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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wenn der Rhein austrocknet - Konzepte gegen Niedrigwasser



binnenvaart
18.06.2019, 11:27
Duisburg (dpa) - Zapfsäulen ohne Benzin, Hochöfen auf Sparflamme, Kraftwerke im Hitzemodus - der Sommer und der Herbst 2018 haben Wirtschaft und Verbraucher in Deutschland vor erhebliche Probleme gestellt.

Wenn der Rhein austrocknet - Konzepte gegen Niedrigwasser (https://www.faz.net/agenturmeldungen/dpa/wenn-der-rhein-austrocknet-konzepte-gegen-niedrigwasser-16240512.html)

Gernot Menke
18.06.2019, 13:15
Nach der BASF im letzten Jahr prüft nun auch COVESTRO den "verstärkten Einsatz von Flachbodenschiffen." Jaaaa, die ist eben innovativ, die Industrie eben! Da sieht man mal, wer das Rad wirklich am Laufen hält! Die haben vielleicht bisher ihr Zeug auf Koggen, Karavellen oder Brigantinen transportiert, aber jetzt kommt der Kiel ab! Chapeau! :super::super::super: Da wird dem Schiffer mal gezeigt, wie`s gemacht wird - Flachbodenschiffe! Nur wer Ahnung hat, kann in einer Leistungsgesellschaft überleben. Oder wie oder was.

:regen::grummel::grummel::cry::cry: Gernot

Willy
18.06.2019, 14:58
Moin Gernot,

gut gesprochen, ich habe in meiner Schiffjungenzeit noch Binnenschiffen kennengelernt, die hatten einen Tiefgang von nur 1,60 m - mehr konnten die nicht abladen, warum wohl ??? weil da wo die mal fuhren die Flüsse nicht mehr Tiefgang zu ließen, doch dann kam die Gier und so haben manche Binnenschiffe auf dem Rhein heute eine Abladetiefe von über 4,50 m . Aber wann passt das denn, fast nie. Um immer voll abladen zu können muss man den Rhein halt auf der ganzen Strecke mit Staustufen versehen, da kommt Freude auf.

Das kostet wohl einige Milliarden, aber immer Vollschiffbar. Toll!!!!!


Gruß Willy

mainschnickel
18.06.2019, 15:04
Hallo
BASF hat letzten Jahres gejammert, aber jammern sie jetzt auch wo Kaub über 3 m hat und Kunstdünger nach Antwerpen vermutlich für 4 Euro und dann 3000 T abgeht?
Gruss Jozef

Jürgen
18.06.2019, 16:46
Na sowas!
Flachbodenschiffe!
Seit letztes Jahr dieser Begriff vom BASF Vorstand aufgegriffen wurde, wird das als Lösung des Niedrigwasserproblems verkauft.
MERKE: Wenn eine ganz hohe berufliche Position erreicht wurde, dann darf auch Schwachsinn selbstbewußt verbreitet werden, denn ein Konzernchef MUSS sich ja gut auskennen.
Und die Medien verbreiten das noch. Hat direkt was facebook-artiges an sich.

Grüße
Jürgen

Eclusier
18.06.2019, 17:57
Der Bodensee selbst hat eine riesige Speicherkapazität, wenn man es schaffen könnte den See bei Hochwasserstand nur kontrolliert ablaufen zu lassen könnte der Rhein über längere Zeit mit Mittelwasser versorgt werden. Schon 1 m Stau würde reichen ca. 60 m/3/ sec.
über 100 Tage bei NW abzugeben. Im übrigen könnte das Wasser dann auch zur Stromgewinnung genutzt werden anstatt nutzlos über die Wehre abzulaufen. Wenn das Wasser dann aufgebraucht ist würde der Bodensee eben wieder auf Niedrigwasserniveau absinken.
In Zeiten der Klimadiskussion bestimmt eine machbare Sache man müßte nur gewisse Befindlichkeiten zur Seite legen.

