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p-m
28.06.2015, 16:44
Dem Wasser treu von Gottfried Streuli

Auf verschiedene Weise ist offensichtlich, dass Schiffer und Vereinsmitglieder dem Wasser
treu bleiben. Sie stehen mit diesem Element verbunden, auch wenn sie längst aus dem
Erwerbsprozess ausgeschieden sind. Und das interessanterweise auf ganz verschiedene Art.
Dieses Phänomen zu hinterfragen, ist ganz amüsant. Es gibt wohl drei Typen Wasserfreunde.
Da sind einmal die Sportler, die zur Fitness rudern, bis der Schweiss trieft und die nebenbei
ein Bootshaus hegen und pflegen. Und der Schifferverein profitiert da mit bei den
verschiedenen Anlässen von der guten Infrastruktur und der besten Lage im Dreiländereck.
Gemütlicher nehmen es die Wasserfahrer, die mit Faltboot, Kanu oder Kanadier unterwegs
sind. Mit diesen Kleinschiffen lassen sich ohne weiteres grössere Touren unternehmen, etwa
von Schaffhausen bis Basel, abwärts auf den freien Rhein, so weit man Lust hat oder auf noch
nicht bekannten Nebenflüssen.

Eine zweite Gruppe von Wasserfreunden frönt der Bequemlichkeit und lässt sich fahren. So
auch der Schifferverein. Die Flussfahrten mit dem Hotelschiff "Helvetia" vor vier Jahren von
Basel nach Amsterdam und vor zwei Jahren mit der "Provence" auf der Mosel und Lahn von
Trier nach Limburg waren gut belegt, verliefen zur Freude der Teilnehmer und bleiben in
bester Erinnerung. Doch Individualisten warten nicht auf das Organisieren von Reisen, sie
buchen selbständig Flussfahrten. Es ist ja nicht nur der Rhein, der sich anbietet.
Schiffervereinler fahren auch auf anderen Flüssen, sei es auf Main, Donau, Wolga oder
Jangtsekiang. Wer mit dem Wasser verbunden ist, dem ist auch das Salzwasser nicht fremd.
Am Stammtisch sind jeweils Schilderungen zu hören von Kollegen, die als Passagiere auf
Containerfrachtern buchten und die Weltmeere befuhren. Und geschwärmt wird von einer der
schönsten Seereisen mit den Hurtigtouren von Bergen bis Kirkenes in Norwegen. Wassertreue
ist auch offensichtlich bei Vereinsmitgliedern, die ein Wohnboot mieten und schwören, das
sei die idealste Art, Ferien auf dem Wasser zu verbringen. Besonders für Familien trifft das
sicher zu, denn im Familienverband gibt es für jeden und jede eine angenehme und
ungewohnte Arbeit und etwas Neues zu erleben. Schöne Ferien auf einem gemieteten
Wohnboot bieten sich an in ganz Holland, und Frankreich, auf den Norfolk Broads in
England, dem Shannon in Irland und auf der Mecklenburgischen Seenplatte.

Nun gibt es noch eine dritte Gruppe von Vereinsmitgliedern, die ihre Freude, auf dem Wasser
eine schöne Zeit verbringen zu dürfen, gleich auf andere Menschen übertragen wollen. Wenn
diese Idealisten für die geleistete Arbeit entschädigt werden, so ist das sicher nicht zu
verargen. Beginnen wir mal mit dem Mitglied J.D. Vor Jahren versuchte dieser
Wasserfahrer einen Fährbetrieb mit der "Ariane" im Dreiländereck aufzubauen. Leider
misslang dieser versuch, da eine Rentabilität nicht erreicht werden konnte. J. verlor deshalb
nicht die Begeisterung an den Schiffen. Mit dem neuen Schiff "Veritas" bietet er grössere
Fahrten an, zum Beispiel ins Zentrum von Mülhausen.

Richtig gemütlich und ohne Motorantrieb schippert es sich bei S.B. in
Schaffhausen. Die Fortbewegung geschieht durch Muskelkraft über Stachel und Ruder. Er
und ein paar Gleichgesinnte Weidling-Fans laden Gäste zu Fahrten auf dem Rhein bei
Schaffhausen ein.

