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Thema: Mannis Döntjes

  1. #11

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    3. Kapitel

    Die "Alsterufer" war ein besonderes Schiff, denn die gesamte Besatzung schlief Mitschiffs, das kannte ich noch nicht. Auf anderen Schiffen war die Mannschaft von Deck und Maschine auf dem Achterdeck untergebracht, nur die Offiziere und Ings schliefen Mitschiff, Koch, Bäcker und Stewards auch. Hier schliefen alle zusammen Mitschiffs, zwar unter Deck, aber gemütlich. Bei schlechtem Wetter war das für den Moses ein großer Vorteil, er brauchte nicht mit den Essenbacken von Mitschiffs von der Kombüse zum Achterschiff zur Mannschaftsmesse zu laufen. Hier lag die Kombüse genau in der Mitte, und es ging ein Essenfahrstuhl von der Offiziersmesse über die Kombüse bis zu uns unter Deck, das Essen war immer heiß, und der Moses sparte viel Zeit.

    Es war so ein Fahrstuhl mit Handbetrieb, man zog an einem Seil und schon bewegte sich das Ding von Oben nach Unten oder umgekehrt, eine Fußbremse gab es auch, damit der Fahrstuhl nicht bei uns auf den Boden knallte, wenn oben mal einer nicht aufpasste. Der Fahrstuhl spielt auch noch eine Rolle in meiner Geschichte. Also wir hatten es alle sehr bequem, ein richtiger Luxus, wenn ich an den Seelenverkäufer denke, ein Unterschied wie auf der Queen Mary. Um Mitternacht wurde unsere Kammertür aufgerissen, und die Nachtwache holte uns aus der Koje. Mit einer leichten Migräne vom Grog zogen wir uns an und gingen in die Messe, der Moses hatte Kaffee gekocht und ein paar Brote geschmiert, nix dolles, aber ich hatte Hunger, gestern hatte ich ja nicht mehr zu Abend gegessen.

    Alle Decksleute waren versammelt, und der Bootsmann teilte mich für die Back ein, das ist das Vorderteil des Schiffes. Hier würde ich nun immer beim Ab- und Anlegen arbeiten, das war immer so, dieses galt dann für die ganze Zeit, wo man an Bord war. Es gab einen Lautsprecher in der Messe, und um 0.45 kam das Kommando: "Alle Mann an Deck, es geht los, Schlepper sind da." Also schnell die Muck Kaffee runtergespült und auf ging's. Es schneite wie verrückt, und man konnte kaum die Hand vor Augen sehen. Überall an Deck brannten jetzt die großen Scheinwerfer, "Sonnenbrenner" genannt, weil sie hell wie die Sonne waren. Der 2. Offizier hatte das Kommando auf der Back, und ich wurde ihm schnell vorgestellt, das war's dann. Leinen wurden gelöst und andere Leinen zum Schlepper runter gelassen, langsam lösten wir uns von der Pier in Bremerhaven; in einigen Wochen würde ich hier von Bord gehen, aber anders als ich dachte.

    Zur Schleuse war es nicht weit, und nach knapp einer halben Stunde waren wir im Fahrwasser der Weser, der Lotse würde uns in die Deutsche Bucht bringen und dort von Bord gehen. Inzwischen wusste ich auch, wohin die Reise gehen sollte; der erste Hafen war Porto Barrios, ein Hafen in Britisch-Honduras, heute heißt dieser Staat [ame="http://de.wikipedia.org/wiki/Belize"]Belize[/ame], dann weiter nach [ame="http://de.wikipedia.org/wiki/Kolumbien"]Kolumbien[/ame], nach [ame="http://de.wikipedia.org/wiki/Santa_Marta"]Santa Marta[/ame], dort sollte sich mein Schicksal entscheiden. Wir lösten uns auf der Back ab, immer 3 Mann blieben an Deck, die anderen gingen zum Aufwärmen in die Messe, alle 30 Minuten wurde gewechselt. Der Bootsmann, der Achtern seinen Dienst versah, teilte mich für die 8-12 Wache ein, danach konnte ich zutörnen, zumindest am Nachmittag, das brachte jeden Tag mindestens 5 Überstunden, mir war es recht.

    Nach ungefähr 2 Stunden Revierfahrt, die Schlepper hatten uns inzwischen verlassen, erreichten wir Leuchtturm "Roter Sand", und der Lotse ging von Bord, bei diesem Wetter unter Lebensgefahr. Die Lotsenleiter war vom Schnee glitschig, und ein leeres Schiff liegt ziemlich hoch im Wasser, aber auch das klappte ohne Probleme. So kurz nach 3.00 Uhr ging ich unter die heiße Dusche und dann ab in die Koje, nun kam die Müdigkeit richtig, draußen dei Kälte und nun die Wärme. Also ab ins Bett, der Moses würde mich um 7.00 Uhr wecken, dann in Ruhe frühstücken und dann auf die Brücke zur Wache. Nun begann die Reise richtig, wir waren auf See.

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    4. Kapitel

    So, heute war mein erster Tag auf der Brücke, außer dem 2. Offizier hatte ich noch niemand von den Herren Offizieren kennen gelernt, das würde wohl auf der Brücke geschehen. Um 7.00 Uhr weckte mich der Moses, mein Bettnachbar war schon weg, er hatte Wache, und ich würde ihn jetzt gleich ablösen. Schnell unter die Dusche und in die Klamotten für die Wache, man zieht sich da sauber an, kein Arbeitszeug. Also schwarze Hose, dicken Pullover, Kulani und die Pudelmütze, das war meine Brückenkluft für den Winter.

    Aber nun würde ich mal frühstücken, es gab Eier nach Wunsch; ich bestellte mir Rührei mit Schinken, und dann haute ich so richtig rein. In der Messe saßen noch ein paar Jungs aus der Maschine, 3 von ihnen waren auch gestern an Bord gekommen, den einen kannte ich von der "Steckelhörn", wir hatten schon eine Reise nach Westafrika zusammen gemacht. Sein Spitzname war "Spiritus", er trank gerne einen, manchmal zuviel; dann bekam er Ärger, aber ich hielt den Mund, war ja nicht mein Problem oder? Um 7.45 Uhr machte ich mich auf den Weg zur Brücke; da unsere Messe ja im Bauch des Schiffes lag, musste ich allerhand Treppen bis zur Brücke erklimmen. Das Wetter war klar, die Sonne schien, aber es war saukalt. Ich machte die große Schiebetür zur Brücke auf und schlüpfte schnell hinein.

    Hier war es warm, die Jacke brauchte ich nicht, ich meldete mich beim 2. Offizier, der die Wache mit mir hatte. Wir befanden uns nun am Anfang des Kanals zwischen Holland und England, diese Seestraße ist sehr gefährlich, denn hier fahren die meisten Schiffe durch. Mein Zimmerkollege stand am Ruder und ich übernahm, er gab mir den zuletzt gehaltenen Kurs an, ich wiederholte, und nun hatte der Kumpel seinen Dienst beendet. Im Kanal würden wir noch mit Rudergänger fahren, danach wurde dann mit Automatik gefahren, auf der Überfahrt nach Mittelamerika. Dann übernahm die Automatik den Kurs, und man brauchte nicht mehr am Ruder zu stehen, man stand dann draußen auf der Brücke, der sogenannten "Nock", und hielt Ausschau nach anderen Schiffen. In den Tropen war das ein schöner Platz, aber nicht in der Kälte und bei Nebel.

    Aber noch stand hier niemand von uns. Hinten im Kartenraum, der sich auch auf der Brücke befand, sah ich zum erstenmal den "Alten"; er unterhielt sich mit dem Funker, dessen Bude befand sich auch auf der Brücke; er wohnte und arbeitete in seiner Kabine, die war meist sehr groß. Der Funker war auch für unser Geld zuständig, bei ihm erledigte man das mit dem Ziehschein nach Hause, und er zahlte in den Häfen den Vorschuss in der landesüblichen Währung aus. Auch die Post war sein Revier, und er gab täglich eine kleine Bordzeitung für uns heraus, meistens zwei DIN A4 Seiten mit Nachrichten aus der Heimat; sie wurden von Norddeich Radio übermittelt, der deutschen Seefunkstelle. Norddeich hielt mit allen Deutschen Schiffen auf den Weltmeeren Kontakt, heute ist diese Station geschlossen, geht alles über Satellit, die Navigation über GPS.

    Als der Käpten mich sah, kam er zu mir und fragte mich ein bisschen aus, nach Alter, Heimat, Seefahrt u.s.w., er machte einen netten Eindruck. Nach meiner Wache und dem Mittagessen sollte mir der 2. Offizier das Schiff zeigen, denn auf einem Kühlschiff hatte ich ja noch nicht gefahren. Der 2. Offizier würde mir das ganze Kühlsystem erklären, denn auf der Rückreise mussten wir mehrmals am Tag in die Kühlräume und die Temperaturen der einzelnen Laderäume überprüfen, Tag und Nacht, ein Ausfall da unten könnte verheerende Folgen für die Fracht haben, aber davon später. Alle Stunde wurde ich am Ruder abgelöst, und man konnte einen Kaffee für alle holen; mein Dienst auf der Brücke lief aber weiter, ich beobachtete den Schiffsverkehr zusammen mit dem 2. Offizier. Wenn man Rauchen wollte, ging man in die Nock, auf der Brücke selber war das verboten, außer der Offizier erlaubte es. Am Ruder war das Rauchen natürlich Tabu, wie sah das auch aus, Zigarette im Mundwinkel und die Hände am Ruder, nein, das muste nicht sein.

    Die Zeit verlief wie im Flug, und um 11.45 Uhr war meine Ablösung da und ich konnte zum Essen gehen, um 13.30 Uhr sollte ich dann zum 2. Offizier kommen und dann eingewiesen werden. Heute war Donnerstag, Seemannssonntag, wenn man an diesem Tag auf See war, bekam man einen Urlaubstag extra und es gab ein besonderes Essen; zum Frühstück Eier nach Wunsch, Mittags einen schönen Braten, und zum Kaffee gab es selbstgebackenen Kuchen, immer am Seemannssonntag und am normalen Sonntag; auch frische Brötchen gab es dann vom Bäcker, der Junge hatte viel zu tun an diesen Tagen. Der Kuchen wurde liebevoll "Panzerplatten" genannt, denn es war meist Butter- oder Streuselkuchen. Heute gab es Sauerbraten und Knödel, lecker war das, ich haute mir richtig den Bauch voll, der Bootsmann gab mir die Order, nach der Einweisung vom 2. Offizier gleich unten in den Räumen zu bleiben. Wir sollten die Räume noch richtig vorbereiten, das würde ein paar Tage dauern; gut so, an Deck konnte man jetzt nichts machen, wegen der Kälte, da unten würden wir trocken und warm bleiben, die Kühlung lief ja erst, wenn die Ladung an Bord war, 3000 Tonnen grüne Bananenstauden, mein Gott.

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  2. #12

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    5. Kapitel

    Nach dem Mittagessen ging ich in meine Kammer, noch ein bisschen auf die Koje legen, dann umziehen und dann zum Arbeiten, als Wachgänger, "Zutörnen" genannt. Jetzt waren bis 17.00 Uhr alles Überstunden, um 20.00 Uhr ging ich dann wieder bis Mitternacht auf Wache. Mein Mitbewohner lag auf seiner Koje und las in einem Buch über Nautik; er wollte, nachdem er seinen Matrosenbrief gemacht hatte, ist wie ein Gesellenbrief, an Land gehen, um zur Nautiker-Schule zu gehen; er wollte sein Kapitänspatent machen. Das Studium musste man selber bezahlen, außer eine Reederei schoss die Summe vor; dann bist du aber über Jahre an die Reederei gebunden, und davor zögerten damals viele junge Männer zurück. Zwischendurch mussten die Offiziersanwärter auch immer wieder eine Reise machen, um wieder an Geld zu kommen, nicht jeder hatte begüterte Eltern, die einen unterstützen konnten.

