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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : BINNENSCHIFFER FORDERN AUSBAU DER FLÜSSE UND KANÄLE IN DEUTSCHLAND



binnenvaart
26.04.2019, 10:40
Angesichts fehlender Niederschläge fordert der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt von der Politik, auf längerfristige Niedrigwasserperioden zu reagieren.

BINNENSCHIFFER FORDERN AUSBAU DER FLÜSSE UND KANÄLE IN DEUTSCHLAND (https://www.verkehrsrundschau.de/nachrichten/binnenschiffer-fordern-ausbau-der-fluesse-und-kanaele-in-deutschland-2287528.html)

Gernot Menke
26.04.2019, 11:19
So ganz nebenbei könnte man ja auch mal daran denken, etwas gegen die Ursachen längerfristiger Niedrigwasserperioden zu unternehmen. Aber kaum greift mal eine Umweltministerin wissenschaftliches Allgemeingut auf und kommt mit einer CO2-Steuer, geht schon das Gemaule der Industrie wieder los. Ich glaube nicht, daß die Wirtschaft wirklich intelligent ist (siehe Abgas-Manipulationen) und sie denkt kurzfristig. Man sollte nicht zu viel auf sie hören.

:wink: Gernot

slowman
27.04.2019, 09:03
Hallo Gernot,

wobei eine Änderung der Rahmenbedingungen bzw. eine Bekämpfung der Ursachen jetzt und heute erst eine Änderung in etlichen Jahren bewirken wird. Auch ist es problematisch wenn wir, im Vergleich zur Welt kleinen Deutschland oder Europa auf den Klimaschutz achten und diesen aktiv leben während beispielsweie ein Trump in den USA auch solche Ziele pfeift. Eine Klimaveränderung wird durch globale Zustände hervorgerufen und nicht durch lokale Veränderungen.
Ob beispielsweise der Bau von Staustufen, wie im verlinkten bericht erwähnt, sinnvoll erscheint halte ich auch für fraglich da man damit wiederum ins Ökosystem der Flüsse eingreift. und diese zubetoniert. Auch stellt sich natürlich die Frage der finanziellen Machbarkeit bzw. wer dies am Ende zahlen soll. Die Finanzierung von Straßen wird beispielsweise durch die Kfz-Steuer und auch die LKW-Maut unterstützt, Autobahnabschnitte wie die A8 von München bis Ulm werden auf provater Basis sogar komplett aus den Mauteinnahmen finanziert. Auch wenn ich mir mit der folgenden Aussage hier keine Freunde mache, aber die Schifffahrt sollte dann in Form von "Maut" oder Streckengebühren an den Ausbaukosten beteiligt werden. Von jederzeit für Güter- und Kabinenschiffe schiffbare Flüssen profitieren in erster Linie die Reedereien und Partikuliere, also Unternehmen die in Gewinnerzielungsabsicht handeln, während von Autobahnen und Fernstraßen auch der private Individualverkehr profitiert.

Viele Grüße
Chris

Jürgen
27.04.2019, 10:56
Hallo,

moderne Zeiten eben, größer, schneller, billiger und immer mehr.
Niedrigwasser ist eine relative Geschichte. sieht man in die Statistiken der Wasserbauer, war der Abfluß des Rheins, also die Wassermenge, gar nicht mal so schlecht wie die Pegelstände vermuten lassen.
Nur die Schiffe sind eben größer geworden. Das ist nicht einmal so schlecht bei Niedrigwasser, nur durch entsprechende Bauweisen und Ausrüstungen sind die zu schwer. Das beginnt bei den großen Seitenhöhen über drei Meter bis zu den großen, eigentlich wirtschaftlichen, Propellern und endet in den Doppelhüllern.
Durch die letzten 25 Jahre zurückblickend, ist das Niedrigwasser auf dem Rhein eigentlich eine kurzfristige Randerscheinung gewesen. Das hat zur "Aufrüstung" der Schiffe mit beigetragen. Jetzt der "Rückschritt" zum Leichtbau, also nix Neues.
Die Kunden wollen gerne Just-in-time Lieferungen um Lagerkapazität zu vermeiden und natürlich spielt auch der Warenwert und dessen Finanzierung in dieser Betrachtung eine große Rolle genau so auch die Globalisierung mit immer billiger und immer mehr Gewinn der Konzerne. - Auch der Endverbraucher möchte seine Waren möglichst günstig kaufen, dem ist es schlichtweg egal wie die Waren billiger werden und was für klimatische und ökologische Folgen dies hat, als Beispiele seien der große Onlinehandel mit dem Namen einer altgriechischen bewaffneten Frau oder der Discounthandel generell, genannt.
Die Zuverlässigkeit unseres Verkehrsträgers ist, im Hinblick auf die Folgen von Hoch- und Niedrigwasser, Eisgang, Streiks der Verwaltung, sehr bedenklich.
Das ist auch der Aufhänger um nach dem Rheinausbau, in welcher Form auch immer, für geregelte Schiffahrtsverhältnisse zu rufen.
Dabei spielen Umweltgebühren in Form einer etwaigen CO2 Steuer keine Rolle. Die wird außer höherem Geldfluß nichts bringen. Die Ökosteuer auf Sprit hat auch nix gebracht.