Grüße
Eclusier

nikomid
18.06.2019, 21:30
Flachbodenschiff ist in der Tat mal ein schwachsinniger Begriff. Es gibt allerdings durchaus Möglichkeiten besser mit niedrigeren Wasserständen klarzukommen, eine davon sind angepasste Schubschiffe. Die flachgehenden Schubschiffe auf der Elbe haben weniger als einen Meter Tiefgang. Es gab auch mal ein leider ziemlich vergessenes Forschungsprojekt (https://cordis.europa.eu/project/rcn/58177/factsheet/en) bei dem interessante Lösungen für Schubleichter entwickelt worden. Schubschiffe haben den Vorteil, dass man mit einem teuren Hinterteil (das Schubschiff) die selbe Frachtmenge auf eine unterschiedliche Anzahl von Leichtern verteilen kann und es nicht so viel kostet Kapazitäten an Leichtern auf Vorrat zu halten wie konventionelle Schiffe. Die niedrigsten Wasserstände auf dem Rhein sind wahrscheinlich immer noch besser als das womit man auf der Elbe gut leben könnte (dort war es noch viel viel flacher...).

Ein Problem ist sicher auch die Einführung von Doppelhüllenschiffe, bei Güterewagons verlangt niemand eine Doppelhülle obwohl das Zusatzgewicht dort weit weniger problematisch wäre, bei Binnenschiffen hingegen schon. Letzteres nur, weil es bei Seeschiffen ein durchaus sinnvoller Standart ist, aber man gewinnt nichts an Sicherheit, wenn der Verkehr vom Einhüllenschiff auf Bahn und LKW verladen wird.

Sicherlich sind die Vorschriften auch zu starr, beim Inbat Projekt gab es einen interessanten Ansatz bei dem die Schubleichter ähnlich wie Surfboarde aufgebaut waren, hierbei gäbe es einen tragenden Schaum zwischen der Innen und Außenhülle. Im Falle einer Kollision hätte der dämpfend gewirkt und wäre sicherheitstechnisch womöglich besser als die konventionelle schwere Stahlbauweise.

Ein Aufstauen den Rheins ist politisch sicher nicht durchzusetzen, hier könnte man allenfalls überlegen ob es temporäre Maßnahmen geben könnte, wie eine Schwelle aus einer riesigen wassergefüllten "Wurst" als Schleuse oder zu Generierung eines Wasserschwalls welcher eine kurzzeitige Schiffbarmachung erlaubt. Das ist aber eher Science Fiction...


Grüße

Dominik

Elbianer
18.06.2019, 23:07
Schubschiffahrt hat Vorteile, diese kommen aber nur bei einer großen Reederei zum tragen oder wenn die Be- und Endladung im Hafen durch Hafenbugsierer übernommen wird. Bleibt das teure Schubschiff beim Umschlag neben den Leichtern liegen, macht es nicht viel Sinn.
Das Schubschiff muss seinen Verband im Hafen abstellen und sofort mit den nächsten Verband weiter fahren. Gab es alles schon mal. Würde sich auch positiv auf das Personalproblem auswirken.
Das Be- und Entladen im Hafen kann man mit jeden Patent übernehmen. Werden die Schubleichter mit Windeleinen verholt, kann das Beladen auch ein Matrose übernehmen. Die Leute können da auch im ganz normalen Schichtdienst arbeiten.
Schiffsführer mit Streckenpatent und Streckenkenntnis sind doch "Mangelware".
Vollig uneffektiv wenn diese Leute Stunden- und Tagelang im Hafen festhängen.

Gruß Thomas

nikomid
19.06.2019, 20:45
Schubschiffahrt hat Vorteile, diese kommen aber nur bei einer großen Reederei zum tragen oder wenn die Be- und Endladung im Hafen durch Hafenbugsierer übernommen wird. Bleibt das teure Schubschiff beim Umschlag neben den Leichtern liegen, macht es nicht viel Sinn.
Das Schubschiff muss seinen Verband im Hafen abstellen und sofort mit den nächsten Verband weiter fahren. Gab es alles schon mal. Würde sich auch positiv auf das Personalproblem auswirken.
Das Be- und Entladen im Hafen kann man mit jeden Patent übernehmen. Werden die Schubleichter mit Windeleinen verholt, kann das Beladen auch ein Matrose übernehmen. Die Leute können da auch im ganz normalen Schichtdienst arbeiten.
Schiffsführer mit Streckenpatent und Streckenkenntnis sind doch "Mangelware".
Vollig uneffektiv wenn diese Leute Stunden- und Tagelang im Hafen festhängen.

