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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Germania - GSK -



claudius2
13.10.2013, 21:37
Hallo
Hier habe ich einige Bilder aus dem Schiffsmuseum Wörth/Main vom SK "GERMANIA" auf dem König-Ludwig-Kanal. (Der Name der schleppenden Pferde ist leider nicht mehr bekannt, aber hier im Forum werden wir auch das herausbekommen)

Gernot Menke
14.10.2013, 10:05
Die Hauptmaschine hat nur knapp 1 PS, da fällt auch das Bugruder etwas bescheidener aus. Die Bohlen konnten sicherlich abgelassen werden und dienten bei dem leeren Schiff dann zur Kurskorrektur. Allzuviel Wirkung wird das normale Ruder bei diesem Antrieb ja auch nicht gehabt haben. Vielleicht ließ man die entsprechende Bohle bei Seitenwind auch längere Zeit ein Stück weit unten.

Der Stockanker wurde angesichts der engen Kanalschleusen und niedrigen Brücken natürlich weggenommen und die Kette zu einem Gewicht als Behelfsanker geformt. So konnte man trotz des fehlenden Stockankers und trotz des Ankerverbots im Kanal ankern, damit das Schiff nachts nicht umhertrieb. Hinten wurde eben an irgendwelchen Bäumen festgemacht oder das Schiff trieb ans Ufer. Auch bei den Penischen gab es diese Kettenknäuel als Anker, dann aber hinten zum Schutz von Ruder und Schraube.

Man fragt sich vielleicht, warum der sich nachts nicht einfach in eine Schleuse gelegt hat, so wie das die Penischen heute oft machen, aber vielleicht dachte man damals anders, weil es noch mehr Schiffe im Kanal gab. Möglicherweise waren die Schleusen nachts tabu oder man mußte damit rechnen, daß sie schon belegt waren.

Ein sehr schönes Bild!

:wink: Gernot

Navico 2
14.10.2013, 10:11
Hallo Gernot,
hier verstehe ich deine Gedanken überhaupt nicht.
Auf dem Bild ist heller Tag, warum das Schiff in einer Schleuse übernachten ?
Ich sehe das Schiff in Fahrt.
Außerdem sehe ich keine Verbindung vom Pferd zum Schiff, das Schiff wird vom Pferd nicht gezogen.

Für mich ist das eine Fotomontage, wurde früher sehr oft gemacht.
Trotzdem ein schönes Foto.

Gruß Manfred

Gernot Menke
14.10.2013, 10:21
Hallo Manfred,

natürlich ist das Schiff hier in Fahrt - vielleicht habe ich das mißverständlich formuliert. Aber am Abend muß er ja übernachten und dafür hängt das Kettenknäuel bereit unter der Klüse.

Die Verbindung zum Treidelpferd kann man auf dem zweiten Foto gut erkennen. Offenbar ziehen da sogar mehrere Gäule. Das Schiff ist auf dem zweiten Bild ja auch beladen und vielleicht geht es auf der Altmühl gegen die Strömung. Für mich gibt es keinerlei Zweifel, daß es sich auf dem dritten Foto um das Zugpferd handelt. Die Kette geht ja auch ins Wasser und ist offenbar momentan nicht rack. Das hat sicherlich mit der Brücke zu tun und es muß jetzt erst wieder angezogen werden. Das Pferd steht ja noch.

Ich will nichts hineininterpretieren, aber man meint, hinten den Schiffer beim Staken zu sehen, vorne sieht es so aus, als würde der Schleppdraht nach dem Herumbringen um die Brücke wieder festgemacht. Kann man den Draht nicht unterhalb des Pollers sogar vor der Bordwand erkennen?

Diese kleine Unterbrechung war auch eine gute Gelegenheit, um das Foto zu machen.

:wink: Gernot

LorenzE
14.10.2013, 10:41
Hallo Gernot,

ich sehe das genau so wie du. Da der Treridelpfad nicht unter der Brücke durchführt, muss die Verbindung bei jeder Brücke getrennt werden. Auf dem Bild sieht man wie das Pferd nach der Durchfahrt wieder vorgespannt wird.

