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Thema: Binnenschifffahrt soll revolutioniert werden: Erst ferngesteuert, dann selbstfahrend

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  1. #1

    Deutschland Binnenschifffahrt soll revolutioniert werden: Erst ferngesteuert, dann selbstfahrend

    Verstopfte Straßen, freie Wasserwege: Im überlasteten Verkehrsnetz könnten Binnenschiffe eine Alternative sein.

    Binnenschifffahrt soll revolutioniert werden: Erst ferngesteuert, dann selbstfahrend
    https://binnenvaartlog.nl

  2. #2

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    "Doch oft fehlt qualifiziertes Personal auf der Brücke" steht da im Vorspann - und das soll ein Grund dafür sein, selbstfahrende Binnenschiffe zu entwickeln? Das glaube ich nicht.

    Der wirkliche Grund ist, daß man so etwas entwickeln WILL, das ist ein Selbstzweck. Man begeistert sich für HighTech, ein Institut will glänzen und man hat vielleicht auch irgendwelche Gelder für ein Forschungsprojekt an Land gezogen und dann nehmen die Dinge ihren Lauf. Da man das alles natürlich auch rechtfertigen muß, ist dann schnell von Effizienzsteigerung, in diesem Fall der Binnenschiffahrt, die Rede, und man träumt bestimmt auch davon, irgendwann einmal entsprechende Anlagen zu verkaufen.

    In der Realität bezweifele ich, daß es zu einer Effizienzsteigerung kommen würde: diese Dinge kosten nicht nur in der Entwicklung Geld, sondern erfordern auch Personal zur Betreuung. Wohl nicht nur am Anfang müßte nautisches Personal an Bord sein, um bei einem Ausfall des Systems auf manuellen Betrieb umschalten zu können. Oder um Fehler beheben zu können, die gar nicht mit diesem System zu tun haben. Ein recht begrenzter Nutzen also, dem die Kosten und Risiken eines solchen Systems gegenüberstünden.

    Ein weiterer Punkt sollte auch nicht völlig außen vor bleiben. Es ist ein Tabuthema, wegen der völlig gegensätzlichen Meinungen, auch so ein Glaubensding: das Thema Strahlung, man sieht es bei 5G. Es ist schnell vom "Aluhutträger" und "Spinner" die Rede und Techniker vermelden gerne, daß die entsprechenden Strahlungen total gering und harmlos seien. Das ist ja auch klar, denn wenn sie nicht so denken würden, dann würden sie in diesem Bereich auch nicht arbeiten. Wer mit dem Betrieb solcher Anlagen sein Geld verdient, bestätigt das natürlich ebenso wie jeder, der daran ein Interesse hat. Allerdings ist diese Strahlung ja wohl vorhanden, sonst würden die Systeme nicht arbeiten und sie nimmt in allen Bereichen des Lebens, wo man hinsieht, zu. Es gibt jedenfalls genügend Ärzte, die bei 5G vor den Risiken durch die Strahlung warnen und weitergehende Untersuchungen fordern, denn die Praxis "erst mal einfach machen und wenn es dann Probleme gibt, sehen wir weiter" erscheint wenig vorausschauend und professionell. Es gibt ja auch tote Bundeswehrsoldaten, die zu lange und zu dicht hinter irgendwelchen Radargeräten gesessen haben. Es mag sein, daß die Radarstrahlen hier besonders stark gewesen waren, aber trotzdem. Ich halte mich da raus, weil ich da nicht viel von verstehe, aber es wäre nicht das erste Mal, daß aus irgendwelchen Interessen heraus Dinge wirtschaftlich und medizinisch schöngeredet werden, die dann hinterher die Allgemeinheit ausbaden und bezahlen muß. Wenn ein Verband der Telekommunikationsanbieter eine entsprechende Forschung bezahlte, kämen freilich ganz andere Ergebnisse heraus, als wenn der Bund zur Unterstützung Radarstrahlengeschädigter diese Forschungen bezahlen würde und genau hier liegt das Problem. Eine finanziell unabhängige Forschung haben wir im Moment nicht und das müßte sich dringend ändern. Das sind alles Punkte, die nicht geklärt sind und einfach übergangen werden, wenn vom "autonomen Fahren", ob zu Wasser oder zu Lande, die Rede ist. Denn ohne Radarstrahlen funktioniert diese Technik nicht.

    Und noch eine Anmerkung: den Autopiloten kennen der Wasser- und der Luftverkehr schon lange. Die Besatzung hat er aber bisher noch nirgends ersetzt und gleiches gilt auch für die Schiene. Einzelne Bähnlein, die völlig ohne Personal unterwegs sind, fahren doch bisher sehr überschaubare Routen und das, obwohl sich der Schienenverkehr von allen Verkehrsträgern mit Abstand am ehesten zum autonomen Fahren eignet.

    Gernot

  3. #3
    Avatar von Robert67
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    Der ferngesteuerte Matrose macht dann fest, oder wer?
    Gruss
    Robert

  4. #4

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    Ich persönlich halte das autonome Fahren jedenfalls - auch auf der Straße - für so überflüssig wie einen Kropf.

    Gernot

  5. #5
    Avatar von Rheinlotse Klaus
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    Hallo zusammen,

    ich möchte in dem Zusammenhang nur auf diesen Artikel verweisen:
    Eerste commercieel ‘onbemand’ binnenschip in Antwerpse haven

    Könnte sein, dass die deutschen Kollegen da zweiter Sieger werden. Ganz abgesehen davon, dass der "Fernsteuer-Kapitän" seine berufliche Erfahrung wahrscheinlich nicht am Computer allein erwerben kann.

    Gruß Klaus
    Wenn jeder denken würde: "Der andere könnte Recht haben", gäbe es weniger Streit auf der Erde.

  6. #6

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    Das prädestinierteste Verkehrssystem, bei dem die Automatisierung sich quasi anbietet, wäre die Eisenbahn.
    Da sind die Fahrstraßen qasi vorgegeben, Sensoren und Schaltsysteme sind schon vorhanden und damit wäre alles schon jetzt fast perfekt ausgestattet
    Das kann und kennt jeder versierte Modellbahner.

    Und solange das da nicht erfolgreich eingeführt ist, wird das woanders nix.
    Also bis dahin fließt noch viel Wasser den Rhein runter
    Ob ein Mensch klug ist, erkennt man an seinen Antworten. Ob ein Mensch weise ist, erkennt man an seinen Fragen. Nagib Mahfuz

  7. #7

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    Den in #5 genannten Link hatte ich auch gesehen - aus irgendeinem Grund erscheint er bei mir unscharf.

    Selbst wenn alles perfekt funktionieren würde, stellt sich schon die Frage, was dieser ganze autonome Zirkus soll. Sitzt irgendwann die ganze Menschheit auf dem Sofa und das Leben findet parallel und autonom von alleine statt? Da würde mir aber etwas fehlen und es wäre mir z.B. auch ein Alptraum, eine Wohnung mit durchcomputerisierten Zimmern zu haben, wo alle Lampen, Rolläden usw. per computer automatisch gesteuert werden und mich einerseits bedienen, zugleich aber auch bevormunden und überflüssig machen.

    Wenn es wirklich ein Problem sein sollte, qualifiziertes Personal zum Fahren zu finden, dann machen wir ganz andere Dinge falsch.

    Gernot

  8. #8
    Avatar von faehrenfan
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    Moin,

    ich bin nach wie vor davon überzeugt, das es nicht funktionieren wird:
    Warum: Die Computerexperten des Minaturwunderlands in Hamburg haben über Jahre versucht, ihre Schiffe im Skandinavien Teil automatisiert fahren zu lassen und am Ende mussten sie aufgeben und fahren seit dem immer noch per Fernsteuerung.
    Die Probleme waren nicht die Antriebe, die ließen sich tatsächlich punktuell steuern, so das man Millimeter genau anlegen konnte, aber die dazu nötige Positionserkennung war schlicht weg nicht zu schaffen und die benötigte Rechnerleistung extrem hoch. Auch machten die unvorhersehbaren Einflüsse, Wind, Wellen, Sog etc. ihnen schwer zu schaffen, und das, obwohl sie sich ja quasie in einer großen Halle befinden, mit nur relativ wenig Umwelteinflüssen ....

    Nun kennen wir von der Seefahrt bereits Positionierungssysteme, die Schiffe mit Hilfe von Bugstrahlrudern und Azipots relativ genau auf Position halten können, aber der große Nachteil bei solchen Antrieben ist, das viel Wasser zur Verfügung stehen muss, damit das Schiff auf Position gehalten werden kann.
    Was nützt es, wenn ich einen Sog oder eine Windböe ausgleichen muss, dazu volle Leitstung auf meinen Querstrahler gebe, dieser es aber nicht umsetzen kann, weil nicht genug Wasser unter dem Kiel oder in der Umgebung ist ? Genau das Problem wird als eins der Probleme in der autonomen Binnenschifffahrt auftreten ...

    Kamera Systeme, die ständig die Umgebung beobachten und erfassen, können eine sich nährende Windböe vielleicht nicht erfassen (können sie es überhaupt ?), und bis die Sensoren (Windmesser) an Bord die Böe messen, ist es schon zu spät zur Gegenreaktion.
    Das Halten der Position der Schiffe wird auch nur über andere Steuersysteme funktionieren, nicht wie bisher mit Hauptmaschine und Ruder und zusätzlichen Bugstrahlern, man wird mindestens Bugstrahler und Heckstrahler einsetzen müssen, um das Schiff in der engen Fahrrinne oder im Hafen / Schleuse auf Position zu bringen, was mehr Energie erfordern wird als derzeit ...
    Und wenn dann alles wirklich reibungslos funktioniert, ich meine die ganze komplette elektronische Steuerung, fragt sich nur für wie lange ?

    Spinnen weben ihr Netz vor die Kamera oder Windmesser, Dreck und Staub verunreinigt die Linsen der Sensoren, decken sie ab ...
    Reinigungseinrichtugen (Scheibenwischer oder Druckluftdüsen) werden nach mehrfachem Gebrauch dem Verschleiß unterliegen und nicht mehr richtig funktionieren, oder die Spinne baut ihr Netz soweit davor, das sie davon nicht mehr getroffen wird ...

    Die Elektronik altert, Platinen leiden unter den Erschütterungen und Vibrationen des Schiffes, besonders unter den kleinen Wellen der Sportboote, Steuer-PCs werden nach und nach ausfallen, da sie die starken Temperaturschwankungen und Vibrationen dauerhaft nicht mitmachen ...
    Ich habe lange genug Industrie-PCs verkauft, es gab und gibt bisher nichts, was über längere Zeit stabil auf einem Schiff läuft oder in einer Industrieanlage, einem Schaufelradbagger oder ähnlichem, und was die zur Steuerung benötigte Rechnerleistung zur Verfügung stellen kann ...

    Gruß Alex
    ~~~ Fähren sind die schönste Art, Menschen miteinander zu verbinden ~~~

  9. #9
    Avatar von Willy
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    Moin Alex,

    du triffst den Nagel auf den Kopf.

    Gruß Willy

  10. #10
    Avatar von Hein Mück
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    Moin,

    der Nordsee-Zeitung (Bremerhaven) habe ich heute entnommen, dass Ende dieses Monats (November 2020) die YARA BIRKELAND abgeliefert werden soll. Zugegeben kein Binnenschiff, aber mit einer Länge von 79,50 m, einer Breite von 14,50 m und einer Tragfähigkeit von 3.120 t gar nicht so weit entfernt von den Maßen eines Binnenschiffes. Der Antrieb erfolgt batterie-elektrisch, die Aufladung mit grünem Strom erfolgt in einem der Anlaufhäfen. Das Fahrtgebiet befindet sich im Oslofjord zwischen dem Düngemittelwerk Heröya und den beiden 7 bzw. 30 sm entfernten Häfen Brevik und Larvik. Der jetzt beginnende Testbetrieb erfolgt noch mit einer Mannschaft. Bis 2022 soll schrittweise vollständig auf einen vollautonomen Betrieb umgestellt und die nur provisorische Brücke wieder abgebaut werden. Durch die YARA BIRKELAND sollen jährlich 40.000 LKW-Fahrten pro Jahr entfallen.

    Also soweit in der Zukunft ist es nicht mehr mit dem autonomen Fahren. Bleibt abzuwarten, wie sich der Testbetrieb in den nächsten Monaten entwickelt.

    Tschüss
    Hein Mück

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