Fulda: Die alte und die neue Schleuse in Kassel
Die heutige Stadtschleuse in Kassel stammt von 1913 und gehört nicht zum 1897 fertig gewordenen Ausbau der Fulda, sondern ist eine im Anschluß daran erfolgte Baumaßnahme, die Industriebetriebe und die Fahrgastschiffahrt in der Stadt Kassel an die Fulda-Wasserstraße anschloß. Der Hafen liegt ja ein ganzes Stück unterhalb der Stadtschleuse. Warum man die Stadtschleuse mit 85 x 10 m erheblich größer baute als die sieben Schleusen talwärts bis zur Weser (die nur 58 x 8,60 m groß waren), weiß ich nicht und man kann nur vermuten, daß man ein größeres zukünftiges Projekt im Auge hatte und 1913 bereits von einer Vergrößerung oder Neuanlage der sieben Fuldaschleusen des 1897er-Ausbaus ausging.
Weniger bekannt ist die erste Kasseler Schleuse, die zum Ausbau der Fulda bis nach Bad Hersfeld in der Mitte des 18. Jahrhunderts gehörte. Die Schiffahrt nach Bad Hersfeld war durch den Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel eröffnet worden, in dem er in die Wehre der durch den Mühlenbau unschiffbar gewordene Fulda verschließbare Schiffsdurchlässe einbauen ließ. Diese Durchlässe wurden um 1750 durch Kammerschleusen ersetzt (eine davon ist die heute spektakulär auf dem Trockenen sitzende Schleuse in Rotenburg). Auch am alten, schräg im Fluß liegenden Wehr in Kassel befand sich eine Schleuse dieses Ausbaus, und zwar am linken Ufer im Mühlengraben. Die heutige Schleuse liegt hingegen am rechten Ufer etwas weiter talwärts.
Auf der nachfolgend angegebenen Webseite sieht man einen Stadtplan von 1878, in der zwar der Mühlengraben, aber leider nicht die Schleuse eingezeichnet ist. Sie lag direkt am oberen Beginn des Mühlengrabens, im Mühlengraben selbst, neben dem landseitig liegenden Wasserrad der Vogtschen Mühle (einst Große Ahnaberger Mühle). Auf der nachfolgend genannten Webseite sind die Details angegeben. Während also die Karte von 1878 die Schleuse vermissen läßt, meint man am rechten Ufer eine Schleuse zu erkennen - doch dieser Eindruck täuscht. Auf dem rechten Ufer handelt es sich um ein Mühlengerinne; die Schleuse lag definitiv am linken Ufer in der Einfahrt des Mühlgrabens (in anderen Quellen ist sie eindeutig zu erkennen) und die Schiffahrt benutzte den Mühlengraben. Auf der Webseite finden sich sogar Fotos der Schleuse. Ich weiß nicht, ob man heute noch Reste von ihr erkennen kann - die Insel existiert jedenfalls noch in der auf der Karte von 1878 bestehenden Form (Finkenherd). Allerdings ist das UW durch die Stadtschleuse von 1913 eingestaut. - Hier findet man die schöne Webseite mit - neben anderen Kasseler Themen - auch der Darstellung der beiden Kasseler Schleusen:
http://www.erinnerungen-im-netz.de/a...em-Walzenwehr/
:wink: Gernot
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Um 1900 und heute - der Fuldaknick bei Kassel
Ich stelle den Vergleich des früheren und heutigen Blicks zu tal auf den Fuldaknick in Kassel hier ein, weil die grundlegende Veränderung dieser Stelle unmittelbar mit dem Schleusenbau zu tun hatte. Auf dem alten Bild um 1900 ist das frühere Wehr genau im Fuldaknick zu sehen, das zum Mühlengraben führte. Im Mühlengraben lag aber auch die alte Schleuse, deren Einfahrt - auf der rechten Seite - direkt neben dem Molenkopf zu erkennen ist. Daneben, wo die große Aufschrift "Insel-Restaurant" zu lesen ist, ist der Finkenherd. Dieser Blick war vor der Umgestaltung der Fulda ein Standardmotiv von Kassel.
Der Bau einer aus damaliger Sicht modernen Großschiffahrtsschleuse, die zukünftigen Ausbauvorhaben genügte und im Geist der Zeit lag, war nur am rechten Ufer möglich. Die Unterneustädtermühle auf ihrer Halbinsel lag dafür nun im Weg und mußte folglich samt der romantischen Halbinsel verschwinden. Der Gedanke eines besseren Hochwasserabflusses mag sicherlich auch eine Rolle gespielt haben.
Jedenfalls hat sich die Fulda in diesem Bereich stark verändert, indem die Schleuse und das Wehr zu tal verlegt und die Unterneustädter Mühle beseitigt worden sind. Ein bißchen langweilig sieht es heute schon aus, woran auch die Bebauung schuld ist.
Das Schiff am linken Ufer ist das ehemalige FGS STINT.
:wink: Gernot