    Klaus, so hieß mein neuer Kumpel, kam auch aus Hamburg, so wie viele Seeleute damals. 1985 habe ich ihn in Harburg, hier wohne ich, wiedergetroffen, er war inzwischen Kapitän, verheiratet und fuhr immer noch zur See, auf einem RO-RO-Schiff auf der Ostsee. Er war alle vier Wochen zu Hause, dann hatte er vier Wochen frei, und dann ging es wieder an Bord, war auch eine schöne Sache. Im Sommer nahm er oft seine Frau mit, manchmal auch seine Tochter, wenn gerade Ferien waren, so blieb die Familie zusammen, das alles gab es damals noch nicht.

    Ich zog meine Sachen aus und verstaute sie ordentlich in den schmalen Holzspind, heute Abend brauchte ich sie ja wieder. Klaus klärte mich erst einmal über alle Leute an Bord auf, vor wem man sich in acht nehmen musste und wer O.K. war, das war wichtig; man wollte sich das Leben ja nicht unnötig schwer machen. Das Essen wäre gut meinte er, Koch und Kochsmaat verstünden ihr Handwerk, einkaufen beim Steward, die Offiziere und Ings, sowie der Funker wären auch O.K. meinte er, dann konnte eigentlich nichts schief gehen. Ja, wenn ich nicht die größte Dummheit meines Lebens begehen würde; hier auf diesem Schiff sollte sich mein weiteres Schicksal entscheiden, fürs ganze Leben, aber das ahnte ich noch nicht.

    Klaus erzählte mir auch, dass [ame="http://de.wikipedia.org/wiki/Puerto_Barrios"]Puerto Barrios[/ame] nicht in British-Honduras liegt, sondern in [ame="http://de.wikipedia.org/wiki/Guatemala"]Guatemala[/ame], wer mir da wieder was anderes erzählt hatte, wusste ich gar nicht, ich glaube das war der Heuerbaas in Hamburg, der Döskopp. Aber es war ja auch egal, Guatemala war ja das Land der Mayas, das wusste ich von der Schule, Erdkunde war ja mein Lieblingsfach gewesen, und der Nachbar von British-Honduras. Viel Zeit zum Landgang blieb eigentlich nie, meinte Klaus, denn Bananen wurden unheimlich schnell verladen, sie verderben ja schnell. Ja, Bananen werden schnell verladen, für mich zu schnell, aber davon später.

    Ich zog mich um, Arbeitszeug an, dicke Unterwäsche, dicke Takelhose, Pullover, Pudelmütze und dicke Handschuhe, gefütterte Stiefel gehörten auch zu meiner Kluft, alles in Rotterdam gekauft, hier bekam man bei den Schiffshändlern die besten Arbeitsklamotten, und alles zollfrei. Ich ging noch einmal in unsere Messe und trank noch eine Muck Kaffee, der wurde immer zwischendurch gekocht. Spiritus, mein Kumpel von der "Steckelhörn", saß in der Messe und hatte eine Buddel Bier vor dem Hals; hoffentlich erwischte ihn der Storekeeper nicht, dann würde er großen Ärger bekommen. Alkohol während der Wache war ein Kündigungsgrund, der sogenannte "Sack"; wenn man einen "Sack" bekam, hatte man anschließend auf dem Heuerstall schlechte Karten, irgendwie bekamen die das da mit, obwohl es nicht im Seefahrtsbuch stand. Vielleicht gaben die Reedereien ein Liste raus, so einmal im Monat, man bekam dann garantiert ein Scheiß-Schiff beim nächsten Mal. Aber Spiritus hatte auf seinem letzten Dampfer auch wieder gesoffen, und nun war auf er einem Bananenjäger, mir schleierhaft. Sollte auch nicht mein Ding sein.

    Dann ging ich an Deck, vor der Kombüse warteten schon die anderen Kameraden, und als der 2. Offizier kam, gingen wir zum Vorschiff und krabbelten in Luke Eins. Alles war hier unten Weiß gestrichen, aber es roch noch nach überreifen Bananen. Wenn wir schönes Wetter erreichten, nach der Biskaya, dann sollten alle Luken geöffnet werden, damit das Schiff austrocknen konnte, Bananen vertrugen keine Feuchtigkeit. Backbord und Steuerbord befanden sich die großen Kühlkammern, jede fasste 300 Tonnen Ladung, 10 Kammern gab es an Bord. In der Mitte befand sich ein beleuchteter Gang, diesen sollte ich noch kennen lernen, denn hier musste man dann Tag und Nacht runter, um die Temperaturen abzulesen. An jeder Kühlkammer waren Armaturen, für Temperatur, CO2, und Luftfeuchtigkeit, die mussten dann in einem Protokoll festgehalten werden. CO2, also Kohlendioxid, wurde in die Kammern geblasen, das hinderte die Bananen am Reifen während der Rückreise, war aber für die Bananen nicht schädlich.

    In den Kühlkammern lagen große Holzgrills auf den Fußböden, damit die Bananen nicht auf das Eisen des Schiffes gelagert würden. Diese Greatings sollten wir nun schrubben, mit P3 und viel Süßwasser abspülen. P3 ist wohl das schärfste Scheuermittel, das ich kennen gelernt hatte, es sah wie Kristall aus und löste sich dann in warmen Wasser sofort auf. Bekam man P3 auf die feuchten Hände, hatte man sofort Verätzungen an den Händen, regelrechte Löcher brannten sich dann in die Haut, brannte höllisch, kann ich euch versichern. Wir bekamen Schutzbrillen und dicke Gummihandschuhe, und dann ging es los, immer zwei Mann bildeten ein Team. Erst wurden die Holzgreatings von beiden Seiten geschrubbt, mit dicken Piahsawa-Besen, dann mit Süßwasser abgespült, und dann an die Bordwände aufrecht festgezurrt, damit sie hochkant trocknen konnten, anschließend wurde der Boden der Kühlkammern der gleichen Prozedur unterzogen.

    In der Mitte der Kühlkammern war ein großer Abfluss, und das ganze Schmutzwasser ging einfach ins Meer, von Umweltschutz keine Spur, kannte damals auch niemand. Wir kamen durch das heiße Wasser ganz schön ins Schwitzen, die Brillen beschlugen, und man konnte nichts mehr sehen, also Brille runter und auf die Augen aufgepasst. Meinen dicken Pullover hatte ich schon ausgezogen und mir um den Bauch gebunden, wir hauten so richtig rein. Ab und zu schaute der Bootsmann vorbei, um zu sehen, ob wir auch anständig arbeiten würden. Er versprach uns zum Kaffee eine Ansprache in der Messe, was hatte das zu bedeuten? Wir schauten uns an und auf die Uhr, 15 Minuten noch, dann war Kaffeezeit, eine halbe Stunde in der Messe, heute mit "Panzerplatten", aber diese Ansprache, wer würde sie denn halten, der "Alte"? Mensch, waren wir gespannt.

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    6. Kapitel

    Es war soweit, Kaffeezeit, schnell das heiße Wasser abgestellt und durch die Tür gleich in die Maschine und dann rauf in die Messe. Man konnte die Laderäume auch durch die Maschine betreten, das kannte ich auch noch nicht, aber war ja logisch. Bei schlechtem Wetter von Oben durch den schmalen Schacht nach unten, das war lebensgefährlich, zumal die schmalen Sprossen auch noch rutschig waren, aber auf meinen anderen Schiffen gab es so eine Tür in die Unterwelt nicht. In der Messe war nun alles versammelt, Decks- und Maschinenpersonal, nur die Wachen waren auf ihren Posten; Platz war genug, schon ein komisches Gefühl, auch die Offiziere und Ings hier zu haben. Nur der Smutje und der Bäcker fehlten, die waren aber auch immer am besten informiert, die wussten schon, was hier gespielt wurde.

    Als jeder seine Muck Kaffee hatte und der Butterkuchen verteilt war, kam der "Alte", nun kam die Stunde der Wahrheit, was war denn los? So was hatte ich noch nie erlebt, Betriebsversammlung an Bord. Kapitän Witt eröffnete uns die Sachlage, unser Schiff war an die [ame="http://de.wikipedia.org/wiki/United_Fruit_Company"]United Fruit Company[/ame] verchartert worden, für ein Jahr; das hieß im Klartext, die Company bestimmte nun, wo wir hinfuhren, welche Ladung wir aufnahmen und wohin sie gebracht wurde, basta. Wir waren alle verdattert, im schlimmsten Fall hieß es, wir kamen ein Jahr nicht nach Hause, denn die Company hatte nun das Sagen. Außerdem würde der Schornstein des Schiffes in die Farben der Company umgestrichen, die Sloman-Farben mussten weg; das sollten wir dann bei schönem Wetter machen, aber noch vor dem Einlaufen in Puerto Barrios.

    Die United Fruit hatte auf der ganzen Welt einen schlechten Ruf und war als Sklaventreiber bekannt, diese Company hat in Süd- und Mittelamerika schon Kriege angezettelt und Diktatoren auf den Thron gehoben, nachzulesen bei google.de. Aber an unsere deutsche Heuer kamen sie nicht ran, im Gegenteil, das bedeutete Dollar-Heuer; für uns ein Gewinn, denn der Dollar lag damals so um die 4,20 DM, glaube ich. Aber die erste Ladung ging nach Hamburg, das war schon klar, also konnte, wer wollte, am Ende der Reise das Schiff verlassen. Ich nicht, dachte ich, warum, ist doch ganz interessant, vielleicht kam ich ja so einmal nach Amerika, damals mein Traum, einmal über die großen Seen nach Chicago und dann im Sommer, ein Traum für jeden Seemann. United Fruit hatte die Chiquita-Banane erfunden, also das Warenzeichen, hoffentlich musste nun keine Banane in den Schornstein gemalt werden, bemerkte irgend jemand; alles musste lachen, sogar der "Alte". Also so schlimm war die Botschaft gar nicht, es gab schlimmere Dinge.

    Das Ganze hatte sich ganz schön in die Länge gezogen, und an die Arbeit ging keiner mehr zurück, lohnte sich nicht, um 17.00 Uhr war sowieso Schluss mit der Arbeit. Also ab in die Kammer und zum Duschen, um 20.00 Uhr hatte ich ja wieder Wache. Nach dem Abendbrot saßen wir noch alle in der Messe, um die ganze Angelegenheit noch einmal zu besprechen, einige Seeleute kannten das schon mit dem Verchartern und meinten auch, dass wir uns keine Sorgen zu machen brauchten, denn Europa brauchte ja Bananen. Die Jungs hatten plötzlich ein paar Schachteln Bier auf die Back (Tisch) gestellt und wollten den Abend noch fröhlich begießen. Der Zimmermann holte sein Tonbandgerät in die Messe, und schon sang Lolita "Seemann, lass das Träumen, denk nicht an zu Haus, deine Heimat ist das Meer", auf allen Weltmeeren wurde dieses Lied wohl gedudelt, war damals der große Hit bei uns. Ich durfte nichts trinken, blieb aber in der Messe und sah und hörte meinen Kameraden zu, bis ich auf Wache musste.

    So vergingen die Tage, es wurde warm, endlich, wir konnten in kurzen Hosen arbeiten; wenn wir frei hatten, lagen wir an Deck und sonnten uns. Der Schornstein war inzwischen umgestrichen worden, und nun glänzte das Zeichen der United Fruit Company dort, ein großes UNF, weiß der Schornstein, rot die Farben der Company, rot wie Blut, das Blut der armen Bauern in ihren Ländern in der Karibik. Noch 5 Tage, dann würden wir Puerto Barrios erreichen. Das Wetter war einmalig, Sonnenschein, in der Nacht sah man die Sterne am Himmel, Delphine spielten mit dem Schiff. Mann waren das schnelle Tiere, wenn ich ganz vorne am Bug des Schiffes stand, konnte ich sie sehen; wir liefen schon Höchstgeschwindigkeit und sie schwammen noch vor dem Schiff, einfach Wahnsinn.

