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Thema: Zwischen Westfalen und der Nordsee

  1. #1
    Moderator Avatar von Norbert
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    Standard Zwischen Westfalen und der Nordsee

    Auszug aus der Verbandszeitschrift des DMB "Leinen Los" Ausgabe 2 / 2008 (März / April)

    Neue Wege für die Ruhrkohle

    Der Dortmund-Ems-Kanal

    Autor Norbert Hüls

    Am 11. August 1899, nach sieben- jähriger Bauzeit, wurde der DEK von Kaiser Wilhelm II feierlich eröffnet. Dieser Kanal verbindet Westfalen mit der Nordsee. Die Geschichte der 270 Km langen Wasserstraße beginnt schon 1856. Zu dieser Zeit war Deutschland ein Flickenteppich aus vielen einzelnen Staaten, als sich im westfälischen Dortmund ein Kanalverein gründete. Dessen Ziel war es, einen Kanal quer durch Nordwestdeutschland zu bauen. Dieser war als Verbindung der von Süd nach Nord verlaufenden Flüsse Rhein, Ems, Weser und Elbe gedacht.

    Damit sollten neue Absatzmärkte für die Ruhrkohle in Norddeutschland und den ostelbischen Provinzen erschlossen werden, um die englischen Kohleimporte in diese Regionen zu unterbinden. Mit einer Denkschrift war es gelungen, die preußische Provinzialregierung in Münster für diese Pläne zu gewinnen. Diese befürwortete den Kanalplan bei der Staatsregierung in Berlin. Der preußische Minister für Öffentliche Arbeiten ordnete 1863 die Ausarbeitung des Rhein-Weser-Elbe Kanalprojektes an. Mit diesem Projekt wurde der preußische Baurat Michaelis beauftragt. Dieser schlug zwei Linien vor: Die südliche Route von Duisburg über Herne sollte mittels eines Tunnels quer durch den Teutoburger Wald geführt werden. Bei der zweiten Route über Münster und Osnabrück war angedacht, diesen Gebirgszug nördlich zu umgehen.

    Durch die Kriege von 1866 gegen Österreich und dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 gerieten die Pläne fasst in Vergessenheit. Aber die Kanalfreunde gaben nicht auf und verwiesen weiter auf die Benachteiligung des östlichen gegenüber des westlichen Ruhrgebietes. Dort blühte die Montanindustrie mit Kohle und Stahl auf. Allerdings konnte nur im Duisburger Raum Eisenerz zur Verhüttung per Rheinschiff angeliefert und im Gegenzug die geförderte Ruhrkohle über den Rhein verfrachtet werden.

    Dagegen war der Erz- und Kohletransport im Dortmunder Raum nur per Eisenbahn möglich. Um das Kanalprojekt voran zu treiben, brachte die preußische Regierung 1882 einen Gesetzentwurf für den Kanal in den Landtag ein. Bei der Abstimmung bekam er dort auch die nötige Mehrheit, wurde aber vom preußischen Oberhaus abgelehnt. Die Kanalgegner waren Interessenvertreter der Saarländischen- und Oberschleisischen Kohlereviere, die darin eine Benachteiligung sahen. Die Ostelbischen Großagrarier sahen in dem Projekt ein Einfallstor für billige Agrarimporte aus dem Westen. Sie forderten Zugeständnisse für das Gebiet östlich der Elbe, unter anderem den Bau des Oder-Spree-Kanals. Nun schaltete sich der Reichskanzler und preußische Ministerpräsident Fürst von Bismarck in die Debatte ein. Er war ein Befürworter des neuen Rhein-Weser-Elbe Kanals und erkannte dessen Vorteile. Mit seiner Unterstützung erreichte der Gesetzentwurf am 9. Juli 1886 in beiden Häusern die notwendige Mehrheit.

    In § 1 des Gesetzes heißt es u.a. dazu „Die Staatsregierung wird ermächtigt, zur Ausführung eines Schifffahrtskanals, welcher bestimmt ist, den Rhein mit der Ems, Weser und Elbe zu verbinden“. Darin war vorgesehen, zunächst die Kanalstrecke von Dortmund bzw. Herne über Henrichenburg, Münster, Bevergern und Papenburg nach der unteren Ems zu bauen. Der Bau des Rhein-Herne, Datteln-Hamm, Mittelland und Wesel-Datteln-Kanals erfolgte zwischen 1906 und 1938.

    Im ersten Schritt für den Kanalbau mussten zunächst die notwendigen Grundstücke erworben werden. Die Wasserstraße war mit einer Wasserspiegelbreite von 30m und einer Sohlentiefe von 2,5m geplant. Es wurden 145 Straßen-, 6 Eisenbahn- und drei Trogbrücken über die Flüsse Stever, Lippe und Ems errichtet. Um die im Bereich der Flussüberquerung hoch liegenden Kanalstrecken gegen Leerlaufen zu schützen, erhielten diese Sicherheitstore zum Absperren.

