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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Warum es wohl nie ein reines Batterieschiff geben wird



binnenvaart
15.02.2020, 18:00
Die Klimaschutzdebatte sorgt auch in der Flusskreuzfahrtbranche für ein Umdenken. Marktführer Arosa lässt ein Schiff mit Hybridantrieb bauen. Denn ganz ohne Dieselmotor geht es einfach nicht.

Warum es wohl nie ein reines Batterieschiff geben wird (https://www.welt.de/wirtschaft/article205857075/Kreuzfahrten-Arosa-kommt-mit-neuem-Batterieschiff.html)

nikomid
16.02.2020, 13:55
Ich hab mich hier ja wiederholt sehr skeptisch zu Batterieschiffen geäußert, aber so pauschal sehe ich die Dinge dann doch nicht. Schiffe die nur auf den Kanälen unterwegs sind benötigen sehr viel weniger Energie. Wenn man dann beispielsweise alle Häfen abklappert um Container Ein/Auszuladen und dabei nachläd kann das durchaus reichen. Auch bei 12h Fahrzeit wäre eine Unterbrechung für eine Mittagspause wohl möglich, oder spricht da rechtlich etwas dagegen? Mit 2 x 6 h Fahrtzeit bei ca. 150 kW Antriebsleistung benötig man ca. 1000 kwh an elektrischem Speicher. Bei 200 WH pro Kilogramm wär dies ein Batteriegewicht von ca. 5 t, das ließe ich durchaus verkraften. Das größere Hinderniss ist die Zyklenfestigkeit der Batterien, bei 2x Be- und Entladen täglich wären die Batterien mitr heutiger Technik nach ca. 2 Jahren hinüber.

slowman
17.02.2020, 10:10
Servus Nikomid,

moderne Akkus schaffen mittlerweile locker 3000 Ladezyklen und kaputte Zellmodule können mittlerweile auch getauscht werden, so dass nicht der komplette Akku gleich ein Fall zum Recycling darstellt. Ein Ladezyklus stellt übrigenseine Batterieladung von 0% auf 100% dar, was eher ein theoretischer Wert ist. Der Akku wird nie auf 0% entladen, ebenso erfolgt in den seltensten Fällen eine Ladung auf 100%, da dieser Zustand der Akkulebensdauer nicht zuträglich ist. Wenn die Batterieladeanzeige 0% anzeigt, liegt der Akku tatsächlich irgendwo bei 10%, voll entspricht ca. 90%. Daher entspricht eine "Voll-Ladung" einem Ladezyklus von 0,8, bei zwei Ladungen täglich erreichst Du 1,6 Ladezyklen.
Bei 30 Betriebstagen macht dies 48 Ladezyklen, im Jahr also maximal 576 Ladezyklen. Reell dürftest Du bei Deinem Modell bedingt durch Feiertage, Werfttage etc. ungefähr 530 Ladezyklen erreichen. Der Akku sollte also 5-6 Jahr halten.
Auch nach den 3000 Ladezyklen ist er noch kein Schrott, sondern die Degeneration setzt ein, sprich, der Akku verliert Kapazität. Bis zum Exitus des Akkus oder einer Überholung durch Austausch von Zellmodulen fährst Du dann noch einmal 2-3 Jahre.
Auch besteht auf einem Schiff im gegensatz zum Auto die Möglichkeit, die lade- und Erhaltungselektronik aufwändiger anzulegen, so wäre beispielsweise Wasser zur Kühlung des Akkus in ausreichendem Maße vorhanden. Gerade die thermische Belastung beim Laden und Entladen (Fahrbetrieb) setzt den Akkus zu, deim Schiff könnte man diesen Effekt durch eine Wasserkühlung sehr einfach minimieren.

