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Säureverklappung
Guten Tag zusammen!
Da sich Spezialisten für Schiffsbergungen vor Ort befinden, dürfte kaum etwas so überflüssig sein wie lebhafte Diskussionen und fantasievolle Ratschläge von Laien.
Aus diesem Grunde beteilige ich mich nicht daran und fände es einfach nur schön, wenn es mir die übrigen Laien, die von der komplizierten Bergung eines gekenterten Schiffes ebenso wenig Ahnung haben wie auch ich es mir gleichtäten.
Es ist auch nicht die Bergung, die ich hier zu Wort bringen möchte, sondern eine mit ihr in unmittelbarem Zusammenhang stehende strafrechtlich relevante Sache, zu der ein paar unmissverständliche Aussagen gemacht werden sollten:
Es ist ein Trugschluss, dass mit dem Zurückpfeifen des worteifrigen Innenstaatssekretärs Lewentz die Sache mit der Verklappung bzw. dem „kontrollierten Ablassen“ der Säurefracht vom Tisch sei! Das Gegenteil ist der Fall. Lediglich mit dem Unterschied, dass ab sofort nichts mehr hierzu den Krisenstab und die Einsatzleitung nach außen hin verlassen darf; Presseanfragen sind jetzt bis auf Weiteres verneinend und entsprechend kurz und knapp zu kommentieren.
Zu diesem Thema wären die Verantwortlichen jedoch gut beraten, wenn sie Folgendes in Erwägung zögen:
Die vorsätzliche Verklappung der Waldhof-Fracht durch bewusst und gezielt herbeigeführte Einleitung der Schwefelsäure in das Gewässer, ohne dass zuvor nicht alles technisch Mögliche zum Abpumpen der Säure versucht worden wäre, zeugt nicht nur von vollkommener Inkompetenz und Unfähigkeit der Zuständigen und Ausführenden, sondern sie wird definitiv auch strafrechtlich zur Anzeige gebracht werden.
Die fragwürdige Tatsache, dass (angeblich) eine „Genehmigung dafür" vorläge, würde die Erstattung einer Strafanzeige keinesfalls verhindern, sondern sie - im Gegenteil – auf den oder die Erteilende(n) einer solchen Genehmigung ausweiten.
Es ist festzustellen, dass die Darstellung, das Abpumpen der Säure sei nur dann machbar, wenn man an die backbordseitigen Tankstutzen herankäme, unrealistisch ist.
Stattdessen ist es technisch ohne Weiteres realisierbar, von der Steuerbordseite aus (bei der derzeitigen Lage des TMS also quasi „von oben“) entsprechende Öffnungen in den Schiffskörper (den steuerbordseitigen oberen Rumpf) und dann vom darunterliegenden Wallgang aus in die Tanks einzubringen, durch die die Fracht abgesaugt werden kann.
Wenngleich hierzu auch umfangreiche Vorbereitungen und entsprechend ausgedehnte Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen sind (Verwendung trockenlaufgeeigneter und nicht-funkenreißender Bohr- und Schneidwerkzeuge, Absaugung mutmaßlich vorhandener Wasserstoff-Luft-Atmosphäre, Einleitung großer Mengen Stickstoff in die Tanks etc.), besteht diese Möglichkeit aktuell und kann technisch nicht als undurchführbar angesprochen werden.
Eine etwaige Gegenargumentation mit dem Hinweis darauf, dass der Schiffskörper durch das Schwinden der Fracht Auftrieb erhielte, was wiederum den Bergungs- und Sicherungsmaßnahmen zuwider liefe, wäre wie folgt zu widerlegen:
Jeglichem Auftrieb des TMS Waldhof wäre dadurch entgegenzuwirken, indem den Tanks zeitgleich mit der schwindenden Ladung entsprechender Ballast zugeführt wird. Da es sich bei diesem Ballast selbstverständlich um ein Medium handeln muss, dass mit Dihydrogensulfat (Schwefelsäure H2SO4) chemisch nicht reagiert, bietet sich das in reichlicher Menge zur Verfügung stehende, preiswert und schnell bis vor Ort zu beschaffende pump- und rieselfähige SiO2 (reines Siliciumdioxid) an, der sandförmige Grundstoff aller Quarzgläser (im einfachsten Falle täte es sogar schon gewaschener reiner Flusskies).
Auch stünde eine spezielle Rettungseinheit, bestens ausgerüstet und erfahren in nicht-funkenreißendem Bohren und Schneiden von Stählen, zugleich Spezialisten in Sachen Gas- und Ex-Schutz (sogar in der Lage, solche Arbeiten mit eigens ausgebildeten Tauchern unter Wasser auszuführen!) zur Verfügung.
Da aber die Grubenwehr der RAG Deutsche Steinkohle (Hauptstelle für das Grubenrettungswesen an der Ruhr, Herne) nicht BOS-integriert ist, wird das übliche Kompetenzgerangel und das seit Jahren im KatS immer wieder zu hörende „das-schaffen-wir-auch-alleine“ ein Hinzuziehen dieser Fachkräfte mutmaßlich von vornherein verhindern…
Stattdessen ist es ja auch viel einfacher, 1,3 Millionen Liter Schwefelsäure einfach in den Rhein laufen zu lassen und allen Ernstes solche kindischen Statements abzugeben, dass (Zitat) „die Säure so verdünnt würde, dass sie einige Meter weiter kaum mehr messbar" sei!
Um auch dies zu widerlegen, bedarf es keiner kostspieligen Gegengutachten und aufwändiger Expertisen: Jeder Chemielehrer wird sofort bestätigen, dass es so einfach nicht ist.
Aber nur, zu: Das juristische Nachspiel wird ganz ganz sicher gewaltig sein. Und das hat mir nicht irgendjemand gesagt. Sondern ein Oberstaatsanwalt.
B. G.
Geändert von Jan (22.01.2011 um 18:22 Uhr)
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