Gruß Thomas

Was Du beschrieben hast sind die allgemeinen Vor- und Nachteile, mir ging es aber speziell um die Vorteile hinsichtlich der Anpassungsfähigkeit bei Niedrigwasser. Man kann auch bei normalen Wasserstand einfach mit zwei Leichtern durch die Gegend fahren und auf das Trennen der Einheit im Hafen verzichten. Bei Niedrigwasser nimmt man dann noch zwei oder mehr Leichter hinzu für die gleiche Ladung. Die Niedrigwasserleichter können in dem Fall sehr leicht gebaut sein und zur weiteren Gewichtsersparnis als Glattdeckleichter (für Container) oder mit besonders dickem Boden (Schüttgut), beides ermöglicht eine Gewichtseinsparung und Höhenbeschränkungen spielen bei Niedrigwasser eine geringere Rolle.

Ein Schubschiff mit zwei Leichtern hat einen höheren Strömungswiderstand als ein hypothetisches starres Schiff mit gleichen Abmessungen, kann aber leichter gebaut werden, da die Biegebeanspruchung durch die kürzeren Einheiten geringer ist.

Ich versteh auch nicht so ganz, warum Kopfbargen aus der Mode gekommen sind, damit könnte man die Leichter kastenförmig gestalten (höhere Tragfähigkeit) und dennoch eine strömungsgünstigere Geometrie des Verbandes erreichen (Ballastkammern in der Kopfbarge und Schubschiff vorausgesetzt). Die Kopfbarge sollte dann auch über einen Bugstrahlruder verfügen, optimale wäre so etwas wie ein Schottel Pump Jet mit dem man zusätzlich Schub generieren kann an kritischen Stellen ohne, dass der Tiefgang merklich ansteigt.

Ich möchte nur zeigen, dass es durchaus noch Anpassungsmöglichkeiten gibt,

Gruß
Dominik

Captain
21.06.2019, 07:41
Hallo, Dominik!
Darf ich meine Anmerkungen aussprechen, was Schubverbände betrifft? Das klingt gut und schön - noch zwei Schubleichter bei kleineren Wasserständen mitzunehmen. Es gibt aber eine "aber" - doppelte Breite. Und das bei viel engeren Fahrrinne. Dann alle versuchen fahren dort, wo mehr Wasser steht, und manchmal hatten Einzelfahrer Problemen bei begegnungen, und doppelte Breite wird das ganz bestimmt nicht leichter machen.
MfG.
Igor.

mainschnickel
21.06.2019, 07:52
Hallo Dominik
Du sagt Kopfbargen sind aus der Mode gekommen. Das ist wie man es nimmt: damals gab es Kopfbargen mit Ankergeschirr, aber nur deshalb um die Ankerlose LASH Bargen als Schubverband fahren zu können. Da es die Lash Bargen praktisch nicht mehr gibt, sind die heutige Kopfbargen mit Bugstrahlruder ausgestattet, hauptsächlich für überlänge Transporten über Main und MDK, und da meistens Neubaukaskos.
Gruss Jozef

nikomid
23.06.2019, 21:46
Hallo Dominik
Du sagt Kopfbargen sind aus der Mode gekommen. Das ist wie man es nimmt: damals gab es Kopfbargen mit Ankergeschirr, aber nur deshalb um die Ankerlose LASH Bargen als Schubverband fahren zu können. Da es die Lash Bargen praktisch nicht mehr gibt, sind die heutige Kopfbargen mit Bugstrahlruder ausgestattet, hauptsächlich für überlänge Transporten über Main und MDK, und da meistens Neubaukaskos.
Gruss Jozef

Hallo Josef

Ich halte den Ansatz einfache quadratische Leichter ohne Bugstrahlruder und Ankergeschirr in Kombination mit einer Kopfbarge einzusetzen für eine interessante Option. Damit erhöht man die Tragfähigkeit der Leichter und reduziert deren Kosten, außerdem entfällt der strömungsungünstige Übergang von Eckig auf Schräg (Dafür hat man allerdings eine Trennstelle mehr, die Kopfbarge sollte daher Ballastwasser aufnehmen können.


Gruß

Dominik

nikomid
23.06.2019, 21:55
Hallo, Dominik!
Darf ich meine Anmerkungen aussprechen, was Schubverbände betrifft? Das klingt gut und schön - noch zwei Schubleichter bei kleineren Wasserständen mitzunehmen. Es gibt aber eine "aber" - doppelte Breite. Und das bei viel engeren Fahrrinne. Dann alle versuchen fahren dort, wo mehr Wasser steht, und manchmal hatten Einzelfahrer Problemen bei begegnungen, und doppelte Breite wird das ganz bestimmt nicht leichter machen.
MfG.
Igor.

Hallo Igor,

Das es nur eine Breite gibt ist ja kein Naturgesetz. Ein spezieller Niedrigwasserleichter könnte mit jeder sinnvoll denkbaren Breite ausgeführt werden. Bei einem richtig dramatischen Niedrigwasser wie letztes Jahr ist vielleicht auch ein Richtungsbetrieb an kritischen Stellen akzeptabel. Wie gesagt, ich rede nicht über existierende, möglichst universelle Leichter, sondern von fiktiven, speziellen Niedrigwasserleichtern. Diese sollten möglichst leicht und billig sein, da sie die meiste Zeit nutzlos herumdümpeln würden. Ein Ansatz hierfür ist eine sehr einfache Bauweise (Kastenförmig, Glattdeckleichter), niedrige maximale Abladetiefe (1,5 m) und Verzicht auf Anker, Bugstrahler etc..

Gruß
Dominik

Rolf Gertsch
23.06.2019, 23:51
Hallo miteinander

Vielleicht vergisst man was: Früher fuhr man mit kleineren Schiffen. Niedrigwasser war kein grosses Thema auf Schiffe mit 700/800 Tonnen. Der Tiefgang war nicht 3 bis 4 Meter und ums verrecken auf den letzten Centimeter abgeladen nur um genügend Geld verdienen zu können. Auch war die Bevölkerungsdichte welche Waren benötigten bei weitem nicht die selbe wie heute.

Sollten wir uns nicht überlegen ob Wirtschaftswachstum, Migration, immer schneller, immer mehr, auch gut ist? Kannte man am Rhein vor 200 Jahren Probleme mit dem Niedrigwasser? Kannten wir es vor 40 Jahren? Nein, man brauchte nicht so viel Waren. Auch Waren welche von irgendwo her den Rhein rauf gekarrt werden um dann wieder den Rhein runter müssen um irgendwo auf der anderen Seite der Erde zu landen.

Mein Mitleid mit Grosskonzerne hält sich arg in Grenzen!

LG

Rolf

mainschnickel
24.06.2019, 07:28
Hallo Rolf
In fast allem hast du Recht, nur nicht betr die Gütermenge: In 1970 wurde in der deutschen Binnenschiffahrt (75 % ist Rhein) 240 mill T weggefahren, danach nahm es ab bzw schwankte es bis 220 mill T mit einen neuen Rekord in 2006 mit 243 und 2008 gar 246 mill T. Infolge der Krise sank die Menge um sich jetzt um die 220 bis 225 mill T zu bewegen. (Quelle: Wikipedia). Was die Schiffahrt massgeblich geprägt hat ist immer grösser (135 m oder KV) und schneller: 12 kmh zu Berg statt 8 kmh oder weniger, 24 Stunden statt fahren bei Tageslicht. Kein Ausfall durch Nebel. Darum hat man bei den damaligen vorherrschenden Schiffsgrössen viel mehr Schiffe gebraucht. Kleinere Schiffe haben bei Niedrigwasser noch viel getragen (Ausnahme die Kanadier oder franse motors). Grosse Schiffe und schneller heisst aber weniger pro Tonne = billiger. Deswegen immer mehr diese Kreis grösser um das gleiche zu verdienen, Tag und Nacht um schneller zu sein. Überfinanzierung von zu teuren und zu grosse Schiffe (4 m Tiefgang). Dan wird gejammert wenn das Wasser fällt und KWZ erst ab Kauber Pegel 1m40 (= 2m40 Tiefgang) bezahlt wird.
Schöner ist es nicht geworden nur hektischer.
Gruss Jozef