Grüsse,
Lorenz

Mittelpoller
14.10.2013, 10:44
Es ist für den Rudergänger einfacher und sicherer bei der engen Durchfahrt der Brücke wenn das Treidelpferd nicht zieht,da sonst ein " Drall " entsteht und das Schiff verziehen würde.Also mit ausreichend Steuerkraft (Geshwindigkeit)aber mit kalten Druck.Bis 2012 wurde mit der Anneliese noch in Eberswalde am Finow - Kanal so getreidelt.MfG Mittelpoller

Mittelpoller
14.10.2013, 10:52
Natürlich wird vor der Brücke die Verbindung getrennt und nach der Brücke mit einer Wurfleine das Treidelseil wieder von Bord gezogen.MfG Mittelpoller.

Gernot Menke
14.10.2013, 12:02
Um das Treidelseil durch die Brücke zu bringen gab es die tollsten Systeme. Ich weiß nicht, wie es am Ludwigskanal war, vielleicht machte man das mit der Wurfleine. Es gab aber anderenorts auch folgende Systeme:

In Frankreich gab es Brücken, die man mit einem ganz einfachen Machanismus auf einer Seite ein paar Zentimeter anlupfen konnte - genug, um mal eben die Leine durchzureichen. Vorgestellt habe ich eine solche Brücke in diesem (http://www.binnenschifferforum.de/showthread.php?44448-Canal-de-Briare-SCHWINGBR%DCCKE-MOULIN-BRUL%C9) Beitrag.

Dann gab es noch die Kurbelmechanismen, um die gelöste Leine auf einer Brückenseite einzuhängen, unter der Brücke durchzuleiern und auf der anderen Seite wieder aufzunehmen. Das Bild im Anhang stammt vom Canal de Briare, Schleuse Nr. 12 (Gazonne). Auf dem Rhein-Marne-Kanal gab es das auch und bestimmt auch auf anderen Kanälen - vieles wurde ja seitdem beseitigt.

In England bot sich bei den schmalen Kanälen für die Narrowboats eine weitere Lösung an. Die Brücken hatten eine solch geringe Spannweite, daß man sie oft zweiteilig baute und in der Mitte einfach einen kleinen Spalt für das Treidelseil ließ. (Solche Durchlässe gab es aber auch auf größeren Kanälen sogar für die Masten, um sie nicht umlegen zu müssen! Da mußte dann freilich genau gezielt werden - vielleicht führte man die Schiffe hier mit Seilen. Im binnenvaartforum waren kürzlich Fotos einer solchen Brücke zu sehen - sie stand irgendwo in Polen oder in Rußland, ich muß noch mal suchen)

:wink: Gernot

Helmut
14.10.2013, 12:55
Also für mich sieht das so aus als wären die beiden Bretter nichts anderes als ein Anfahrschutz für die Schleusen oder Brücken. Wie reibhölzer nur eben flacher und breiter

Gernot Menke
14.10.2013, 22:18
Ja Helmut, das war auch mein erster Gedanke. Aber nur der erste!

Ich stelle erst mal ein Rätsel unter "Sprache und Ausdrucksweise der Binnenschiffer" ein :pfeif:, bevor ich hier später noch etwas dazu schreibe.

:wink: Gernot

Gerhard
14.10.2013, 22:40
Hallo Manfred,

.........................dafür hängt das Kettenknäuel bereit unter der Klüse.


:wink: Gernot
Hallo Gernot

führer sagte man glaube ich Schleifanker dazu, wurde eingesetzt um die Fahrt zu verlangsamen bzw. hinten eingesetzt um das Schiff auf Kurs (gerade) zu halten.

Gruß Gerhard

Gernot Menke
14.10.2013, 22:58
Zum Schleifanker fällt mir das Wort "grasen" ein.

Hier im Kanal ersetzte der Schleifanker aus den in # 2 genannten Gründen aber nur den Stockanker.

:wink: Gernot

Gernot Menke
16.10.2013, 19:48
Die Schleppschiffe hatten damals eine Holzstrau und konnten kein Ballastwasser in den Raum nehmen. Man baute eben oben alles ab, was zu hoch war und hatte dann ein Schiff, das ganz flach im Wasser lag. Das Schiff lief so sehr gut, war aber auch sehr windempfindlich.

Ohne Kopfruder - den "Bouteur" habe ich unter Schiffersprache vorgestellt - ging bei den Penischen leer im Kanal gar nichts und am Ludwigskanal war das sicher nicht anders. Man muß sich vergegenwärtigen, daß die geschleppten Penischen leer größtenteils nur mit dem Kopfruder gesteuert wurden! Das Heckruder wurde - so machte man es auf den französischen Kanälen - oft einfach mittig festgebunden. Das Heck folgte willig - es kam nur darauf an, den Kopf in der Mitte des Kanals zu halten und dafür war das Bugruder bei der Leerfahrt unentbehrlich.