    Überall waren jetzt die Sonnensegel auf dem Schiff gespannt, hier konnte man Schatten finden, den brauchte man auch manchmal. Wenn man so 1 Stunde in der Sonne an Deck gearbeitet hatte, dann reichte das; man musste mal für ein paar Minuten in den Schatten, sonst bekam man eine weiche Birne. Morgen sollte ein Bootsmanöver auf hoher See stattfinden, das Schiff wurde gestoppt und die Rettungsboote zu Wasser gelassen, das war von der Berufsgenossenschaft vorgeschrieben; uns machte das riesigen Spaß, in den Rettungsbooten um den Dampfer herum zu paddeln, aber davon erzähle ich das nächste Mal.

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  3. #13

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    Weiter gehts

    7. Kapitel

    Am Morgen bei der Wache, ich stand auf der Brücke in der Nock unter dem Sonnensegel, fragte ich den 2. Offizier, wo das Bootsmanöver denn stattfinden würde. Er zeigte mir im Kartenraum die Seekarte, genau vor Jamaica würde es stattfinden. Am Ruder stand zur Zeit niemand; seit wir die [ame="http://de.wikipedia.org/wiki/Biscaya"]Biscaya[/ame] verlassen hatten, fuhren wir mit Automatik. Der Kurs wurde eingestellt und natürlich laufend kontrolliert, das war es dann; ich stand in der Nock, mit nacktem Oberkörper unter dem Sonnensegel, das Fernglas um den Hals, und suchte den weiten Horizont nach Fahrzeugen ab, so hieß das. Kam ein mal ein Schiff entgegen, machte man Meldung: "Fahrzeug, 2 Strich Steuerbord voraus". Aber hier war weit und breit nichts zu sehen, außer ein paar fliegenden Fischen, die von irgendwelchen Räubern gejagt wurden, meistens von Thunfischen oder Barracudas, dann schnellten sie mit einer Welle aus dem Wasser, breiteten ihre breiten Flossen aus und segelten einige Meter über das Meer, war schon ein toller Anblick. Wenn Sturm war und die Wellen hoch schlugen, konnte es passieren, dass diese fliegenden Fische sogar an Deck landeten. Ich habe das einmal erlebt, 68 Stück hatten wir an Bord; sie wurden vom Koch gebraten, schmeckten wie grüne Heringe aus der Pfanne, einfach lecker.

    Heute Nachmittag, nach dem Essen, sollte das Bootsmanöver stattfinden. Ich gehörte zur Backbordcrew, also dort musste ich in das Rettungsboot; Schwimmwesten lagen in einer Schublade unter der Koje, die hatte man anzulegen, sonst gab es Ärger mit dem "Alten". Es fand immer ein kleiner Wettbewerb statt, Backbord- gegen Steuerbordcrew, wessen Boot war schneller im Wasser, man würde es sehen. Nach der Mittagspause, pünktlich um 13.30 Uhr, heulten die Sirenen im Schiff, auch das große Typhoon am Schornstein brüllte los. Ich lag auf der Koje, Klaus mein Kumpel auch, vor Schreck fiel er bald oben aus der Koje und mir auf den Kopf, so hatte er sich erschrocken, aber ich auch, wir waren wohl eingedöst. Schnell die Rettungswesten angelegt, und während man zum Bootsdeck lief, zurrte man die Weste am Körper fest; wichtig war, dass sie am Hals nicht verrutschen konnte, ein aufgenähter großer Kragen bewahrte einem vor dem Ertrinken, denn so ragte der Kopf immer aus dem Wasser. Fiel man ins Wasser, zog man an einem Seil, und eine Patrone mit Gas blies in Sekunden die Weste auf.

    Als ich bei meinem Boot ankam, schallten die Kommandos durch die Gegend, Offiziere und Ings waren schon damit beschäftigt, die Davids zu lösen, hier hingen die Boote dran und wurden so zu Wasser gelassen. Ich glaube, ein Rettungsboot fasste so 50 Personen, aber so viel waren wir ja nicht an Bord. Und so gingen in jedem Boot ungefähr 15 Mann an Bord; die Wachen und der Koch, der "Alte" und der 1. Offizier, der Chief, sie alle blieben an Bord, war ja nur ein Manöver. Quietschend drehten wir an der großen Kurbel und ließen so die Boote zu Wasser, alle halfen mit, aber die von dem Steuerbordboot waren etwas schneller. Nun die Haken gelöst und von der Bordwand abgestoßen, und wir waren frei. Ruder waren nicht an Bord, diese Boote waren sogenannte "Holländer", immer zwei Mann saßen sich gegenüber und bewegten einen Hebel hin und her; damit wurde eine Welle angetrieben, die zu einer kleinen Schiffsschraube am Ende des Bootes lief, so wurde das Boot angetrieben, natürlich ging das nur im Gleichtakt. Die "Alsterufer" hatte natürlich vorher gestoppt, und so pullten wir im Takt vor der Küste [ame="http://de.wikipedia.org/wiki/Jamaika"]Jamaikas[/ame], die am Mittag am Horizont aufgetaucht war, in der [ame="http://de.wikipedia.org/wiki/Karibisches_Meer"]Karibischen See[/ame], einfach herrlich. Segel hatten wir auch an Bord, und der 2. Offizier, der das Kommando auf dem Rettungsboot hatte, befahl, den Mast aufzustellen und das orangefarbene Segel zu setzen, nun segelten wir eine kleine Strecke und kehrten dann langsam zu Schiff zurück. Das Boot wurde wieder an den Davids befestigt, blieb aber noch eine gute halbe Stunde unten liegen; wir durften ins Wasser, um ein wenig zu schwimmen, nackend natürlich, denn eine Badehose hatte keiner an. Schwimmwesten ab, die Büx aus und dann mit einem Kopfsprung ins warme Wasser. In Deutschland lag Schnee und ich schwamm hier im Meer herum, ein irres Gefühl.

    Auch die schönste Zeit geht zu Ende, wir mussten an Bord zurück. Noch während wir an der Bordwand hingen, nahm das Schiff wieder Fahrt auf, die Boote glitten langsam an Bord zurück. Nun wurden noch die Medikamente, der Proviant und das Frischwasser in den Rettungsbooten überprüft, das musste sein, konnte ja Menschenleben retten. Wir in Hamburg hören oft davon, dass Schiffe aus Drittländern im Hafen an die Kette gelegt werden; es sind dann grobe Mängel an den Booten und an den Rettungseinrichtungen festgestellt worden. Das Schiff muss dann so lange im Hafen bleiben, bis die Mängel beseitigt wurden. Ist ja auch nicht mehr wie recht, aber die ausländischen Reeder sind manchmal so menschenverachtend, dass sie eine Mannschaft einfach im Stich lassen und das Schiff, das ein Rosteimer ist, einfach aufgeben. Ist in Hamburg schon ein paar mal passiert, das Schiff wird dann versteigert, und einen Teil des Erlöses bekommt die Mannschaft. Sie hat manchmal Monate lang keine Heuer bekommen, und sie können dann nach Hause fliegen. Na, diese Probleme gab es auf deutschen Schiffen nicht.

    Nachdem die Boote wieder in den Davids festgelascht waren, war Kaffeezeit, danach ging ich noch nach vorne auf die Back. Die Ankerwinde sollte von mir einen neuen Anstrich bekommen, immer schön langsam; bis Puerto Barrios waren noch ein paar Tage, aber ich war schon gespannt, wie so ein Bananenhafen aussah.

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    8. Kapitel

    So, noch zwei Tage bis Puerto Barrios. Die Luken waren am Tage alle geöffnet, nachts wurden sie aber geschlossen, sonst kam ja wieder Feuchtigkeit in die Kühlräume. Die Greatings waren alle sauber geschrubbt und lagen schon an ihrem Platz, die Schotten zum Verschließen der einzelnen Kühlräume lagen bereit. In Guatemala würden wir nur die Hälfte der Ladung an Bord nehmen, die andere Hälfte würde dann im Hafen von Santa Marta an Bord genommen werden.

    Ich war nach meiner Wache mit dem Anstreichen der großen Ankerwinde beschäftigt, wie gesagt, immer schön sutje, es sollte ja nicht in Arbeit ausarten. Da auch vorne über der Back ein Sonnensegel gespannt war, ihr könnt es auf dem Foto vom Bananenjäger sehen, konnte man mich von der Brücke aus nicht sehen, und so ließ ich mir Zeit. Erst die Rostflecken entfernen, dann Menninge und dann schön mit schwarzer Farbe darüber, sah wie neu aus; war es ja auch noch, der Dampfer war ja erst ein paar Jahre alt. Farbe ist wichtig, das Salzwasser greift alles an, und da bildet sich schnell Rost, aber bis zum ersten Hafen war ich fertig damit. Sorgen machte mir das Holzdeck, ein Schiff nur mit Holzdeck, das kannte ich nicht; normal war es ab dem Bootsdeck aus Holz, dort wo die Rettungsboote in ihren Davids hingen. Aber auf diesem Schiff war es nun mal anders, mir schwante schon Fürchterliches; auf der Heimreise musste dieses Deck geschrubbt und fast weiß sein, beim Einlaufen des Schiffes in den Heimathafen musste alles glänzen, das war Tradition auf allen deutschen Schiffen. Mit einem Rostdampfer in Hamburg einlaufen? - Einfach undenkbar für einen Kapitän; dann wurde Farbe in Massen verbraucht, kann man sich gar nicht vorstellen, ist aber so.

    Die zwei Tage gingen auch vorbei, und dann kam die Küste in Sicht. Wir warteten auf den Lotsen, Puerto Barrios war damals ein kleiner Hafen, nur eine Pier für die Schiffe, passten wohl nur zwei Dampfer hintereinander. Es war ein Seehafen, also keine Schleuse, keine Revierfahrt, direkt an die Pier, dafür brauchte man normalerweise keinen Lotsen, aber es war Vorschrift. Es war 13.00 Uhr, gerade lag das Mittagessen hinter uns, meine Wache auch, also auf die Back zum Festmachen. Weil dies ein Hafen ohne Schutz vor dem Meer war, würde an der Pier auch ein Anker geworfen werden; falls in der Nacht ein Unwetter kommen würde, hatten wir eine zusätzliche Sicherung. Backbordseite war Landseite. Ein kleiner Schlepper drückte uns von der Steuerbordseite an die Pier, die Leinen gingen an Land, das war's, hat keine halbe Stunde gedauert. Gangway an Land, und Polizei und Zoll kamen an Bord; die großen Elevatoren mit der Stoffbespannung wurden in die offenen Luken gesenkt, das machten die Leute von Land aus. Wie in einem Fahrstuhl würden dann die einzelnen Bananenstauden in den Fächern des Elevators liegen und im Schiff von den Hafenarbeitern verstaut werden. Die Pier war schwarz voller Menschen, das Laden der Stauden, jede wog ungefähr 18 Kilo, wurde noch von Hand gemacht, anders ging es nicht, daher die vielen Arbeiter.

    Als Zoll und Polizei von Bord gingen, durften die Arbeiter an Bord, und los ging es. 1.500 Tonnen Bananen sollten bis morgen früh an Bord sein, dann ging es weiter nach Kolumbien, nur etwa 30 Reisestunden entfernt von Guatemala, so ein bisschen quer durch die Karibik. Die Häfen lagen alle dicht zusammen. Heute am Abend wollten wir alle an Land, sollte eine tolle kleine Stadt sein, gebaut wie im Wilden Westen, mit Holzbürgersteigen und Schwingtüren in den Kneipen; Matrosen, die den Hafen kannten, hatten es uns beim Mittagessen erzählt. Ich war fix gespannt. Hier kamen auch jede Menge Schiffshändler an Bord, mit allen möglichem Quatsch, Handtaschen, Gürtel, Klamotten, ausgestopfte Kaimane; an Artenschutz dachte damals noch keiner, leider. Ich kaufte mir von einem Händler eine lange weiße Hose und ein besticktes weißes Oberhemd, so wie es die Cowboys damals in der Phantasie der Leute trugen, und einen richtigen Strohhut, der wie ein echter Cowboyhut aussah, alles zusammen für 25 DM. Ich bezahlte mit DM, die hatte ich noch, Guatemala-Dollars gab es dann heute Abend beim Funker. Ein Guatemala-Dollar hatte damals 0,60 DM, das weiß ich noch genau, weil ich noch ein paar mit nach Deutschland brachte und sie bei der Wechselstube im Hamburger Bahnhof umtauschte. So ausgerüstet wollte ich heute Abend an Land gehen, aber auch die anderen Kameraden hatten sich eingekleidet, das würde eine Gaudi werden, die Cowboys von der "Alsterufer" - ich kann euch sagen, es wurde eine Gaudi, aber davon im nächsten Kapitel.

