PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : SOS, die Schleusen bröckeln



binnenvaart
14.05.2019, 08:45
Deutschlands Wasserstraßen sind marode. Binnenschiffer warnen vor dem Totalausfall einzelner Kanäle, die Industrie ist alarmiert. Die Probleme sind lange bekannt.

SOS, die Schleusen bröckeln (https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/infrastruktur-sos-die-schleusen-broeckeln-1.4444057)

Gernot Menke
14.05.2019, 10:19
Es ist nicht nur das Baujahr der Schleusen der Grund, warum es heute zu Problemen kommt. Das laute Brüllen nach dem "schlanken Staat" vor rund 25 Jahren ging eben auf die Substanz. Wer das damals beklagte, galt als rückständig. Diejenigen, die sich damals als angebliche Leistungsträger feierten, taten das aber auf Kosten der Substanz, wie man heute allerorten sieht, auch in anderen Bereichen. Kaputtsparen ist in langfristiger Perspektive eben kein Sparen.

:rolleyes1: Gernot

mainschnickel
14.05.2019, 10:33
Hallo
Für die deutsche Staat ist über Jahren doch die "Schwarze Null" wichtig. Das die Infrastruktur kaputt und marode ist zählt kaum, erst wenn alles zusammenbricht. Warum funktioniert es in den Niederlanden und zB auch Österreich besser? Österreich braucht zB kein Toll Collect um die Maut zu erheben, das macht die Staat (Asfinag) selbst! Millionen gespart, die für die Autobahnen eingesetzt werden.
Und da gibt es viele Beispiele!
Gruss Jozef, von der nicht ausgebauten Donau.

slowman
14.05.2019, 10:54
Hallo Jozef,

so ganz umsonst wird die Asfinag dies nicht machen.Sie hat auchüber 2500 Mitarbeiter welche monatlich ihr Geld auf dem Konto sehen möchten sowie andere Ausgaben. Zudem wird in Österreich jedes Fahrzeug bemautet und aufwändige Strecken oder lukrative Strecken mit Sondermauten belegt. Dazu kommt, dass das Autobahnnetz in Austria wesentlich kleiner als unseres ist, der Vergleich hinkt schon.
Gruß
Chris

mainschnickel
14.05.2019, 11:22
Hallo Chris
Die 2500 Mitarbeiter machen ihre Arbeit und sind nicht alle da um Maut zu erheben; das Toll Collect ist NUR da für die Maut und lässt sich vom deutschen Staat stolz dafür bezahlen, eine Aufgabe die die Staat selber hätte machen können! Das hat mit der Grösse des Strassennetzes nichts zu tun. Die Leute der WSA haben schlieeslich auch die Schiffahrtsabgaben mitkassiert.
Gruss Jozef

kaos
14.05.2019, 12:33
Ahoi,
es bröckelt auch im Elsaß, das Schiffshebewerk Arzwiller ist zur Zeit ausser Betrieb ...
Gruß kaos - der dadurch nun erstmal nicht weiter kommt ...

