PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Der magische Moment



Gernot Menke
04.07.2016, 21:56
Wenn eine Penische im französischen Kanal in die Schleuse fährt, dann gibt es immer den magischen Moment, wenn der Kopf ins Schleusenhaupt einfädelt. Ein paar Meter weiter darf man auch die zweite Kante an der Nische für das Schleusentor nicht erwischen. Alles Routine, zig tausende mal gemacht. Knapp ist es aber trotzdem, die Schleusen sind nur zwölf Zentimeter breiter als das Schiff, damit bleiben sechs Zentimeter auf jeder Seite. Es ist kein schöner Ton, wenn ein paar Zentimeter fehlen und auch erfahrenen Schiffern sieht man jedesmal schon vor der Schleuse die Konzentration bei der Einfahrt an. Man hat es leichter, wenn man genau gerade ankommt, aber manchmal erfolgt - wie auf dem letzten Foto - die Anfahrt aus einer Krümmung. Penischen haben auch kein Bugstrahlruder und eine plötzliche Boe kann es auch immer geben. Zur Not macht man voll zurück, aber das ist doch schon eher selten.

Meist geht alles klar, so wie hier beim WALHALL (eine der wenigen noch aktiven Saar-Penischen), der auf den ersten Bildern seidenweich in die Schleuse St. Phlin im Rhein-Marne-Kanal einfährt. Man sieht, wie das Schiff einen Wasserkeil vor sich herschiebt, den man bei der Einfahrt in eine Bergschleuse zum Abstoppen nutzt. Hier ist das Schiff aber in einer Talschleuse, der Effekt mit dem Wasserkeil ist minimal, weil das vor dem Schiff hergeschobene Wasser über das Untertor wegläuft - deswegen sieht man auf dem zweiten Foto auch nicht das Schleusentor! Wer genau hinschaut, kann die Wasserkante erkennen. Dennoch strömt auch etwas Wasser am Schiff vorbei nach hinten.

Auf dem letzten Foto ist der WALHALL nur wenig später in der Bergfahrt, das Bild zeigt die Einfahrt in die Schleuse 12 des Verbindungskanals vom Rhein-Marne-Kanal zum Vogesenkanal zwischen Laneuville und Messein (im Osten von Nancy).

Der WALHALL hatte in Ludwigshafen 220 Tonnen Kunstdünger geladen und lag damit 1,80 m tief. Auf dem Rhein ging es zu berg bis Straßburg, dort in den Rhein-Marne-Kanal, das Hebewerk in Arzviller hoch und gleich dahinter durch die beiden Tunnels, dann langsam wieder runter bis kurz vor Nancy, ab dort wieder zu berg über den kurzen Verbindungskanal in den Vogesenkanal, irgendwann dort die Schleusentreppe von Golbey hoch und drüben durch eine herrliche Landschaft wieder runter zur Saône, die in Lyon in die Rhône mündet. Noch eine kleine Ecke weiter wurde in Salaise an der Rhône der Kunstdünger gelöscht.

Die herrlichen Bilder stammen von Hans Peter Duhr.

:wink: Gernot

kaeptn-tom
05.07.2016, 11:02
Hallo Gernot!
Der magische Moment auf Video:https://www.youtube.com/watch?v=4qPRFsV7RF8

MfG Thomas

Gernot Menke
05.07.2016, 21:34
Ein schöner Film, Thomas! Der TRAVELER durchfährt dort gerade die Schleuse Nr. 2 in Talenne.

Außer dem magischen Moment sieht man auch, wie schnell und leicht zu bedienen die handbedienten Schleusen in Frankreich sind, wie es sie z.B. auf dem Loire-Seitenkanal (dort ist der Film ja aufgenommen) noch gibt. Vier Schützen sind natürlich kleiner als nur zwei und haben weniger zu überwindenden Druck, sind also schnell und ganz leicht hochgezogen, wie man schön sehen kann. Nur acht Umdrehungen pro Schütze, also 32 Stück. Handbediente Schleusen in Deutschland muten dagegen geradezu steinzeitlich an. Mit 32 Umdrehungen kommt man z.B. an der Lahn sicherlich nicht hin, um auch nur eine der beiden Schützen hochzuziehen!

:wink: Gernot

Gernot Menke
20.07.2016, 18:42
Nur acht Umdrehungen pro Schütze, also 32 Stück. Handbediente Schleusen in Deutschland muten dagegen geradezu steinzeitlich an. Mit 32 Umdrehungen kommt man z.B. an der Lahn sicherlich nicht hin, um auch nur eine der beiden Schützen hochzuziehen!

:lool::lool: Ich war heute in Dorlar, der obersten Lahnschleuse, zum Nachzählen. Exakt NEUNZIG Umdrehungen sind es von Anschlag zu Anschlag, um nur eine der beiden Schützen zu öffnen bzw. u schließen. Also heißt die Formel 2 x 90 = 180 Umdrehungen pro Tor und nicht wie am Loire-Kanal 4 x 8 = 32. Also das Sechsfache!! :pfeif::cry::lool: Da ist es nur ein kleiner Trost, daß bei einer solchen Übersetzung des Handrades (es gibt überall an der oberen Lahn Handräder und keine Kurbeln, wohl um die Verletzungsgefahr für die Spaßlaien durch Einklemmen von Gliedmaßen auszuschließen) praktisch kein Widerstand vorhanden ist. So sind die 90 Umdrehungen schnell durchgekurbelt, aber viele belassen es bei einer Schütze oder drehen jeweils nur halb auf.

In England gibt es Torschützen, die kann man runterfallen lassen beim Zumachen - in Deutschland ist die Schleusentechnik manchmal ein bißchen langweilig, bieder und einfallslos.

:wink: Gernot