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Moin!
Die Veranstaltung im „Goldenen Löwen“ zu St. Goar (12.2.2010) begann mit einer Gedenkminute an die beiden Vermissten der Havarie, wozu sich die Versammlung erhob.
Angesprochen wurden insbesondere folgende Punkte:
Durchschnittlich 200 Schiffe befahren täglich den Mittelrhein. Der Anteil der gefährlichen Ladung an der jährlichen Gesamt-Transportmenge von 150 Millionen, die auf dem Rhein transportiert werden, beträgt ca. 20 Prozent. Ca. 40 Prozent der einzelnen Schiffsreisen befördern gefährliche Ladung.
Der Rhein ist die Haupt-Binnenwasserstraße in Europa. Zum Vergleich: Auf dem deutschen Abschnitt der Donau werden nur 6 Millionen Tonnen befördert, der Rhein muss 150 Millionen Tonnen verkraften.
Die Überkapazitäten an Schiffsraum mindern die Erträge der Binnenschiffer. Bei den Binnentankern hat die Verpflichtung zum Bau von Doppelhüllenschiffen bis 2018 für eine Zunahme des Schiffsraums geführt, da es keine Abwrackprämien für die alten Einhüllen-Schiffe gibt. Entsprechend verschärft sich die Konkurrenzlage.
Die Bundeswasserstraßenverwaltung beschäftigt ca. 13.000 Personen. Das sind mehr Leute, als auf den deutschen Binnenschiffen fahren. Die dreistufig aufgebaute Verwaltung wird von sieben Direktionen gelenkt. Die Bundesregierung will die Wasserstraßenverwaltung umstrukturieren.
In der Abwägung zwischen dem Risiko der Gefährdung der Einsatzkräfte, die unmittelbar am oder in der Nähe des Havaristen arbeiten müssen und den möglichen Umweltschaden im Rhein hat man sich für das Verklappen entschieden. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der hohen Härtegrad des Mittelrheins einen guten Säurepuffer darstellt. Nichtsdestotrotz werden die Kleinlebewesen am Rheingrund, die wichtig für die Nahrungskette sind, negativ beeinträchtigt. Auch sind die Schleimhäute der Fische säureempfindlich. Die Folgen werden erst später feststellbar sein. Dies ist zu beachten vor dem Hintergrund, dass sich die Fischvielfalt im Mittelrhein gut erholt hatte.
Thematisiert wurde die Frage, warum der Rhein in der Unglücksnacht insbesondere für Schiffe mit gefährlicher Ladung nicht gesperrt war. Die Antwort ist kurios: Weil der Wasserstand noch 2 Zentimeter unter der Hochwasser-Warnstufe 2 lag. Erst ab Stufe 2 wird der Rhein gesperrt. Hier wurde insbesondere von den anwesenden Rheinschiffern gefordert, dass Schiffe mit gefährlicher Ladung bei schlechtem Wetter oder/und Hochwasser diesen gefährlichen Abschnitt wieder mit Lotsen befahren müssen oder dass sie angehalten werden.
Es werde keine Unterscheidung gemacht, zwischen Schiffe mit gefährlicher Ladung und Schiffe ohne gefährlicher Ladung. Fahren dürfen sie zwischen Bingen und St. Goarshausen tag und nachts.
Aus dem Publikum wurde die Vermutung ausgesprochen, dass die „WALDHOF“ in den Wallgängen Ballastwasser fuhr, dass die Backbord- und Steuerbord-Wallgänge untereinander Verbindung hatten und dass dies die wegen der Dichte der Schwefelsäure nicht voll befüllten Tanks ins Schwappen gebracht und dadurch das Schiff zum Kentern gebracht haben könnte. Man müsse die Bauvorschriften hinsichtlich der (Leck-)Stabilität in der ADNR nachbessern.
Angesprochen wurde auch die verschärfte Konkurrenz-Situation der Binnenschiffer, die einen Tanker fahren. Die Überkapazitäten (alte Einhüller, neue Doppelhüller) zwingen viele von ihnen zum Dauereinsatz, es werden keine Pausen gemacht, es sind zuwenig Leute mit Patent an Bord, also Übermüdung, mangelnde Konzentration, Erschöpfung.
Bekanntlich fuhr die „WALDHOF“ für die BASF. Als zusätzliche Sicherheitsvorkehrung vergibt die BASF seit dem 1. Januar 1999 Transportaufträge ausschließlich an Eigner, deren Binnentankschiffe den Standards des Europäischen Binnenschiff-Inspektionssystems (EBIS) entsprechen. Mit diesem System haben die europäischen Chemie- und Mineralölfirmen gemeinsam mit den Reedereien ihre bisher unterschiedlichen Binnenschiffs-Überprüfungen vereinheitlicht. Aber entsprechend der Vorgaben von EBIS hätte der Unfall nicht passieren dürfen.
Erwähnt wurde auch, dass insbesondere die Freiwilligen Feuerwehren am Mittelrhein den Anforderungen für einen Chemieunfall auf dem Fluss nicht gewachsen sind, weil sie nicht über die notwendige Ausrüstung aber auch über das Wissen verfügen würden, das notwendig sei, um Chemikalien-Unfälle beherrschen zu können.
Aus dem Publikum wurde gefordert, eine der BSU (Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung) vergleichbare unabhängige Untersuchungsstelle für Binnenschiffsunfälle zu schaffen, damit Konsquenzen aus solchen Schadensereignissen gezogen werden können und nicht allein die Staatsanwälte die mutmaßlich schuldigen Personen verfolgen.
Martin van Dyk von der Koninklijke Schuttervaer Internationaal betonte die gute Zusammenarbeit mit den Einsatzkräften und erwähnte, dass sein Verband seine Mitglieder aufgefordert hat, die Sicherheitsbestimmungen und Regularien auf dem Rhein zu beachten. Er wies aber auch darauf hin, dass die Kapazitätserweiterungen der Häfen Antwerpen, Amsterdam, Rotterdam, Bremerhaven und Hamburg (Stichwort: Elbvertiefung) erhöhte Transportmengen für den Rhein nach sich ziehen werden, die die Binnenschifffahrt dann auch bewältigen müsse.
Das waren aus meiner Sicht die wesentlichen Themen, die während der Veranstaltung angesprochen wurden. Da die Rhein-Zeitung anwesend war, wird man dort einen weiteren Bericht finden können, den ich später hier verlinken werde.
Nach dem gestrigen Ruhetag soll es nun heute los gehen mit der Bergung der "WALDHOF". Alle drei Kräne sind schon am Havaristen.
Details dazu hat die Einsatzleitung hier veröffentlicht:
http://www.wsa-bingen.wsv.de/Aktuelles/index.html
Wie genau die Bergung ablaufen soll, ist u. a. in dieser Veröffentlichung dargestellt:
http://www.wsa-bingen.wsv.de/pdf/Pre...1%2c_1500h.pdf
Der SWR intensiviert heute sein Berichterstattung. Link: http://www.swr.de/nachrichten/rp/-/i...g3n/index.html
Um 20.15 wird ein Extra-Fernsehbericht von der Bergung gesendet: http://www.swr.de/suedwest-extra/-/i...jm1/index.html
Die beiden Webcams sind hier erreichbar:
http://www.rhein-zeitung.de/regionales/webcam.html
http://www.swr.de/tv/webcam-schiffsu...whr/index.html
Hoffen wir, dass die beiden toten Binnenschiffer nun endlich gefunden werden und das die Bergung der "WALDHOF" gelingen möge.
mfg Peter Hartung
Geändert von Peter Hartung (13.02.2011 um 08:52 Uhr)
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