Meist erfolgte in diesem Fall sogar die Steuerung des Schiffs von vorne, auch wenn hier und da eine Bedienung des Kopfruders über Seilzüge praktiziert wurde.

Vor diesem Hintergrund kann man die bestimmt recht wirkungsvollen Bohlen dieses leeren Schleppschiffs in dem engen Kanal gar nicht anders deuten als daß es sich um ein mit ganz einfachen Mitteln verwirklichtes Kopfruder handelt. Sieht die linke Bohle am Ende nicht auch naß aus, so als ob sie zuvor im Wasser gesteckt hätte?

Es wäre interessant, zu wissen, ob die speziellen Ludwigskanal-Schiffe die Leerfahrt ebenso handhabten. Allzu viele Fotos von leeren Schiffen auf dem Ludwigskanal gibt es ja nicht.

:wink: Gernot

McRonalds
16.10.2013, 20:15
Allzu viele Fotos von leeren Schiffen auf dem Ludwigskanal gibt es ja nicht.
...in der Tat. 1939 gab es einen offiziellen Bericht über den LDMK, der feststellte das gerade noch 36(!) Schiffe dort verkehrten - und das meist nur im Zubringerdienst. Tatsächlich war der Kanal zu diesem Zeitpunkt bereits zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken. Daher gibt es auch so extrem wenig Bilder über den LDMK und dessen Fahrzeuge. Und bis heute auch nicht annährend eine umfangreiche Liste - obwohl diese wahrscheinlich wirklich nicht sehr umfangreich ausfallen würde.

LorenzE
16.10.2013, 20:22
An der SB-Klüse sieht man auch gut, wie diese "Kopfruder" drehbar befestigt sind.

Grüsse,
Lorenz

McRonalds
16.10.2013, 20:36
...habe mal einen Detailauschnitt des Demerag-Kahns BEFREIUNGSHALLE herausvergrößert - aber so recht an die Ruderwirkung dieser Balken mag ich nach diesem Foto nicht so glauben. Gruß - Ronald;-)

McRonalds
16.10.2013, 21:02
...noch ein Bild von der BEFREIUNGSHALLE, diesmal bei einer Schiffsbegegnung auf dem Kanal (abenteuerlich eng). Wie man sieht wurden diese Hölzer wohl ständig ausgetauscht.

Gernot Menke
16.10.2013, 21:25
Danke für die Bilder, Ronald! Wie man sieht, gehören die Bohlen leer dazu. Man erkennt sogar, daß die Leine am absenkbaren Ende zu den Pollern führt.

Wegen der Wirkung mache ich mir keine Sorgen. Eine am vorderen Ende des Schiffs schräg ins Wasser greifende Fläche sollte bei diesem Hebel und bei solch einem kleinen Schiff schon wirksam genug sein. - Man beachte den "Schnitt" des Kopfruders: unten geht es nach außen, um den Hebelarm zu vergrößern und die Fläche vergrößert sich am Ende!

Auf dem Bild zuvor steht der Schiffer an Backbord und hat eine Leine in der Hand. Leider liegt die Backbordseite im Schatten, aber ich meine, da ist doch etwas Senkrechtes an der Bordwand zu erkennen. Ich denke, der Schiffer hat die Backbord-Bohle in diesem Moment wegen der Begegnung ganz heruntergelassen. Sicherlich ist der nicht nur mit einer Bohle unterwegs gewesen.

Nur als weitere Bestätigung habe ich noch ein leeres Schiff mit dem Kopfruder gefunden, zu sehen beim Schiff GUTE FAHRT in diesem (http://www.wwa-la.bayern.de/wasser_erleben/technik_kultur/ldm_kanal/index.htm) Link hier. Man erkennt das Ruder an der Steuerbordseite hinter dem Schleusentor (man beachte deren Öffnung mit Zugstangen - auf beiden Seiten gleichzeitig!).

:wink: Gernot

McRonalds
16.10.2013, 21:31
Wegen der Wirkung mache ich mir keine Sorgen. Eine am vorderen Ende des Schiffs schräg ins Wasser greifende Fläche sollte bei diesem Hebel und bei solch einem kleinen Schiff schon wirksam genug sein.
Klingt durchaus logisch. Das Tempo dieser Schiffe war ja auch äußerst gering. Durchaus möglich dass das als kleine Lenkhilfe bei engen Brückendurchfahrten oder Begegnung (wie oben zu sehen) benutzt wurde).