slowman
15.05.2019, 10:23
Hallo Jozef,

was genau meinst Du mit der Aussage dass diese MItarbeiter ihre Arbeit machen? Toll-Collect hat 600 Mitarbeiter welche halt in der Verwaltung und wahrscheinlich Wartung der Technik auch ihre Arbeit machen. Bei der Asfinag werden es ähnlich viele Bürojobs sein. Arbeit ist halt nicht immer nur Arbeit mit den Händen, auch Verwaltungsjobs am Computer sind Arbeit. Toll-Collect ist übrigens,ebenso wie die Asfinag, zu 100 % in Besitz des Staates.
Natürlich ist es auch ein Unterschied ob man wie in Österreich roundabout 1800 km Autobahn zzgl. ein paar Schnellstraßen oder wie in D 13.000 km Autobahn instand zu setzen habe. In deutschland zahlen nur die LKW Maut, dazu noch weniger als in Österreich. In Austria zahlt jedes FGahrzeug und natürlich auch der ganze Transitverkehr, sei es gewerblich oder die privaten Urlaubsfahrer in den Süden, von den ganzen Sondermauten wie Brenner, Tauern, Felbertauern etc.einmal ganz zu schweigen.
Deine Aussage dass die Leute der WSA die Abgaben kassiert haben hört sich für mich gerade so an als dass sie das Geld kassiert haben und sich einen netten Lenz davon gemacht haben. Die Einnahmen betrugen afaik 45 Mio Euro jährlich, gerechnet auf alle Bundeswasserstraßen eigentlich Peanuts. Nun sind die Abgaben wenn ich richtig informiert bin ganz gefallen bis auf die Mosel, woher soll denn dann das Geld zur Sanierung kommen?
In Austria waren die Autobahnen bis zur Mauteinführung und Gründung der Asfinag auch eher furchteinflößend, nun sind sie im Topzustand. Warum führt man nicht analog zur LKW-Maut eine entfernungsabhängige "Wasserstraßenmaut" ein? Könnte man über das AIS wunderbar regeln. Die Asphaltspediteure haben die Maut auch auf die Transportkosten umgelegt, warum nicht auch in Eurer Branche? Man könnte das eingenommene Mautgeld dann wunderbar zur Instandhaltung Eurer "Straße", der Wasserstraße, investieren.

Gruß
Chris

mainschnickel
15.05.2019, 11:45
Hallo Chris
Du hast Recht, erst seit 31 aug 2018 (seit 2002 zuerst) ist Toll Collect 100 % deutsche Staat. Aber davor ist es nur gegründet worden mit der Aufgabe Maut zu erheben für die deutsche Staat und dabei für eigene Rechnung Gewinn zu machen (Eigentümer waren ja Daimler und Telekom). Weil der Vertrag ausgelaufen war und eine der Partner ausscheiden wollte hat die Staat aus bequemlichkeitsgründen es übernommen (zeitwelig) um es später wieder zu verscherbeln. Asfinag dagegen betreibt und baut Autobahnen und kassiert nebenbei Maut. Ob die Mautgebühr die Kosten deckt weiss ich nicht, in Deutschland bei weitem nicht. Auch nicht wenn auch ausländische PKW zur Kasse gebeten werden (deutsche werden entschädigt).
Meine Aussage über die WSA war etwas schlecht formuliert, ich habe gemeint das Abgaben kassieren nur neben ihren Hauptarbeit (Schleusenmeister) zusätzlich zu machen war.
Woher das Geld für die Wasserstrassen kommen muss? Genau daher wo das Geld für die Strassen kommt. Allgemeine Mittel, u.a. gespeist von KFZ Steuer. Die Abgaben sind abgeschafft worden unter Druck der Branche nachdem die Gütereisenbahnen nur noch 50 % der alten Trassenpreisen zu bezahlen hatten.
Dann entfernungsabhängige Maut für die Wasserstrassen? Wie hoch soll die sein um die über Jahrzehnte kaputtgesparte Wasserstrassen zu reparieren? Dann wird keine Tonne Fracht mehr über Wasser gefahren, weil es zu teuer wird und wandert alles auf die Autobahnen. Obendrein wird jetzt und in der Zukunft auf dem Rhein keinen Cent erhoben. Ein deutscher Verkehrsminister wollte das mal vorschlagen. Aber zum Glück gilt die Akte von Mannheim von 1868 und die Schweiz hat da mit zu reden und wird immer NEIN sagen, auch wenn Brüssel sich gerne einmischen würde.
Gruss Jozef

slowman
15.05.2019, 12:35
Hallöle Jozef,

die Asfinag baut Autobahnen und das Mautinkasso ist nur ein Nebeneffekt? Asfinag ist eine Abkürzung und bedeutet "Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft". In Österreich hat man die Autobahnen damals in den Staatsbetrieb Asfinag überführt, deswegen steht auf jedem baustellentaferl auch dass sie dort bauen. In Deutschland steht halt dass das Land Bayern, NRW oder Hessen baut. Auf der A8 ab München bis Ulm war es sogar ein privater Betreiber. Man kann auch nicht behaupten dass bei uns nicht gebaut wird, siehe Ausbau A3 ab Aschaffenburg bis Fürth oder die schon erwähnte A8 München-Stuttgart.
Okay, hier geht es aber primär um Wasserstraßen. Du sprichst die Kfz-Steuer als Umlagemöglichkeit an, diese Steuer war ursprünglich als "Verursachersteuer" geplant damit der Straßenverkehr bzw. die Fahrzeughalter unmittelbar an den Kosten zur Instandhaltung der genutzten Infrastruktur beteiligt werden. Ob Transport bei einer "Flussmaut" zu teuer wird? Ist es das auf der Straße mit Einführung der LKW-Maut geworden? Ich glaube auch kaum dass sich hinsichtlich Massengut viel auf die Straße verlagert. Exemplarisch nehme ich einen Kohletransport mit Koppelverband zu einem Kraftwerk. Ein KV fährt mit 3000 Tonnen Kohle und eine Verlagerung auf die Straße bedeutete ca. 150 LKW-Fahrten. Ob diese dann für den Verlader bzw. Empfänger am Ende billiger sind wage ich zu bezweifeln.
Auch die Mannheimer Akte ist nicht in Stein gemeißelt, 1868 galten mit Sicherheit andere Voraussetzungen als im Jahre 2019, warum sollte man dies nicht anpassen können? Nur weil ein kleiner Klecks auf der Landkarte mit Namen Schweiz mit ein paar schiffbaren Rheinkilometern für GMS und TMS Nein sagt? Die Schweiz ist vertraglich an die EU gebunden und es gäbe Mittel und Wege aus diesem Nein auf Ebene der EU ein Ja zu machen. Die finanziellen Mittel des Staates sind nun einmal begrenzt und es sind vielfältige Aufgaben des Staates zu erfüllen, wenn keine Änderung eintritt werden die Wasserstraßen bzw.deren Infrastruktur auch auf Jahre hinaus nur notdürftig geflickt.

Gruß
Chris

mainschnickel
15.05.2019, 13:00
Hallo Chris
Warum funktioniert es in anderen Ländern besser?
Österreich: Donau ist Abgabenfrei. Wasserstrasse ist in meinen Augen in Ordnung, Schleusen werden instandgehalten.
Belgien: Seit mehreren Jahren Abgaben abgeschafft worden (in Flandern eine symbolische Abgabe). In den letzten Jahren sehr viel gebaut, und noch im Rahmen Schelde Seine zB.
Niederlande: noch nie Abgaben auf Staatliche Wasserstrassen (etwa 95 %). 35 % des Inlandverkehrs geht über Wasser.
Bei deinem Beispiel KV mit 3000 T Kohle hängt es von der Strecke ab: Rotterdam Krotzenburg zB 530 kil Rhein (keine Abgaben), 60 kil Main (mit Abgaben,) liesse sich verkraften.
Dann Hamburg Mehrum etwa 150 kil Kanal und das Elend in Scharnebeck. Mit hohen Abgaben für Schiff wäre LKW Transport durchaus machbar.
Gruss Jozef

Jürgen
15.05.2019, 15:26
Servus miteinander,

nur mal so Einflechten: Die Schiffahrtsabgaben, zumindest auf dem Main, waren nie gedacht für irgendwelche Unterhaltsmassnahmen oder Kostenbeteiligung der Schiffahrt. - Die wurden zu Beginn der Kanalisierung und des Auftretens der Eisenbahn eingeführt, um den Schiffstransport künstlich zu verteuern, damit bahngeeignete Güter eben auf die Eisenbahn gelenkt werden. Daraus kann man auch die unterschiedlichen Güterklassen und Abgabensätze herleiten. Was besser auf die Bahn passt, war teuerer. Dem Fluß oder der Schleuse ist es doch egal ob 1000 t Sand oder Kohle oder Benzin transportiert werden.

Käme eine Befahrungsabgabe, pauschal oder Streckenabhängig, für die Schiffahrt, auch auf dem Rhein, würde das multimodale Transportsystem insgesamt teuerer. Denn ein Ausweichen mit den Schiffsgütern auf z. B. Schiene wäre unmöglich von den Mengen her.
Bezahlen würde es letztendlich der Verbraucher. Dieser ist bestrebt, möglichst günstig seine Sachen zu erwerben, da die Einkommen ja auch irgendwo begrenzt sind.
Profitieren würde die "Staatskasse" davon, da in diesem Kreislauf durch Verteuerung ja sowieso mehr Steuern eingenommen werden können. Ob sich aber der Unterhaltungszustand der Wasserstraßen dann ändert, das verdient ein großes Fragezeichen.

In diesem Sinne,
Grüße von der Donau
Jürgen

Robert67
15.05.2019, 17:58
Die bisherigen Schifahrtsabgaben waren nur Peanuts.
Das reichte noch nicht mal für den Betrieb der Wasserstrassen.
Von daher war das richtig die abzuschaffen.

slowman
16.05.2019, 07:43
Hallo zusammen,

ich liebe diese Vergleiche mit Ländern, die sich mit uns nicht vergleichen lassen. Um einmal den von Jozef abgesprochen Unterhaltszustand der österr. Donau zu betrachten: Die Donau hat ene Länge von 350 km in Österreich und dieses Land besitzt ansonsten keine schiffbaren Flüsse zum Gütertransport.Alleine der Rhein fließt auf gut und gerne 850 km durch Deutschland, dazu kommen Mosel, Main, Saar, Elbe, MDK und das gesamte Kanalnetz. Um dieses alles zu erhalten sind natürlich erheblich mehr Mittel notwendig als für gerade einmal 350 km der Donau. Auch werden die Gelder zum Erhalt der Wasserstraßen im Haushalt zunächst in den Infrastrukturausgaben verplant, dort konkurrieren Sie mit den Ausgaben für das Straßen- und Bahnnetz. Auch dies sind Aspekte, die in Ländern wie Österreich, Belgien und Holland nicht so ausgeprägt wie bei uns vorhanden sind. Gerade die beiden letztgenannten Länder blicken hinsichtlich des Wassertransportes auf eine andere Tradition zurück als wir in Deutschland und in den Niederlanden wird das Binnenschiff steuerlich gefördert.
Zu Jürgens Argument möchte ich anmerken, dass auch bei Einführung der LKW-Maut eine gewisse Umlage der Mautkosten auf das Endprodukt stattfand. Transport ist in meinen Augen schon seit Jahren oder Jahrzehnten ein ruinöser Wettbewerb und auch zu billig.
Roberts Argument teile ich nicht ganz, auch wenn die Abgaben Peanuts darstellten, wenn ich kein Geld besitze sind auch Peanuts Geld. Nichts zu erhalten ist schlechter als wenig zu erhalten.
Ein Reeder oder Partikulier betreibt sein Schiff letztendlich um einen Gewinn zu generieren und nutztdazu Wasserstraßen welche aus Steuermitteln erhalten werden sollen. Ein Spediteur nutzt auch Straßen welche aus Steuermitteln oder im Ausland aus Mitteln privater Betreiber erhalten werden und zahlt dafür Maut. Ein Eisenbahnverkehrsunternehmen nutzt die Strecken der DB Netz und zahlt dafür ebenso Trassengebühren. Warum soll also ein Binnenschiffer Gewinn erwirtschaften und sich nicht am Erhalt der genutzten Infrastruktur in irgendeiner Form beteiligen?

Gruß
Chris