    Zur Überwindung der insgesamt 70 Höhenmeter wurden 16 Schleusenstufen benötigt. Das größte Problem hatten die Kanalbauer um den Oberbaurat Leo Sympher mit einem Geländesprung von 14 Metern in Henrichenburg bei Waltrop. Die Idee einer Schleusentreppe mit drei bis vier Schleusen wurde wegen fehlender Wasserzuläufe oberhalb Henrichenburg verworfen. Auch die aus Belgien, Frankreich und England bekannten Druckwasserhebewerke zum Überwinden größerer Höhenunterschiede schieden ebenfalls aus, da sie mit 350 Tonnen nicht leistungsfähig genug waren.

    Nach einer Ausschreibung fiel die Wahl auf den Entwurf von Fr. Jebsen aus Ratzeburg. Dieser hatte sich ein Fünfschwimmerhebewerk mit Spindelsteuerung patentieren lassen. Mittels dieses Schiffshebewerks war es möglich, wie gefordert Schiffe mit einer Ladung von 750 Tonnen in einem mit Wasser gefüllten Trog (68 x 8,60 x 2,5m, Troggewicht 3.100t) zu heben oder zu senken. Die Schleusen unterhalb Henrichenburg von Münster bis Gleesen hatten die Nutzmaße 67 x 8,60 Meter. Zur Wasserersparnis waren sie mit Sparbecken ausgerüstet. Sein Betriebswasser erhielt das Kanalstück von Herne über Henrichenburg bis Gleesen aus der Stever, die der DEK bei Olfen überquert. Mittels eines dampfbetriebenen Pumpwerkes gelangte das Wasser aus dem Fluss in die 17,5 Meter höher liegende Kanalhaltung.

    Unterhalb Gleesen vereinigten sich Kanal und Ems. Durch Wehre neben der jeweiligen Schleuse wurde der Fluss gestaut, sodass er nun über ausreichend Betriebswasser verfügte. Somit konnten die Schleusen bis Herbrum als Schleppzugschleusen (165 x 10m) errichtet werden. Unterhalb der Schleuse Herbrum verlief die Wasserstraße über die Tideems und dem Oldersumerkanal bis zum Emdener Innenhafen. An der neugebauten Wasserstraße gründeten sich neue Reedereien, die ihre Kanalflotten auf dem noch isolierten DEK erst aufbauen mussten. Als Schiffstyp entwickelte sich der Dortmund-Ems-Kanal Kahn. Mit einer Länge von 67m, einer Breite von 8,20m und einem Tiefgang von 2 Metern erreichte er die geforderte Ladefähigkeit von 750 t. Auch die Infrastruktur wie Häfen mit Eisenbahn- oder Straßenanschluss entwickelte sich langsam. Projektiert war die neue Wasserstraße mit einer Jahrestonnage von 4,5 Mio. t. Schon 1913, wenige Monate vor der Eröffnung des Rhein-Herne-Kanals, erreichte sie eine Jahrestonnage von 3,5 Mio. t.

    Mit dem preußischen Wasserstraßengesetz von 1905 (u. a. Bau des Rhein-Herne-Kanals) wurden weitere finanzielle Mittel zum Kanalausbau bereitgestellt. So entstand in Henrichenburg eine Schachtschleuse (95 x 10m). Mit ihren 10 Sparbecken erzielte sie eine Wasserersparnis von 70%. Gleichzeitig erhielten die Schleusen von Münster bis Gleesen zusätzlich 165m lange Schleppzugschleusen, da an den alten Schleusen die Schleppzüge zerlegt und jedes Schiff einzeln geschleust werden mussten. Möglich wurde der Neubau dieser Schleusen auch durch den neu gebauten Datteln-Hamm-Kanal. Er besitzt in Hamm ein Überleitbauwerk, mittels diesem konnte ab 1914 das Betriebswasser in freiem Gefälle aus der Lippe in das Kanalnetz eingespeist werden.

    Ab 1922 begann der weitere Ausbau für das 1.000 Tonnen Schiff (80 x 9 x 2m). Während dieser Ausbaumaßnahme erhielt die Schleuse Münster 1929 ihre dritte Kammer (225 x 12m). Ferner entstanden bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges an einigen Kanalabschnitten neue Fahrten, da der Kurvenradius dort für diese Schiffsgröße nicht mehr ausreichte. Nach dem 2. Weltkrieg wurden die Pläne weiter ausgeführt, da immer mehr Motorschiffe die Kanäle befuhren und die langsamen Schleppzüge verdrängten.

