Ergebnis 1 bis 1 von 1

Thema: Vor 80 Jahren: Start zur Verminung der Donau

  1. #1
    Super-Moderator Avatar von Muranfan
    Registriert seit
    09.06.2011
    Ort
    Bayern
    Beiträge
    3.331

    Standard Vor 80 Jahren: Start zur Verminung der Donau

    Hallo, wieder ein hochinteressanter Bericht, der uns von Klaus Heilmeier übermittelt wurde:

    "Vor 80 Jahren - Verminung der Wasserstraße Donau durch die Alliierten

    Im April 1944 setzte die Verminung der Donau durch die Briten ein. Wieviele Binnenschiffer durch diese militärische Aktion bei ihrer Berufsausübung den Tod fanden und welche Sachschäden dabei entstanden, ist bis heute nicht umfassend dokumentiert. Während zunächst die Schäden durch detonierende Minen umfassend erhoben wurden, konnten diese Erhebungen ab Ende 1944 und 1945 nicht mehr gewährleistet werden.

    Zunächst zur Vorgeschichte: Die Donauschiffahrt war bis zum April 1944 nicht Ziel von militärischen Maßnahmen der Alliierten gewesen. Dies bedeutete, dass große Mengen von Rüstungsgütern an die Ostfront/Griechenland transportiert werden konnten und das für die Wehrmachtsverbände und deren Verbündete dringend benötigten Treibstoffe per Binnenschiff ab Rumänien militärischen Zwecken zugeführt werden konnte.
    Erst am 1. April 1944 kam es im Hafen Sulina und wenige Tage später im Hafen von Galatz zu Bombenangriffen.
    Anfang April 1944 begannen Flugzeuge der Royal Air Force mit dem Abwurf von Magnetminen in die Donau. Dabei konnten die Engländer bereits wieder rückeroberte Flugplätze in Griechenland nutzen.
    Aufgrund fehlender deutscher Aufklärung war an der Donau nicht bekannt, dass eine Verminung der Donau einsetzte, welche Flußabschnitte betroffen waren und mit welcher Technik man es bei den abgeworfenen Minen zu tun hatte. Am 9. April 1944 wurden die ersten Schäden durch Minen erfasst und zwar im Bereich Do.-km 1128 und 1150 (Pancevo, jugoslawische Donau). Neben einem Boot der Strompolizei, waren 2 Schleppkähne (DDSG 6514 und SDP-Tank X) und der DDSG-Dampfer TULLN betroffen.

    Ursprünglich hatte man angenommen, dass serbische Partisanen die Minen gelegt hatten, was sich aber nicht bestätigte, da in den folgenden Tagen bereits Minentreffer von der ungarischen und rumänischen Donau gemeldet wurden. Zwar wurde die Schifffahrt unverzüglich eingestellt und ein Minenräumdienst eingesetzt, aber eine realistische Perspektive für einen Schifffahrtsbetrieb in der Zukunft gab es zunächst nicht.
    Die Schifffahrtssperre begann sich sofort bei den Lieferungen für die Militärdienststellen auszuwirken, sodass ein Militär als "Sonderbevollmächtiger des Führers" eingesetzt wurde, der erst mal die Donauschiffer den Militärgesetzen und der Kriegsgerichtsbarkeit unterstellte.
    Damit war man aber im Umgang mit den Minen keinen Schritt weiter. So wurden an den Ufern der Donau Beobachter abgestellt, die Minenabwürfe lokalisieren und melden sollten. Vom 9. April bis zum 26. April 1944 war die Schifffahrt bereits gesperrt, ohne das man eine Strategie zur Räumung der Minen entwickelt hatte. Zunächst wurde angenommen, dass die Minen aktiviert werden, wenn Schiffe mit hoher Geschwindigkeit darüber fahren, also hat man die Schleppzüge treiben lassen. Ohne Erfolg. Dann hat man die Schiffe entmagnetisiert, was auch keine Lösung bot.
    Erst ein Zufall brachte konkrete Erkenntnisse: Im Bereich der Theißmündung fand man zwei Minen im Uferbereich, die bei einem Hochwasser abgeworfen wurden und nicht in der Fahrrinne landeten. Die waffentechnische Untersuchung ergab, dass die Minen auf bis zu 42 Vorhaltungen eingestellt werden konnten. D.h., die Mine konnte beim 1. oder erst beim 42. Schiff, welches darüberfuhr, hochgehen. Während die Minenräumung weiter effizienter gestaltet wurde (Einsatz von Flugzeugen, die technische Geräte elektromagnetische Wellen aussenden konnten), wurden auch die Minen weiter entwickelt. Die konnten über längere Zeitintervalle "tot" gestellt werden und sich danach wieder selbst aktivieren.
    Die Minengefahr war nicht in den Griff zu bekommen und die Alliierten erreichten damit eine nachhaltige Beeinträchtigung der Donauschifffahrt bis weit über die Kriegsjahre hinausreichte. Beim Rückzug der dt. Wehrmacht wurden viele Abschnitte der Donau zudem mit deutschen Minen belegt, um das Nachrücken der Roten Armee zu behindern (Bereich Turn Severin und Belgrad). Havarien wg. Minentreffer fanden noch bis in die frühen 1950-er Jahre im Bereich der mittleren und unteren Donau statt, wobei Details im im Westen nicht bekannt wurden.

    Aufgrund militärischer Befehle musste die Handelsflotte immer wieder fahren und erlitt hohe Verluste, obwohl die Ruderstandsdächer der Zugschiffe und der Schleppkähne abgebaut wurden und die Schifferfrauen mit ihren Kindern von Bord mussten. Für die Besatzungen wurden Rettungsgürtel zur Pflicht, was für viele lebensrettend war. Geringe Chancen hatten jedoch die Heizer und das Maschinenpersonal, die ihren Dienst unter Deck zu leisten hatten.
    Eine von der Schiffahrtsstelle Wien vom 1. April bis 18. November 1944 geführte Liste über Schäden/Verlusten an Schiffen durch Minen (aber auch durch Bordwaffenbeschuß) erfasst 16 Personenschiffe, 77 Zugschiffe, 13 Motorgüterschiffe, 7 Tankmotorschiffe, 310 Schleppkähne für Trockengut, 78 Tankkähne und 50 sonstige Wasserfahrzeuge. Das ist aber nur ein Teil der betroffenen Donauflotte, die bis Anfang Mai 1945 weitere Verluste erlitt."

    VG
    HK.

    Bild 1: MZS BREMEN (II), [N 17], DWE, (BauNr. 201), Baujahr: 1942, Bayer. Lloyd, 23. Juni 1944 Minentreffer bei Do.km 1736; noch 1944 gehoben, 1945 in der Werft von Sowjets beschlagnahmt, Umbau für sowjetische DDSG, neuer Name KRONSTADT, 1955 zur österr. DDSG, neuer Name PUCHENAU, 1966 neue Motoren (2x550 PS), 1978 an Dunavski Lloyd, neuer Name VIKTOROVAC, um 1998 verschrottet; Bild Slg. HK.

    Bild 2: Eine Magnetmine wird durch das Minenräumgerät zur Explosion gebracht. Ungarische Donau, Sommer 1944, Slg. HK.

    Bild 3: Minenräumer NECKAR, BL, mit Räumgerät im Schlepp und Besatzung, Sommer 1944, ung. Donau, Slg. HK.

    Bild 4: Minenräumer NECKAR und Besatzung mit Rettungskragen und Schwimmweste, Sommer 1944, (Detail), Slg. HK.
    Miniaturansichten angehängter Grafiken Miniaturansichten angehängter Grafiken Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht 

Name:	BREMEN (II) ex N 17, BL, Minenhavarie bei Do-km 1736, 23. Juni 1944, Slg.HK. PS.jpg 
Hits:	112 
Größe:	215,0 KB 
ID:	982215   Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht 

Name:	Magnetmine, ausgelöst durch das Räumgerät, Sommer 1944, ung. Donau, Slg.HK..jpg 
Hits:	102 
Größe:	117,1 KB 
ID:	982216   Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht 

Name:	Minenräumdienst, Dampfer NECKAR, BL, mit Bestzung, Ung. Donau Sommer 1944, Slg. HK..jpg 
Hits:	118 
Größe:	239,7 KB 
ID:	982217   Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht 

Name:	Minenräumer Mannschaft NECKAR, BL, ung. Donau, Sommer 1944, Slg.HK, Ausschnitt.jpg 
Hits:	97 
Größe:	124,0 KB 
ID:	982218  
    Geändert von Muranfan (20.04.2024 um 16:57 Uhr) Grund: Link zu NECKAR ergänzt

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •