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Thema: Festschrift zum 10-jährigen Bestehn des Vereins "Schifferkinderheim Würzburg e.V."

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    Beitrag Festschrift zum 10-jährigen Bestehn des Vereins "Schifferkinderheim Würzburg e.V."

    Teil 1

    10 Jahre Verein "Schifferkinderheim Würzburg e.V."


    Festschrift zum 10-jährigen Bestehen des Vereins "Schifferkinderheim Würzburg e.V.! am 07. Juli 1963

    Zum Geleit!


    IN GOTTES NAMEN wurde vor 10 Jahren ein Werk begonnen, das für die Mainschiffahrt größere Bedeutung hat als einige Staustufen. Auch die modernsten und teuersten technischen Anlagen können die Menschen nicht ersetzen, die sie lenken und der Allgemeinheit nutzbar machen. Das Schifferkinderheim Würzburg formt ja nicht nur 72 Kinder zu einem standesbewußten Nachwuchs für die Schiffahrt, sondern hebt auch das Selbstbewußtsein der Mainschiffer.
    Dieses kleine Heft soll keine Jubiläumsschrift sein, sondern eine Rechenschaft, nachdem das erste Ziel erreicht ist. Sie wird dem aufmerksamen Leser zeigen, daß es richtig war, gerade diesen Weg zu gehen. Fällt es nicht auf, daß zu Beginn der Arbeit ca. 100 Schifferkinder im Volksschulalter gezählt wurden und nun ihre Zahl auf ca. 150 stieg? Wie sehr das Heim im Bewußtsein der Öffentlichkeit lebendig ist, zeigt die ganze unverhältnismäßig hohe Zahl von Mitglieder des Vereins. Es ist an der Zeit, all denen zu danken, die finanzielle Opfer gebraucht haben; mehr noch denen, die unverdrossen ihre Arbeit und ihre Kraft in den Dienst der Sache stellen. In besonderer Ehrfurcht und Dankbarkeit gedenken wir der drei Toten unter ihnen. Möge Gott, der das Gedeihen gab, ihnen allen ein Vergelter sein!
    Hier seien auch nicht vergessen jene allgemeinen Kinderheime, die seit Jahrzehnten und auch heute noch sich um den Schiffernachwuchs erfolgreich bemühen. Daß unsere Zeit aber die weitere Entwicklung dieses besonderen Kinderheimes braucht, ist einleuchtend.
    Deswegen muß an dem Werk weiter gebaut werden, damit der christliche Schifferstand wachse. Darum Verein Schifferkinderheim Würzburg e.V.:"Gute Fahrt ins zweite Jahrzehnt".
    In Gottes Namen

    Msg. R. Kümmert, Caritasdirektor
    Vorsitzender des Verwaltungsrates

    Die Arme Schulschwester M. Caritina Grön hat in ihrem Buch "Eine Frau steht am Steuer" ein Lebensbild der Grüderin der Konregation der Armen Schulschwester v.U.L. Frau in München verfaßt. Auf den letzten Seiten ihres Buches, das im Selbstverlag des Provinzialates erschinen ist, hat sie dem Initiator des Schifferkinderheims in Würzburg ein ehrendes Denkmal mit folgenden Worden gesetzt:
    In Würzburg scheint Mutter Theresia bei einer Neugründung leibhaftig in Erscheinung getreten zu sein. Dem überausrührigen, gütigen und weitblickenden Oderregierungsrat Hermann Walter Schäfer kam der Gedanke zur Errichtung eines Schifferkinderheimes. Diese Idee wurde ihm, wie er in einer besinnlichen Stunden in tiefem Ernst gestanden, zur wahrhaftigen Berufung. Er glaubte, seine Gründung könne ein bedeutsames Glied in der Kette sein, die Kindheit und Lebenswerk der Ordensgründerin verbinde und kröne.
    Nach unsagbaren Hemmungen und Schwierigkeiten erstanden gegenüber dem Hafen und Main ein modernes, schönes Heim für Schifferkinder, wie einst die kleine Karolina Gerhardinger (Mädchenname der Gründern der Kongregation) es war, besonders für Geschwister, für Buben und Mädchen. Mehrere Geschwister werden von einer Schwester familienmäßig betreut.
    Auch der Initiator und Gründer, der gute Schifferkindervater, durfte die Vollendung seines Werks nicht mehr schauen. Am 18. März 1959 opferte er sein Leben, erst 58 Jahre alt. Er trug im kindlich-frommen Herzen eine zarte Verehrung gegen die hochselige Ordensstifterin. In schweren Notzeiten nahm er die große Biographie der Ehrwürdigen Mutter zur Hand.
    Dann war ihm, als fasse sie das Steuer und siehe - das Werk wuchs. Auch er mußte das Leitwort des Bischofs Wittmann und seiner getreuen Schülerin, der hochseligen Mutter Theresia, verstehen lernen:"Alle Werke Gottes gehen einen langsamen, leidvollen Gang".

