Quelle: ECHO DES SIEBENGEBIRGES 63 (18.4.1929) Dem neuen Fährschiff zum Gruß!Dem neuen Fährschiff zum Gruß! Königswinter, 17. April 1929.
Der neue Fährdampfer „Königswinter II“ ist heute nachmittag gegen 5 Uhr hier eingetroffen. Böllerschüsse verkündeten seine Ankunft. Das Fährschiff ist bereits am letztverflossenen Sonntag, den
14. April, morgens um 4½ Uhr von der Bauwerft in Bolnes in Holland abgefahren und war Dienstag=Abend in Köln. Heute morgen 11 Uhr trat das Schiff die Weiterreise nach Königswinter an.
Samstag soll es seiner Aufgabe feierlichst übergeben werden. Aus diesem Anlaß findet Samstag morgen ein feierliches Hochamt und die kirchliche Weihe statt; nachmittags ist Festfahrt bis Remagen und anschließend gemütliches Zusammensein der Fährbeerbten und geladener Gäste im Düsseldorfer Hof.
Der neue Fährdampfer ist ein schönes hochmodernes Fahrzeug, das wohl allen billigen Anforderungen, auch derjenigen des Wasserverkehrs, im weitesten Maße gerecht werden dürfte „Als die Fährbeerbten im Jahre 1902 an Stelle der Gierponte den heute scheidenden Fährdampfer „Königswinter“ in ihren Betrieb einstellten, konnte niemand ahnen, daß er bei seiner immerhin schon ansehnlichen Größe, heute bereits den Hochbetrieb des Verkehrs nicht mehr meistern konnte. Wir freuen uns, es auch hier wieder aussprechen zu können, daß die Fährbeerbten mit der Anschaffung des neuen Dampfers die Zeichen der Zeit erkannt haben und mit Wagemut und unter Aufbringung großer Opfer sich bemühen, mit der Verkehrsentwicklung gleichen Schritt zu halten. Wir beglückwünschen sie zu dieser Tat und begrüßen auch im Namen unserer engeren Heimat das neue Fährschiff.
Aus einem uns vorliegenden Werkchen eines Fährbeerbten: „Geschichte der Rheinfähre Königswinter“ entnehmen wir folgendes
Es ist nach den Plänen des Geschäftsführers W. Lemmerz auf der Werft der Firma Boeles, Schiffswerft und Maschinenfabrik in Bolnes in Holland aus Siemens=Martin=Stahl erbaut und hat über Steven gemessen eine
Länge von 40 m. Seine größte
Breite beträgt 12,20 m, seine
Höhe 2,30 m und sein
Tiefgang 1,30 m. Es ist mit
2 Kesseln von je 70 gm Heizfläche und 2 Zweizylinder-Verbundmaschinen von je 110 indizierten Pferdekräften ausgerüstet. Dazu besitzt es eine vollständige elektrische Lichtmaschine, Dampfsteuerung und Dampfpumpen. Es hat sehr geräumige Deckaufbauten mit zeitgemäßen Kajüten mit Dampfheizung. Ueber den Aufbauten erstreckt sich ein großes Promenadendeck.
Die Plattform zur Aufnahme von Fahrzeugen aller Art ist 20 m lang und 12 m breit.
Diesen Maßen des neuen Dampfers gegenüber ist der bisherige Dampfer über Steven gemessen nur 32 m lang und 9 m breit. Seine Plattform beträgt 16 mal 8,80 m. Seine 2 Kessel haben nur je 34 qm Heizfläche, während die beiden Maschinen je 50 indizierte Pferdekräfte stark sind. Ein Promenadendeck fehlte dem alten Dampfer.
Aus dem genannten Werke wollen für heute dessen Schluß hier mitteilen: „Von Dir, erstes Fährschiff, müssen wir nun gebührend Abschied nehmen. Bei deiner Bestellung lagen trübe Zukunftswolken über deiner Gesellschaft, wenn sie auch in ihrer neuen Gesellschaftsform fest verankert worden war. Aber woher die ungeheuren Mittel für dich, du gutes Schiff, deine Anlegerampen und deine Landebrücken aufbringen? Dir war der stolze Namen des Heimathafens „Königswinter" zugeeignet. Du solltest berufen werden, den Interessen dieses „einzigen“ Städtchens zu dienen. Deine Anlegerampe sollte eine schöne Zierde des städtischen Werftes werden. Was lag näher, als daß deine Fährgenossen sich an die Stadt wandten und um deren mächtigen Kreditschutz für dich baten? Nun ja, mein liebes Schiff, wir wollen dich heute nicht an die engen und unweitsichtigen Bedingungen erinnern, unter denen deine große Namensträgerin dich in ihre Einflußsphäre bringen wollte. Gute Schutzgeister entstanden uns damals sofort in den Reihen deiner eigenen Fährgenossen, als sie die unerfüllbaren Bedingungen der Stadt vernahmen. Sie haben damals mit schnellem hülfreichen Zugreifen dein Werden und Wirken alsbald ermöglicht. Du hast sie nicht getäuscht und dich ihres Vertrauens würdig gezeigt. Sagen wir diesen weitschauenden, wagemutigen Fährgenossen auch heute nochmals herzlichen Dank.
