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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Pilatus - PSRD / Baujahr 1894 (Vierwaldstättersee)



Elbianer
13.11.2013, 23:35
SCHIFFSDATEN:

Name: PILATUS
Ex-Name: keiner (PILATUS war der Bauname)
Heimat- oder Registerort: Luzern (?)
Nationalität: Schweiz :ch:
Europanummer / ENI: keine erhalten
Nationale Nummer: (?)
Betreiber / Eigner: Dampfschiffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees (DGV), ab 1960 Schiffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees (SGV)

Länge: 50,00 m über Perpendikel / 51,50 m über Deck / 52,15 m über alles
Breite: 5,76 m über Hauptspant / 11,40 m über alles
Tiefgang: 1,18 m (mittlerer Leertiefgang) / 1,38 m (mittlerer Tiefgang beladen)
Verdrängung: 180 t (Leerverdrängung)
Tragfähigkeit: (?) t
Fahrgäste: 550 Personen

Maschinenleistung: 380 PSi
Maschinen-Hersteller: Gebrüder Sulzer, Winterthur (schrägliegende Zweizylinder-Nassdampf-Verbundanlage)

Baujahr: 1894 (Indienststellung 01.06.1895)
erbaut in: Schweiz :ch:
Bauwerft: Gebrüder Sulzer, Winterthur

Verbleib:

1966 außer Dienst gestellt. 1969 offiziell aus der Schiffsliste der SGV gestrichen. 1971 an Privat verkauft und Restaurierungsarbeiten beginnen.
1975 in die Harissenbucht bei Stansstad geschleppt. 1978 erwirbt das Verkehrshaus der Schweiz in Luzern das Schiff. 1980 werden Teile der Salontäfelung beim Bau der BASLERDYBLY verwendet. 1985 wird die neue Halle des Verkehrshauses eröffnet. Kessel, Maschine, Schaufelrad und Teile der Salonpartien bilden einen Hauptanziehungspunkt der Halle. Ein Schaufelrad (siehe Fotos) findet sich am gegenüber liegenden Ufer in der Nähe der Werftstraße bei der Shiptec AG (http://www.shiptec.ch/de/portrait/kontakt.html). Der Rest des Schiffes wurde wohl abgebrochen.



Quelle:

Die Geschichte der Schiffahrt auf dem Vierwaldstättersee / Josef Gwerder - Jürg Meister - Erich Liechti. Luzern : Maihof Verlag, 1999 ISBN 3-9520756-8-X
Schiffahrt auf dem Vierwaldstättersee / Autorengemeinschaft. Villigen : Verlag Eisenbahn, 1974 ISBN 3-85649-021-3

Schautafel mit Daten (Eigene Fotos vom 27.02.2009 in Luzern)

Gruß Thomas


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Gernot Menke
14.11.2013, 10:18
Witzig - mit der Exzentersteuerung der Schaufeln beschäftige ich mich auch gerade. Nicht einfach zu verstehen - schade, daß man bei dem ausgestellten Schaufelrad das Exzenterrad nicht deutlicher sieht.

Die Sache kann doch nur so funktionieren, daß sich das Schaufelrad und das Exzenterrrad, die in fester Stellung zueinander stehen, auf ihren jeweils eigenen Achsen in völligem Gleichklang drehen. Jetzt frage ich mich nur, wie die Lagerung der Welle des Exzenters erfolgte - er muß doch wohl innen gelegen haben, also zum Schiffsrumpf hin, so daß man die Welle an der Bordwand lagern konnte. Der Antrieb der Exzenterwelle dürfte über Zahnräder von der Radwelle aus erfolgt sein?

Vielleicht weiß Jemand Näheres darüber, ich würde mich freuen!

:wink: Gernot

felixS
14.11.2013, 11:22
Hallo Gernot

Schau mal hier das erklärts wohl: http://www.youtube.com/watch?v=mOo2RAzHbjQ

Felix

Gernot Menke
14.11.2013, 11:46
Eine wirklich sehr schöne Illustration - danke für den Link, Felix!

Jetzt bin ich mal gespannt, ob - neben der naheliegenden Annahme der festen Anordnung und des Gleichlaufs der beiden Räder (anders konnte es gar nicht sein) - auch meine Vermutungen hinsichtlich der Lagerung (innen?) und des Antriebs (Zahnräder von der Hauptwelle aus?) der Exzenterwelle richtig sind.

:wink: Gernot

swk
14.11.2013, 12:18
Das Exzenterrad wird gar nicht angetrieben, es wird von einer Anlenkstange (Hauptlenker) die nicht gelenkig mit dem Exzenterrad verbunden ist, mitgenommen. Auf dem Bild die in der untersten Stellung. ist mit 3 Nieten fixiert. Das Exzenterrad ist z.B. bei der SCHÖNBRUNN außen montiert. So wie auf dem rechten Bild ersichtlich.
Es gibt auch Schaufelräder mit geteilten Schaufel (große Breite), diese haben dann für jeden Teil eigene Anlenkvorrichtungen. Die Antriebswelle geht dann durch das Lager des Exzenterrades hindurch, das Exzenterrad sitzt dann innen auf einem Lagerring (linkes Bild)

Grüße aus Wien
swk

Gernot Menke
14.11.2013, 14:54
Schönen Dank für diese herrlichen Skizzen und fundierten Erklärungen, swk! Ein Genuß. Man sollte nicht meinen, wie kompliziert so ein "simples" Schaufelrad sein kann!

An die Möglichkeit, daß man trotz der versetzten Anordnung beider Räder das Exzenterrad mit dem Schaufelrad einfach verbinden kann, hatte ich gar nicht gedacht - aber die gelenkige Verbindung macht das ja möglich. Das Schaufelrad zieht das Exzenterrad mit.

:wink: Gernot

swk
14.11.2013, 14:59
Hallo Gernot!
Genau so ist es, der Hauptlenker ist starr mit dem Exzenterrad (in der Zeichnung Exzenterscheibe) verbunden und überträgt die Drehbewegung. Also eh ganz einfach.
Bilder habe ich übrigens aus dem Internet geklaut, nicht selbst gezeichnet.:lool:
Grüße aus Wien
swk

Gernot Menke
14.11.2013, 16:05
Die einfachsten Dinge sind immer die schwierigsten. In # 6 hatte ich die Sache mit dem Hauptlenker (h) und den Lenkstangen (g) unklar formuliert - da swk bereits reagiert hat, schiebe ich ihm meine Korrektur nicht einfach unter, sondern formuliere sie jetzt hoffentlich richtig in diesem Beitrag:

Es ist nicht falsch, aber doch mißverständlich, zu sagen, daß der Hauptlenker die "Hauptarbeit" macht und die Lenkstangen (g) daher leichter gehalten werden können. Denn zwischen beiden besteht ein gravierender Unterschied: die Lenkstangen verändern ständig ihren Winkel zum Exzenterrad, der starr verbundene Hauptlenker aber nicht! Die starre Verbindung zum Exzenterrad (eigentlich eine verwirrende Bezeichnung, denn es handelt sich ja nicht um einen Exzenter, sondern um eine versetzte Anordnung der beiden Räder) bewirkt, daß die Lenkstangen die wechselnden Längen zwischen der Befestigung am Schaufel- und der am Exzenterrad dann nur noch über das Gelenk an der Schaufel ausgleichen können und diese damit steuern. Genau dadurch wird diese starre Verbindung zum "Hauptlenker".

:wink: Gernot

Friedhelm L.
14.11.2013, 16:16
Hallo Gernot,

schau mal bei Wikimedia Commons: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Ro%C3%9Flau,_Exzenterschaufelrad.jpg, da sind noch mehr Bilder von Original-Schaufelrädern.