    Rückblick auf Entwicklung und Wirken des Vereins

    Am 07.Juli 1963 sind 10 Jahre vergangen seit dem Tage, an dem von einer kleinen Zahl weitschauender Männer auf Anregung von Oberregierungsrat Walter H. Schäfer, des Verkehrsdezernenten der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Würzburg, der "Schifferkinderheim Würzburg e.V." gegründet wurde. Das Protokoll über die Gründungsversammlung folgt weiter unten. Schon am 15.Juli 1953 wurde die erste ordentliche Mitgliederversammlung einberufen und die Satzung beschlossen. Am 27.Juli 1953 folgte die Eintragung in das Vereinsregister und am 24.September 1953 die Anerkennung als gemeinnütziger Verein durch den Stadtrat von Würzburg.
    Wie energisch der junge Verein sein Ziel, baldigst in Würzburg ein Heim für Schifferkinder zu errichten, verfolgte, zeigt der Umstand, daß er schon am 26.Oktober 1953 ein 5800 qm großes, sehr günstig gelegenes Baugrundstück am Zeller Mainbogen gegenüber dem neuen Hafen erwerben konnte; hierfür stellte die Stadt Würzburg entgegenkommenderweise ein Zwischendarlehen zur Verfügung, das schon im März 1954 durch die Opferfreudigkeit der Mitglieder, Freunde und Gönner sowie insbesondere durch die Beihilfe des Herrn Bundesministers für Verkehr zurückgezahlt werden konnte, so daß das Grundstück am 29.März in schuldenfreiem Eigentum des Vereins war. Nunmehr galt es, die Finanzierung des Baues vorzubereiten und voranzutreiben. Hierzu waren eine intensive Mitgliederwerbung und zahlreiche Verhandlungen mit verschiedenen Behörden und Organisationen erforderlich. Als Unterlage für diese Tätigkeit wurde zunächst eine eingehende Darlegung darüber ausgearbeitet, warum die Errichtung eines Schifferkinderheimes in Würzburg dringend notwendig war.
    In jahrelanger, mühsamer Arbeit gelangt es Oberregierungsrat Schäfer und einer Anzahl getreuer Mitarbeiter, die Zahl der Vereinsmitglieder auf über 700 zu bringen. Die Mitgliedschaft wurde sowohl von vielen Einzelpersonen aus dem öffentlichen Leben und aus der Wirtschaft, besonders aus der Schiffahrt und dieser nahestehenden Kreisen, als auch von verschiedenen Firmen mit namhaften Jahresbeiträgen erworben.
    Wenn auch damit schon ein wesentlicher finanzieller Rückhalt geschaffen wurde, so war doch der überwiegende Teil der Baumittel durch Darlehen und Spenden aufzubringen. Hierbei fand der Verein großes Verständnis und Entgegenkommen bei den verschiedenen Behörden und Organisationen des Bundes, des Freistaates Bayern, der Kirche, der Bezirksverwaltung, der Städte sowie der Verkehrswirtschaft.
    Anfang des Jahres 1957 waren diese Vorarbeiten so weit gediehen, daß am 25.März der Grundstein für den ersten Bauabschnitt der Gesamtplanung in einer eindrucksvoller Feier durch den Schifferseelsorger Pfarrer Johannes Maron gelegt werden konnte.
    Bei dem Bauentwurf, den Architekt Georg Eydel in Zusammenarbeit mit Frau Dipl.-Ing. Kolb aufstellte, legte der Verein ganz besonderen Werft auf eine zweckmäßigen Einrichtung; hierbei wurde er hervorragend beraten durch die Kongregation der Armen Schulschwestern von U.L. Frau in München, die große Erfahrung in der Betreuung derartiger Heime besitzt und sich entgegenkommenderweise bereit erklärte, auch die Betreuung und Bewirtschaftungen des neuen Würzburger Heimes zu übernehmen.
    Die Bauausführung mußte zunächst noch etwas zurückgestellt werden, da zur endgültigen Sicherstellung der Finanzierung der Gesamtplan und die Größe des ersten Bauabschnittes noch einmal zu überarbeiten war. Daraus ergab sich, daß man sich entschließen mußte, zunächst nur 54 statt der ursprünglich vorgesehenen 84 Plätze zu schaffen, wobei jedoch die Möglichkeit offenblieb, im Bedarfsfalle durch Inanspruchnahme der beiden Feierabendzimmer und Einziehen von Zwischenwände die Aufnahmefähigkeit auf 72 Plätze zu erhöhen und damit die Wirtschaftlichkeit des Heimes zu verbessern.

    Daraufhin konnten die Bauarbeiten im Jahre 1958 begonnen, zügig durchgeführt und zeitig beendet werden, daß die Inbetriebnahme des Heimes zum Schulbeginn am 01.September 1958 möglich war. Bei der feierlichen Eröffnung im großen Saale der nahe gelegenen Adalbert-Stifter-Schule, die auch für den Schulbesuch der Heimkinder zuständig ist, konnte Oberregierungsrat Schäfer namens Vorstandes etwa 300 Gäste begrüßen, an ihrer Spitze Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Hans Seidel sowie Vertreter des Bundesministers für Verkehr und der Kirchen, ferner den Regierungspräsidenten von Unterfranken, den Oberbürgermeister von Würzburg und den Leiter der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Würzburg sowie namhafte Vertreter der Wirtschaft, besonderes der Schiffahrt, und der Main gelegenen Städte und Gemeinden. Wie nicht anders zu erwarten, war das Heim zunächst noch nicht voll belegt. Die vorbildliche Einrichtung des Heimes und die ausgezeichnete Betriebsführung sowie die fürsorgliche und liebevolle Betreuung der Kinder veranlaßten jedoch alsbald immer mehr Schiffereltern, ihre Kinder zur Aufnahme anzumelden, so daß die vorhandenen 54 Plätze nicht mehr ausreichten und unter Ausnutzung der oben erwähnten Reserven 18 Plätze zusätzlich geschaffen werden mußten. Auch nach dieser Erweiterung auf 72 Plätze ist das Heim jetzt voll belegt. Im übrigen liegt bei dieser Größe erfahrungsgemäß etwa die untere Grenze, bei der sich der Betrieb eines Heimes noch wirtschaftlich gestalten läßt.

    Die Betreuung des Schifferkinderheimes Würzburg haben die Schulschwestern von U.L. Frau in München übernommen und hierzu 6 Schwestern abgeordnet. Eine Oberin ist für die Leitung und die Buchführung verantwortlich, 4 Schwestern betreuen die Heimfamilie von durchschnittlich 18 Kinder, und zwar Buben und Mädchen verschiedenen Alters, darunter mehrfach auch Geschwister.

    In den Waschräumen ist im allgemeinen für jedes Kind ein besonderes Waschbecken vorhanden. Eine weitere Schwester ist zuständig für die musterhafte ausgestattete Küche und die Wäscherei im Kellergeschoß. Dort sind auch Kessel für die Ölheizung sowie die Enthärtungsanlage für das Wasser untergebracht. Im Erdgeschoß befinden sich neben dem Eingangsraum die Pforte und das Zimmer der Heimleiterin sowie ein Besprechungs- und Empfangsraum für Eltern und sonstige Besucher, ferner die Hauskapelle. Der Empfangsraum enthält auch ein Fernsehapparat und eine Bücherei mit rund 300 Bänden guter Bücher, die an die Schiffer, auch zum Mitnehemen auf das Schiff, ausgeliehen werden.