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  4. #14

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    9. Kapitel

    Ich hatte gerade geduscht, da hörte ich auf dem Gang draußen einen tierischen Schrei. Ich riss unsere Kabinentür auf und sah einen nackten Mann über den Gang vor den Kabinen herumhüpfen; es war "Spiritus", mein alter Fahrenskollege, er hielt sich seinen Schniedelwutz und verschwand kreischend in der Dusche. Alle Türen waren auf, und die Kameraden schauten auf den Gang, soviel erstaunte Gesichter hatte ich noch nicht gesehen. Was war denn nur passiert? "Spiritus" hatte geduscht und wollte seinen "Astralkörper", so nannte er seine vermanschte Figur, mit einem Deo einsprühen, denn auch er wollte an Land mit uns, dabei hatte er Deo mit Paral verwechselt, einem besonders starken Insektenspray, und war dabei in die unteren Regionen seines Körpers gekommen. Das Zeug brannte wie Feuer, wenn man es auf die Haut bekam, wir bekämpften die Kakerlaken damit, die es auf jedem Schiff gibt. Die Kakerlaken interessierten sich nicht für Paral, da brauchte es härtere Mittel; wenn es ganz schlimm war, wurde der ganze Dampfer ausgegast, die Besatzung musste dann von Bord. Nun hatte unser Kumpel natürlich höllische Schmerzen an seinem "Goldstück"; an eine Nacht mit einer feurigen Dame war wohl nicht zu denken heute.

    Wir zogen uns lachend und mit dem Kopf schüttelnd wieder in unsere Kammern zurück und kleideten uns an. Ich sah richtig gut aus in meinen neuen Klamotten, die weiße Hose, das bestickte Hemd, der Cowboyhut aus Stroh, ich war bereit für alle Schandtaten. Klaus, mein Zimmerkollege, ging auch mit an Land; wir waren fertig und machten uns auf dem Weg zur Funkbude, Devisen abholen. Ich hatte 500 Guatemala-Dollars bestellt, etwa 30 DM; später erfuhr ich, dass ein Hafenarbeiter pro Schicht 100 Dollar verdiente, etwa 6,00 DM; ein Hohn, hier aber viel Geld. Es gab nur die Plantagen und die Schiffe, die die Bananen abholten, United Fruit diktierte auch hier die Löhne. Als junger Kerl denkt man da gar nicht über nach, zumal 1962 waren wir ja noch dumm, was die Machenschaften der Konzerne eigentlich anrichteten, und wir waren auch ein wenig überheblich; heute sieht man das alles mit anderen Augen. Also Geld abgeholt und an Land, wir waren zu Siebt, die "Glorreichen Sieben" hatten Landgang, so kamen wir uns auch vor.

    Gleich hinter dem kleinem Zollgebäude begann die Stadt, sie sah wirklich aus wie eine Westernstadt. Die breite Hauptstrasse gehörte uns, bis wir dann die ersten Gebäude erreichten. Man ging drei kleine Stufen nach oben und befand sich dann auf dem Bürgersteig aus Holz, alles war überdacht, auch der Bürgersteig; wohl wegen der plötzlichen Regenfälle, die manchmal sintflutartig vom Himmel kamen hier in den Tropen. Wir schauten durch die Schwingtüren der Kneipen, die hier Tür an Tür lagen, aber John, ein älterer Matrose, zog uns weiter, er kannte Puerto Barrios wie seine Westentasche. Dann kamen wir zum "El Diabolo", einer großen Kneipe mit einem riesen Tresen und einer dröhnenden Musicbox aus Amerika, hier kehrten wir ein. Hier tobte das Leben, der Laden war voll, alles Einheimische, sie vertranken hier wohl ihr sauer verdientes Geld. John bestellte für alle eine Runde "Cuba Libre", das Nationalgetränk der Karibik, weißer Rum, Limonenschieben, Cola und gestoßenes Eis; ein tolles Getränk, sehr erfrischend und ging nicht so schnell in den Kopf. Es war spottbillig hier, obwohl bei unserem Eintreten die Preistafel sofort geändert wurde, aber nur für uns.

    Mit dem Glas in der Hand suchten wir uns einen großen freien Tisch in der Nähe der Tür, reine Vorsichtsmaßnahme, man wusste ja nie, was passieren würde. Es konnte passieren, das die Einheimischen sauer auf uns wurden, besonders wenn wir ihnen die Mädchen wegnahmen; die wussten ja, wo das Geld locker saß, aber hier war alles sehr ruhig. Kaum hatten wir Platz genommen, hatte ich schon eine der Hafenschönen auf dem Schoß, war noch zu früh, ich gab ihr einen Klaps auf den Po und schickte sie weg. Erst musste man die Lage peilen, meine Kragenweite war nicht dabei, noch nicht. Wir bestellten uns einen Liter Rum, das war billiger, als wenn wir jeder eine Runde bestellen würden; Cola gab es dann, soviel man wollte, der Liter weißer Rum kostete, glaube ich, nach DM etwa 2,00 DM, also spottbillig. Es gab ja nicht nur Bananenplantagen, sondern auch Zuckerrohrfelder; man konnte auf der Straße Zuckerrohrsaft und auch auch ein Stück Zuckerrohr für ein paar Cents kaufen, für die Kinder waren das die Zuckerstangen. Elvis dröhnte aus der Box, aber auch der Rhythmus der Karibik war zu hören, tolle Mischung.

    Inzwischen hatte fast jeder sein Girl gefunden, nur ich noch nicht; ich war nun mal wählerisch, aber dann sah ich sie an der langen Theke stehen. Sie hatte ein dünnes Kleidchen an, kleine Sandaletten an ihren kleinen Füßen und saugte am Strohhalm, der aus ihrer Colaflasche rausstand. Irgendwie trafen sich unsere Blicke, und dann funkte es zwischen uns, so ist das nun mal; in Gedanken waren wir uns schon einig, aber man musste die Regeln einhalten, das galt auch hier. Ich winkte einen der vielen Kellner zu mir und verklickerte ihm, er solle der Kleinen mal einen "Cuba Libre" hinstellen, auf meine Rechnung, mal sehen was passieren würde. Ich war gespannt, würde sie mein Gastgeschenk annehmen? Ob sie es angenommen hat, erzähle ich euch im nächsten Kapitel.

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    10. Kapitel

    Die Deern an der Theke sah zu mir herüber und nahm das Getränk, das der Kellner ihr von mir eingeschenkt hatte, entgegen. Er zeigte zu mir herüber an den Tisch, und ich grinste wie ein Honigkuchenpferd, was immer das auch ist. Die Lady prostete mir zu und setzte sich dann mit dem Glas in der Hand in Bewegung. Mit wiegenden Hüften kam sie auf mich zu, wie ein Torero, der dem Stier den Todesstoß versetzen will. Sie blieb vor mir stehen und lächelte mich an, ich zeigte auf den freien Stuhl neben mir, und mit einem tollen Hüftschwung setzte sie sich zu mir. Sie sprach ein bisschen Englisch, und so konnten wir uns ein wenig unterhalten. Mein Englisch war so ein Mischmasch aus Plattdeutsch und dem, was ich inzwischen in den Häfen gelernt hatte; das reichte hier vollkommen aus, man redete ja auch mit dem Körper und den Augen. Mit ihrem Körper wollte ich nachher etwas genauer reden, das hatte ich mir vorgenommen.

    Wir tanzten ein wenig und tranken "Cuba Libre". Viel Zeit wollte ich nicht verplempern, um 5.00 Uhr mussten wir alle an Bord sein, wir sollten spätestens um 8.00 Uhr auslaufen. Ja, auf Bananenjägern hatte man kaum Zeit, um das Leben an Land zu genießen. Ebenso war es auf den Tankschiffen, kurze Liegezeiten waren an der Tagesordnung; Zeit ist Geld hieß es hier, auf Kühlschiffen war es am schlimmsten. Rosi, so hieß der Stern der Mayas, wurde schnell mit mir handelseinig, und so zahlte ich, und wir verschwanden Hand in Hand auf die Straße. In einer Seitenstraße waren wir schon am Ziel meiner Träume, ein windschiefes Haus war ihr Zuhause.

    Wenn ich heute überlege, in was für dunklen Strassen und Hafenvierteln ich mich rumgetrieben habe, da läuft es mir noch eiskalt über den Rücken; wäre heute unmöglich, da würdest du in der Gosse verschwinden, aber damals war die Gefahr noch nicht so groß. Wir einigten uns auf den Preis, sie wollte 100 Dollar, ich gab ihr 50 Dollar; sie war damit einverstanden, war ja nicht für die ganze Nacht, war nur ein Quicky, heißt das so? Also 3,00 DM nach unserem Geld zahlte ich; als ich ging, gab ich ihr auch noch die anderen 50 Dollar, irgendwie tat sie mir leid. Ja, so wie in Brasilien war das mit der Deern hier nicht; man merkte auch, dass sie Profi war, zwar nicht so abgebrüht wie die Frauen in Europa, aber eben doch ein Profi. Schnell kamen wir zum Zweck der ganzen Angelegenheit; als die Sache erledigt war, stellte ich fest, es hatte mir keinen Spaß gemacht, das war nichts für Vaters Sohn. Hier fehlte das Herz, mit Wehmut dachte ich an die Kleine in Brasilien, da war sogar ein wenig Liebe dabei. Ja, man kann nicht alles haben, und so zog ich mich an und ging wieder in die Bar zurück.

    Einige meiner Kameraden waren auch schon von den Damen zurückgekehrt, und nun knallten wir uns so richtig die Birne mit weißem Rum dicht. "La Paloma" dudelte die Musikbox, und wir grölten den Text mit; auf der Schallplatte wurde spanisch gesungen, wir krähten das Lied auf deutsch. Unser Freund "Spiritus" war inzwischen auch aufgetaucht, besoffen wie ein Stint, weiß der Geier wo der gewesen war; nun schlief er, den Kopf auf den Tisch gelegt, sein Gesicht schwamm in "Cuba Libre", den hatte vorher jemand umgestoßen und nun schwamm der ganze Tisch und "Spiritus" auch. Wenn man draußen vor der Tür stand, konnte man zum Hafen sehen; unser Dampfer war hell beleuchtet und wurde immer noch beladen, es war jetzt fast Mitternacht. Inzwischen waren alle Jungs wieder versammelt, auch der letzte war eingetrudelt, die Mädchen waren nicht zurückgekehrt, das war so üblich; solange der Seemann noch in ihrer Stammkneipe war, kamen sie nicht wieder zurück, warum weiß ich nicht.