Gruß

Friedhelm

Robert Kuijpers
14.11.2013, 19:14
DS "Pilatus" (I) :

Bild 1 : Generalplan, rekonstruiert von Erich Liechti. Der Grundriss und die Seitenansicht zeigen das Dampfschiff "Pilatus" (I) im Endzustand
Bild 2 : Betriebsaufnahme um 1901. Der Kamin ist verlängert worden, noch ist der Steuerstand offen
Bild 3 : Um 1940 verlässt der "Pilatus" (I) die Brücke 1 in Luzern. Noch sind die Sonnensegelstützen auf dem vorderen Oberdeck vorhanden, der Mast noch weiss gestrichen

Schöne Grüssen,
Robert

Robert Kuijpers
14.11.2013, 19:28
System Escher Wyss :

Bild 3 : Die aus einem Stück geschmiedete, frisch revidierte Kurbelwelle beim Wiedereinbau während der Generalrevision in der Werfthalle (DS "Unterwalden, Vierwaldstättersee))

Bild 1 & 2 : Constructionsplan der Schaufelräder (DS Lötschberg, Brienzersee)

Schöne Grüssen,
Robert

Robert Kuijpers
14.11.2013, 19:55
System Gebrüder Sulzer :

Kurbelwelle Dampfschiff "Schiller" (1906) Vierwaldstättersee.

Fotos : B. Berli

Schöne Grüssen,
Robert

Gernot Menke
10.07.2016, 15:57
Bekanntlich ist dem Inscheniör nichts zu schwör. Auch das Schaufelrad mit Exzentersteuerung nicht.

Eine Bemerkung vorweg. Die Exzentersteuerung der Radschaufeln ist in historischer Hinsicht nicht etwa erst eine spätere Vervollkommnung eines ursprünglich starren Schaufelradantriebs, sondern die Exzentersteuerung gehört bereits zum Entstehungsprozeß mechanischer Schiffsantriebe!

Buchanan, ein Mechaniker aus Glasgow, meldete 1813 die Exzentersteuerung der Radschaufeln zum Patent an. Sein Fehler war, daß er die Exzenterscheibe auf der Radwelle anordnete und dadurch ungünstige Winkel der ein- und austauchenden Radschaufeln erhielt, so daß sich der Antrieb nicht bewährte. Buchanan kehrte daraufhin zum starren Schaufelrad zurück.

Den nächsten Schritt tat 1829 Galloway, der die Erfindung von Buchanan entscheidend verbesserte, indem er die Exzenterscheibe zur Steuerung der Radschaufeln auf eine von der Radachse getrennte Achse verlegte. Dieses Patent wurde von Morgan aufgekauft, der einen Fährdienst zwischen Triest und Venedig betrieb. In Triest fand 1829 ein Vergleichstest statt, denn nicht nur das seitdem im wesentlichen unveränderte Galloway-Morgan-Schaufelrad war neu, sondern auch die von Ressel erfundene Schiffsschraube!

181 Jahre später kam im Jahr 2010 von der Elbe eine Detailverbesserung des Galloway-Morgan-Rades. Um was geht es dabei: wenn die Radschaufeln in der Position 3 und 9 Uhr sind, bewegen sie sich nur vertikal, wenn sie unten oder oben stehen, nur horizontal. Es leuchtet daher ein, daß die Geschwindigkeit, mit der sich die Radschaufeln bei der Eintauchung horizontal durch das Wasser bewegen, je nach der Position der Schaufeln geringfügig variiert. Anders ausgedrückt: nur ganz unten üben die Schaufeln den optimalen Schub nach vorne aus, vorher und nachher bremsen sie gegenüber dieser Geschwindigkeit etwas ab. Diesen Effekt will ein Patent, das im nachfolgend angegebenen Link beschrieben ist, beheben. Inwieweit diese Erfindung auch praktisch umgesetzt wird und ob sie sich bewährt, entzieht sich meiner Kenntnis.

:wink: Gernot