Gruß
Chris

koje
17.02.2020, 12:06
Ein freundliches Hallo

Ich finde eure Berechnungen sehr interessant

Meine Erfahrungen mit Batterien im Tesla singt folgt 40000 km = ca 160 Ladungen davon 50% Schnell Ladungen und andere 50% schonende Ladung. Der Akku hatte neu eine Leistung von 90 Kwh gehabt und nun noch ganze 77 KWh das macht -13 KWh. So nun wünsche ich euch weiter viel Spaß bei euren Berechnungen. Ich werde wenn diese Schiffe auf den Markt sind mir ein Schubboot kaufen mit Stinkigen Dieselmotor oder wenn ich was gutes für die Umwelt machen will mit Diesel-Elektroantrieb mit VW Dieselmotoren inklusive Euro6 mit Betrüger Software.:fg: Der Satz ist von mir zynisch gemeint. Dann werde ich endlich mal Geld verdienen, ca. 4000€ pro Tag :roooll: den Preis kenn ich aus persönlicher Erfahrung mußte mal ein Tag mit ein Schubboot geschoben werden da hat der erste Anbieter mir diesen Preis genannt. Ok er sagte er müsse dafür ein Tag anfahren und der zweite Tag würde mein Transport sein. Aber 2000€ würden mir reichen um endlich mal Geld zu verdienen. Ich finde es sehr interessant das er für die Schuten die er im Kanal umher schiebt dieses Geld bekommt :fragkratz: ich gönne es ihm.

Es grüßt der Koje der diese Welt sowieso nicht mehr versteht

Ps. Bitte mein Beitrag genau lesen und dann erst mich in der Luft zerreißen

Mittelpoller
17.02.2020, 12:17
Reine Batterieschiffe hat es schon gegeben, diese Schiffe fuhren von Zehdenick nach Berlin mit Ziegelsteine. Gruß Mittelpoller

Handhaspel
17.02.2020, 12:45
Hallo,

hatte ich schon einmal eingestellt, 1. Elektrofähre auf dem Rheinstrom in Bad Godesberg, laut Bildtext.

Gruß, Handhaspel.

nikomid
17.02.2020, 13:52
Hallo Chris,

unterhalb von 70 % Restkapazität kann man die Akkus nicht mehr nutzen, zum einen steigt dann die Brandgefahr rapide und zum Anderen setzt dann die nichtlineare progressive Alterung ein (kenn ich von meinen Handyakkus, die werden beim Laden warm und verschlechtern sich innerhalb kürzester Zeit immer mehr.

Die Degeneration setzt nicht erst nach 3000 Zyklen ein, sondern bereits beim 1. Zyklus. Hinzu kommt die kalendarische Alterung die aber bei einem Binnenschiff, anders als bei PKW, kaum eine Rolle spielt, da die Akkus nicht sehr halt werden. Die von Dir genannten 3000 Zyklen sind illusorisch, jedenfalls mit heutigen Akkus.


@Mittelpoller:
Die Ziegelschiffe aus Zehlendick (hatte ich zwischenzeitlich fast vergessen), sind aber ein Beispiel dafür wie zukünftig der Verkehr auf kleinen Wasserstraßen aussehen könnte, nur wären die Schiffe ganz oder teilautonom unterwegs. Bei langsamer Fahrt auf Kanälen brauchen Schiffe so wenig Energie (man denke daran wie Peniche von Schifferfrauen gezogen worden) dass man dies in der Tat elektrisch lösen kann.

Grüße
Dominik

dojojo
18.02.2020, 00:10
Moin,

Mal eine andere (Grundsatz -) Idee. Könnte man zumindest auf Kanälen nicht mit Oberleitung fahren? So wie Oberleitungsbusse? Kanäle sind nicht sehr breit.

Joana
18.02.2020, 00:13
Hallo dojojo,

dann werden die eh schon zu niedrigen Brücken durch die Oberleitung noch niedriger.

