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Ernst
09.12.2008, 23:53
Ein Arbeitstag auf einer Räderboot

Im Original erzählt von Frédéric Ritter † er war Matrose auf der Räderboot CONDOR

Übersetzt und ergänzt von Ernst Krobbach

Die Besatzung bestand, abhängig von der Schiffgröße, aus 12 – 17 Mann

1 Kapitän
1 erster Steuermann
1 zweiter Steuermann
4-5 Matrosen (der älteste war meisten für das kochen zuständig)
1 erster Maschinist
1 zweiter Maschinist
4-6 Heizer
1-2 Schmelzer (Schiffsjungen)


Nach dem „vor Anker gehen“ wurde ein Matrose zur Nachtwache eingeteilt.
Er hatte folgende Aufgaben
Das halten der eigenen Anker überwachen.
Kontrollieren ob kein Zug auf einem der Schleppstränge, durch das „sacken“ von einem Anhang entstand. Wenn ja die betreffende Klemme lösen und den Strang fieren.
Außerdem war Er für das Übersetzen vom Personal per Nachen an Land und dem Zurückholen, nach Zeitabsprache, zuständig.
(letzteres klappte nicht immer weil entweder das Personal die Zeit nicht einhielt oder die Nachtwache eingeschlafen war)

1:00 Die Nachtwache weckte die Heizer, denn spätestens um 6:00 müssen die Kessel unter max. Dampf stehen.
(oftmals schwierig weil sie erst spät in der Nacht betrunken an Bord kamen)

5:30 Die Nachtwache kochte den Kaffee für die Mannschaft. Danach durfte die Nachtwache bis Mittag schlafen.
(der Kapitän hatte als einziger seine Frau dabei und eine eigene Kombüse)

6:30 Die Glocke wird zum ersten Mal geschlagen.
(als Wecksignal für die Anhänge, zum Zeichen das das Signal verstanden war wurde die Laterne oder Fahr-Flagge, je nach Jahreszeit, auf „Halbmast“ gesetzt.)
Danach durfte die Nachtwache bis Mittag schlafen.

6:45 Die Glocke wird zum zweiten Mal geschlagen. Die Räderboot lichtet ihre Anker und die Maschine geht auf „langsam Voraus“
(die Anhänge lichten ihre Anker, wenn das Anker „frei“ war wurde die Laterne oder die Fahr-Flagge ganz hochgezogen)

7:00 Wenn alle Anhänge die Laternen oder Fahr-Flaggen „gesetzt“ haben wird die Glocke zum dritten Mal geschlagen und die Räderboot „nimmt Fahrt auf“.
Kurze Zeit später wird „in Gottes Namen“ geläutet.


Im Sommer stieg die Temperatur im Maschinenraum schnell über 60°C an. Wenn dann noch die Schlacke „gezogen“ wurde stieg die Temperatur und Luftfeuchtigkeit rasant an. (die heiße Schlacke wurde vom Feuerrost auf die Flurplatten gezogen mit ein paar Pützen Wasser übergossen und dann durch eine Klappe über Bord geschaufelt) Obwohl die Heizer sich im 2 Stunden Takt ablösten waren sie im laufe des Tages manchmal so erschöpft das sie mit dem Kohle schaufeln nicht nachkamen und der Kesseldruck abfiel. Sobald der Kapitän merkte das sich die Geschwindigkeit verringerte gab es ein lautes Geschrei. Dann wurde die gesamte Mannschaft, mit Ausnahme vom 1. Steuermann, zum Kohle schippen in den Maschinenraum geschickt. Beim durchfahren der Brücken mussten die Kamine gekippt werden. Vorher musste noch mal tüchtig geheizt werden, weil im gekippten Zustand der „Kaminzug“ fehlte und der Kapitän eventuell die „Bude“ voll Qualm hatte. In der restliche Zeit wurde das Schiff gepflegt und kleinere Reparaturen ausgeführt.

Beim „Aufpacken“ wurde auch jede Hand gebraucht. Die „Schleppstränge“ lagen in großen Buchten auf dem Achterdeck. Vom Schleppschiff wurde eine Wurfleine geworfen, daran wurde der „Strang“ befestigt und per Hand zum Schleppschiff gezogen. Beim „ausrauschen“ vom Strang war größte Vorsicht geboten. So manch einem Matrosen wurde das Bein eingeklemmt oder Er wurde mit über Bord gezogen.

Der tägliche Kohleverbrauch lag bei ca. 10 Tonnen. Beim Kohle bunkern wurden, je nach Wasserstand, bis zu 120 Tonnen Kohle per Kran an Deck geschüttet. Die Mannschaft schaufelte sie dann von Hand in die Bunker. Wenn sie voll waren blieb die restliche Kohle an Deck liegen und wurde später in die Bunker geschaufelt.

Darüber wurde dann Abend und der Kreislauf begann von vorne.

Anmerkung

Die CGNR beschäftigte nach dem Krieg überwiegend Marokkaner als Heizer, weil man wusste Muslime trinken keinen Alkohol.
(da müssen aber auch viele Ungläubige dabei gewesen sein!)

Gruß Ernst

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