    Die Freigabe für das 1.000 Schiff erfolgte 1959. Wegen des gestiegenen Transportbedarfs durften ab 1963 Europaschiffe (80 x 9,50 x 2,50m) mit 1350t den Kanal befahren. Dies war möglich, weil einige Monate zuvor das neue Schiffshebewerk in Henrichenburg (Trogmaße 90 x 12 x 3m, Troggewicht 5.000t) den Betrieb aufgenommen hatte. Es besitzt nur zwei Schwimmer, arbeitet aber nach dem gleichen Prinzip wie sein Vorgänger aus dem Jahr 1899. Der nächste Ausbauschritt endete am 11.08.1989. Ein 21 km langes Kanalstück von der Einmündung des Wesel-Datteln-Kanals bei Datteln bis zum Dortmunder Hafen konnte diesem Tag für die neuen Großmotorschiffe (110 x 11,4 x 2,8m, 2200t) bzw. Schubverbände (185 x 11,4 x 2,8m, 3600t) freigegeben werden. Dafür war in Henrichenburg eine neue 190m lange und 12m breite Schleuse errichtet worden. Auch sie ist mit Sparbecken ausgerüstet. 50% der 33.000m³ Wasser werden aufgefangen und bei der nächsten Bergschleusung wieder verwendet.

    Zurzeit laufen die Ausbauphasen auf der Südstrecke zwischen Bergeshövede und Datteln. Hier wird das Kanalbett ebenfalls auf 55 Meter Breite und 4 Meter Tiefe für Großmotorschiffe und Schubverbände ausgebaut. Gleichzeitig werden an der Schleuse Münster die Kammern I von 1899 und II von 1914 durch neue Schleusen ersetzt. In einigen Jahren ist es dann möglich, von Berlin aus mit einem 3.600t Schubverband bis in das Ruhrgebiet oder noch weiter zu fahren. Der Dortmund-Ems-Kanal gilt heute als wichtiges Bindeglied des Nord-westdeutschen Kanalnetzes.

    Diese besondere Stellung wurde am 11.10.2005 deutlich, als bei einem Dammbruch bei Olfen ein 20 Kilometer langes Kanalstück leer lief und der Kanal für 9 Wochen zwischen Münster und Datteln gesperrt war. Die eingerichtete Umleitung für die Schifffahrt über Herbrum und Emden konnte nur wenige Tage bis zum 15.10.2005 genutzt werden. An diesem Tag sank auf der Ems oberhalb Papenburg das Motorschiffes „Ilona M“ und blockierte die Fahrrinne, danach kam der in Ost-West Richtung verlaufende Verkehr ganz zum Erliegen.

    Normalerweise verkehren jährlich 23.000 Schiffe mit einer Transportmenge von 13 Mio. t auf der Südstrecke von Datteln bis Bergeshövede mit Ziel Mittellandkanal. Dagegen liegt der Verkehr auf der nicht ausgebauten Nordstrecke Bergeshövede – Emden bei jährlich 7.100 Schiffen und 3,5 Mio. t. Hier ist die Fahrzeuggröße auf 95 x 9,60m begrenzt und ein Ausbau wie an der Südstrecke ist zurzeit nicht angedacht.

    Fotos: WSD West (3), Norbert Hüls (3)
    Museum altes Schiffshebewerk,
    Karte DEK,
    Kanalabstieg Henrichenburg,
    Tankmotorschiff in der Bergfahrt beim Verlassen der Schleuse Münster III
    Schleppzug auf dem Dortmund-Ems-Kanal,
    Einbau des westlichen Untertorflügels Schleuse Münster I

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    Zu fällen einen schönen Baum, braucht 's eine halbe Stunde kaum.
    Zu wachsen, bis man ihn bewundert, braucht er, bedenk' es, ein Jahrhundert.

    Eugen Roth

  2. #2
    Moderator Avatar von Norbert
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    Weitere Informationen über den Dortmund-Ems-Kanal gibt es bei den Wasser und Schifffahrtsämtern Duisburg-Meiderich,
    Rheine und Meppen

    Gruß Norbert

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    Eugen Roth

  3. #3
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    Vom WSA Meppen gibt es einen Flyer 100 Jahre DEK
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    Eugen Roth

  4. #4

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    Standard Ilona M

    Als Anhang zum obigen Beitrag noch Bilder der Havarie der Ilona M im Oktober 2005 bei Rhede...
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  5. #5

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    Neubau der Schleuse Münster


  6. #6
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    Einfach Genial

    Gruß Norbert
    Zu fällen einen schönen Baum, braucht 's eine halbe Stunde kaum.
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    Eugen Roth

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