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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : FULDA - Schleuse GUXHAGEN



Gernot Menke
07.06.2016, 08:42
Die Schleuse Guxhagen ist die zweite Schleuse oberhalb von Kassel und liegt bei Fulda-km 61,083. Die zu tal folgende Schleuse Neue Mühle ist rund 14 Kilometer, die nächste Schleuse bergwärts im schönen Fachwerkstädtchen Melsungen rund 19 km entfernt. Also ähnliche Distanzen wie am Main, nur daß die Fulda natürlich nicht staugeregelt ist, sondern Schleusen nur dort entstanden, wo Mühlenwehre zu überwinden waren.

Viele der alten Schleusen an Werra und Fulda wurden angeblich 1752 gebaut, auch die Schleuse in Guxhagen. Diese Baujahre erscheinen als etwas pauschal angegeben, es handelt sich offenbar nur um eine Grobangabe. Vielleicht gibt die Aktenlage in den Archiven nicht mehr her. Die Abmessungen betragen in Guxhagen 24 x 4,40 m und die Hubhöhe liegt bei 1,20 m. Man beachte die süßen Paddelboot-Pöllerchen auf Bild 1! Bild 5 zeigt den unteren Schleusenkanal (im Oberwasser gibt es keinen) ausgangs der Schleuse und die Bilder 6 und 7 an der Einmündung in die Fulda.

Heute ist die Schleuse natürlich ein Refugium für Paddler und Angler. Das war nicht immer so, wie der nahe Straßenname Schiffstatt zeigt. Doch war die Vergangenheit in diesem idyllischen Ort nicht immer beschaulich. Auf dem zweiten Bild erkennt man links im Hintergrund eine Kirche – das ist das einstige Benediktiner-Kloster Breitenau mit bedeutenden romanischen Resten. Die dicken Mauern drumherum eigneten sich 1874 zur Einrichtung einer „Besserungsanstalt“ für „Arbeitsscheue“. Bis 1973 bestand ein geschlossenes Heim für „schwer erziehbare“ Mädchen aus sozial schwachen Familien - eigentlich ein Gefängnis und sicher nicht geeignet, erlittene Traumata zu beheben. So war das damals mit den "Heimen". Klar, daß auch die Gestapo die Örtlichkeit zur „Schutzhaft“ von Gegnern genutzt hatte. Eigentlich eine bemerkenswerte Kontinuitätslinie. (Siehe http://www.gedenkstaette-breitenau.de/geschichte.htm)

Das letzte Foto zeigt eine Tafel unweit der Schleuse vor einem Fachwerkhaus, das früher die Synagoge von Guxhagen gewesen war. Die Tafel dokumentiert das Ausmaß der Verfolgung damals: allein aus dem heute 5300 Seelen kleinen Ort Guxhagen - damals sicherlich noch kleiner - wurden einhundert Einwohner deportiert und in Lagern ermordert! Der älteste war 1933 mit 80 Jahren für damalige Verhältnisse bereits ein Greis, viele hatten 15 Jahre zuvor im Weltkrieg ihr Leben für Deutschland eingesetzt und eine ganze Reihe Kinder hatten das Pech, daß sie im Jahr der Machtergreifung 1933 erst fünf Jahre lang hatten leben dürfen. Auch eine komplette Familie mit mehreren Generationen ist auf der Mordliste.

:wink: Gernot