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Thema: Schiff sinkt auf der Donau in Budapest: Sieben Tote, viele weitere Vermisste

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  1. #11

    Standard Ein Urteil der Schande

    Dieses Urteil, wie überhaupt die ganzen Verhandlungen und juristischen Winkelzüge rund um den Untergang dieses Seelenverkäufers eine Schande und ein himmelschreiendes Fehlurteil lebensfremder Dilettanten und Wichtigmacher.

    Ich kenne dieses ehemalige sowjetische Schiff "Bassarabia" (manchmal auch "Bessarabia", Teil eines Landstriches Rep. Moldova und Ukraine) sehr gut und habe es selbst einmal gefahren in der Mitte der 90er Jahre, als es noch unter ukrainischer Flagge lief und ich sie über Monate und Jahre auf meinen Steganlagen in Linz anlegen ließ aus Mitleid für diese darauf lebenden 15 Menschen und auch aus Mitleid für diesen Schrotthaufen.

    Es war als Passagierschiff in Izmail gemeldet - damit konnte die Mannschaft die Visapflicht umgehen und in Österreich sich aufhalten - ihr Geschäftsmodell war eigentlich sehr klug:

    Das Sammeln von Gütern, welche wir Westeuropäer sowieso wegwerfen und froh sind, sie loszuwerden.

    - Autoreifen
    - Fernseher
    - Waschmaschinen
    - Kleidung
    - Autos..........welche sie damals um 300 - 500 öS (22 - 35 €) aufkauften.

    Die Autos wurden auf eigener Achse runtergefahren. Ich war damals einmal mit dabei - ja, es war aufregend. Sie gaben mir einen alten Audi 100, der allerdings keinen Rückwärtsgang hatte und ich irgendwo im Niemandsland zwischen Rep. Moldau udn Ukraine draufkam, daß ich so eine Art Autoschieber bin...:-)

    Alles andere wurde mit den Schiffen der UDP, welche russische Eisenpellets zur VÖEST brachten und auf dem Rückweg die gesammelten Sachen mitnahmen.
    Über den Winter war die "Bessarabia" bei meiner damaligen "Schwimmenden Werkstätte" im Linzer Hafen verheftet - wo die "Bessarabia" dann eines Nachts im Winter unterging............in der Eisdecke klaffte ein 30 Meter langes Loch:
    Frostschaden.

    Die Ukrainer waren alle in Ismail, als dies geschah - und ich sage: sie sind auch bei dieser Geschichte einigermaßen unschuldig gewesen.
    Kurz ein Hinweis zur "Schwimmenden Werkstätte" im Linzer Hafen: die hat ihren Todeskampf im Jahre 2010 gehabt..........13 Jahre, nachdem ich sie verkauft habe. Seitdem liegt sie dort mit einer Seite auf 9 m Wassertiefe - ich sag mal so: durch Eigenverschulden des Linzer Hafens.

    Zurück zur BEssarabia:

    Diese Schrottkiste aus den (ich glaube) 1940er Jahren wurde von Brandner Wallsee gehoben, nach Budapest verkauft und ist dort als "Hableany" wieder in Dienst gestellt worden für Rundfahrten in Budapest.

    Kurz zu meiner Person:
    Ich bin Schiffbauer, gelernt in der ÖSWAG Linz, damals, vor der Fusionierung mit Korneuburg, SLAG
    Ich war bei fast allen -steinschiffen der DDSG von Anfang an, vom Schnürboden weg, über die Kiellegung mit dabei.
    Ich war von Anfang an dabei bei den Schubschiffen MELK und YBBS, sowie bei Teilen der UDP-Schiffe "Moldova", "Ucraina", "Volga", "Dnepr" - bei Teilen, welche in Linz gefertigt wurden.
    Ich bin Schiffsführer seit fast 40 Jahren für gewerbliche Schifffahrt von km 2410 - km 0 am Schwarzen Meer
    Mein Fahrgebiet war hauptsächlich Linz und Oberes Donautal bis rauf nach Jochenstein, aber auch - mit anderen Schiffen - auf Teilstücken bis runter nach Sulina

    Ab 1986 hatte ich meine eigenen 2 kleinen gewerblichen Passagierschiffen: "Fliestein" und "Fitzcaraldo"

    Heute darf man ruhig darüber lachen, wenn man diese schwimmenden Kisten "Fahrgastschiff" nennt. Aber ich war damit der erste Schifffahrtsunternehmer auf der Donau - von der bayrischen Grenze bis runter nach Sulina, mit einer Liniendienst- und einer Gelegenheitsverkehrskonzession.
    Die gottähnliche DDSG wollte das verhindern und forderte 50% Gewinnbeteiligung - "sonst stehst"
    Und sie haben mich dann auch zweieinhalb Jahre blockiert - komplett blockiert. Das Ende der DDSG ist ja hinlänglich bekannt. Schade um diese Reederei - nicht schade um den damaligen präpotenten Wasserkopf in Wien

    Auch war ich Teilhaber der Fähre Schlögen-Au.

    Als das Unglück in Budapest passiert ist, habe ich mir ganz genau die Bilder und Videos rund um diese Unglück angesehen. Der Schiffsführer der "Hableany", nicht einmal, wenn der gewollt hätte, hatte freie Sicht nach hinten. Eine komplett falsch montierte Plane zum Regenschutz für die Passagiere hat jede Sicht nach hinten blockiert.
    Das Hecklicht irgendwo ganz unten verdeckt von der Heckwelle, der Flagge, oder dem Propellerwasser sicher aber nicht sichtbar aus der Perspektive von einem größeren Schiff aus.

    Für mich war von Anfang an klar, daß der Fehler bei der Hableany war:

    - Das Schiff mit katastrophalen Baufehlern seit dessen Umbau zu einem "ungarischem Fahrgastschiff"
    - Die Kursänderung vor dem Brückenpfeiler - gemacht sicherlich ohne Rückversicherung durch einen Blick nach hinten. Denn hätte der Schiffsführer gesehen, was da von hinten auf ihn zuschiebt, dann wäre er (hoffentlich) dem Riesen nicht vor die Nase gefahren

    Ich hätte es nie gewagt mit der Fliestein, oder der Fitzcaraldo, meine Fahrgäste, das Schiff und eben auch meine Mannschaft und mich selbst in eine sooo große Gefahr zu begeben, ohne Blick nach hinten den Kurs zu ändern - und schon gar nicht in der Nacht mit all den Reflexionen der Lichter vom Ufer, von der Brücke, vom Straßenverkehr - so wie es die Hableany tat auf Grund des Brückenpfeilers.

    Daher ist für mich dieses Urteil ein absolutes Fehlurteil, gemacht von Leuten, die andere Interessen vertreten - sicher aber nicht die Wahrheitsfindung und Ursachenforschung.
    Der ukrainische Kapitän ist bei diesem Spiel das Bauernopfer.

    https://upload.wikimedia.org/wikiped...southbound.jpg
    Geändert von Bernhard (30.09.2023 um 15:06 Uhr) Grund: Hableany Bild hinzufügen von wikipedia

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