Grüße Joana

dojojo
18.02.2020, 00:23
Hallo Joana,

wie gesagt, grundsätzlich. Details wie Brücken, Schleusen oder andere Bauwerke, muss man vor Ort entscheiden. Man darf der Leitung ja nicht zu nahe kommen wegen zb Überspannungsbögen. So, wie man nicht auf Waggons der Bahn klettern darf. Aber das muss man ja im Detail sehen.

slowman
18.02.2020, 08:43
Hallo zusammen,

Eine Oberleitung dürfte bei vielen Brückendruchfahrten problematisch werden. Einen Spannungsüberschlag sehe ich als das geringere Problem an, man sagt als Faustregel je 1000 Volt 1 mm Überschlagsstrecke und es wäre ja durchaus möglich ein Oberleitungsschiff mit Spannungen unter 1000 V zu betreiben, so wie vele Straßenbahnen mit 750 Volt unterwegs sind. Problematisch bleibt halt immer die Gefahr, den Fahrdraht direkt zu berühren, beispielsweise unter Brücken o.ä. Um ein Schiff mit Oberleitung sicher zu betreiben müsste man wahrscheinlich die ganze Infrastruktur ändern.
Denkbar wäre vielleicht eine variable Hybridlösung, bei welcher das Schiff zum Antrieb über einen E-Motor verfügt, welcher von einer Batterie gespeist wird die für eine halbe Stunde Vollast genug Energie liefert. Auf freien Streckenabschnitten könnte man eine Oberleitung installieren über welche dann der Akku wieder geladen wird. Für nicht elektrifizierte Streckenabschnitte müsste das Schiff dann noch über einen Dieselgenerator verfügen, welcher die Batterie speist. Der Generator läuft im Normalfalle mit einer Festdrehzahl und lässt sich daher wesentlich sauberer betreiben als wenn ein Diesel mit wechselnden Lastzuständen zum direkten Antrieb genutzt wird. Versieht man den Generator-Diesel dann noch mit Filter- und SCR-Technik wäre hinsichtlich Umweltschutz schon einiges erreicht. Das Schiff wäre mit einer solchen Lösung auch variabel einsetzbar.

Gruß
Chris

Handhaspel
18.02.2020, 10:20
Hallo,

obwohl ich keine Zukunft für O-Schifffahrt in Kanälen sehe, hier ein Beispiel für Fahrdrahtunterbrechung im Regelbetrieb.
In den Niederlanden habe ich mehrmals beobachtet, das Klapp- und Hebebrücken ohne Fahrdraht ausgerüstet sind. Wenn sich eine Lok nähert, verlässt sie vor der Brücke den Fahrtdraht, passiert die Brücke und nimmt auf der Gegenseite den Fahrtdraht wieder auf. Da ja dann schiffsseitig E-Motor und Schraube vorhanden sind, müsste nur noch eine Batteriebank nicht nur zur Brückenunterfahrung vorhanden sein.
Dies als eine theoretische Möglichkeit, die ich hoffentlich Verständlich dargestellt habe.

Gruß, Handhaspel.

slowman
18.02.2020, 10:44
Hi Handhaspel,

so hatte ich es ja auch beschrieben, dazu noch ein Generatorset um die Batterie zu laden bzw. Pufferspannung zu erzeugen wenn kein Fahrdraht vorhanden ist oder dieser ausgefallen ist.

Gruß
Chris

faehrenfan
19.02.2020, 00:15
Moin Handhaspel,

zu Deiner elektrischen Fähre aus Godesberg kann ich noch folgendes zu sagen:

Die elektrische Rheinfähre in Godedesberg wird in dem Buch "Von Ufer zu Ufer" von Ferdinand Clausen beschrieben: Es handelte sich dabei um eine Seitenpfortenfähre, also ein klassisches Schiff mit einer auf dem Hauptdeck angebrachten Platform für den Fahrzeugtransport. Die Fahrzeuge fuhren seitlich über eine Rampe auf das Fährschiff drauf, ähnlich wie bei der Fähre in Boppard (http://www.binnenschifferforum.de/showthread.php?4117-Stadt-Boppard-AF-04807510).

