Hallo zusammen,

heute ging die offizielle Stellungnahme des BDB zu den Reformplänen des Bundesverkehrsministeriums bei mir ein.
Wenn ich diese gleich bei Veröffentlichung kommentieren darf, so kann ich sagen, daß ich mit diesem Statement mehr als zufrieden bin

Hier die Presseerklärung in voller Länge:


BDB nimmt vor dem Verkehrsausschuss Stellung zu den Reformplänen des Bundesverkehrsministeriums

Kein Ausbaustopp an deutschen Flüssen und Kanälen!

Für den vorgesehenen Stopp zahlreicher Ausbauprojekte an deutschen Flüssen und Kanälen liefert das Bundesverkehrsministerium keine ausreichende wissenschaftliche Grundlage. Eine alleinige Orientierung an der voraussichtlichen Jahresgütermenge auf Grundlage unveröffentlichter und daher nicht nachprüfbarer Prognosen wird dem Potenzial der Schifffahrt nicht gerecht. Die Fahrgastschifffahrt – mit ihren rund 17 Mio. Passagieren pro Jahr ein erheblicher Tourismus- und Wirtschaftsfaktor in Deutschland – wird in der vorgeschlagenen Netzneustrukturierung gar nicht berücksichtigt. Die vorgenommene Bildung von Netzkategorien wirkt willkürlich, sorgt für Planungsunsicherheit und beschneidet die Binnenschifffahrt in ihrer Zukunftsfähigkeit. Hierauf hat der Bundesverband der Deutschen Binnenschiffahrt e.V. (BDB) am 29. Juni 2011 vor dem Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages in einer Expertenanhörung hingewiesen. Vorgeschlagen wurde deshalb, diese Strategie aufzugeben. Eine neue Bewertungsmethodik für zukünftige Infrastrukturvorhaben sollte vielmehr in der gebotenen wissenschaftlichen Gründlichkeit für sämtliche Verkehrsträger zum Gegenstand der Erarbeitung des nächsten Bundesverkehrswegeplanes gemacht werden. Dieser soll 2015 vorgelegt werden. Betroffene Wirtschaftszweige sind dabei ebenso frühzeitig zu beteiligen wie die Bundesländer. Der Gesetzgeber ist aufgefordert, zeitgleich ein Ausbaugesetz für die Wasserstraßen – analog zu entsprechenden Gesetzen für Fernstraße und Schiene – zu schaffen und alternative Finanzierungsquellen zu prüfen.

Es ist zwar auch nach Ansicht des BDB richtig, dass Investitionen in die Infrastruktur sämtlicher Verkehrsträger dort getätigt werden sollten, wo der verkehrliche Bedarf am Höchsten ist, der volkswirtschaftliche Nutzen am Größten ist und aufgrund jahrelanger Unterfinanzierung die Erhaltungsnotwendigkeit am Dringendsten ist. Dieser Ansatz ist jedoch nicht neu, sondern entspricht bei den Wasserstraßen der Investitionspolitik der vergangenen Jahre. So gingen laut Investitionsrahmenplan im Zeitraum 2007 - 2010 bereits 80 % der Investitionen nicht in den Ausbau, sondern in den Erhalt der Wasserstraßen. Kernproblem ist die jahrzehntelange Unterfinanzierung, die sich nun auf einen jährlichen Fehlbetrag von 500 Mio. € aufgebaut hat. Verschärft wird das Problem der Unterfinanzierung durch zahlreiche Zusatzaufgaben in der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV), z.B. die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie und des ISPS-Codes. Hierfür sind aber seitens des Bundes nie Mehrmittel zur Verfügung gestellt worden.

Bevor das Bundesverkehrsministerium einen de facto endgültigen Ausbaustopp über weite Teile des Wasserstraßennetzes verhängt, sollte es – wenn es die Zukunft der Verkehrspolitik tatsächlich in geschlossenen Finanzierungskreisläufen sieht – nach zusätzlichen Finanzierungsquellen suchen, z.B. durch eine konsequente Einbeziehung sämtlicher Nutzer der Wasserstraßen in die Infrastrukturfinanzierung. Die Binnenschifffahrt zahlt bereits für die Nutzung der Wasserstraßen. Der jährliche Betrag von rund 70 Mio. Euro fließt jedoch – entgegen der gesetzlichen Vorgabe – nicht in die Infrastruktur, sondern in den allgemeinen Staatshaushalt. Veränderungen an der Bewertungsmethodik für den weiteren Ausbau der Verkehrsinfrastruktur sollten im nächsten Bundesverkehrswegeplan erfolgen, der für 2015 vorgesehen ist. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb das Bundesverkehrsministerium für den Bereich der Wasserstraßen nun einen handwerklich unsauberen Vorgriff auf diese Arbeit startet: Für die Netzkategorisierung, für die alleinige Tonnagebetrachtung und für die willkürlich gewählte Mengenklassifizierung als entscheidendes Abgrenzungskriterium für das „Ob“ eines weiteren Ausbaus bleibt das BMVBS den wissenschaftlichen Nachweis schuldig.

Die Notwendigkeit eines Umbaus der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung von einer Durchführungs- in eine Gewährleistungsverwaltung kann vom BDB nicht abschließend beurteilt werden. Eine Notwendigkeit zur Reform gibt es seitens BDB nicht, denn der Verband arbeitet mit der WSV seit Jahren konstruktiv und vertrauensvoll zusammen. Effizienzsteigerungen werden aber begrüßt. Ein Rückzug der WSV „aus der Fläche“ mit der bereits angekündigten Konsequenz deutlich längerer Rüstzeiten bei Sperrungen kann seitens des Gewerbes jedoch nicht akzeptiert werden, da die Branche bereits heute mit unzumutbaren Sperrzeiten aufgrund der baufälligen Infrastruktur konfrontiert ist. Der BDB unterstützt hierbei die Aussage von Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium: Eine Verwaltungsreform macht nur Sinn, wenn am Ende etwas Besseres herauskommt, als heute bereits existiert.


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LG
Micha