    Es wurde Zeit, wir mussten wieder an Bord. Ich hatte immer noch über 300 Guatemala-Dollars in der Tasche; Mensch war das hier billig, dachte ich - ja für uns, aber nicht für die Einheimischen. Irgend jemand hatte ein Taxi für "Spiritus" organisiert, und zwei Mann schnappten sich den Kumpel und brachten ihn an Bord. Viel gesehen hatte ich von Guatemala ja nicht, wie üblich eine Kneipe und den Puff, wenn man es so nennen will, das war Seemannslos. Also zogen wir nun noch zu fünft singend durch die kleine Stadt, bellende Hunde begleiteten uns zum Hafen, sie fanden unseren Gesang nicht so besonders. Der Zoll ließ uns passieren, die Jungens dort sahen auch sehr übermüdet aus und musterten uns ein wenig misstrauisch, aber wir waren friedlich und winkten ihnen fröhlich zu. An Bord angekommen, sah ich mir erstmal meine Klamotten an, Mann waren die dreckig. Naja, mit weißem Zeug in einer Hafenkaschemme war wohl auch nicht das Wahre, aber wer schön sein will, muss leiden, hat meine Oma immer gesagt. Morgen früh würde ich die Wäsche gleich zu Max, unserem chinesischem Wäscher geben, in Kolumbien wollte ich wieder sauber an Land gehen. Die Klamotten würde ich noch wochenlang tragen müssen, aber davon später.

    Klaus und ich krabbelten in die Koje, mittlerweile war es fast zwei Uhr in der Nacht; nur noch 4 Stunden, dann wurden wir wieder rausgeschmissen. "Reise, Reise", die Kammertür wurde aufgerissen, und die Nachtwache holte uns aus den Kojen. Ich hatte das Gefühl, noch gar nicht geschlafen zu haben, mein Schädel summte wie ein Bienenstock, schnell unter die kalte Dusche und dann ab zum Frühstücken. An Bord war es ziemlich still, und wir erfuhren, dass die Ladung an Bord war. Sofort nach dem Frühstück sollten wir die Luken klarmachen, und spätestens um 9.00 Uhr sollten wir den Hafen verlassen; draußen lagen schon zwei andere Schiffe, die wollten an die Pier. Eigentlich sollten wir ja um 8.00 Uhr den Hafen verlassen, aber der Lotse kam erst um 9.00 Uhr an Bord, hieß es. Ich hatte ja nachher Wache auf der Brücke, so brauchte ich nicht mit an Deck, sondern ging auf die Brücke zum Dienst. Der Lotse kam pünktlich an Bord, und so verließen wir den Hafen mit Ziel Santa Marta, Kolumbien.

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  5. #15

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    11. Kapitel

    Wir waren auf See, in rund 30 Stunden sollten wir Santa Marta in Kolumbien erreichen. Nun sollte alle 4 Stunden die Temperatur in den Kühlräumen abgelesen werden; musste sein, ein Temperaturanstieg könnte eine verheerende Wirkung auf die Bananen haben, sie wurden reif und waren dann am Zielort faul; nicht auszudenken, 3000 Tonen Bananen als schwarze stinkende Masse. Also, bevor ich auf Wache ging, runter, durch die Maschine und zu den Kühlräumen nach Vorn und Achtern; Temperatur ablesen, ins Protokoll eintragen und dann die abgelesenen Werte dem Wachhabenden melden. Vor den Kühlräumen hingen einige dicke Kombis, so Blaumänner, den zog man sich über, bevor man den Kühlraum betrat; zum einen schützte er vor Schmutz und zum anderen auch vor der Kälte.

    Aber nun kommt's: bevor man den Laderaum betrat, band man sich die Hosenbeine des Blaumanns zu, ein alter Trick, hat mir ein älterer Matrose gezeigt. Nun werdet ihr bestimmt ein wenig neugierig oder? Also, ich will euch nicht lange auf die Folter spannen: in den Kühlräumen gab es Spinnen und Schlangen, kleine grüne Bananenschlangen und borstige Springspinnen, die in den Bananenbäumen und Stauden lebten und mit der Ladung an Bord gekommen waren. Die Spinnen waren Springspinnen, bis zu 12 cm groß und total behaart. Die kleinen Schlangen waren so bis zu 50 cm lang, dünn wie ein Finger und giftgrün, sie konnte man kaum erkennen. Hier unten war es ja kalt, und die Tiere lebten in der Wärme der Tropen; nun suchten sie eine Wärmequelle und krochen dann, von der Kälte schon gelähmt, zu den Lampen in dem langen Gang. Aber es nützte nichts, sie starben hier auf dem Boden, aber nicht gleich, und auch nicht alle; manche verfielen in eine Starre und wurden dann in Hamburg wieder wach, ist schon passiert. Die Spinnen waren nicht gefährlich, sie ernährten sich von Insekten, ein Biss war aber schmerzhaft. Bei den Schlangen machte ich keine Kompromisse, ich erschlug sie mit einer Schaufel, die hier unten stand; die toten Tiere kamen in einen alten Gurkeneimer, war der voll, ging er außen Bords, weg war das Viehzeug. Begeistert war ich von dem Job hier unten nicht, und so verschwand ich hier auch immer ganz schnell, meinen Kollegen ging es auch nicht anders. Wie wäre es, meine Damen, wollen Sie mal einen kleinen Rundgang mit mir hier unten machen?

    Das Leben an Bord lief seinen geregelten Gang, und nach genau 32 Stunden lagen wir an der Pier von Santa Marta. Der Spanier [ame="http://de.wikipedia.org/wiki/Rodrigo_de_Bastidas"]Rodrigo de Bastidas[/ame] hat Santa Marta 1525 als Stützpunkt gegründet, von hier aus wurde der Kontinent erobert, die Eingeborenen im Landesinneren getötet oder versklavt. Die zweiten Eroberer kamen Anfang des 20. Jahrhunderts, die United Fruit Company, sie bauten hier ihren Stützpunkt für den Bananenexport auf, und das ist er auch noch heute. Von der Pier aus konnte man die Kathedrale von Santa Marta sehen, sie wurde 1617 fertiggestellt; am Abend wollte ich sie mir ansehen, ich liebe alte Kirchen. Santa Marta würde mein weiteres Leben bestimmen, irgendwie wurde ich hier ein bisschen aus der Bahn geworfen, warum weiß ich nicht; war es vielleicht der Geist eines Inkas, der mich auch als Eroberer ansah und mich bestrafen wollte? Morgen früh um 6.00 Uhr sollte die restliche Ladung an Bord sein, dann sollte es Richtung Heimat gehen; nur ich wusste noch nicht, dass der Dampfer die Heimreise ohne mich antreten sollte, noch wusste ich es nicht ...

    Am Nachmittag, so um 16.00 Uhr, machte ich mich landfein; wieder zog ich meine weiße Hose und mein weißes besticktes Hemd an, den Cowboyhut auf, zum Funker, die bestellten Pesos abholen, wieviel weiß ich heute nicht mehr, und dann an Land. Erst ging ich alleine in die Altstadt von Santa Marta, ich wollte in die alte Kathedrale. Durch schmale Gassen kam ich dort an, ein imposantes Gebäude ragte vor mir in den Himmel, die Kathedrale von Santa Marta. Ich möchte nicht wissen, wie viele Indios beim Bau hier ihr Leben gelassen haben; mit Ehrfurcht trat ich, den Hut in der Hand, ein. Bänke gab es hier nicht, das fiel mir als erstes auf, aber vor den vielen Madonnenbildern brannten überall kleine Kerzen; die Menschen kauften sie den Frauen am Eingang ab und stellten sie dann brennend zu den anderen Kerzen, sie durften sich dann wohl etwas wünschen. Ich war nicht christlich erzogen worden und kannte mich nicht aus. Es war ein Traum, Hunderte Menschen kamen zu einem stillen Gebet und verließen dann schweigend wieder die Kathedrale.

    Nachdem ich alles gesehen hatte, trat ich wieder ins Sonnenlicht raus; Klaus, mein Kollege, hatte mir gesagt, wir würden uns alle in der "American Bar" treffen, das war der beste Laden hier vor Ort. Ich spreche kein Spanisch, aber die Taxifahrer sprachen alle ein wenig englisch, so brachte mich ein freundlicher Fahrer in einem großen Ami-Schlitten zur Bar. Hier war noch alles ruhig, niemand da, und so schlenderte ich noch ein wenig durch die Gassen der Stadt; aber ich entfernte mich nicht sehr weit von der Bar, den Weg hatte ich mir gemerkt. Was mich erstaunte: man wurde nicht belästigt, dabei fiel ich ja nun wirklich auf; die Menschen lächelten mich freundlich an, versuchten mir aber keine ihrer Waren anzudrehen. Ich fand ein kleines Café und setzte mich an einen kleinen Tisch vor der Tür und bestellte mir eine Cola, die kannte man ja auch hier, und ich hatte Durst. Die Menschen zogen an mir vorbei, und ich beobachtete so ein wenig das Treiben auf der Straße. Es wurde langsam dunkel, hier kam die Dunkelheit fast schlagartig, so eine Dämmerungsphase wie bei uns gibt es in den Tropen nicht. Ich zahlte und machte mich auf den Weg zur Bar, mal sehen, ob schon jemand von den Kameraden da war. Es war jetzt fast 19.00 Uhr, das Nachtleben begann; wäre ich doch bloß an Bord geblieben; wenn ich morgen früh wach werden würde, dann würde mein Schiff weg sein, und ich wäre allein in Kolumbien.

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    12. Kapitel

    Auch hier in der "American Bar" war die Tanzfläche unter freiem Himmel, wie in Brasilien. Um die Tanzfläche waren Tische und Stühle gruppiert, einen Tresen mit Barhockern gab es nicht, die Kellner holten die Getränke an einer Klappe ab. Überdacht waren die Sitzgelegenheiten, im ersten Stock lagen die Zimmer der Mädchen; hatte man Lust, schnappte man sich sein Mädchen und verzog sich aufs Zimmer. Noch war es ziemlich leer hier, nur wenige Tische waren besetzt. An einigen Tischen saßen Mädchen und warteten auf die Besucher der Bar. An zwei Tischen saßen schon Kameraden von mir, der Kochsmaat und einige Jungs aus der Maschine, am anderen Tisch der Elektriker mit zwei Assis, das sind angehende Maschinen-Ings.; sie mussten zwei Jahre als Assi gefahren sein, bevor sie als 3. Ing. fahren durften. Ich setzte mich zu ihnen und bestellte eine Runde "Cuba Libre". Als ich mich so umsah, entdeckte ich ein Podium mit aufgebauten Musikinstrumenten, hier gab es also eine Kapelle, keine Musicbox; ich fand das gut, mal die Rhythmen der Karibik live zu erleben.

    So nach und nach trudelten die Jungs von Bord ein, und um 20.00 Uhr war schon die halbe Besatzung hier versammelt. Die Musik, eine Kapelle mit 5 Musikern, legte los, irgendwie geht dieser Rhythmus ins Blut, auch wenn man aus dem Norden kommt so wie die meisten von uns. Die ersten fingen an zu tanzen, und die ersten Pärchen bildeten sich, man zog sich an einen leeren Tisch zurück, davon gab es hier genug. So langsam fing es an zu schmecken, und ich trank wohl zu schnell und zu viel. Ich hatte dann irgendwann ein Mädchen an meinem Tisch sitzen, die meine Hand hielt. Mit einem Auge blinzelte ich den "Vogel der Nacht" an und fand sie ganz nett; erinnern, wie sie aussah, das kann ich mich heute nicht mehr, ich war einfach zu besoffen damals. Aber eigentlich hatte ich immer hübsche Frauen, also war sie bestimmt nicht hässlich. Sie wollte mit mir ins Bett und sabbelte mir die Ohren voll, ich wollte aber noch tanzen und trinken, ich war noch nicht bereit. Irgendwie hat sie es dann wohl geschafft, mich zu betören, und ich zahlte und ging mit ihr.