    Das Schifferkinderheim Würzburg erfreut sich immer mehr eines allgemeinen Interesse. In den Städten Frankfurt, Würzburg und München wurden Mutterkreise gebildet, die sich jeweils der nach Städten benannten Heimfamilien in besonderer Weise annehemen, durch Besuche im Heim ein persönliches Verhältnis zu den Kindern herstellen und ihnen durch passende Geschenke eine besondere Freude bereiten.
    Mehrfach erhielt das Heim hohen Besuch, u.a. durch den H.H. Bischof Dr. Josef Stangl von Würzburg im Jahre 1960 und den inzwischen verstorbenen Altreichskanzler Dr. Hans Luther im Jahre 1961. Über die Einrichtung sowie über das Leben und Treiben im Heim haben Presse, Rundfunk und Fernsehen berichtet. Die Veireinsmitglieder werden vom Vorstand über die Entwicklung des Vereins und das Geschehen im Heim laufend unterrichtet durch Mitteilungsblätter, von denen bislang 15 erschienen sind. Durchschnittlich einmal im Monat findet eine Vorstandssitzung im Heim statt, in der allgemeine und besondere Verwaltungs- sowie Finanzangelegenheiten und Bau- und Unterhaltsfragen zu erledigen sind.
    Über dem Vorstand steht der Verwaltungsrat, der nach Bedarf in größeren zeitlichen Abständen zusammentritt. Bislang haben drei Verwaltungsratsitzungen stattgefunden, achtmal wurden ordentliche Mitgliederversammlungen einberufen. Die so erfreuliche Entwicklung des Vereins und des Heimes hat ihr Initiator, Oberregierungsrat Walter H. Schäfer, nur in ihren Anfängen noch erleben dürfen. Am 18.März 1959, etwa ein halbes Jahr nach der Inbetriebnahme des Heimes, ist er im Alter von 58 Jahren allzufrüh verschieden. Seine großen Verdienste um Verein und Heim wurden vom Verein in einem Nachruf in Mitteilungsblatt Nr. 9 gewürdigt. Am 19.September 1959 hatte der Verein abermals einen schweren Verlust zu beklagen durch den unerwarteten Tod der ersten Heimleiterin, Oberin Maria Dolorata Eggerbauer, die mit reichen Erfahrung und ihrer hingebenden Fürsorge für die Kinder dem Heim unschätzbare Dienste erwiesen hat. Ebenso ein Nachruf für den Leiter der Schifferseelsorge, Generalpräses Johannes Maron, der die Grundsteinlegung für den Heimbau vorgenommen hatte und dem Verein stets ein treuer Freund und Helfer war.
    Diese kleine Festschrift kann nicht geschlossen werden, ohne unseren treuen Vereinsmitglieder sowie unseren vielen Freunden und Gönner von ganzem Herzen zu danken für die uns bislang in so reichen Maße zuteil gewordene Förderung, Unterstützung und Mithilfe. Wir bitten sie alle inständig, dem Schifferkinderheim Würzburg e.V. auch in Zukunft die treue zu halten und um das Wohl unserer Schifferkinder mit besorgt zu sein.

    Der Vorstand des "Schifferkinderheim Würzburg e.V." Brand Dr. Möhlmann Brückner

    Gruß Dewi
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  2. #2
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    Standard Festschrifft - Teil 2

    Teil 2

    Protokoll


    Über die Gründungsversammlung des Schifferkinderheims Würzburg e.V. Würzburg am 07.Juli 1953 Nachdem die Notwendigkeit eines Trägers für den Neubau des 1. Schifferkinderheimes in Würzburg erkannt war, wurde Festgestellt, daß dies zweckmäßig in Form eines gemeinnützigen Vereins geschieht.
    Die nachstehend alphabetisch aufgeführten Personen gründeten daher heute den Schifferkinderheim Würzburg e.V.
    1) Paul Baier, 2) Gottfried Bohlen, 3) Konrad Brand, 4) Leo Brand, 5) Heinrich Kauth, 6) Alfred Lessing, 7) Walter H. Schäfer, 8) Dr. Max Seiermann, 9) Otto Väth
    (alle in Würzburg mit Ausnahme von Dr. Seiermann, der in Regensburg seinen Wohnsitz hat).
    Mit der vorläufigen Geschäftsführung wurden bis zur 1. ordentlichen Mitgliederversammlung nachfolgende Herren beauftragt: 1) Leo Brand, 2) Heinrich Kauth, 3) Walter H. Schäfer, 4) Otto Väth
    Herr Schäfer wurde gebeten, einstweilen als Sprecher des Vereines zu fungieren und für die bald einzuberufende ordentliche Mitgliederversammlung Satzungen vorzubereiten, mit dem Caritas-Verband und dem Generalat der Armen Schulschwestern in München Verbindung aufzunehmen. Darüber hinaus alles zu tun, was für die Entwicklung des Vereins förderlich ist.
    Der geschäftsführende Vorstand wurde beauftragt, bis spätestens 31.Juli 1953 eine ordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen und die Eintragung des Vereins in das Vereinsgegister des Amtsgerichtes Würzburg vorzubereiten.

    Würzburg, den 07.Juli 1953

    Für den vorläufigen geschäftsführenden Vorstand Schäfer

    Warum Schifferkinderheime?

