Die niedersächsische Binnenschifffahrt
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 09.12.2011 - TOP 24. Antwort von Verkehrsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Bernd-Carsten Hiebing (CDU)

Der Abgeordnete Bernd-Carsten Hiebing (CDU) hatte gefragt:

„Der Logistikstandort Deutschland soll international wettbewerbsfähig bleiben und seine Position als globale Drehscheibe ausbauen", sagte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer auf der ersten Nationalen Konferenz für Logistik und Güterverkehr am 13. Oktober 2011 in Hannover. Schätzungen gehen von einer Zunahme des Güterverkehrs um 80 % bis zum Jahr 2025 aus. Um diesen Zuwachs bewältigen zu können, sind Investitionen in Schiene, Straße und Wasserstraße erforderlich. Im Interesse des Landes Niedersachsen ist es wichtig, dass der Bund gleichwertig in die unterschiedlichen Verkehrswege investiert. Nach dem Marktbeobachtungsbericht 2010 des Bundesamtes für Güterverkehr wurden im Jahr 2010 in der Binnenschifffahrt auf deutschen Wasserstraßen insgesamt rund 229,6 Millionen t Güter befördert. Im Vergleich zum Jahr 2009 bedeutete dies bundesweit einen Zuwachs von rund 12,6 %. Die Kapazitäten der Binnenschifffahrt könnten genutzt werden, um die alltäglichen Verkehrsprobleme und Staus auf den Straßen sowie die Kapazitätsengpässe auf den Schienen aufzulösen.
Ein wichtiges Wachstumspotenzial hat der kombinierte Verkehr für die Straße, die Schiene und die Wasserstraße. Um durch den kombinierten Verkehr die Verlagerung von Gütertransporten von der Straße auf die Schiene und Wasserstraße zu unterstützen und die Vorteile der verschiedenen Verkehrsträger besser auszunutzen, hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung eine Förderrichtlinie erlassen, die den Bau von Umschlaganlagen für den kombinierten Verkehr fördert. Diese Richtlinie tritt am 31. Dezember 2011 außer Kraft.

Ich frage die Landesregierung:

Wie beurteilt die Landesregierung die Investitionen in den Ausbau der niedersächsischen Binnenwasserstraßen im Verhältnis zu den Investitionen in den Schienen- und Straßenbau?
Mit welchen Instrumenten kann nach Ansicht der Landesregierung die zukünftige Förderung für Umschlaganlagen des kombinierten Verkehrs erfolgen?
Welche Möglichkeiten der Förderung der Binnenschifffahrt sieht die Landesregierung über die bereits bestehenden Programme hinaus, insbesondere hinsichtlich einer Verbesserung der Umweltbilanz?
Verkehrsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

In Deutschland werden über die Bundeswasserstraßen jährlich Gütermengen von bis zu 240 Millionen Tonnen transportiert, mit einer Transportleistung von 65 Milliarden Tonnen-Kilometer. Dies entspricht fast 75 Prozent der Güterverkehrsleistung der Eisenbahnen bzw. ca. 14 Millionen Lkw-Fahrten. Weiterhin werden im Binnenschiffsverkehr etwa 1,5 Millionen Container (TEU - Twenty Foot Equivalent Unit) befördert, was zusätzlich 700.000 Lkw-Fahrten entspricht. Damit leistet die Binnenschifffahrt einen bedeutenden Beitrag zur Bewältigung der Transportnachfrage und dies kostengünstig, termingetreu und umweltverträglich. Von der Binnenschifffahrt und den Häfen sind ca. 400.000 Arbeitsplätze abhängig. Darüber hinaus haben die „Weißen Flotten" und die Flusskreuzfahrtschiffe eine zunehmende wirtschaftliche Bedeutung.

Neben der umweltfreundlichen Transportfunktion haben die Bundeswasserstraßen - was für einen Verkehrsweg außergewöhnlich ist - noch weitere Funktionen. Sie dienen der Trink- und Brauchwasserversorgung, Bewässerung, Kraftwerksnutzung, Abwasserentsorgung, Hochwasserabfuhr, Fischerei und Freizeiterholung.

Eine regionale Auswertung der Gütermengen, die im Rahmen der Fortschreibung des niedersächsischen Hafenkonzeptes erstellt worden ist, zeigt, dass bis zum Jahr 2025 im norddeutschen Raum zwischen den Seehäfen und den Wirtschaftsregionen im Hinterland eine Mengensteigerung von 15 Mio. t in 2004 auf 35 Mio. t im Jahr 2025 zu rechnen ist. Diese Gütermengen verteilen sich über alle Verkehrsträger. Ohne einen massiven Ausbau der Verkehrsinfrastruktur werden diese Gütermengen von dem heutigen Verkehrssystem nicht verkraftet werden können.

Vor diesem Hintergrund ist es unverzichtbar, die Verlagerung von der Straße auf die Schiene oder das Binnenschiff voran zu treiben. Eine bisher zu wenig genutzte alternative ist der Weitertransport der in den deutschen Seehäfen umgeschlagenen Gütermengen über die Binnenwasserstraße. Der Anteil der Binnenschifffahrt am Gesamtverkehrsaufkommen (Modal Split) sinkt stetig, der des Straßenverkehrs nimmt seit Jahren zu. Dieser Effekt ist sowohl verkehrs- als auch umweltpolitisch nicht gewollt.

Die Hinterlandverkehre der Seehäfen bieten aufgrund ihres hohen Ladungspotentials und den relativ langen Transportstrecken eine geeignete Basis für eine Übernahme der Zuwächse des Verkehrsaufkommens durch die alternativen Verkehrsträger, insbesondere die Binnenschifffahrt.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:
Im Bundeshaushalt stehen für 2011 rund 800 Mio. Euro an Ersatz- und Neubauinvestitionen für die Bundeswasserstraßen zur Verfügung. Für Neubauinvestitionen entfallen auf niedersächsische Binnenwasserstraßen ca. 41 Mio. Euro. Für Neubauinvestitionen im Schienenbereich stehen über 100 Mio. Euro zur Verfügung. Für den Neubau von Bundesstraßen ca. 150 Mio. Euro. Um die Erhaltung und den Ausbau der Flüsse und Kanäle zu finanzieren müssten jährlich mindestens 1,3 Mrd. Euro im Bundeshaushalt bereitgestellt werden. Diese Unterfinanzierung wird zu weiteren Reduzierungen und Streckungen bei den Investitionen führen. Die Landesregierung setzt sich dafür ein, dass die Bundeswasserstraßen in Niedersachsen entsprechend der Interessen des Landes zügig ausgebaut werden und der Bund mehr Geld hierfür bereit stellt.

Zu 2.:
Die Bundesregierung sieht in der Förderung des Kombinierten Verkehrs in Deutschland weiterhin einen unverzichtbar wichtigen Beitrag zur Verlagerung von Transporten auf die Verkehrsträger Schiene und Wasserstraße sowie zur Verminderung der verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen. Der Kombinierte Verkehr optimiert die Vernetzung der Verkehrsträger und ermöglicht die verstärkte Einbeziehung der umweltfreundlicheren Verkehrsträger Schiene und Wasserstraße in die logistische Kette. Die Förderung hat wesentlich dazu beigetragen, die Infrastruktur als notwendige Voraussetzung für die Verlagerung zu schaffen und das Aufkommen im Kombinierten Verkehr in Deutschland von 45,5 Mio. Gütertonnen (1998) auf 92,7 Mio. Gütertonnen (2008) zu steigern.

Die derzeit geltende Richtlinie zur Förderung des Kombinierten Verkehrs läuft Ende des Jahres aus. Die Bundesregierung hat in ihrem Aktionsplan Güterverkehr und Logistik festgelegt, dass das Fördersystem zum 1. Januar 2012 nach Auslaufen der bisherigen Richtlinie neu konzipiert werden soll. Eine Evaluierung hat die positive Wirkung und einen weiteren Ausbau- und Förderbedarf nachgewiesen. Wesentliche Neuerungen ergeben sich dadurch, dass künftig Qualitätsziele und die Erfahrungen anderer europäischer Mitgliedstaaten stärker berücksichtigt werden sollen. Zurzeit liegt der Entwurf für eine neue Richtlinie der Europäischen Kommission zur Genehmigung vor.

Die Landesregierung begrüßt die Entscheidung der Bundesregierung, die Förderinstrumente für den Kombinierten Verkehr fortzusetzen und weiter zu entwickeln. Um den Ausbau leistungsfähiger Umschlaganlagen in Niedersachsen bedarfsgerecht zu unterstützen, hat die Landesregierung eigens hierfür ein niedersächsisches Konzept für den Kombinierten Verkehr erarbeitet, welches als strategische Leitlinie dient und zurzeit aktualisiert wird.

Zu 3.:
Derzeit gibt es mehrere Förderprogramme der EU, des Bundes und einiger Länder, die speziell die Binnenschifffahrt betreffen oder an denen die Binnenschifffahrt partizipieren kann.

Die Landesregierung würde es begrüßen, wenn zukünftig auch alternative Antriebe (dieselelektronische, LNG oder auch solar) gefördert werden. Darüber hinaus hält sie die Förderung von Schiffstypen für sinnvoll, die sowohl auf See- als auch auf Binnenwasserstraßen eingesetzt werden können oder für bestimmte Wasserstraßen konzipiert worden sind.

Ansprechpartner für den Inhalt dieser Presseinformation:

Christian Budde

Nds. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr

Pressesprecher
Friedrichswall 1
30159 Hannover
Tel: (0511) 120-5426
Fax: (0511) 120-995426
pressestelle@mw.niedersachsen.de

Herausgeber: Nds. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr

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