Tatsache ist aber der schlechte Unterhaltungszustand der Wasserstraßen und deren Infrastruktur dazu. Da muß was geschehen, geschieht auch teilweise, aber eben nach deutschem Modell (Absichtserklärung,Planen, Planfeststellung, Einsprüche, Klagen, Naturschutz, Fischerei, Verwaltungsvorschriften, Ausschreibungen etc., etc.). Das kann dauern. Länger als das Kaputtsparen. Dazu kommt der Terrorismus der EU Bürokratie.

Um die Schiffahrt an den Ausbaukosten zu beteiligen, wegen der Gewinnerzielungsabsicht, ist so, als würde ein Arbeitnehmer für den Bau seines Arbeitsplatzes mitbezahlen müssen, der arbeitet ja auch in einer Gewinnerzielungsabsicht. Natürlich gibt es keine "Schiffssteuer" analog zur Kfz.-Steuer, hat aber was mit dem internationalen Status zu tun.
Der Bahnreisende/-transporteur zahlt ja auch nicht für einen Streckenaus- oder Neubau.

"Wessen Brot ich ess´, dessen Lied ich sing´" - Wenn die Kundschaft, speziell in Form von großen Industrien, eine ganzjährige Zuverlässigkeit des Verkehrsträgers Binnenschiffahrt fordern, rufen die Binnenschiffer natürlich mit, mehr oder weniger laut.
Die Alternative? Schließung mancher Betriebe und eine Verlagerung in Küstennähe im In- und Ausland, was weniger Binnentransport bedeutet. Der Rest kann auf Straße und Schiene, wenn der Individualverkehr mal endlich aufhört :))

Die Ideallösung wird es nicht geben und wir sind alle kleine Steinchen in diesem großen Mosaik dessen Schönheit und Glanz eben auch von der hoheitlich geschaffenen Verkehrsinfrastruktur bestimmt wird.

Grüße vom noch nicht so niedrigen Rhein
Jürgen

Gernot Menke
27.04.2019, 14:17
Hallo Chris,

wenn man an dem Ast, auf dem man sitzt, sägt, dann sollte man eigentlich meinen, daß man SOFORT mit dem Sägen aufhört, sobald man das bemerkt hat. Aber weit gefehlt: Du "sägst" :lool: sinngemäß: selbst wenn wir jetzt mit dem Sägen aufhören würden, würde es Jahre brauchen, bis der Ast wieder zusammengewachsen ist - und der Trump sägt doch auch! Die Warner vor der kommenden Klimakatastrophe werden von Leuten, die kurzfristige und regionale Interessen "am Sägen" haben, wie z.B. der Trump, immer noch als ideologische Spinner betrachtet. Der neue brasilianische Präsident Bolsonaro will den Regenwald ja auch "stärker" wirtschaftlich nutzen (hier ist das Sägen mit Händen greifbar ...) - Interessen eben, und die mögen keine dagegenstehenden Interessen, auch nicht das Interesse Aller am Erhalt ihrer Lebensgrundlage (es ist daher kein Zufall, daß die Leugnung des Klima"wandels" besonders auch ein Phänomen rechter politischer Einstellungen ist, da zu deren Programm der Interessenegoismus dazugehört nach dem Motto "gut ist, was uns nützt", wie etwa "Deutschland den Deutschen", "Make America great again" usw. usf.).

Wer ist denn eigentlich der größere ideologische Spinner, derjenige, der endlich mal in die Pötte kommen will, wie Greta Thunberg oder die Umweltministerin mit ihrer CO2-Steuer, oder diejenigen, die den wissenschaftlichen Konsens heute immer noch derart leugnen und nicht zur Kenntnis nehmen, um ihrer kurzfristigen egoistischen Interessen willen und zu Lasten aller anderen? Gesunder Realismus sieht anders aus.

Es ist übrigens ein naiver Irrtum, daß das Leugnen jeder Ideologie ideologiefrei sei - auch der Atheismus ist ein Glaube. Man sollte sich wenigstens ein bißchen bewußt sein, daß der Glaube z.B. an ewiges Wachstum mit Sicherheit nicht weniger ideologisch ist, als der Kampf gegen die Klimakatastrophe.

Selbst der Bundesverband der Deutschen Binnenschiffahrt hat inzwischen bemerkt, daß das Niedrigwasser vielleicht nicht einfach nur ein Zufall war, aber denkt natürlich nur in konkreten Bahnen, die die Schiffe betreffen. Deswegen meine Anmerkung. Es ist schon interessant, wie sofort der Gegenwind kommt, wenn Glaubensgrundsätze angesprochen werden. (In Deutschland besonders ausgeprägt, das hat historische Gründe, die bis in den 30jährigen Krieg zurückreichen, der ja ein Religionskrieg war).

@Jürgen: ein sehr interessanter Beitrag, vielen Dankl! Aber ich gebe zu bedenken: wenn es sich in der Schweiz erst einmal "ausgegletschert" hat und wenn das Phänomen eintritt, daß in unseren Breiten längere Trocken- und Naßphasen sich einander abwechseln, dann kann es natürlich schon sein, daß das mit dem Niedrigwasser öfter mal ein Problem sein wird. Vielleicht geht man ja - zumindest teilweise - zu leichteren Schiffen über, wobei das dann im Hinblick auf das Stabilitätsproblem bei geringerer Seitenhöhe (aber großer Fläche) dann wieder Mehrraumschiffe sein könnten. Oder (evtl. herausnehmbare?) Schotts - aber das wissen andere besser.

:wink: Gernot