McRonalds
16.10.2013, 21:44
Noch mal einige Anmerkungen zum Schiff selbst; habe zwar versucht etwas darüber heraus zu finden, aber nix zu finden. Das Schiff transportiert Baumaterial, was in den 30er Jahren eine der häufigsten Frachten am Kanal gewesen ist. Von der Bauweise scheint es ein recht 'modernes' Eisenschiff zu sein, jedenfalls für den LDMK. Übrigens; den Namen des Pferdes herauszufinden dürfte recht schwierig werden, denn die meisten Schiffer hatten damals keine eigenen Treidelpferde - das Pferd könnte also wer weiss wem gehört haben:-))))

McRonalds
22.10.2013, 23:07
...jetzt habe ich doch noch was zu einem Schleppkahn GERMANIA von Wörth gefunden. Soll 130 t getragen haben (ist fast schon eine Nummer zu groß für den LDMK) und 1950 noch einem Anton Bettendorf gehört haben. Ob es das selbe Schiff ist?!

McRonalds
29.11.2016, 19:27
Die Bohlen konnten sicherlich abgelassen werden und dienten bei dem leeren Schiff dann zur Kurskorrektur. Allzuviel Wirkung wird das normale Ruder bei diesem Antrieb ja auch nicht gehabt haben. Vielleicht ließ man die entsprechende Bohle bei Seitenwind auch längere Zeit ein Stück weit unten.
Nach so langer Zeit kann ich doch noch etwas dazu beitragen; in einem Artikel über den LDMK habe ich heute gelesen dass diese Bohlen am Kanal 'Schwallbretter' genannt wurden - ich nehme an das ist eine rein bayuwarische Bezeichnung. Gruß - Ronald;-)

Cuxi
29.11.2016, 22:25
Moin, moin;
oder besser Guten Abend.
Im Rheinschiffsregister ist diese Germania aus Wörth gelistet.

MfG
Helmut

McRonalds
29.11.2016, 23:04
@Cuxi; vielen Dank. Dass das Schiff so neu ist, hätte ich nicht gedacht, obwohl man an den Fotos sieht dass es noch nicht soooo alt sein kann. Darum habe ich es wohl auch in meiner Liste von Ludwigskanalschiffen nicht drin. Aber ich glaube der ist dort auch nicht so furchtbar viel gefahren...

Gernot Menke
29.11.2016, 23:30
Soll 130 t getragen haben (ist fast schon eine Nummer zu groß für den LDMK

Hallo Ronald,

der Ludwigskanal krankte doch immer an fehlender Tiefe wegen Wassermangels. Ich könnte mir gut vorstellen, daß die Ludwigskanalschiffe im Kanal nie voll abgeladen waren. Auf dem Main schon. Auch die Penischen sind ja ganz unterschiedlich tief abgeladen, je nachdem ob sie im Kanal oder auf den tieferen Flüssen unterwegs sind. 130 Tonnen, das paßt doch.

Noch ein Nachtrag zum Foto in # 1: das "Schwallbrett" (Kopfruder) an Backbord ist am Ende noch naß, da sieht man auch, das es kurz zuvor abgelassen wurde - wegen der Brückendurchfahrt.

:wink: Gernot

McRonalds
29.11.2016, 23:37
...der Ludwigskanal krankte doch immer an fehlender Tiefe wegen Wassermangels.
Man sollte eigentlich meinen, an einem Kanal sei der Tiefgang (oder sollte ich besser sagen ein gleichmäßiger Tiefgang) gewährt, aber Du hast recht, der LDMK hatte an manchen Stellen massive Dichtigkeits-Probleme, die man nie in den Griff bekam. Vielleicht hätte man das im Lauf der Zeit beheben können, als besseres Material zur Verfügung stand, aber da hatte sich der Kanal bereits als zu klein erwiesen. Eine so um 1910 dirkutierte Vergößerung für 200 t-Schiffe blieb in der Planung stecken. Außerdem hatte er das selbe Problem wie der MDK - zu wenig Wasserzufluss auf der Nordrampe. Ich habe dazu mal einen zeitgenössischen, interessanten Artikel gelesen, aber den finde ich jetzt nicht mehr. Gruß - Ronald;-)