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Thema: Schaufelrad-Antrieb: GLEITSCHAUFELN

Baum-Darstellung

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    Standard Schaufelrad-Antrieb: GLEITSCHAUFELN

    Schon mal etwas von „Gleitschaufeln“ gehört? Ich habe das erste Mal von Walter Laué davon erfahren, von dem auch die Informationen hierüber stammen. Hat man erst einmal seinen Blick dafür geschärft, entdeckt man die Gleitschaufeln häufig auf Fotos von Radschleppbooten, denn zu diesen gehörten sie.

    Die charakteristischen und spektakulären Walzen, die die Radboote noch nach vielen Metern hinter ihren Schaufelrädern herzogen, waren schön anzuschauen, aber sie brachten auch Probleme mit sich. Sie waren beispielsweise der Grund, warum die Lotsen auf der Gebirgsstrecke trotz des damit verbundenen Risikos vor den alles zermalmenden Schaufelrädern an den Radbooten anlegen mußten (es gibt hiervon herrliche Filmaufnahmen in dem 1936 gedrehten Film „Kohleschleppzug auf dem Mittelrhein“ - https://www.youtube.com/watch?v=v9_RW0ee1mY - zu sehen ist dieses Anlegen dort von 7:50 bis 8:05 Minuten). In früheren Zeiten mußten sich Holzschiffe wegen der Gefahr des Durchbrechens sehr vor den Walzen der Radboote in acht nehmen und auch für Eisenschiffe waren sie zumindest sehr unangenehm.

    Die Gleitschaufeln, die diese Walzenbildung der Radboote verhindern oder zumindest stark reduzieren sollten, hatten aber einen anderen Grund. Es ist klar, daß die Walzenbildung Energie fraß, die nicht dem Vortrieb zugute kam. Es ist gut möglich, daß es Erkenntnisse und Einflüsse aus der Luftfahrt waren, die an dieser Stelle in die Binnenschiffahrt übertragen wurden. Bei der Reederei Schürmann zum Beispiel folgte dem Reedereiingenieur, der 1950 in Rente ging, ein Ingenieur aus dem Flugzeugbau. Es ging um Strömungskenntnisse und in der Tat hatten die Gleitschaufeln in etwa das Profil einer Flugzeug-Tragfläche.

    Die Gleitschaufeln waren offenbar erst eine Innovation der Nachkriegszeit und auf den Rhein begrenzt. Während auf älteren Aufnahmen die Walzen der Radboote sofort ins Auge fallen, irritieren auf Nachkriegsaufnahmen vergleichsweise harmlose und unspektakuläre Turbulenzen. Auch das fällt auf, aber man zieht daraus die falschen Schlußfolgerungen und denkt an irgendwelche Zufälle, aus denen im Moment der Aufnahme eben keine Walzen zustandekamen. Aber das waren keine Zufälle, sondern hier waren Gleitschaufeln eingebaut worden, die den Radbooten zu mehr Zugkraft und zur Energieeinsparung verhalfen. Nur etwas länger als ein Jahrzehnt kamen die Gleitschaufeln noch zum Einsatz, dann verschwand 1966 mit OSKAR HUBER, die ebenfalls mit Gleitschaufeln ausgerüstet worden war, das letzte Radboot vom Rhein.

    Die Gleitschaufel war unmittelbar hinter dem Schaufelrad fest montiert, wie aus der Skizze von Walter Laué ersichtlich ist (Bild 1). Die Gleitschaufel befand sich ungefähr in Höhe der Wasseroberfläche. Walter Laué muß es wissen, denn er hat beim Sonntaghalten draufgesessen und sie zum Schwimmengehen benutzt. Bei leereren Kohlenbunkern führte die Gleitschaufel allerdings zu Vibrationen, genauer zu „einem deutlich zunehmenden Schlag im Rhythmus des ziehenden Hochdruckzylinders“ (Walter Laué), weil das von den Radschaufeln hochgeworfene Wasser dann - anders als bei vollen Bunkern - gegen die nun höher über dem Wasser liegende Gleitschaufel hämmerte. Bei 100 Tonnen Kohlen, die auf einer Rundreise Duisburg-Mannheim-Duisburg verfeuert wurden, machte der Unterschied der Eintauchung und damit der Gleitschaufel über dem Wasser etwa 20 bis 30 cm aus.

    Nun zum Bildteil, der das Gesagte dokumentiert. Das Weser-Radboot RUDOLF TEWES benötigte sogar spezielle Schutzbleche in Höhe des hinteren Kamins (Bild 2 eines Buddelschipp-Modells)! Jedem Ingenieur sollte klar gewesen sein, daß hier eine erhebliche Energie für den Vortrieb verlorenging.

    Mindestens ebenso eindrucksvoll sind die direkten Vergleiche von Fotos einzelner Radboote vor und nach der Montage der „nachgeschalteten“ Gleitschaufeln. Foto 3 zeigt ein älteres Bild des Braunkohle-Boots Nr. XV FRIEDRICH HASCHKE mit der üblichen Walzenbildung über den Rumpf hinweg hinauf bis zum weißen Schanzkleid. Auf Foto 4, nach der Montage von Gleitschaufeln, ist davon fast nichts mehr übriggeblieben. Dasselbe beim Braunkohle-Boot IV GUSTAV WEGGE, das auf Bild 5 vor und auf Bild 6 nach der Montage der Gleitschaufeln zu sehen ist. Man erkennt deutlich am äußeren Rand des Radkastens die rote Halterung mit Strebe für die Gleitschaufel. Auch bei der FRANZ HANIEL ist diese rote Halterung unter dem Radkasten einwandfrei auszumachen und die geringen Turbulenzen im Wasser zeigen mehr als deutlich die positive Wirkung der Gleitschaufel (Bild 7). Spektakulär auch der Vergleich der beiden entsprechenden Fotos des Schürmann-Boots 2 OSKAR WALDTHAUSEN vor (Bild 8) und nach (Bild 9) der Verwendung von Gleitschaufeln. Auf Bild 10 ist dasselbe Boot um 1965 auf der Überführungsfahrt zum Abwracker zu sehen. Wegen des fehlenden Wellenschlags ist die äußere Halterung der Gleitschaufel perfekt zu sehen, nicht aber die Gleitschaufel selbst. Offenbar lag sie hier etwas unter der Wasserlinie.

    Ein Leckerbissen ist das Foto Nr. 11: hier ist die Gleitschaufel am Museumsschiff OSKAR HUBER demontiert. Umso besser sieht man die äußere Halterung für die Gleitschaufel (das rote Blech mit den acht Löchern für die Schraubbolzen). Ob auch die schwarze Halterung in der Mitte des Schaufelrads zur Gleitschaufel gehörte, weiß ich nicht. Das Bild erinnert übrigens daran, daß die großen Radboote geteilte Radschaufeln besaßen. Das letzte Bild 12 zeigt die OSKAR HUBER in Fahrt – oben an Deck liegt hinter dem Radkasten eine Ersatzradschaufel und unter dem äußeren Rand des Radkastens geht die Halterung der Gleitschaufel nach unten, die keine Walzen entstehen läßt.

    Gernot
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