    Mir fiel gar nicht auf, dass wir nicht nach oben in die Zimmer gingen, sondern plötzlich in einem Taxi saßen und uns von der Bar entfernten. Das war der große Fehler, ich hätte ein Mädchen nehmen sollen, das sein Zimmer in der Bar hatte, diese Schönheit gehörte nicht dazu. Plötzlich stand ich in einem großen Zimmer und sah nur ein großes Bett, ich wollte nur noch schlafen, nichts anderes mehr, heute Abend nicht mehr. Ich verklickerte ihr, dass ich um 4.00 Uhr geweckt werden wollte, und zeigte immer auf den den großen Wecker, der auf einer Kommode stand. Sie nickte und sagte immer nur "Si,si,"; dann fiel ich in den Klamotten aufs Bett und versank in einen tiefen Schlaf, zu tief. Durch Stimmen wurde ich geweckt, ich blinzelte in die Sonne, Sonne? Ich schoss hoch wie eine Rakete, mein erster Blick galt dem Wecker auf der Kommode; der Zeiger hatte sich von gestern Abend nicht bewegt, das Ding ging überhaupt nicht. Ich schaute auf meine Armbanduhr - was? 10.00 Uhr? Mit einem Schrei war ich aus dem Bett, um 6.00 Uhr sollten wir doch auslaufen. Schnell zum Hafen, war mein Gedanke. Geld und Reisepass hatte ich bei mir, ich raste eine steile Treppe hinunter und stand dann in einer schmalen Gasse, wo war der Hafen? Ich lief zum Ende der Gasse und hatte Glück, hier war die Hauptstraße. Ich hielt ein Taxi an und machte dem Fahrer klar, dass ich zum Hafen wollte.

    Es kam mir wie Stunden vor, bis wir den Hafen erreichten, aber an der Pier lag kein Schiff, mein Dampfer war weg. Ach du Scheiße, dachte ich, was nun? Konsulat? Das war mein erster Gedanke, aber das hatte noch Zeit. Ich erinnerte mich, dass ja jede Reederei einen Agenten hatte, aber wo war der? Als ich beim Zollhaus ankam, wurde ich reingerufen, ein Beamter sah mich sehr böse an und schrie mich an, ich verstand kein Wort. Er zeigte immer aufs Wasser, dann auf mich, dann wieder aufs Wasser, ich wusste nicht, was er wollte. Er nahm das Telefon und bedeutete mir, ich solle mich draußen auf die Bank vor der Tür setzen und warten, was sollte ich auch sonst machen. Mir schwirrte der Kopf, was hatte ich bloß angestellt, mein Gott. Das Schiff kam nach Hamburg, und ich war nicht an Bord, was würden meine Lieben daheim sagen?

    Nach einer halben Stunde hielt ein Auto vor dem Zollhaus, ein älterer Herr stieg aus, blieb vor mir stehen und sah mich an; ich senkte den Blick, ich glaube, ich hatte ein paar Tränen in den Augen. Das musste der Agent sein, der Schiffsmakler, wie ein Kolumbianer sah er nicht aus. Und ich sollte recht behalten, er war Österreicher und lebte schon fast 30 Jahre hier. Ich war erleichtert, hier war jemand, mit dem ich mich in meiner Sprache verständigen konnte, das war schon einmal ein Vorteil, und ich schöpfte neuen Mut. Aber nun gab es erst einmal das Wort zum Sonntag, das große Donnerwetter. Die gesamte Besatzung hatte mich bis kurz vor 8.00 Uhr gesucht, dann musste das Schiff den Hafen verlassen; wegen einem Seemann konnte man keine tagelange Verspätung riskieren, wer sollte das denn bezahlen. Mich würde noch viel Ärger in Deutschland erwarten; er hatte Unrecht, es gab nur wenig Ärger, aber davon später. Er brachte mich mit dem Auto zu einem kleinen aber sauberen Hotel; hier würde ich solange wohnen, bis der nächste Dampfer meiner Reederei kommen würde, der würde mich dann mit nach Deutschland nehmen, als heimzuschaffenden Seemann, so hieß das im Amtsdeutsch. Aber das sollte 14 Tage dauern, dann würde die "Alstertor" in Santa Marta einlaufen und mich nach Hause bringen, aber solange müsste ich hier im Hotel bleiben. Ich bekam ein sauberes Zimmer mit Vollpension. Ich durfte essen und trinken und mir Zigaretten an der Bar holen, der Agent würde am Ende alles bezahlen, und die Rechnung würde dann in Deutschland durch die Reederei an mich gehen. Viel Geld hatte ich nicht mehr, aber ich würde ja nicht verhungern und verdursten.

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  6. #16

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    13. Kapitel

    Wir hatten jetzt Anfang Februar, das genaue Datum weiß ich nicht mehr, muss so der 2. oder 3. Februar gewesen sein.

    Zum Geburtstag meiner Mutter würde ich nicht in Hamburg sein, das konnte ich mir abhaken. Nun saß ich hier in dem kleinen Hotel am Hafen, mit nur dem, was ich auf dem Leib trug, und das war ja nicht viel. Hemd, Hose, Socken, Slip, Schuhe, das war's; wegen der Wärme hatte ich nicht einmal ein Unterhemd angezogen und nur noch ungefähr 20 DM in der Tasche, in Pesos natürlich. Gut, ich hatte im Hotel alles frei, aber ich hatte keine Wäsche zum Wechseln. Meine Socken und meinen Slip wusch ich jeden Abend am Waschbecken aus, und mein Hemd und meine Hose wurden, wenn sie es nötig hatten, vom Zimmermädchen gewaschen; in einer Stunde waren die Sachen wieder trocken. Sie war so eine kleine Dicke, nicht sehr schön, aber hatte viel Herz für mich über; deshalb die kleinen Liebesdienste. Wenn meine Sachen auf dem Hof trockneten, saß ich auf dem Holzbalkon, nur mit einem Slip bekleidet; sie warf mir dann immer glühende Blicke zu.

    Es war ein altes aus Holz gebautes Hotel, mit vielleicht 20 Zimmern, es kamen einfache Menschen hierher, die meist auf der Durchreise waren. Das Essen war einheimische Kost, gut und sehr abwechslungsreich. Nun lernte ich die Küche der Karibik so richtig kennen, sie war einfach köstlich. Es gab viel frischen Fisch, viele Salate und viel Obst, alles was die Tropen so hergaben. Hier lernte ich eigentlich so richtig die vielen Gewürze kennen, denn wenn ich etwas wollte, ein Stück Obst, ging ich einfach in die Küche. Die Hotelbesitzerin kochte mit dem Zimmermädchen die Mahlzeiten, hier lernte ich den Knoblauch kennen und schätzen. Es war die Kreolische Küche, sehr scharf, aber sehr schmackhaft. Manchmal sah ich ihnen beim Kochen zu, den Tomatensalat mache ich heute noch so. Es gab zweimal warmes Essen am Tag, Mittags und am Abend, ich hatte immer Hunger, und die Señora fing an, ihre Gerichte an mir zu testen; ich merkte es an meiner Hose, sie wurde ganz schön eng. Nach dem Mittag war es einfach zu heiß, dann zog sich alles zur Siesta zurück, so bis gegen 16.00 Uhr, dann war die größte Hitze vorbei. Ich saß dann auf dem Balkon meines Zimmers oder aber auf dem Hof und sonnte mich dort im Garten, inzwischen war ich braun wie ein Neger. Nach dem Abendessen saßen wir vor dem Hotel, da standen Tische und Stühle aufgebaut, und wir sahen dem Treiben auf der Straße zu. Manchmal war ich der einzige Gast im Hotel, dann saßen der Patron und die Señora bei mir, und wir versuchten uns zu unterhalten, mit ein wenig Englisch und mit gutem Willen ging das immer besser.

    Der Agent der Reederei kam jeden zweiten Tag vorbei, wohl um zu sehen, ob ich noch dort war, aber er war eisern, Geld bekam ich nicht von ihm. Mein Geld hatte ich für einen Rasierapparat, Klingen, Schreibpapier und Umschläge fast verbraucht; und für Briefmarken natürlich, jeden Tag schrieb ich einen Brief nach Hause, damit sich die Lieben daheim keine Sorgen machten. Post bekam ich nicht, das dauerte damals zu lange. So war ich ans Hotel gefesselt, was wohl auch beabsichtigt war. Mit der Zeit fühlte ich mich ganz wohl hier, aber dann kam der Abschied; die "Alstertor" war da, der Agent auch, um mich an Bord zu bringen, na, das wird noch ein Donnerwetter geben. Das Zimmermädchen hatte meine Sachen noch einmal gewaschen und gebügelt, und so wurde ich unter Tränen der Señora und des Zimmermädchens verabschiedet; ich war ihnen sehr dankbar, sie hatten meinen Aufenthalt hier erträglicher gemacht.

    Schweigend fuhren wir an Bord. Ich wurde schon erwartet, die ganze Besatzung stand an Deck, um sich den Seemann anzusehen, der soviel Ärger gemacht hatte; Funksprüche waren durch den Äther um die Welt gegangen, alles wegen mir. Der Bootsmann empfing mich und den Agenten, und wir wurden zum Kapitän gebracht. Der "Alte" überraschte mich, Mensch war der jung, später erfuhr ich, dass er der jüngste deutsche Kapitän war, 27 Jahre alt, ein heller Kopf. Er teilte mir mit, dass ich meine Rückreise abarbeiten müsse; na was dachte der denn, ich wollte doch nicht als Passagier zurück in die Heimat. Er übergab mich dem Bootsmann, und dann war die Sache für den Käpten erledigt. Der Bootsmann nahm mich mit nach achtern, hier lagen die Kabinen achtern, nicht wie auf der "Alsterufer" alle Mitschiffs. Wache brauchte ich nicht gehen, nur arbeiten, sagte er mir; aber nun kam das Problem, ich hatte doch kein Arbeitszeug, nur das was ich auf dem Körper trug. Er zeigte mir eine Kammer, die ich alleine bewohnen sollte, und befahl mir zu warten. Ich setzte mich an den kleinen Tisch und sah mich um, dies war zweifellos das Hospital, denn alle anderen Kammern waren ja belegt, ich sah es an der Koje mit dem Gitter zum Hochklappen an der Seite. Mir war es recht, Hauptsache ich kam endlich nach Hause.

    Der Bootsmann kam zurück und schmiss mir einen Berg von Klamotten vor die Füße, sogar ein paar Arbeitsstiefel waren dabei, sie passten sogar, wenn ich zwei Paar Socken anzog. Die Sachen hatte er bei der Mannschaft gesammelt, und so suchte ich mir erst einmal Sachen für die Arbeit in der Wärme aus, die anderen Sachen verstaute ich im Schrank. Als ich mich umgezogen hatte, ging ich in die Messe zum Essen, ich musste mich an den Tisch bei den Leuten aus der Maschine setzen; das war die erste Strafe, denn Deck und Maschine lagen immer im Streit, warum weiß ich nicht, das war auf allen Schiffen so, wie beim Militär, wenn sich Marine und Heer begegneten. Der Bootsmann schiss mich noch einmal vor versammelter Mannschaft zusammen und versprach mir, die Heimreise würde für mich mit sehr viel Arbeit verbunden sein; das sollte ich bald zu spüren bekommen, die dreckigsten Arbeiten musste ich an Bord verrichten, ich sah aus wie Oskar aus der Mülltonne. Aber ich hielt die Klappe, es war besser so, ich könnte mir leicht ein blaues Auge einfangen. Nach ein paar Tagen hatte mich die übrige Besatzung als einen der Ihren aufgenommen, sie halfen mir, wo sie konnten, nur der Bootsmann durfte das nicht mitbekommen, denn der hatte ein Auge auf mich geworfen. Ich musste die Winschen abschmieren mit Staucherfett, das war besonders an Bord beliebt, denn um überall die Winschen abzuschmieren, musste man das Fett in die Hand nehmen und so überall gleichmäßig verteilen. Auch Rostklopfen war angesagt, der Dampfer sollte ja sauber in Deutschland ankommen, und dann das Holzdeck, das würde noch ein besonderer Akt werden, besonders für mich. Warum hatten die Bananenschiffe bloß Holzdeck, jedenfalls bei Sloman, keiner konnte mir die Frage beantworten. Die Arie mit dem Holzdeck erzähle ich dann im nächsten Kapitel.

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    14. Kapitel

    Eine Episode aus dem Hotel muss ich noch erzählen, die ist mir noch eingefallen.