Das bei Berninghaus gebaute Schiff war 30m lang, 8m breit und hatte 0,75m Tiefgang. Der Risszeichnung nach (aus dem Buch) hatten die Schrauben einen Durchmesser von geschätzt 60-65 cm.
Zum Antrieb schreibt er:


"Unter Deck nahmen die 160 Elemente der Akkumulatoren die Hälfte der Schiffslänge ein.
Mit ihrer Kapazität von 335 Ampere bei 290 - 300 Volt betrieben sie die beiden Gleichstrom-Motoren von 50PS für die beiden Schiffschrauben, die dem Schiff eine Geschwindigkeit von 12 Stundenkilometer bei stehendem Wasser verleihen konnten .."
"Die Batterien erhielten den Strom durch ein Speisekabel des Godesberger Elektrizitätswerks, das an der linksrheinischen Anlegestelle durch einen Anschlußkasten mit dem Zweileiterkabel des Schiffes verbunden wurde.
Bei vollaufgefüllter Batterie reichte die elektrische Kraft für einen einstündigen Betrieb, d. h. mit anderen Worten, daß die Akkumulatoren wohl den Fährbetrieb, nicht aber größere Längsfahrten erlaubten."
"Nach Betriebsvorschrift wurden die Batterien nach jeder Hin- und Herfahrt aufgeladen."
"Der Verbrauch an Strom war mit 3,2KW/Std. oder 0,48 Mark pro Fahrt recht niedrig."
Quelle: F. Clausen

Aus der Chronik der Godesberger Fährgesellschaft geht weiterhin hervor:


Die gesamte elektrische Einrichtung ist von der Firma Felten u. Guilleaume-Lahmeyerwerke, A. G. in Frankfurt a. M. ausgeführt.
Die Stromlieferung für die Motoren erfolgt durch eine Akkumulatorenbatterie, bestehend aus 160 Elementen in Hartgummigefäßen und zwar 10 Elemente in einem gemeinsamen Holztrog, Fabrikat der Akkumulatorenfabrik A.-G. Berlin in Hagen. Die EntIadespannung der Batterie ist im Mittel 200 Volt.


Dieses Fährschiff tat dann treu seinen Dienst bis 1945. Zwar musste es sich mit der Zeit eine Reihe von Umbauten und Änderungen gefallen lassen, um wirtschaftlich und zuverlässig zu bleiben. Auch der elektrische Antrieb war auf Dauer nicht geeignet, eine schnellere Überfahrt und somit eine größere Überfahrtendichte zu erzielen.
Diese wurde notwendig, um den steigenden Ansprüchen eines moderneren und dichter werdenden Verkehrs gerecht zu werden.

1933, das fünfundzwanzigjährige Bestehen der G. m. b. H., wäre ein Grund zum Feiern gewesen. Aber die Geschäftsführung schrieb zu diesem Anlass:
„All diese Jahre hat nun das Fährschiff regelmäßig Tag für Tag seinen Dienst ausgeführt und somit seinen Bestimmungszweck, die Brücke zwischen den beiden Ufern zu schlagen und anhaltenden Verkehr zu bewältige, treu erfüllt.
Außer bei Hochwasser bzw. starkem Eisgang im Winter hatte das Fährunternehmen keine Unterbrechungen zu verzeichnen und ist dadurch in betriebstechnischer Art erwiesen, dass die seinerzeitige Wahl des elektrischen Antriebs berechtigt war (Akkumulatoren-Batterie-Betrieb).
Durch Verschleiß sowie einer gewaltsamen Außerbetriebssetzung im Jahre 1923 durch die Besatzungsbehörde, wurde die Batterie-Anlage 5mal erneuert.
Die letzte Betriebserneuerung im Jahre 1929 hatte eine Batterie-Erweiterung von ca. 50 % zur Folge, da die bisherigen Typen dem starken Verkehr nicht mehr genügten.

Gruß Alex :wink: