PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : 04/2004 - 90 Jahre Rhein Herne Kanal



Norbert
09.01.2009, 15:21
Aus der Verbandszeitschrift des deutschen Marinebundes "Leinen Los" Heft 2 April / Mai 2004

90 Jahre Rhein Herne Kanal

Wasserstraße und Lebensader im Ruhrgebiet

Der Rhein-Herne-Kanal wurde als Teilstück der Rhein Weser Elbeverbindung zwischen 1906 und 1914 zwischen dem Rhein und dem Dortmund-Ems-Kanal (DEK) gebaut. Gesetzliche Grundlagen hierfür waren die preußischen Wasserstraßengesetze aus den Jahren 1886 und 1905. Darin war vorgesehen, die Flüsse Rhein, Ems, Weser und Elbe durch Kanäle miteinander zu verbinden, das Ruhrgebiet an die deutschen Seehäfen anzuschließen und die Verbindung der preußischen Provinzen im Westen mit der Hauptstadt Berlin herzustellen.

Als erstes Teilstück wurde der DEK nach 7 jähriger Bauzeit am 11. August 1899 durch Kaiser Wilhelm II feierlich seiner Bestimmung übergeben. Danach war es möglich, die Steinkohle aus dem östlichen Steinkohlerevier im Raum Dortmund, über den Seehafen Emden zu exportieren und gleichzeitig schwedisches Eisenerz zur Stahlerzeugung für die Dortmunder Hüttenwerke zu importieren.

Als nächster Schritt begann 1906 unter der Leitung der Königlichen Kanalbaudirektion Essen der Bau des Rhein-Herne Kanals. Zwei Jahre später folgte der Bau des Datteln-Hamm-Kanal (DHK). Beide Kanäle nahmen nach ihrer Fertigstellung und einem kurzen Probebetrieb am 01. August 1914 ihren Betrieb auf.

Die Planung für den RHK gestaltete sich schwierig, denn dieser Kanal sollte das Ruhrgebiet von West nach Ost durchqueren. Dabei führte die Trasse quer durch die heutigen Städte Duisburg, Oberhausen, Essen, Gelsenkirchen, Wanne-Eickel und Herne.
Nach diesen Städten wurden später die Schleusen benannt. Diese waren anfänglich von I – VII durchnummeriert, nur in Herne gab es zwei Schleusenstufen Herne-West und Herne-Ost. Die Kanaltrasse musste über bestehende oder noch zu erschließende Steinkohlefelder geführt werden, dabei verlegte man auch teilweise das Flussbett des parallel verlaufenden Flusses Emscher nach Norden.

Um auf Bergsenkungen vorbereitet zu sein, wurde schon bei der Planung und dem Bau der Schleusen, Brücken und Düker (verrohrte Bachunterführungen unter dem Kanal) Sicherungsmaßnahmen eingeplant. So baute man z.B. die Schleusenkammern der Doppelschleusen II bis VII nicht parallel nebeneinander, sondern im Fußstapfensystem um 80 Meter in der Längsachse versetzt. Das hatte den Vorteil, dass beim Ausfall einer Schleusenkammer durch Bergsenkungen nicht die gesamte Schleusengruppe den Betrieb einstellen musste.

Für die 36 Meter Höhenunterschied vom Rhein zum DEK wurden 7 Schleusenstufen benötigt und mit folgenden Kammerabmessungen gebaut: Länge 165 m, Breite 10 m. Der Hub der Schleusen I bis VI betrug bei der Inbetriebnahme jeweils 5 Meter, nur die Schleuse VII (Herne-Ost) hatte 6 Meter Hub. Bedingt durch unterschiedliche Bergsenkungen in den einzelnen Kanalabschnitten, liegt die Hubhöhe an den einzelnen Schleusen heute zwischen 4,10 m und 12,80 m.
Jede Schleusenkammer konnte bei einer Schleusung 1 Schleppboot und zwei 67 Meter lange Kähne oder 2 Schleppkähne à 80 Meter Länge ohne Schlepper aufnehmen. In diesem Fall wurden die Schleppkähne von einer elektrische Treidellokomotive in die Schleuse hinein und auch wieder hinaus gezogen (ähnlich wie am Panama-Kanal).

Die Brücken waren für eine Durchfahrtshöhe von 4 Meter vorgesehen. Sie hatten anfangs eine tatsächliche Höhe von 5 Metern, ihre Widerlager waren so gebaut, dass sie bis zu 2m erhöht werden konnten, was auch im Laufe der Jahre auf Grund von Bergsenkungen geschah.

