danubenews
17.02.2018, 17:32
Typus: Bereisungsboot
Länge: 40,00 m
Breite: 6,00 m
Höhe: 2,40 m
Maschinenleistung: 2x 250 PS
Maschinenhersteller: MWM
Baujahr: 1943
Bau-Nr.: 1307
Besteller: Reichsverkehrsministerium, Berlin
Bestelleingang: 22. Dezember 1942
Ablieferung: 30. September 1943
75 Jahre Jacht HUNGARIA/MAINZ - Ein Schiff mit Vergangenheit
Deutsche Geschichte pur läßt sich an der Jacht HUNGARIA/MAINZ festmachen. Für besondere Anlässe gebaut, steht sie nun schon im 75. Dienstjahr (!) verschiedensten Herren zur Verfügung. Sie fuhr bereits unter der Flagge "Großdeutschlands", Ungarns, der Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik Deutschland. Als persönliches Geschenk des Führers und Reichskanzlers Adolf Hitler an den ungarischen Reichsverweser und Antisemiten Miklós Horthy bei Ruthof/Regensburg gebaut (Auftraggeber: Reichsverkehrsministerium), umging das Schiff alle nautischen und politischen Untiefen und hatte erst letztes Jahr wieder einen großen Auftritt, als es mit dem Sarg von Altbundeskanzler Helmut Kohl an Bord ab Ludwigshafen bis nach Speyer fuhr.
Die bisherige Geschichte des Schiffes ist in der Publikation von A. Hummel (Armin Adolf HUMMEL, Die Ruthof-Werft Mainz-Kastel und Regensburg 1871-1975, Badenweiler 2017, 5. 53 f.) und in einem Aufsatz von Werner Schiebert (Werner SCHIEBERT, Aus HUNGARIA wurde MAINZ, in Zs. Deutscher Marinebund (Hrsg.), Leinen los, 2007 Ausgabe 2) eingehend dargestellt.
Noch im Dunkeln liegt phasenweise die Zeit zwischen dem Eintreffen der Jacht mit dem großen Rückzug der Donauflotte Ende April/Anfang Mai 1945 an der oberen Donau und dem Verkauf an die Wasserstraßenverwaltung des Bundes und die Überführung zum Rhein im Jahre 1952.
In amerikanischen Aufzeichnungen wird das Schiff zunächst ohne Namen als "YACHT, 600 HP" gelistet und den Marineeinheiten zugerechnet. Im Juni 1945 stellen die Amerikaner eine "1. amerikanische Donauflottille" (ehemalige Marinefahrzeuge) auf. Das "Kommandoschiff" HUNGARIA wird zusammen mit den "Kommandoschiffen" BRUNHILD (WASHINGTON) und KRIEMHILD (OREGON) nach Regensburg verlegt. Spätestens 1946 steht das Schiff unter amerikanischer Flagge für Fahrten mit Armeeangehörigen in Regensburg zur Verfügung. Im März 1948 ist das Schiff immer noch in amerikanischen Diensten. In Passau richtet die amerikanische Verwaltung einen Empfang an Bord für den Direktor der amerikanischen Militärverwaltung in Bayern, Murray van Wagoner, aus. Im Februar 1949 liegt es wieder als Wohnschiff in Regensburg. Mindestens zwei Bürger (darunter ein Maschinist) haben ihren Wohnsitz auf der HUNGARIA (Liegeplatz Winterhafen) und sind dort gemeldet. U.U. bedeutet dies auch, dass die amerkanische Besatzungsmacht das Fahrzeug (Kriegsbeute) an die STEG (Verwertungsgesellschaft für ehemalige Wehrmachtsgüter) übergegeben hat. 1950 ist die HUNGARIA immer noch in Regensburg und macht Fahrten für Studenten der Technischen Hochschule Braunschweig (Hafen und Walhalla) und mindestens zweimal größere Touren mit Regierungsreferendaren und Juristen aus dem neuen Bundesverkehrsministerium. Einmal geht die Reise sogar über drei Tage von Regensburg nach Jochenstein - zum Standort des damals projektierten Jochensteinkraftwerks. Für 1951 fehlen konkrete Belege. Großen Wirbel verursachte in Ostbayern jedoch der Verkauf der HUNGARIA an das Bundesverkehrsministerium. In der Passauer Neuen Presse findet sich in der Ausgabe vom 21. August 1952 ein längerer Kommentar von H.C. Franz mit dem Titel "Das Bonner "Staatsschiff". Franz, der die HUNGARIA als "das schönste Schiff, das auf der Donau schwamm" bezeichnete, zeigte sich völlig irritiert, dass man sich im fernen Bonn mit einer "Luxusjacht" schmückt, die viel Geld kostet , wobei es in den "Notstandsgebieten" Ostbayerns ums Überleben geht. Man hätte die Jacht lieber teuer ins Ausland verkaufen sollen. Dieser Luxus passe nicht in die Zeit, wetterte der Kommentator. Anscheinend hatten sich einige Entscheider im BVM bei den Fahrten auf der Donau in das Schiff "verliebt". Für 172 000 DM wurde es der STEG abgekauft. Im Dezember 1952 gingen die Teile des Schiffes per Tieflader nach Karlsruhe. Nun war die HUNGARIA schon als "Gästeschiff" der Bundesregierung vorgesehen. Eine wahrlich deutsche Geschichte. Das Weitere ist ja bekannt....
Aufnahme 1: HUNGARIA mit US-Flagge; Bildautor unbekannt; Archiv K. Heilmeier
Aufnahme 2: HUNGARIA im Winterhafen am Unteren Wöhrd, Regensburg; Bildautor unbekannt; Archiv K. Heilmeier
Aufnahme 3: MAINZ bei der Eröffnung des MD-Kanals 1992; Bildautor K. Heilmeier
Quellen:
Passauer Neue Presse vom: 6.3.1948, 1.8.1952 und 4.12.1952
Mittelbayerische Zeitung vom 5.2.1949, 26.4.1950, 4. 5. 1950 und 11.9.1950
Robert LORENZ, Die Donauschiffahrt nach dem 2. Weltkrieg, Regensburg o.J., Typoskript, unveröffentlicht
Länge: 40,00 m
Breite: 6,00 m
Höhe: 2,40 m
Maschinenleistung: 2x 250 PS
Maschinenhersteller: MWM
Baujahr: 1943
Bau-Nr.: 1307
Besteller: Reichsverkehrsministerium, Berlin
Bestelleingang: 22. Dezember 1942
Ablieferung: 30. September 1943
75 Jahre Jacht HUNGARIA/MAINZ - Ein Schiff mit Vergangenheit
Deutsche Geschichte pur läßt sich an der Jacht HUNGARIA/MAINZ festmachen. Für besondere Anlässe gebaut, steht sie nun schon im 75. Dienstjahr (!) verschiedensten Herren zur Verfügung. Sie fuhr bereits unter der Flagge "Großdeutschlands", Ungarns, der Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik Deutschland. Als persönliches Geschenk des Führers und Reichskanzlers Adolf Hitler an den ungarischen Reichsverweser und Antisemiten Miklós Horthy bei Ruthof/Regensburg gebaut (Auftraggeber: Reichsverkehrsministerium), umging das Schiff alle nautischen und politischen Untiefen und hatte erst letztes Jahr wieder einen großen Auftritt, als es mit dem Sarg von Altbundeskanzler Helmut Kohl an Bord ab Ludwigshafen bis nach Speyer fuhr.
Die bisherige Geschichte des Schiffes ist in der Publikation von A. Hummel (Armin Adolf HUMMEL, Die Ruthof-Werft Mainz-Kastel und Regensburg 1871-1975, Badenweiler 2017, 5. 53 f.) und in einem Aufsatz von Werner Schiebert (Werner SCHIEBERT, Aus HUNGARIA wurde MAINZ, in Zs. Deutscher Marinebund (Hrsg.), Leinen los, 2007 Ausgabe 2) eingehend dargestellt.
Noch im Dunkeln liegt phasenweise die Zeit zwischen dem Eintreffen der Jacht mit dem großen Rückzug der Donauflotte Ende April/Anfang Mai 1945 an der oberen Donau und dem Verkauf an die Wasserstraßenverwaltung des Bundes und die Überführung zum Rhein im Jahre 1952.
In amerikanischen Aufzeichnungen wird das Schiff zunächst ohne Namen als "YACHT, 600 HP" gelistet und den Marineeinheiten zugerechnet. Im Juni 1945 stellen die Amerikaner eine "1. amerikanische Donauflottille" (ehemalige Marinefahrzeuge) auf. Das "Kommandoschiff" HUNGARIA wird zusammen mit den "Kommandoschiffen" BRUNHILD (WASHINGTON) und KRIEMHILD (OREGON) nach Regensburg verlegt. Spätestens 1946 steht das Schiff unter amerikanischer Flagge für Fahrten mit Armeeangehörigen in Regensburg zur Verfügung. Im März 1948 ist das Schiff immer noch in amerikanischen Diensten. In Passau richtet die amerikanische Verwaltung einen Empfang an Bord für den Direktor der amerikanischen Militärverwaltung in Bayern, Murray van Wagoner, aus. Im Februar 1949 liegt es wieder als Wohnschiff in Regensburg. Mindestens zwei Bürger (darunter ein Maschinist) haben ihren Wohnsitz auf der HUNGARIA (Liegeplatz Winterhafen) und sind dort gemeldet. U.U. bedeutet dies auch, dass die amerkanische Besatzungsmacht das Fahrzeug (Kriegsbeute) an die STEG (Verwertungsgesellschaft für ehemalige Wehrmachtsgüter) übergegeben hat. 1950 ist die HUNGARIA immer noch in Regensburg und macht Fahrten für Studenten der Technischen Hochschule Braunschweig (Hafen und Walhalla) und mindestens zweimal größere Touren mit Regierungsreferendaren und Juristen aus dem neuen Bundesverkehrsministerium. Einmal geht die Reise sogar über drei Tage von Regensburg nach Jochenstein - zum Standort des damals projektierten Jochensteinkraftwerks. Für 1951 fehlen konkrete Belege. Großen Wirbel verursachte in Ostbayern jedoch der Verkauf der HUNGARIA an das Bundesverkehrsministerium. In der Passauer Neuen Presse findet sich in der Ausgabe vom 21. August 1952 ein längerer Kommentar von H.C. Franz mit dem Titel "Das Bonner "Staatsschiff". Franz, der die HUNGARIA als "das schönste Schiff, das auf der Donau schwamm" bezeichnete, zeigte sich völlig irritiert, dass man sich im fernen Bonn mit einer "Luxusjacht" schmückt, die viel Geld kostet , wobei es in den "Notstandsgebieten" Ostbayerns ums Überleben geht. Man hätte die Jacht lieber teuer ins Ausland verkaufen sollen. Dieser Luxus passe nicht in die Zeit, wetterte der Kommentator. Anscheinend hatten sich einige Entscheider im BVM bei den Fahrten auf der Donau in das Schiff "verliebt". Für 172 000 DM wurde es der STEG abgekauft. Im Dezember 1952 gingen die Teile des Schiffes per Tieflader nach Karlsruhe. Nun war die HUNGARIA schon als "Gästeschiff" der Bundesregierung vorgesehen. Eine wahrlich deutsche Geschichte. Das Weitere ist ja bekannt....
Aufnahme 1: HUNGARIA mit US-Flagge; Bildautor unbekannt; Archiv K. Heilmeier
Aufnahme 2: HUNGARIA im Winterhafen am Unteren Wöhrd, Regensburg; Bildautor unbekannt; Archiv K. Heilmeier
Aufnahme 3: MAINZ bei der Eröffnung des MD-Kanals 1992; Bildautor K. Heilmeier
Quellen:
Passauer Neue Presse vom: 6.3.1948, 1.8.1952 und 4.12.1952
Mittelbayerische Zeitung vom 5.2.1949, 26.4.1950, 4. 5. 1950 und 11.9.1950
Robert LORENZ, Die Donauschiffahrt nach dem 2. Weltkrieg, Regensburg o.J., Typoskript, unveröffentlicht