwähnten briare....-Link mit einer getreidelten Penische). Hier liegt heute ein Bootshafen - früher waren in den Gebäuden vermutlich Anlagen der Kanalverwaltung untergebracht. Die kleine Brücke im Hintergrund des zweiten Bildes, über dem Kopf der Pariser Tjalk MON RÊVE, führt nach links zur Schleuse Mantelot.

Wenn man sich auf Bild 2 in Richtung Briare umdreht, kommt gleich nach dem Ende der Kurve eine Straßenbrücke. Die Straße führt nur einige Meter weiter über die Hängebrücke mit der Schneckenrampe. Zwischen dieser und der folgenden Brücke folgt ein Bereich mit auffälligen, schrägen und mit rauhem Beton versehenen Ufern. Hier brach 1952 der hohe Damm, der den Kanal an der Loire entlang zur Kanalbrücke führt. Zum Glück war es der flußseitige Damm, sonst hätte es in Chatillon hinter dem anderen Damm viele Opfer geben können! Der DOMINO konnte sich damals mit Vollgas und einigen werftrelevanten Verlusten gerade noch so auf der Stelle und von dem sich auftuenden Loch fernhalten. Der Motorpenische STABLE hingegen zog es die Nase in die zum Schluß 40 m große Öffnung hinein - immerhin lief eine zwanzig Kilometer lange Haltung leer, die zum Glück in einen toten Loirearm ablaufen konnte. Das Schifferehepaar auf dem STABLE war noch jung, gerade über zwanzig: beide schafften den Absprung auf den Damm. Das Schiff steckte spektakulär im Loch - es mußte später an Ort und Stelle verschrottet werden. Hier (http://www.jph-lamotte.fr/files/Plais-hist_chatillon_1952b.htm#niveau_03) gibt es Bilder dazu. Im Bericht über die Reparaturarbeiten, von denen die heutigen Betonufer herrühren, ist auf dem dritten Foto im Hintergrund die (damals gerade erst wiederaufgebaute) Hängebrücke zu sehen.

Die Bilder 3-6 zeigen das westliche Ende der Kanalbrücke samt der Anfahrt in einem großen Bogen (Bilder 4 und 6 Blick zurück Richtung Chatillon, Bilder 3 und 5 Blick Richtung Briare). An den Bäumen auf Bild 4 überquert der Kanal eine Straße. Bild 7 der Blick auf der Brücke in Richtung Briare, also vom linken zum rechten Loireufer. Auffällig der Wasserturm in Briare, der übrigens rechts des Kanals liegt, denn der macht hinter der Kanalbrücke einen Linksbogen.

Die Fotos 8 bis 10 sind der Gegenblick dazu vom rechten zum linken Loireufer, also Blickrichtung Chatillon. Nur auf der Seite von Briare (also RU) gibt es Häuser neben der Kanalbrücke. Bild 11: ein kleines Becken, ich dachte zunächst an ein früheres Trockendock. Das Becken scheint aber eher etwas mit dem Wasserhebewerk des Kanals gleich nebenan (dazu gehört auch der Schornstein auf Bild 7!) zu tun (gehabt) zu haben. Das Ganze liegt nur wenig hinter der auf Bild 10 abgebildeten Brücke auf dem Südufer des Kanals. Übrigens habe ich die Drehbrücke von innen aus dem Becken geknipst, um das Licht im Rücken zu haben. Manche Boote können eben da drunter durchfahren.:tongue:

Noch ein paar Schlängel und schon ist man an dem schönen Fußgängersteg in Höhe der Schleuse La Cognardière (auf Bild 12 rechterhand)! So schnell gehts über die Kanalbrücke, der sich der folgende und letzte Teil näher widmen wird. Apropos - schon hier eine Anmerkung zu den Fotos 8 und 9: die Unterbrechung des Metallteils der Brücke durch einen steinernen Bereich im Vordergrund markiert den darunter durchgehenden alten Kanal. Die Loire beginnt also erst hinter der steinernen Bereich. Ganz vorne ein Sperrtor.

:wink: Gernot

Gernot Menke
30.12.2012, 23:51
Heute mache ich es mir mal einfach. Von der Kanalbrücke - es ist die längste in Europa, aber nicht auf der Welt! In Indien gibt es eine noch längere, die aber neuer ist - existieren Bilder zuhauf, so daß ich mich hier mit ein paar Impressionen begnüge. Auch beim Text halte ich mich diesmal knapp.