Die Wasserspiegelbreite betrug 34,5m bei einer Sohlentiefe von 3,50m. Ursprünglich hatte der Kanal eine Länge von 38 km, er begann in den Duisburg-Ruhrorter Häfen und mündete oberhalb der Schleuse VII in einen Zweigkanal, der den Stadthafen Herne mit dem DEK in Henrichenburg verband. Dieser Zweigkanal wurde nach dem 2.Weltkrieg dem RHK zugeordnet, somit hat dieser nun eine von Länge 45,6 Kilometern.

Mit der Eröffnung des Kanals am 01.08.1914 gingen auch mehrere Häfen in Betrieb, weitere befanden sich in der Planung oder im Bau.
Um 1960 gab es 32 Häfen und Verladeanlagen, wobei die wenigsten ein eigenes Hafenbecken besaßen, wie etwa die Stadthäfen Essen und Gelsenkirchen oder der Westhafen Wanne-Eickel. Meist waren es nur Verbreiterungen des Kanals, (sog. Parallelhäfen).
Über die Hälfte der Häfen diente der Kohleverladung, denn im Einzugsbereich des RHK gab es damals 67 Zechen, von denen 39 direkten Zugang zu den Verladehäfen hatten.
Der wichtigste Kohleverladehafen in dieser Zeit am RHK, war Wanne-Eickel mit 2 Millionen Jahrestonnen. Das entsprach damals etwa 10% der beförderten Jahrestonnage des RHK. Die Steinkohle von 7 Zechen wurde dort auf Binnenschiffe verladen und in alle Teile der Bundesrepublik Deutschland befördert.

Der stetige Abbau der Kohle tief unter der Wasserstraße führte an der Oberfläche zu Absenkungen des Geländes. Das hatte zur Folge, dass Brücken angehoben oder neu gebaut werden mussten. Bei den Schleusen sah es nicht viel besser aus. So mussten z.B. die Schleusenmauern der Schleuse Wanne-Eickel (V) einmal um 2,5m und ein weiteres Mal um 3,1m erhöht werden. Die alte Nordkammer Wanne-Eickel ist heute nur noch Reservebauwerk für die 1994 in Betrieb gegangene neue Südkammer.

Um die Leistungsfähigkeit zu erhöhen begann 1968 der Ausbau des Kanals. Er wurde im Westteil zwischen Duisburg und Gelsenkirchen auf 55 Meter verbreitert und hat nun eine Sohlentiefe von 4 m. Die Fertigstellung des Ostteils von Gelsenkirchen nach Henrichenburg ist bis 2015 geplant.

Im Zuge dieser Baumaßnahme und der damit verbundene Errichtung größerer Schleusenkammern wurde 1981 die Schleuse Essen-Dellwig (III) und 1991 Herne-West (VI) beseitigt. Die Fallhöhe zwischen der jeweils oberen und unteren Kanalstrecke hatte sich durch Bergsenkungen bis auf einige Dezimeter angenähert.
Die übrigen fünf Schleusenstufen ersetzte man durch den Bau neuer Schleusenkammern zwischen 1976 und 1994. Diese haben eine Länge von 190m sowie eine Breite von 12m.
Sie sind durch Schwimmpoller und einer speziellen Füll- und Entleerungstechnik wesentlich leistungsfähiger als die alten Schleusen.

Durch das Ende des Bergbaus im Kanalbereich wurden die neuen Schleusenkammern parallel nebeneinander gebaut und können in Herne-Ost im Zwillingsbetrieb gefahren werden. Das heißt, dass immer eine Kammer im Oberwasser und die andere im Unterwasser steht. Bei der Schleusung gibt die zu Tal schleusende Kammer 50% ihrer Füllmenge an die zu Berg schleusende Kammer ab, danach wird das restliche Wasser in die untere Kanalhaltung abgegeben, bzw. die zu Berg gehende Kammer vom Oberwasser her befüllt. Mit diesem Zwillingssystem lassen sich große Mengen Wasser einsparen.

Einen ganz großen Schritt in ihrer Entwicklung hat die Schifffahrt auf dem Kanal gemacht.
In den ersten vier Jahrzehnten nach der Kanaleröffnung überwog die Schleppschifffahrt, so brauchten die Frachtkähne zur Fortbewegung ein Schleppboot, da sie keinen eigenen Antrieb besaßen.Erst ab 1950 ließ man Motorschiffe in größerer Stückzahl bauen oder Schleppkähne wurden durch den Einbau eines Dieselantriebs motorisiert. Es folgten viele technische Neuerungen, welche die körperliche Arbeit der Binnenschiffer erleichterten, wie z.B. Ruderhäuser, die man hydraulisch absenken kann, elektrische oder hydraulische Ruderanlagen und Bugstrahlruder.
Ein Steuerrad (Haspel) wie damals gibt es kaum noch, Elektronik ist wie überall das Zauberwort. So steuert man heute große Motorschiffe (L 110m, B 11,45m 2400 Tonnen) oder Schubverbände (185m x 11,45m, 3500 Tonnen) mit einem Joystick und Bugstahlruder durch den Kanal.

Der Rhein-Herne-Kanal hat in den letzten 90 Jahren sein Gesicht verändert wie das Ruhrgebiet, das er durchquert. Es gibt nur noch wenige Zechen in dieser Region. Im Jahre 2002 wurden an den Häfen des RHK’s 7,8 Mio. Gütertonnen umgeschlagen. Zusammen mit dem Durchgangsverkehr wurden an den Eingangsschleusen in Duisburg 19641 Binnenschiffe mit einer Ladung von 17 Mio. t geschleust. Im Zuge von Umstrukturierungsmaßnahmen wurde 2002 mit einem vom Land NRW geförderten Containerzubringerdienst von Dortmund nach Duisburg begonnen.
Für das Jahr 2004 ist eine Containermenge von 15.000 TEU (Twenty Foot Equivalent Unit) geplant, diese Container brauchen nicht mehr per LKW über volle Autobahnen quer durch das Ruhrgebiet transportiert werden. Diese Maßnahme kann allerdings nur ein Anfang sein.
Weiterhin werden natürlich die klassischen Frachten wie z.B. Futtermittel, Baustoffe, Getreide, Mineralölprodukte und Kohle auf dem Kanal befördert.

Der RHK wird seit einigen Jahren immer mehr von Yachten befahren, die nicht nur die deutsche Flagge am Heck führen. Sie kommen aus Dänemark, Frankreich, den Niederlanden, Großbritannien, Schweden und Norwegen.
Die Sportboote können in den Jachthäfen oberhalb der Schleusen Herne-Ost und Oberhausen auf Gastplätzen übernachten, weitere Übernachtungsplätze sind in einigen Schleusenvorhäfen und ausgesuchten Plätzen am Ufer vorhanden. Diese sind speziell für die Sportschifffahrt hergerichtet oder mit Schwimmstegen ausgerüstet worden.
Mehrere Generationen von Arbeitern, Angestellten und Beamten waren nötig, um den Rhein-Herne Kanal mit seinen Bauwerke 90 Jahre in Betrieb zu halten, denn ständig musste der Kanal den äußeren Umständen angepasst werden.

Was 1906 mit der Kanalbaudirektion Essen begann, wird seit dem 01.11.1949 von den Mitarbeitern des Wasser- und Schifffahrtsamtes Duisburg-Meiderich weitergeführt.
Der Kanal ist in der heutigen Zeit Schifffahrtsstrasse, Fernwasserleitung und Naherholungsgebiet für die vielen Menschen an seinen Ufern. Seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts gibt es hier im Ruhrgebiet den Begriff „Kumpelriviera“, weil viele Menschen ihre Wochenenden am Kanal verbringen und ihn als Badeanstalt nutzen. Seine Leinpfade sind für Spaziergänger und Radfahrer ausgebaut und an den Ufern sitzen viele Angler. Der Rhein-Herne Kanal ist ein wichtiger Lebensnerv für das Ruhrgebiet und verbindet er es über die Seehäfen Amsterdam, Rotterdam, Bremen und Hamburg mit der ganzen Welt!

Hier finden Sie weiter Informationen (http://www.wsa-duisburg-meiderich.wsv.de/).

Technische Daten des RHK:
Länge 45,6 Kilometer
Gefälle 36 Meter
Sohlentiefe 4,0 Meter (Westteil) / 3,5 Meter (Ostteil)
Brückendurchfahrtshöhe 4,5 Meter
Schleusenstufen 5 4 davon als Doppelschleuse
Kammerabmessungen 190 x 12 m (165 x 10 m Nordschleuse Wanne Eikel)

Text: Norbert Hüls
Foto: WSA Duisburg-Meiderich (2) N. Hüls (1)

Alle Rechte liegen bei der Redaktion

Norbert
10.01.2009, 17:27
Der Artikel wurde am 10. Januar 2009 neu eingestellt.

Gruß Norbert