Heiliger Fluss, aber auch Fluss des Todes
Hallo Sprachfans
Welten und Abgründe tun sich für mich und vor mir auf. Nach eifrigem und hochinteressantem Studium stelle ich fest, der Jordan ist ein Widerspruch in sich.
der Jordan steht für das Leben (nach Johannes dem Täufer) und den Tod ("über den Jordan" heißt so viel wie jenseits des Hades, den Fluss der Unterwelt), auf dem "Highway to Hell" (der Autobahn in die Hölle) wie es neudeutsch heißt.
der Jordan hat für das Christentum ähnliche Bedeutung wie der Ganges für die "Hindis", der Ganges ist der Fluss der Wiedergeburt und damit des Lebens, ebenso wie der Fluss der Göttin des Untergangs, der höchsten Göttin des Hinduismus und Schutzpatronin von Kalkutta (am Ganges).
der Familienname Jordan geht auf die Kreuzzüge zurück, wohl benannt nach Graf Jordan (auch Jordanus) von Köln, erstmals belegt 1159.
der Jordan ist der Neckar des Nahen Ostens? Grenzfluss? Trennlinie? Kulturscheide zwischen Christen und Muslimen oder Muslimen und Heiden? Anhängern und Abtrünnigen?
Ich glaube, das ist eine böswillige Mär, ein Hirngespinst, eine Fata Morgana. Der Neckar ist und bleibt einer der wonnigsten deutschen Flüsse mit grandioser Geschichte und Kultur, großartiger Landschaft und bezaubernden Burgen, Städten, Lokalitäten.
Andere User vor mir haben bereits vermutet, dass ein ganz anderer Bezug zwischen Neckar und Jordan besteht. Und das will ich nur zu gern glauben.
Grüße
Eberhard
Grenzfluss ja - feindlich nein?
Hallo Sprachforscher
mir gefällt Gernots "liebevolles Aufs-Korn-Nehmen" sehr, ich denke da kommt er der Lösung viel näher als eine Sicht des Neckars als Grenzlinie zwischen Freund und Feind, vertraut und fremd, liebgewonnen und abstoßend. Schon der Ausdruck "Jordanplanscher", mit dem Dewi den Reigen der Kommentare in diesem Thread eröffnet, scheint mir nicht (allzu) negativ besetzt. Kinder und Tiere planschen in einem Becken, weil ihnen das stark in Bewegung befindliche Wasser Spaß macht. Die Fülle der Wellen, Tropfen, Spritzer usw erzeugt Wonne, neudeutsch Wellness, früher sagte man Wohlbefinden. Und in diesem Umfeld sehe ich auch Stefans Beitrag, wo dem Hund des Brudes die Fülle von Holz auf dem Neckar völlig neue Möglichkeiten eröffnet, die zu seinem Wohlbehagen beitragen.
Natürlich ist der Neckar auch Grenzlinie. Gernots Erwähnung von 2 Lebensauffassungen (im Rheinischen und entlang des Neckars) ist nicht abwägig, was den Neckar vermeintlich zum Jordan werden lassen könnte. Und Andy unterstreicht noch einmal, dass hier wirklich Unterschiede aufeinander prallen bzw durch eine natürliche Grenze getrennt sind. Ich vermute, mit der Abgrenzung der Baden von den Schwaben ist der alte Gegensatz von Württemberg und Baden gemeint. Das bekam ich einmal zu spüren, als ich in einem lockeren und lustigen Gespräch mit Einheimischen in der Nähe von Offenburg die Frage stellte: "Ist das jetzt badisch oder württembergisch?" Ich hatte meine liebe Not, das Gespräch wieder zurück in ruhiges Fahrwasser zu bringen.
Also doch? Irgendwie bin ich hin und her gerissen. Da braucht man gar nicht die Religion mit ihren (häufigen) Feindseligkeiten oder die Kreuzzüge zu bemühen. Und die Philosophen? Deren Ansichten prallen oft enorm hart aufeinander.
Schöne Grüße
Eberhard