    An einem Abend saß ich allein vor dem Hotel, es war noch früh, die Sonne war gerade untergegangen. Die Hotelbesitzer waren zu einem Besuch unterwegs, an der Rezeption saß ein alter Mann, der immer den Nachtdienst versah. Ich saß da nun mit einer Fanta vor mir und schaute auf die Straße, da kam aus einer kleinen Gasse eine merkwürdige Gestalt. Als sie näher kam, setzte ich mich gerade hin, so angespannt war ich; es war ein echter Indio, einer der Ureinwohner Kolumbiens. Er hatte langes schwarzes glattes Haar, das fast bis auf seine Schultern reichte. Angezogen war er mit selbstgewebter grober heller Kleidung. Ein langes Hemd, das er über der Hose trug, eine helle Hose, dazu einfache Sandalen an den Füßen. Über der Schulter trug er einen Beutel, hier war wohl seine Habe drin. Vielleicht hatte er einen Besuch in Santa Marta gemacht, vielleicht war er mit seiner Familie aus den Bergen gekommen, um seine selbsterzeugten Waren zu verkaufen, ich wusste es nicht. Als er so auf der Höhe meines Tisches kam, konnte ich sein Gesicht sehen; es war das Gesicht eines Mayas, ich fiel fast vom Stuhl. So hatte ich die Mayas auf alten Bildern gesehen, die bronzene Haut, diese Hakennase, das klassische Mayaprofil. Ich muss da wohl mit offenem Mund gesessen haben und sah bestimmt ziemlich blöde aus.

    Als er weiterging, liefen plötzlich zwei Jugendliche hinter ihm her und bewarfen ihn mit Steinen; sie verscheuchten ihn wie einen Hund. Das war mir dann doch zuviel, der friedliche Mann hatte niemand etwas getan, dann das. Ich lief auf die Jugendlichen zu, meine Fantaflasche in der Hand, und verscheuchte die Knaben von der Straße; sie verzogen sich sehr schnell. Der Indio drehte sich zu mir um, und dann durchfuhr es mich wie ein Schock; er sah mich mit seinen großen dunklen Augen durchdringend an, mehr nicht, dann ging er weiter und verschwand in der Dunkelheit, ohne ein Wort, ohne eine Geste. Ich ging zu meinem Platz am Tisch und setzte mich erst einmal. Dieser Blick aus seinen dunklen Augen hat sich in mein Gehirn eingebrannt; noch heute, über 40 Jahre danach , sehe ich diesen Mann vor mir, und seinen Augen schauen mich immer noch an, ohne eine Regung im Gesicht.

    Das musste ich euch noch unbedingt erzählen, das war mir wichtig.

    Also an Bord ging der Trott weiter, ich bekam die dreckigste Arbeit, Rost klopfen, mennigen, fetten, mit Bronze streichen, manche Teile an Bord wurden mit Silberbronze gestrichen. Die Farbe war sehr dünn; passte man nicht auf und der Wind blies einem entgegen, dann bekam man die ganzen Farbspritzer auf Hände und Gesicht, das war nicht sehr angenehm; die Farbe ließ sich schlecht entfernen. Inzwischen war unser Ziel bekannt, nicht nach Hamburg, sondern nach Bremerhaven würde die Rückreise gehen, von dort musste ich dann nach Hause kommen; das machte mir Sorgen, und ich ging zum "Alten" und bat um ein Gespräch. Er hatte Verständnis für mich; nach einiger Überlegung versprach er mir, die an Bord gemachten Überstunden, das waren ja reichlich, würde er mir in bar auszahlen; wenn das Schiff in Bremerhaven ankam, sollte ich das Geld von ihm bekommen, über alles andere Geld musste die Reederei in Hamburg entscheiden.

    Eine Sorge war ich los, stand mir nur noch der Gang zu Reederei bevor. Inzwischen hatten wir kühlere Breiten erreicht, der Dampfer war sauber, nun war das Holzdeck dran. An einem Morgen ging es los, mit großen Deckwaschschläuchen wurde das Holz mit Süßwasser nass gemacht, dann wurde P3 aufs Deck gestreut, das schärfste Scheuermittel, das es damals in Deutschland gab, holte sogar Farbe von den Wänden; dann bildeten wir eine breite Front, und mit dicken Piassavabesen wurde dann das Holzdeck fast weiß gescheuert. Danach wurde das Deck mit viel Süßwasser abgespült, und nun musste das ganze im Seewind trocknen. War das Deck trocken, kam die Sklavenarbeit, besonders für mich. Im Kabelgatt, das sind zwei große Räume unter dem Bug des Schiffes, stand ein Fass mit Leinenöl; in Eimern wurde das Öl abgefüllt, und dann wurde auf den Knien, mit Putzwolle in der Hand, das ganze Deck eingeölt. Ich wurde da eingesetzt, wo es besonders schwierig war, zwischen den Luken und den Winschen, unter den Rettungsbooten und ganz oben auf dem Peildeck, dem Dach der Brücke. Nach zwei Tagen hatte ich dicke geschwollene Knie und konnte nicht mehr laufen, die anderen hatten die großen Flächen bearbeitet, sie hatten einfach Schrubber mit der Putzwolle umwickelt und so im Stehen das Deck geölt. Bei meiner Arbeit ging das nicht, mit dem Schrubber kam man nicht in die Ecken. Ich bin bestimmt kein Jammerlappen, aber es ging nicht mehr, meine Knie waren dick geschwollen, ich kam nicht mehr aus der Koje.

    Als der Bootsmann merkte, das ich nicht zum Frühstück erschien, schickte er den Moses, damit der mich weckte, er dachte, ich hatte verschlafen; in Gedanken dachte er sich wohl schon eine besondere Arbeit als Strafe für mich aus, denn er war ein Schwein. Ich bat den Moses, den zweiten Offizier zu holen, er war der "Arzt" an Bord; er würde sogar den Blinddarm rausnehmen können oder Körperglieder amputieren, die Anweisungen würde er dann über Funk bekommen; das hatte er auf der Seefahrtschule gelernt, das war auf jedem deutschen Schiff so. Der 2. kam zu mir und sah sich die Bescherung an, er fluchte und befahl dem Moses, alles Eis aus dem Kühlschrank zu holen. Ich lag ja im Hospital, war ja meine Kammer auf der Rückreise, so konnte ich gleich hier liegen bleiben. Aus einem Schrank holte er Eisbeutel, dann füllte er das Eis hinein und legte es mir auf die Knie. Dem Moses befahl er, vom Koch alle Stunde frisches Eis zu holen und die Eisbeutel zu wechseln, ich bekam noch eine Salbe und rieb mir die Knie damit ein, ich hatte Bettruhe. Der Moses versorgte mich liebevoll, er war ein waschechter Berliner, er wollte in die große weite Welt hinaus, Berlin war ja geteilte Stadt seit ein paar Monaten. Der Bootsmann ließ sich nicht sehen, der feige Hund, er hatte bestimmt einen auf den Deckel bekommen.

    Dann kam der 13. Februar, nur noch ein paar Tage bis Deutschland, über Funk kam die Nachricht über die große Flut in Hamburg und die vielen Toten. Drei Matrosen kamen aus Finkenwerder, hier war der Deich an mehreren Stellen gebrochen, sie machten sich natürlich große Sorgen um ihre Familien und belagerten die Funkbude an Bord; sie versuchten über Norddeich Radio, die deutsche Seefunkstelle, ihre Familien zu erreichen. Ich konnte nun wieder aufstehen und humpelte an Bord herum, in meinen zusammengesuchten Klamotten sah ich aus wie der Klabautermann. Ich arbeitete nun im Kabelgatt, dies ist das Lager für Ersatzteile von Deck. Seile und Struppen, dicke Manillas zum Festmachen des Schiffes lagerten hier, dann Drähte und Struppen, Schäkel und Farbe. Ich saß nun hier warm und trocken und spleißte Augen in Taue, ein schöner sauberer Job. Der Bootsmann hatte wohl wirklich einen auf den Deckel bekommen und ließ mich für den Rest der Reise in Ruhe.

    Alle Hamburger an Bord hatten gekündigt, sie wollten alle nach Hause, sehen, was bei ihnen passiert war; besonders die Finkenwerder Jungs waren mit den Nerven fertig, sie hatten keine Verbindung mit daheim bekommen. Die Männer aus Finkenwerder, der Hamburger Elbinsel, waren fast alle Fischer und Seeleute; Gorch Fock, der Schriftsteller, stammte von hier. Die Finkenwerder Kutter fuhren bis auf die Nordsee hinaus, um zu fischen, damals gab es in Finkenwerder noch eine große Kutterflotte. Aber auch Jungs aus Wilhelmsburg waren unter der Mannschaft; hier hatte der Tod auch zugeschlagen, wie ich später erfuhr, überall waren die Deiche gebrochen. 315 Menschen verloren damals bei der großen Sturmflut ihr Leben, darunter 5 Helfer. Am liebsten hätten wir den Dampfer angeschoben, es konnte nicht schnell genug nach Hause gehen. Das Wetter war jetzt umgeschlagen, Schnee fegte über Deck, eisiger Wind jagte uns unter Deck, wer nicht raus musste, blieb unter Deck. Wir bekamen einen schweren Sturm, wir waren inzwischen im englischen Kanal auf der Höhe von den holländischen Inseln; morgen früh sollten wir Bremerhaven erreichen, endlich daheim, alle hatten schon die Seesäcke gepackt, nur das Arbeitszeug würde man einpacken müssen; die Sachen für die Heimfahrt hingen im Schrank, nur bei mir hing dort ein weißes Hemd und eine weiße Hose, typische Kleidung für einen Schneesturm in Deutschland. Aber vielleicht hatte sich das Wetter ja morgen beruhigt. Ich sollte enttäuscht werden, es wurde nicht viel besser, bei Schneegestöber machte der Dampfer an einem Samstag Ende Februar in Bremerhaven fest.

  7. #17

    Standard

    15. Kapitel

    Ich ging zum "Alten", um mein Geld zu holen, 250 DM drückte er mir in die Hand; meine gesamte Abrechnung sollte ich mir bei der Reederei in Hamburg abholen. Wenn ich da nicht noch zur Kasse gebeten werden würde, Hotelkosten, die Wartezeit im Hafen u.s.w., mir wurde ganz schön mulmig. Er sah mich ein wenig mitleidsvoll an in meinen weißen Klamotten und gab mir dann zum Abschied grinsend die Hand. Ich biss die Zähne zusammen, nur nicht anmerken lassen, dass ich wie ein Rohrspatz zitterte, die Kälte machte mir doch zu schaffen. Am Schuppen in Bremerhaven bestellte ich mir ein Taxi; ich musste zum Bahnhof, heute fuhren die Züge ja nicht so oft nach Hamburg, es war ja Samstag. Auf die Idee, mir einen billigen Mantel zu kaufen, kam ich gar nicht, warum weiß ich nicht mehr, ich wollte nur noch nach Hause. Der Taxifahrer sah mich an und schüttelte den Kopf, so etwas hatte er wohl noch nicht gesehen, ein Seemann, der braungebrannt, in Hemd und Hose, bei Schneefall zum Bahnhof wollte, aber er sparte sich seinen Kommentar, war auch besser für ihn. Ich war auf die ganze Welt wütend, dass ich den Mist gebaut hatte, ich Dösbaddel. Überall, wo ich auf dem Bahnhof aufkreuzte, sahen mich die Leute an, als wäre ich aus einer Heilanstalt entsprungen. Nachdem ich mir die Fahrkarte nach Harburg gekauft hatte, 1. Klasse, damit ich vielleicht ein Abteil für mich hatte, ging ich in die Bahnhofswirtschaft; ich hatte noch fast eine Stunde Zeit, bis mein Zug fuhr. Ich setzte mich in eine Ecke an einen leeren Tisch und bestellte mir einen Weingrog, ich war fast erfroren. Die Kellnerin sah mich auch so schief an, sagte aber nichts, hier war man wohl komische Gestalten wie mich gewöhnt.