Zwischen Kaiseraugst CH und Herten DE gibt es einen fahrplanmässigen Fährbetrieb. das
kleinere Motorboot kann man auch für Rundfahrten mieten. Gelegentlich wird das Schiff von
Vereinsmitglied und Fährima H.G. geführt. Er ist zudem noch Präsident der
Fährekommission Kaiseraugst.

Vereinskamerad M.L. hat die ehemalige Schleppboot Vogel Gryff" zu einem
Passagierschiff umbauen lassen und ihm den Namen "Froschkönig" gegeben. Das Schiff ist
25 m lang, fasst bis 75 Personen. Es kann für Rundfahrten gemietet werden.

G.B., ein weiterer Vereinskamerad, hat ebenfalls den ersten Satz unserer
Vereinsstatuten, die schiffische Tradition sei zu fördern, wörtlich genommen. Er hat ein
Kanalschiff, Baujahr 1909, gekauft und so vor dem Verschrotten gerettet. Um dieses zu
renovieren und anschliessend zu einer sinnvollen Nutzung zu führen hat er gleich einen
Verein gegründet. Neue Mitglieder sind willkommen. Das Schiff ist momentan auf der Werft
und wird überholt. Es hat den Namen "Willi" bekommen, wohl nach dem Fernsehwalfisch
Willi, der seine Freiheit wieder bekam. Wie die Zukunft von "Willi" einmal wird, das ist noch
nicht bestimmt und in Diskussion.

Nun wurde über die schiffischen Tätigkeiten von fünf Mitgliedern des Schiffervereins
berichtet. Das Bestreben dieser Männer ist zu loben, besonders weil sie auf eigene Initiative
handelten und sicher ein mögliches finanzielles Risiko selber tragen. Weil sie alle auf ihre Art
der schiffischen Tradition nachleben, verdienen sie wohl die Unterstützung durch den Verein
in irgendeiner Form und durch die einzelnen Mitglieder nach Möglichkeit.

An der Wiesemündung liegt ein noch fremdes Schiff mit dem Namen "Expo Star". Es gehört
der CFNR, führt also die französische Flagge. Es ist konzipiert als Ausstellungs- und
Restaurantschiff. das Schiff, ein Schubleichter mit gläsernem Aufbau, ähnelt leider einer
schwimmenden Fabrikhalle und versprüht nicht gerade eleganten Charme. In Basel liegt das
Fahrzeug nun als Partyschiff, auf dem feste, heute "Events" genannt, abgehalten werden. Weil
diese in aller Regel mit beträchtlichem Lärm verbunden sind, ist dieser Liegeplatz weit weg
vom Stadtzentrum wohl gegeben gewesen. Das Positive ist immerhin, dass ein neues
Restaurant eine erwünschte Konkurrenz zur Möchte-gern-klein-Stucki-Beiz im nahen
Dreiländereck geben kann. Warten wir's mal ab! Ob der "Expo-Star" zu einer Bereicherung
unseres Hafens werden kann, da ist heute noch ein grosses Fragezeichen angebracht.
Es sass ein Schiffer auf einer Bank am Bermenweg mit dem hübschen Namen Rudolf
Zwyssig-Allee und betrachtete sinnierend den "Expo-Star". Da verschwand dieses Schiff im
Nebel - er hatte einen Tagtraum. An seiner Stelle lag plötzlich der alte Schlepper "Zürich" als
Museumsschiff. Das Schiff war frisch gestrichen, die rote Signal leuchtete, vom Heck wehte
die Schweizer Flagge und frohe Menschen waren an Bord. Nun war noch eine Namentafel zu
entdecken. Darauf stand: "Schifferverein Basel-Kleinhüningen".

Man darf ja wohl noch träumen.....

G. Streuli
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Göpf hat diese Geschichte vor einigen Jahren für den Schifferverein Basel-Kleinhüningen geschrieben und sie auch dem Verein Historische Binnenschifffahrt zur Veröffentlichung auf dessen Homepage zur Verfügung gestellt. Sie ist deshalb teilweise nicht mehr ganz aktuell. Es ist sicher in Göpf's Sinn, wenn diese Geschichte postum auch ins Forum gestellt wird.