Gernot Menke
24.06.2019, 13:31
Mit 12 km/h Fracht zu berg zu fahren, ist ökologisch ein ebenso großer Wahnsinn, wie wenn das Fliegen billiger ist als eine Bahnfahrt. Da stimmt etwas nicht im Preisgefüge. Auch deswegen muß dringend eine CO²-Steuer her. (Natürlich nur, wenn man die Bremsung der Klima-Katastrophe auch wirklich will, versteht sich. Es ist ein bißchen, wie wenn man mit dem Alkohol oder mit dem Rauchen aufhören soll: "das funktioniert nicht" heißt meist, daß man nicht will.)

:wink: Gernot

nikomid
24.06.2019, 19:47
Mit 12 km/h Fracht zu berg zu fahren, ist ökologisch ein ebenso großer Wahnsinn, wie wenn das Fliegen billiger ist als eine Bahnfahrt. Da stimmt etwas nicht im Preisgefüge. Auch deswegen muß dringend eine CO²-Steuer her. (Natürlich nur, wenn man die Bremsung der Klima-Katastrophe auch wirklich will, versteht sich. Es ist ein bißchen, wie wenn man mit dem Alkohol oder mit dem Rauchen aufhören soll: "das funktioniert nicht" heißt meist, daß man nicht will.)

:wink: Gernot

Hallo Gernot,

Ich hab mir die Mühe gemacht das mal nachzurechnen. Irgendwo gibt es eine optimale Geschwindigkeit mit der man eine Strömung hinauffährt, ist man zu langsam, tritt man fast auf der Stelle, ist man zu schnell, steigt der Widerstand zu sehr. Wenn ich 8 und 12 km/h bei angenommenen 7 km/h Strömungsgeschwindigkeit vergleiche, ist der Unterschied wesentlich kleiner im ruhenden Gewässer (dort wären es 2,25 mal so viel Energie).

Der Rhein fließt bei Köln etwa 7 km/h schnell, wenn man dort mit 8 km/h stromaufwärts fährt, dann verhält sich die Bremskraft aus dem Strömungswiderstand die F1 = K * (7 + 8)² = 225 K. Ich hab hier K als Konstante eingesetzt, da geht der spezifische Widerstand des Schiffs ein, die Wasserdichte etc.. Wenn das Schiff nun mit 12 km/h den Rhein rauffährt, dann ist F2 = K * (7 + 12)²= 361 K. Damit ist die Widerstandskraft 1,6 mal so groß wie bei 8 km/h, scheinbar eine klare Sacher, aber eine Sache haben wir jetzt noch nicht berücksichtigt:

Um 8 km/h über dem Grund zu erreichen, muss das Schiff 15 km/h schnell gegenüber dem Wasser fahren, damit werden 46 % des Weges gegenüber dem Wasser verschenkt. Bei dem Schiff mit 12 km/h sind es nur 37 %. Durch den geringeren Weg gegenüber dem Wasser spart das 12 km/h schnelle schiff wiederum ca. 16,7 % ein, damit verbleibt 37 % mehr Energieaufwand für das schnellere Schiff.


Grüße

Dominik

Rheinlotse Klaus
24.06.2019, 23:34
Hallo Dominik!

Da hast Du Dir viel Mühe mit Deinen Berechnungen gemacht. Aber das ist die schöne Theorie. In der "bösen" Praxis sieht das aber noch etwas anders aus. Höhere Fahrgeschwindigkeit = höhere Schraubendrehzahl = mehr Wassersog = mehr Flottwasser nötig = mehr Strömung/Strömungswiderstand zu überwinden. Erfahrungswerte aus der Praxis beim gleichen Schiff: bis auf ein paar Tonen gleich abgeladen, gleiche Strecke, nahezu identischer Wasserstand. Erste Reise mit Order "macht mal flott" (= Zuschlag bei der Fracht) mit 140 l/h im Schnitt 10,5 km/h; zweite Reise in Normalfahrt mit 100 l/h im Schnitt 9 km/h. Das sind keine berechneten, sondern gemessene Zahlen!