Nur einen interessanten Punkt möchte ich vorwegschicken: in Briare gab es schon vor dem Bau des Kanals 1838 ebensowie in Digoin und in Le Guétin eine erbitterte Diskussion zwischen Befürwortern und Gegnern einer Kanalbrücke. Den Vorteilen einer Unabhängigkeit vom zu überquerenden Fluß und der Zeitersparnis standen größere Baukosten und die damals noch drückenderen technischen Probleme gegenüber. In Digoin und in Le Guétin setzten sich die Brückenbefürworter durch - dort wurden die Kanalbrücken aber gemauert! In Briare war eine solche Lösung kaum möglich - Eisgang und Hochwasser der hier viel breiteren Loire erforderten größere Pfeilerabstände und damit eine Troglösung, die 1838 noch nicht machbar war. Der erste Aquädukt mit einem eisernen Trog kam 1845-1849 in Barberey-Saint Sulpice an der oberen Seine - aber der war gerade einmal 42 m lang! Verständlich also, daß man sich in Briare 1838 für die Flußdurchquerung entschied (ebenso auch etwas später in Decize an der Verbindung zum Canal du Nivernais - aber dort herrschten andere Verhältnisse). Am Ende des 19. Jahrhunderts waren die technischen Möglichkeiten im Stahlbau dann bereits ganz andere.

Wer es genau wissen will, der sei unbedingt auf diese (http://www.jph-lamotte.fr/files/Plais-hist_briare_pc1.htm) Seite verwiesen. Vier Kapitel gibt es hier über die Kanalbrücke zu lesen, die in Text, Bildern und sogar alten Karten den Bau, die Zerstörung im Zweiten Weltkrieg (ja, die Brücke lag im Bach. Auf manchen Bildern, die von einem deutschen Soldaten stammen, steht "Gesprengte Kanalbrücke" drauf) und auch das Wasserhebewerk im Detail behandeln. Besser kann man es nicht machen! Auch wer kein Französisch kann, wird sich an den Fotos sattsehen. - Das Wasserhebewerk versorgt übrigens von hier von der Loire aus die Scheitelhaltung des anschließenden Canal de Briare mit Wasser - mehr dazu im Bericht über jenen Kanal.

Mit Ausnahme der Fotos 10 und 12 sind alle Bilder am rechten Loire-Ufer aufgenommen. Bild 9 (falls man es lesen kann) macht deutlich, daß Eiffel an der Brücke für das Mauerwerk zuständig war, die Eisenkonstruktion hingegen von der Firma Dayde & Pille stammt, die an einigen großen Brücken gebaut hat (darunter an einer berühmten, sehr langen Eisenbahnbrücke in Vietnam, das ja eine französische Kolonie gewesen war). Auf Bild 10 ist das Firmenschild von Dayde & Pille am Brückentrog zu sehen.

Zu erwähnen die Bilder 5-7 (und Bild 8 im Vordergrund), die die Überquerung des alten Kanals durch die "neue" Brücke zeigen, die 1896 eröffnet wurde. Hier kann man schön den Höhenunterschied beider Kanäle sehen und die eingesparte Schleusenarbeit erahnen.

Bild 12 zeigt einen der Pfeiler an den Brückenenden, dieser hier am linken Ufer. Durch die Pfeiler, die die Enden des Aquädukts betonen, kann man die Länge der Brücke gut erkennen. Nett auch Bild 11: selbst da, wo heute ein Schild "Betriebsweg - Betreten verboten!" stünde, gab man sich früher sehr viel mehr Mühe.

Mit Bild 13 möchte ich mich von diesem Kanal verabschieden. Wie das Bild zeigt, geht die Fahrt weiter in Richtung Canal de Briare, der im OW der Schleuse La Cognardière beginnt.

:wink: Gernot

Robert67
31.12.2012, 11:16
Toller Beitrag, Gernot.
Und tolle Bilder.

Gruss
Robert

Rheinlotse Klaus
10.06.2013, 12:40
Man kommt ja auch im Urlaub nicht vom Wasser los und so stieß ich auf einer Fahrradtour "überraschend" auf den Canal Latéral a là Loire, an dem natürlich auch ein Stück entlang geradelt wurde ( von Diou Richtung Digoin). Hier nun einige Fotos dazu:
1. Eisenbahnbrücke bei Diou bergwärts gesehen.
2. dito zu Tal.
3. Schleuse
4. Handarbeit ist angesagt
5. Schleusenwärterhaus
6. Wichtige Informationen

Mit freundlichem Gruß vom 764er, Klaus