    Bremerhaven war damals ja ein großer Fischereihafen, und wenn die Jungs von der Fangreise kamen, dann war hier was los. Oft fuhren sie dann nach Hamburg, um einen drauf zu machen, das Geld saß locker bei ihnen, also war man hier Kummer gewöhnt. Plötzlich ging die Tür der Gaststätte auf, und meine drei Matrosen aus Finkenwerder kamen herein, den Seesack auf dem Buckel. Ich machte mich ganz klein, aber schon zu spät, sie hatten mich entdeckt. Sie steuerten auf meinen Tisch zu und nahmen bei mir Platz. Ja, sie wollten so schnell wie möglich nach Hause, sie wussten immer noch nicht, was los war mit ihren Familien. Sie waren noch beim Postamt gewesen und hatten versucht, in Finkenwerder anzurufen, kamen aber nicht durch; vielleicht waren ja bei der Flut die Telefonleitungen zerstört worden und man hatte sie noch nicht repariert, sie machten sich große Sorgen. Bei der Reederei hatte man auch nichts erfahren können, die wussten auch nichts, auch dort hatte man angerufen. Es war dann soweit, unser Zug kam, wir zahlten, und ich wollte mich verdrücken, aber sie kamen mit mir in mein 1. Klasse-Abteil; sie wollten nachzahlen, wenn der Schaffner kam. War vielleicht doch besser so für mich, so würde ich vor dummen Fragen geschützt sein. Mit Aufenthalt in Stade würden wir fast 4 Stunden bis Hamburg brauchen, wie auf der Hinfahrt.

    Na ja, was soll ich groß erzählen, die Fahrt verlief ohne Probleme, warum auch, wir waren ja friedlich, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Sie machten sich Sorgen um ihre Familien, und ich machte Sorgen um meinen Auftritt bei der Reederei am Montag. Ich machte mir nun zum ersten Mal Gedanken, wo meine Sachen wohl abgeblieben waren; mein ganzes Zeug und mein Seefahrtsbuch waren ja an Bord der "Alsterufer" geblieben. Abwarten, würde ich noch früh genug erfahren. So kamen wir dann in Harburg an. Die Jungs fuhren noch bis Hamburg weiter, und ich stieg hier aus, für mich war die Reise zu Ende. Wir verabschiedeten uns, und ich wünschte ihnen viel Glück, möge alles gut gehen zu Hause. Dass ich sie alle drei am Montag wiedersehen würde, davon ahnte ich noch nichts. Mit einem Taxi fuhr ich vom Bahnhof nach Hause; war gleich um die Ecke, aber ich wollte nicht mit den Klamotten zu Fuß gehen, man kannte mich ja überall, das konnte ich mir nicht antun. Dann war ich zu Hause, ich ging in die erste Etage und klingelte; lange musste ich warten, bis ich Schritte hörte, dann ging die Tür auf und meine Mutter stand vor mir. Das erste, was ich bekam, war eine Ohrfeige, dann fiel sie mir um den Hals und knutschte mich ab, der verlorene Sohn war heimgekehrt.

    Als ich die große Wohnküche betrat, wurde mir ganz warm ums Herz, mein kleiner Opi saß auf seinem Hocker am Küchentisch und blickte mich über seine Brille hinweg an, dann trat ein Strahlen auf sein Gesicht, und er knurrte etwas vor sich hin. Oma Lina saß am Küchenfenster und strickte an irgend etwas herum, ich sah dass ihre Hände zitterten und ihre Lippen bebten; dann gab es kein Halten mehr, wir heulten alle vier los. Meine Mutter knutschte noch immer an mir herum, und dann kam Oma dran, sie schimpfte wie ein Rohrspatz, natürlich auf Platt, und dann sagte sie zu meiner Mutter "Puppe schäl Kartoffeln, der Jung hat Hunger". Opa nahm ich in den Arm, er sah so krank aus, er gefiel mir gar nicht, aber er ließ sich nichts anmerken; zwei Monate später war er tot, mein kleiner Opa starb an Lungenkrebs. Erst 10 Jahre später sollte ich an seinem Grab stehen, aber das ist eine andere Geschichte. Nun erfuhr ich, was sich hier abgespielt hatte, von der großen Flut und von der Reederei. Meine sämtlichen Sachen waren nach Hause geschickt worden, nur mein Seefahrtsbuch fehlte, das sollte ich auf der Rederei abholen, wie schön für mich. Nichts fehlte von meinen Sachen, Oma hatte eine Bestandsaufnahme gemacht, alles da.

    Inzwischen hatte meine Mutter ein heißes Bad für mich eingelassen, ja, wir hatten damals schon ein Badezimmer, und was für eins; bestimmt 15 qm groß, ein herrliches Bad, mit rosa Kacheln, das war aber schon in der Wohnung gewesen, als Opa die Wohnung 1936 gemietet hatte. Nach dem Baden sollte ich dann Mittag essen, es gab Grünkohl mit Schweinebacke und Kohlwurst, eines meiner Lieblingsessen, ich freute mich schon darauf. Endlich aus den Klamotten raus, ich zog sie nie wieder an, Oma nahm sie irgendwann als Putzlappen. Beim Essen musste ich natürlich alles genau erzählen, und Opa erzählte mir dann von der großen Flut in Hamburg. Wir kamen überein, dass er mich am Montag zur Reederei begleiten sollte, er hatte 50 Jahre im Hafen gearbeitet und konnte vielleicht ein mildes "Urteil" für mich herausholen; so wollten wir es machen, aber davon erzähle ich im letzten Kapitel.

    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

    16. Kapitel

    Der Montag war da, Opa Heini und ich machten uns fein für den Gang zur Reederei. Wir hatten zusammen gefrühstückt; warme Rundstücke, die hatte Oma Lina noch einmal im Backofen warm gemacht, das liebte ich so. Wir wollten um 10.00 Uhr auf der Reederei sein, dazu mussten wir ja nach Hamburg rüber, Harburg, mein Heimatort, liegt ja auf der anderen Seite der Elbe. Die Harburger waren erst 1936 zu Hamburg gekommen, davor gehörten wir zu Niedersachsen, und so fühlen sich die alten Harburger auch noch heute. Wir sind keine Hanseaten, wir gehören zum Herzogtum Braunschweig/Lüneburg, und da sind wir auch heute noch stolz drauf. Wir gingen zum Bahnhof, setzten uns in den Vorortzug zum Hauptbahnhof und schwiegen während der Fahrt. Es gab nichts zu sagen, ich hatte den Mist verzapft und musste ihn nun ausbaden. Am Hauptbahnhof stiegen wir in die U-Bahn um, die brachte uns zum Baumwall. Zwischen Rödingsmarkt und Baumwall lag das stolze Sloman-Haus, wenn man mit der U-Bahn Richtung Landungsbrücken fährt, kann man das große Gebäude rechter Hand sehen; ab Rathaus kommt die U-Bahn aus der Erde hervor und fährt dann auf einem großen Eisengestell bis zu den Landungsbrücken, dort verschwindet sie wieder in der Erde.

    Wir lagen gut in der Zeit, und um 9.45 betraten wir das große Haus. Ehrfürchtig stand man nun in der großen Marmorhalle; allerlei Figuren standen in Nischen herum, nur an Neptun mit seinem Dreizack kann ich mich noch erinnern, ich war viel zu aufgeregt. Mit einem Paternoster fuhren wir in den 2. Stock, hier lag das Heuerbüro; mir stand der Schweiß auf der Stirn, obwohl es draußen sehr kalt war. Es half nichts, angeklopft und rein, immer Opa Heini im Schlepptau. An einem Schalter meldete ich mich, die Sekretärin bat uns, Platz zu nehmen, sie würde den Schiffinspektor holen. Nach ein paar Minuten kam sie zurück und bat uns in ein kleines Büro, hier saß der Inspektor, das Donnerwetter konnte beginnen. Nun ging es los, der Inspektor, ein ehemaliger Kapitän, räusperte sich, holte Luft und dann ging es los: Desertieren im Ausland, Kosten für die Wartezeit, Kosten für Funkgespräche. Mein Blick sank zu Boden; Opa Heini sagte gar nichts, noch nicht. Dann schickte mich Opa einfach raus, ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte, tat aber, was er sagte. Nun begann für mich die härteste halbe Stunde meines bisherigen Lebens, ich glaube, ich habe Blut und Wasser geschwitzt.

    Opa kam heraus, mit einem Grinsen auf seinen Lippen, er hatte einige Papiere in der Hand, darunter mein Seefahrtsbuch. Er fragte die Dame am Schalter, wo sich die Kasse befinden würde, sie antwortete, das wir uns in den 1. Stock begeben müssten. Opa vorweg, ich immer hinterher, ich traute mich nicht, etwas zu sagen; ich sah Opas Blick, das sagte alles. Wir fuhren eine Etage tiefer, inzwischen hatte Opa mir mein Seefahrtsbuch gegeben, der letzte Eintrag war: Abgemustert in Santa Marta, mehr nicht, nichts von Desertieren im Ausland, das war schon mal ein gutes Zeichen. In der Kasse angekommen, knallte Opa den anderen Zettel auf den Tresen des Schalters, eine kleine alte Dame nahm den Zettel und verschwand damit. Nach kurzer Zeit kam sie wieder und zählte meinem Opa sage und schreibe meine ganze Heuer auf den Tisch, nicht ein Pfennig fehlte; sogar das Geld von der Rückreise war dabei, ich kapierte nichts, das konnte doch nicht wahr sein. Es waren fast 500 DM, damals ganz schön viel Geld. Opa grinste die Dame freundlich an, und dann verließen wir fluchtartig die Reederei. Draußen holte ich erst einmal tief Luft, Mensch, wie hatte Opa das hinbekommen.

    Damals gab es am Baumwall noch so kleine Frühstückslokale, hier kehrten wir nun ein. Opa meinte, es wäre Zeit für einen Grog; dem hatte ich nichts hinzuzufügen. Als wir unseren Grog vor uns hatten, erzählte mir Opa Heini die Geschichte. Er hatte den Spieß einfach umgedreht. Ich war ja noch keine 18 Jahre alt, das sollte ich erst im November werden, also hatte er sich vorher beim Jugendamt schlau gemacht; während ich noch im Hotel schmorte, war er zum Jugendamt gegangen und hatte sich erkundigt. Die Reederei hatte ihre Aufsichtspflicht verletzt, ich hätte nach 22.00 Uhr gar nicht mehr an Land gedurft; damit hatte er dem Inspektor den Wind aus den Segeln genommen, nicht mit Opa Heini. Ich hatte Reedereiverbot bekommen und sollte freiwillig 100 DM ins Schiffchen stecken, für die Gesellschaft zur Rettung Schiffsbrüchiger; das hatte er mit dem Inspektor ausgehandelt, und das wurde auch gemacht. Ich ging am nächsten Tag zur Post und zahlte den Betrag ein. Ich war meinem Großvater unheimlich dankbar, mehr konnte man nicht sagen, ich habe es ihm nie vergessen. Nun fiel mir ein großer Stein vom Herzen, es hätte ja auch anders kommen können. Leicht beschwipst fuhren wir nach Hause.

    Ich hielt es gerade mal 4 Wochen an Land aus, dann juckte es wieder in den Füßen; ich wurde unruhig, ich musste wieder zur See. Dass es meine letzte Seereise werden sollte, ahnte niemand; Opa Heini würde ich nicht wiedersehen, Mutter und Oma fast 11 Jahre später. Aber das ist eine ganz andere Geschichte, die Reise auf dem Bananenjäger war zu Ende.

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  8. #18

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    Hallo Horst,

    sehr schön und interessant, wenn es weiter geht, laß es mich wissen,

    Gruß Manfred

  9. #19

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    Hallo Horst,

    schreibe bitte weiter, toll geschrieben und spannend zum lesen

  10. #20
    Avatar von Apollo
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    Lieber Horst

    Laß mich nicht so lange warten

    Bin gespannt wie es weiter geht ,es ist toll geschrieben Mfg. Apollo
    Gute Freunde sind Menschen ,die uns genau Kennen und trotzdem zu uns halten .

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