Feierlichst müssen wir dir aber heute Abbitte tun, daß uns einmal kurz nach dem schrecklichen Kriege der Gedanke kam, dich mitsamt der Gerechtsame und allem Drum und Dran an deine Patronin, die teure Heimatstadt, für schnöden Mammon zu verkaufen. Ja wir bekennen es dir laut, es war eine schwache Stunde. Dank dem Himmel, daß der Stadtrat den Verkaufsvertragentwurf, der von den weitsichtigen Herren Bürgermeister Clever und Beigeordneter Wilhelm Bachem bereits notariell getätigt war, nicht genehmigt hat. Es mutet uns ja heute wie ein Aprilscherz an, aber es ist gut so. Jetzt tritts du von der Verkehrsbühne ab, nachdem du bald ein Menschenalter hindurch ein „glückhaft Schiff" gewesen bist. Nicht als abgetakeltes Wrack verläßt du deine Dienstbahn. Nein, du kannst mit Stolz weiter deine Flagge im Maste wehen lassen; denn du bist und bleibst noch für lange Jahre fahrbereit. Bei uns mußtest du dem gesteigerten Verkehr weichen. Deinen Namen hast du stolz und frei getragen. Erzähle, wo du auch immer hinkommen solltest, von deinem schönen „einzigen“, Königswinter. Das neue Schiff wird deinen Namen ebenfalls tragen und du sollst in ihm fortleben. Wir aber wünschen dem neuen Dampfer den gleichen Segen des Himmels, der dich so sichtbar geleitet hat.
Du aber stolzes neues Schiff nimmst jetzt den alteingefahrenen Kurs auf. Wir begrüßen dich und bringen dir unsere besten Wünsche entgegen. Deine schöne Bauart, deine geräumigen Weiten, deine modernen Einrichtungen, machen dich zum schönsten und größten Fährschiff des Rheinstroms. Bleibe dir dessen bewußt. Wenn wir dich so getakelt sehen mit deiner Kommandobrücke, deinen Aufbauten werden wir stolz auf dich. Enttäusche uns nicht. Sorge, daß du die heißen Wünsche, die wir dir heute entgegengebracht haben, auch erfüllst. Tue Alles, um allen billigen Anforderungen deines schwierigen und anstrengenden Berufes zu genügen. Setze hoch in deinen Mast zu dem weißen Positionslicht das besondere grüne Licht des Fährschiffes. Laß es werden zum weithin leuchtenden Zeichen unserer Jahrhunderte alten Gerechtsame. Halte deine Flagge und deinen Namen rein von jedem Schmutz und jeder Schuld. Beachte die Gebote, die dir deine unvordenkliche Gerechtsame auferlegt, beachte nicht minder genau die polizeilichen Schranken und Schutzvorschriften, die nun einmal in deinem Betriebe Richtschnur deines Handelns sein müssen. Du darfst stolz auf deine Maschinenkraft sein, stoppe sie aber ab wenn es deine Ehre und das Interesse deiner Passagiere erfordert. Ziehe vornehm deine Bahn und rangiere dich stets dem wachsenden Verkehr vernünftig ein. Fahre wohl auf der alten dir nun so trefflich abgesteckten Bahn. Gedenke auch deiner edlen Aufgabe, das einigende Glied aller deiner Beteiligten zu sein. Bleibe weiterhin das sichtbare Zeichen unserer von unseren Urvätern und Vätern ererbten Gerechtsame, hilf uns sie täglich aufs neue zu erwerben, ihr nach Kräften auch fürderhin zu dienen, und so die Gesamtinteressen unserer schönen Heimat mitzuheben. Dazu helfe uns der getreue und gütige Gott. “
Diesem Wunsche schließen wir uns freudig an und behalten uns vor, aus dem interessanten Werkchen noch weitere Einzelheiten demnächst zu veröffentlichen.