Und nebenbei bemerkt: mit dem Ausgangsthema hat der Austausch hier immer weniger zu tun.

Mit freundlichem Gruß
Klaus

nikomid
25.06.2019, 14:23
Hallo Klaus,

mit dem Austauschthema hat das immer noch sehr viel zu tun, das was Du geschrieben hast ist eine Problematik die ja erst bei flachem Wasser auftritt. Ich finde die Zahlen auch sehr interessant, da läuft man quasi gegen eine Wand und kommt auch mit aller Gewalt nicht mehr schneller den Barg hoch...

Die Schaufelradantriebe leiden wohl deutlich weniger unter diesem Effekt, das ist wohl auch der Grund weshalb die aufwendige Technik (mit verstellbaren Schaufeln) noch beim Beskydi (oder wie man das schreibt...) zu finden ist. Ich meine mit Doppelschrauben (mehr Zuströmung von der Seite) ist die Ansaugung auch geringer als bei Einzelschraubenantrieben, man sieht, auch hier gibt es technisches Potential für verbesserte Niedrigwassereigenschaften.

Gruß
Dominik

Gernot Menke
25.06.2019, 14:46
... ist eine Problematik die ja erst bei flachem Wasser auftritt.

Hallo Dominik,

ich bin kein Naturwissenschaftler und verstehe von diesen Dingen nicht viel. Die sehr interessanten Zahlen, die Klaus nennt, waren für mich aber nicht überraschend, weil ich entsprechende Aussagen schon oft von Hans Peter Duhr (früher SILENCE und heute BENJAMIN) gehört habe, der ein überzeugter Langsamfahrer ist. Ihm zufolge handelt es sich eben genau NICHT um eine Problematik, die erst bei flachem Wasser auftritt (dann natürlich verstärkt). Erst ab einem Flottwasser von einigen Metern (die Rede ist von vielleicht zehn Metern oder in dieser Größenordnung !!) spiele die Wassertiefe für den Fahrwiderstand keine Rolle mehr.

Kürzlich war ein Kapitän einer Ostseefähre (Rostock-Gedser) im TV zu hören, der erklärte, es sei ungeheuer energieaufwendig, mit den Fähren so schnell durch die flache Ostsee zu fahren. Das liegt ganz auf dieser Linie. Ich erinnere mich auch an ein eigenes Erlebnis auf einer Hochseefähre zwischen Cebu und Manila: da zog an einer Stelle das schnellfahrende Schiff querab zum Achterschiff auf einer Seite eine ganz beachtliche Welle mit, bestimmt hundert Meter lang. Das Schauspiel war so beeindruckend, daß auch die gesamte Brückenmannschaft im Nock hing und sich die mitlaufende Welle besah. Jedenfalls haben die keine Fahrt weggenommen und irgendwann, nach bestimmt zwei oder drei Minuten, verschwand dieses spektakuläre Phänomen wieder, als die Tiefe zunahm. - Und eines ist sicher: die Energie für diese Welle kam aus dem Maschinenraum!

:wink: Gernot

nikomid
27.06.2019, 10:23
Hallo Gernot,

Binnenschiffe werden wohl nur wenige male in Ihrem langen Leben durch Wasser fahren welches so tief ist, dass es keinen Bodenefekt gibt (Außenelbe, Überführungen durch die Nordsee, etc.). Der Effekt ist aber durchaus beeinflussbar, hauptsächlich durch die Wahl des Antriebssystems. Die Schottel Pumpjets, erzeugen wohl deutlich weniger Saugeffekt (verbrauchen aber extrem viel Energie), Schaufelradantriebe verhalen sich wesentlich günstiger und Schleppschiffe leiden da auch kaum drunter. Es ist also nicht gottgegeben und anabänderlich. Das Konzept des "Futura Carriers", sollte dies ebenfalls wirksam verhindern, anscheinend war es aber nicht so erfolgreich, ich hab jedenfalls nie etwas von gemessenen Werten bei flachen Wasser gelesen.

Gruß
Dominik