zu # 78:
Hallo Ronald,
ich finde es hochspannend, die komplexe und mitunter auch undurchsichtige Geschichte von Rhenania, Neptun etc. etwas zu erhellen, auch wenn das nicht bis zur Vollkommenheit gelingen mag.
Nach einem vorläufigen Abschluss sollten hier Schiffslisten ("nach bestem Wissen und Gewissen") die Ergebnisse zusammentragen.
User rolfgertsch hatte sich in #14 ja schon erfreut über dieses Thema geäußert.
Nun zu der Frage der abgegebenen Schleppkähne an Frankreich:
Hier ist zu bemerken, dass es für die Schiffsabgaben gemäß Versailler Vertrag (VV) 3 Anspruchsgrundlagen gab:
1.) VV Teil VIII, Anlage III, §6: Wiedergutmachung
- Dies betraf die Rückgabe alliierter Schiffe, die Deutschland im Zuges des Krieges übernommen hatte
- Weiter betraf dies den Ersatz von Schiffsverlusten (nicht nur durch Kriegshandlungen, sondern auch durch beispielsweise Überalterung, Unfälle oder Sonstiges!)
Die Einzelheiten sollten durch einen von den USA zu ernennenden Schiedsrichter geregelt werden.
2.) VV Teil VIII, Anlage III, §7: Ansprüche der Alliierten aufgrund während des Krieges unter neutrale Flagge gestellter Schiffe
- Dies spielte keine große Rolle bei der Schiffsabgabe
3.) VV Teil XII, Artikel 357: Ansprüche der Alliierten aufgrund der Rückgabe Elsass-Lothringens
Hier beliefen sich die Forderungen nach Abgabe grundsätzlich auf:
- entweder Schlepper + Schiffe (aus den letzten Neubauten) sowie Einrichtungen (Lagerung/Umschlag)
oder
- Geschäftsanteile deutscher Rheinschiffahrtsgesellschaften
Ausführlicher habe ich das Thema hier behandelt.
Dank Madame Marie-Hélène David liegt mir eine Liste zu 3. (Artikel 357) vor.
Demnach waren abzugeben von Rhenania gemäß "Annexe A" vom 15. Februar 1921:
Rhenania 21
Rhenania 31
Rhenania 20
Rhenania 19
Rhenania 9
Aufgrund der "Unannehmbarkeit" anderer Kähne kamen mit Entscheidung des amerikanischen Schiedsrichters Walker D. Hines vom 6. Oktober 1921 folgende Kähne hinzu:
Rhenania 17
Rhenania 11
Mit Entscheidung des Schiedsrichters vom 22. August 1922 wurden aber die letztgenannten Kähne ersetzt durch Kähne anderer Reedereien (aufgrund Abstimmung zwischen der deutschen und der französischen Delegation, vermutlich wollte man einzelne Reedereien nicht zu stark mit der Abgabe treffen).
Insgesamt erklärt die Schiffsabgabe auch die Gründung einer großen Zahl deutscher Tochtergesellschaften in den Niederlanden in jener Zeit. Somit konnte man neue Schiffe für die Tochtergesellschaften bauen lassen und sie damit vor einer Abgabe nach Frankreich schützen.
Fazit:
Gemäß Artikel 357 VV wurden folgende Rhenania-Kähne an Frankreich abgegeben:
Rhenania 9, 19, 20, 21 und 31.
Die Abgaben nach §6 VV (siehe oben) liegen mir nicht vor, hier sind auf jeden Fall die von carimar / McRonalds angesprochenen Neubauten enthalten.
Grüße von der Donau
Muranfan