    Der fortschreitende Ausbau der Großschifffahrtsstraße Rhein-Main-Donau bringt auch auf sozialem Gebiet neue, in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzende Aufgaben. Unter diese fällt mit an erster Stelle die Erziehung der heranwachsenden Schifferkinder. Die Berufs- und Lebensführung des Binnenschiffers ist gegenüber anderen Berufszweigen grundsätzlich verschieden. Für ihn gelten deshalb auch andere Maßstäbe. Während der Berufstätige am Land täglich von seinem festen Wohnsitz aus einer Arbeit nachgeht, ist der Binnenschiffer fast das ganze Jahr - Tag und Nacht - sowohl auf der Fahrt, als auch in Häfen, mit seinem Fahrzeug verbunden. Dementsprechend spielt sich auch das Familienleben vorwiegend auf dem Schiff ab. Gerade im Zeitalter der fortschreitenden Motorisierung kann der Schiffer die sorgende Hausfrauen um so weniger entbehren, als der schwere Dienst ständig seine volle Arbeitskraft erfordert. Die Erziehung der Schifferkinder bis ins schulpflichtige Alter erfolgt meistens bei den Eltern an Bord des Schiffes, obwohl auch dabei die Gefahren, die der Schiffsbetrieb nun einmal mit sich bringt, ständig wachsen. Trotz intensiver Aufsicht und Vorsorge durch die Eltern ist jedes Jahr der Tod von einer Anzahl Schifferkinder durch Ertrinken zu beklagen, ganz abgesehen von den gesundheitlichen Nachteilen, die der Motorlärm und die Erschütterungen des Schiffes während der Fahrt für heranwachsende Kinder zwangsläufig mit sich bringen. Noch schwieriger wird die Situation, wenn die Kinder ins schulpflichtige Alter kommen. Es ist unmöglich, die Kinder für wenige Tage während des Aufenthaltes der Schiffe in Häfen in eine Wanderschule zu schicken, weil selbst bei bester Begabung dann nur eine äußerst unzureichende, lückenhafte Schulausbildung vermittelt werden könnte, die sich auf das ganze spätere Berufsleben nachteilig auswirkt. Es ist daher erklärlich, daß unter diesen Verhältnissen die Entwicklung der Schifferfamilien im Maingebiet ganz erheblich leidet. Die Mainischen Schifferfamilien, (vorwiegend in Unterfranken beheimatet) weisen durchschnittlich 1-2 Kinder auf. Kinderreiche Schiffer- und Matrosenfamilien, die in den letzten zehn Jahren begründet wurden, sind infolge der bestehenden Lebensbedingungen zur Seltenheit geworden. Matrosen, die in den Ehestand treten wollen, nehmen häufig schlechter bezahlte Stellen am Land an, um diesen Schwierigkeiten zu begegnen. Wertvolle Nachwuchskräfte des Mainfränkischen Schifferstandes gehen damit für immer verloren. Die meisten Eltern von Schifferkinder sind nicht in der finanziellen Lage, ein oder gar mehr Kinder in Heimen unterzubringen, wodurch wenigstens eine regelmäßige Schulausbildung gesichert wird. Aus diesem Grunde gewähren die Kultusministerin und Binnenschifffahrtsgewerbe durch Gewährung von Zuschüssen für die bessere Ausgestaltung der Schifferkinderheime beitragen. Alle Beteiligten, Eltern, Schifffahrtsgewerbe und Behörden sind sich darüber einig, dass es Ziel sein muss, den Kindern eine zeitgemäße Unterkunft und solide Ausbildung zu sichern. Während an allen deutschen schiffbaren Strömen und Kanalgebiet schon seit Jahrzehnten ausgesprochene Schifferkinderheime bestehen, hat man sich im Maingebiet im Zuge der Entwicklung einstweilen der Fürsorgeheime und der Pflegeeltern bedient. In vier derartigen Heimen sind gegenwärtig ca. 70 Schifferkinder untergebracht, während weiter 25-30 bei Großeltern, Verwanden und Pflegeeltern erzogen werden. Es muss dankend anerkannt werden, dass die Heimleitungen alles tun, um den Schifferkinder das Elternhaus weitgehend zu ersetzen. Allein die in allen Heimen bestehende erhebliche Überzahl an Nichtschifferkindern, die zum Teil aus schwierigen Familienverhältnissen stammen, setzen dieser guten Absicht Grenzen. Erschwerend wirkt sich noch aus, dass die Heime entlang des Mains in Aschaffenburg, Wörth und Würzburg verstreut liegen und nur Schifferkinder getrennt nach Geschlechtern aufnehmen. Nur unter erheblichem Zeitverlust und Kosten können Eltern mit mehreren Kindern verschiedenen Geschlechts ihre Kinder besuchen oder sie in den großen Ferien an Bord holen. Diesen Missstand begegnet nur ein in Würzburg zentral gelegenes, ausgesprochenes Schifferkinderheim für Schifferkinder beiderlei Geschlechtes. Unsere Schifferkinder sind das menschliche Kapital der Zukunft! Was nützen die modernsten und schnellsten Schiffe, wenn auf ihnen nicht Menschen werktätige sind, die in unbeirrbarer Berufsliebe und Treue mit ihrem Schiff und ihrem Unternehmen verbunden sind. Es ist kein Geheimnis, dass sich schon heute ein Mangel an zuverlässigem Personal zeigt. Die Tätigkeit in Fabriken und Wirtschaftsbetrieben mit erheblichen Wochenendfreizeit und sonstigen Annehmlichkeiten des Lebens haben Zuwachs von der Landseite her fast ganz versiegen lassen. Unsere Schiffer- und Matrosenfamilien sind daher fast die einzigen natürlichen Nachwuchsquellen für das Fahrpersonal unserer Binnenschifffahrt. In Erkenntnis dieser Situation haben sich am 7. Juni 1953 in Würzburg Angehörige aller Kreise aus der Binnenschifffahrt, Wirtschaft und Behörden zusammengefunden, um den "Verein Schifferkinderheim Würzburg e.V.", Würzburg, auf gemeinnütziger Grundlage ins Leben zu rufen. Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, unter Mithilfe aller, die guten Willens sind, in Würzburg ein Schifferkinderheim erstehen zu lassen, in dem Schifferkinder beiderlei Geschlechts, trotz zeitweiliger Trennung von ihrer Familie, im Sinne einer Familiengemeinschaft erzogen werden und je nach Begabung eine ihre Zukunft fördernde Grundausbildung erhalten können. Der heutige Verkehr auf den Binnenwasserstraßen erfordert durch die ständig zunehmende Motorisierung der Güterschiffe ein hochqualifiziertes Personal. Dieses Ziel ist nur zu erreichen, wenn die künftigen Matrosen und Schiffsführer schon in frühster Jugend in Schifferkinderheimen in das Gedankengut des zwar schweren, aber schönen Berufes des Binnenschiffers ohne Störung hineinwachsen. Schon im Oktober 1953 konnte der Verein ein ihm günstig angebotenes Parkgelände von 5800 qm Größe erwerben, dass, gegenüber dem Neuen Würzburger Hafen gelegen, geradezu als willkommene Grundlage seiner Bestrebungen anzusehen ist. Hier hat sich die Stadt Würzburg ein bleibendes Denkmal gesetzt, indem sie dem "Schifferkinderheim Würzburg e.V." durch ein Überbrückungsdarlehen den Kauf des Baugeländes ermöglichte. Dank des lebhaften Echos, dass das Vereinsziel in der breiten Öffentlichkeit gefunden hat, und in Verbindung mit der beispielhaften Opferfreudigkeit der Schiffer und Matrosen des Maingebietes, war es möglich, dass Gelände rasch in den vollen Besitz des Vereins zu bringen. Die stetig steigende Zahl der Mitglieder, Förderer und Freunde lasst darauf schließen, dass der Verein mit Bestreben, im Maingebiet ein gemeinsames Schifferkinderheim zu schaffen, auf dem besten Weg ist. Es geht um den Bestand der Schifferfamilien am Main, die im Verkehr auf der Großschifffahrtsstraße Rhein-Main-Donau - welche heute schon bis Ochsenfurt in Betrieb ist - nicht aussterben dürfen, nicht zuletzt weil sie auch heute noch ein erhebliches Kontingent des Personals auf den Rheinschiffen stellen. Nachdem die Finanzierungsverhandlungen einen günstigen Verlauf nehmen, wird in Würzburg zu Beginn des neuen Jahres bei guter Witterung, mit dem Bau des 1. Abschnittes begonnen werden können. Es wird ein Heim für 84 Schifferkinder beiderlei Geschlechtes entstehen, dem eine staatliche anerkannte Haushaltsschule für 12 Mädchen aus Schifferfamilie angegliedert werden soll. Neben den einschlägigen Fächern wird auch Buchhaltung und Schriftverkehr gelehrt, wie er auf den heutigen modernen Schiffen erforderlich ist, damit der Vater oder der zukünftige Mann möglichst von einem großen Teil des Papierkrieges befreit wird und sich ganz seinen nautischen und betrieblichen Aufgaben widmen kann. Ein Haus der "Offenen Tür für Schiffsjungen und Jungmatrosen" ergänzt diese Arbeit in der so wichtigen Nachwuchsfrage. Der junge Mensch findet neben einem Bad, ein einfaches Abendessen, Bücher, Fachzeitschriften, Radio und geeignete Vorträge vor. Berufswäsche und Kleider etc. werden im Heim - wenn notwendig binnen 24 Stunden - gewaschen und instand und gegen eine mäßige Gebühr frei an Bord geliefert. Im 1. Ausbauabschnitt werden 2 Feierabendzimmer für alte, alleinstehende Schifferehepaare bereit stehen, denen 5 weiter im 2. Bauabschnitt folgen sollen. Im Endausbau wird diesen 7 Schifferehepaaren neben hellen Schlafzimmer für 2 Personen ein gemütliches Speise- und Wohnzimmer zur gemeinsamen Benutzung zur Verfügung stehen. Diese Abteilung untersteht einer geprüften Schwester in der Alterspflege. Das ganze Heim soll im Zeichen des 4. Gebotes arbeiten. Im 1. Abschnitt soll es 7 Heimfamilien mit je 12 Kinder beiderlei Geschlechts, - die nur in den Schlafräumen getrennt sind, - aufnehmen. Je zwei Kinder zu etwa 4, 6, 8, 10, 12, 14 Jahre bilden unter Leitung einer staatlich geprüften Jugendpflegerin (Schwester) eine sogenannte Heimfamilie. Die Kinder besuchen die etwa 10 Minuten vom Heim gelegene Adalbert-Stifter-Schule, die Volks- und Mittelschulbildung vermittelt. Bei entsprechenden geistigen Voraussetzung ist es natürlich möglich, dass die Kinder auch höhere Schulen besuchen, denn der Grund des erheblichen Personalmangels ist nicht zuletzt auch darin zu suchen, dass jeder Familienvater heute bestrebt ist, seinen Kindern als wertbeständiges Kapital eine gute Ausbildung mitzugeben. Was jedem Menschen am Land recht ist, erscheint für die ordentliche Schifferfamilie ebenso billig. In den Sommerferien gehen die Schifferkinder gewöhnlich an Bord der Eltern. Hier wird nach Inbetriebnahme des neuen Heimes große Freude sein, denn es wird sich erweisen, was eine Erziehung in einem berufsständigen Schifferkinderheim ausmacht. Diese Ferienzeit soll auch dazu ausgenützt werden, dass das in der Zeit schwach besetzte Schifferkinderheim dann von den Kindern des Büro-, Hafen- und Lagerpersonals aus der Schifffahrt und den Häfen, bevölkert wird. Die Eltern sollen die Möglichkeit haben, einmal frei von der Verantwortung für die Erziehung, ihren Urlaub, - wenn möglich auch mit einer Reise verbunden, - ohne erhebliche finanzielle Opfer, verbringen zu können. Das Heim wird mitten in einem 5800 qm großen Park, gegenüber dem Neuen Würzburger Hafen, offen für Kinder des gesamten Rheinstromgebietes, erstehen. Dabei ist der Umstand sehr begrüßenswert, dass vor diesem Park am Main entlang, riesige Rasenflächen von rund 20000 qm für Sport und Spiel, ungefährdet von jeglichem Verkehr, zur Verfügung stehen. Möge dieses Werk im Dienste der Nächstenliebe an den Schifferkinder und den Schiffern mit ihren Familien reiche Früchte tragen zum Wohle und zum Bestand der Binnenschifffahrt auf dem Main und damit auch der Schifffahrt des Rheinstromgebietes. Wenn alle Vorbereitungen programmgemäß verlaufen, soll am 25. März neuen Jahres der Grundstein gelegt und einige Monate später, im Sinne des alten Schifferspruches: "Im Gottes Namen", dass Heim in Betrieb genommen werden.

    Gruß Dewi
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  3. #3
    Avatar von Dewi
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    Beitrag Festschrifft - Teil 3

    Hallo miteinander,

    nach so viel Text, die Bilder aus der Broschüre.

    Bild 1: Walter H. Schäfer, der 1959 verstorbene Initiator des Schifferkinderheims Würzburg. Gründungsmitglied des Schifferkinderheim Würzburg e.V.

    Bild 2: Grundsteinlegung

    Bild 3: Bauarbeiten im Jahre 1958

    Bild 4: Schulschwestern

    Bild 5: In den Schlafräumen, die jeweils 6 Betten und Schränke enthalten, sind die Kinder nach Geschlechtern getrennt untergebracht.

    Bild 6: Jede Familie hat einen Gemeinschaftsraum als Aufenthalts-, Spiel und Arbeitsraum.

    Bild 7: Eingangsbereich

    Bild 8: Für die Freizeitbeschäftigung stehen den Kindern zahlreiche Spiel und Geräte zur Verfügung, u. a. im Freien auf der Spielwiese ein Klettergerüst, ein Rundlauf und eine Wippe.

    Bild 9: Eine besondere Freude wurde ihnen bereitet mit der Beschaffung eines Planschbeckens.

    Bild 10: Nikolaus

    Bild 11: Schifferkinderheim

    Gruß Dewi
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  4. #4
    Super-Moderator Avatar von Heidi Franz
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    Standard

    Hallo zusammen,

    auch die Schifferkinder haben zum Gelingen des Festes beigetragen.
    Hier zwei Bilder von einer Mädchengruppe (aus jeder Heimgruppe waren 2 Mädels dabei) beim einüben des "Nixenreigens"

    Gruß
    Heidi
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    Ich bin süß und nett, doch der Schein trügt!
    Ich hab' die Scheiße jahrelang vorm Spiegel geübt.

    Manche Menschen sind mit einer solch herrlichen, ignoranten Dummheit gesegnet,
    daß sie ihre eigene Lächerlichkeit gar nicht bemerken

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